Gross | Lebkuchenstadt | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 304 Seiten

Gross Lebkuchenstadt

EIne Liebesgeschichte

E-Book, Deutsch, 304 Seiten

ISBN: 978-3-7519-2816-8
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Chris Gehringer macht eine theologische Ausbildung und absolviert im Sommer 1997 sein Praktikum bei Good News for Students in Nürnberg. Er freut sich auf die Rückkehr ins Studentenleben, auf die fränkische Lebkuchenstadt, wohnt in einem Penthouse mit Blick über die nächtlichen Lichter und ist voller Vorfreude auf seine Arbeit. Er hat auch allen Grund dazu. Denn er lernt Anja kennen, eine Studentin der Sozialpädagogik, fünfzehn Jahre jünger als er. Obwohl jemand sagte, man benötige eine Gebrauchsanweisung für sie, kommen sich die beiden näher. Chris will keine der Unglücksgeschichten aus seiner Vergangenheit, und Anjas nächster Freund soll auch ihr Ehemann werden. Es entwickelt sich eine Liebe zwischen ihnen, scheu und offen, ehrlich und doch überschattet von schmerzlichen Erfahrungen, eine Liebe, von der beide nicht wissen, wohin sie führen soll. Was wird aus den beiden, wenn Chris' Praktikum zuende ist? Und was ist mit Chris' Traum von einer Seelenschwester?

Rainer Gross, Jahrgang 1962, geboren in Reutlingen am Fuß der Schwäbischen Alb, studierte Philosophie und Literaturwissenschaft. Danach machte er eine Ausbildung zum freikirchlichen Pastor. Er wohnte im Schwarzwald, in Nürnberg und Hamburg. Heute lebt er mit seiner Frau als freier Schriftsteller wieder in seiner Heimatstadt. Bisher u.a. erschienen: Grafeneck (2007, Glauser-Debüt-Preis 2008); Weiße Nächte (2008); Kettenacker (2011); Kelterblut (2012); Die Welt meiner Schwestern (2014); Yûomo (2014); Haus der Stille (2014); Schrödingers Kätzchen (2015); Haut (2015); My sweet Lord (2016); Die sechzigste Ansicht des Berges Fuji (2017); In der fernen Stadt (2017); Räucherstäbchenjahre (2018); Der Teehändler (2019); Er sollte nicht ahnen (2019).
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Gehet hin
Winni ernährte sich ausgewogen. Mit strenger Disziplin hatte er es geschafft, dass seine MS seit Jahren stillhielt. Chris kriegte morgens noch nicht viel hinunter. Winni besprach mit ihm, was er heute mit ihm vorhatte. Zuerst zeigte er ihm die verschiedenen Fakultäten, die über Erlangen und Nürnberg verstreut waren. »Du wirst vor allem in Nürnberg eingesetzt«, sagte er, »da fehlen im Moment Leute. Dani ist deine Ansprechpartnerin. Dann verteilen wir ein paar Flyer in der Mensa und gehen danach essen. Ich habe eine zweite Mensakarte, die kannst du haben, solange du hier bist.« »Mensakarte?« »Ja. Das System funktioniert mit Magnetkarte, die du aufladen musst. Nur Berechtigte bekommen so eine Karte. Das wirst du dann sehen.« »Machen wir das mit dem Auto oder mit den Öffentlichen?« »In Nürnberg selber ist vieles fußläufig. Aber nach Nürnberg hinein nehmen wir das Auto. Dann kann ich dir gleich den schnellsten Weg zeigen.« »Ist der nicht über die Autobahn?« »Auf der Autobahn hast du immer Stau. Nein, wir fahren hintenrum über Tennenlohe, da kommst du direkt in die Altstadt hinein.« »Hast du schon einmal Flyer verteilt?«, fragte Winni. »Klar. Für die Teestube meiner Gemeinde. In der Fußgängerzone.« »Na, dann weißt du ja Bescheid. Hinterher besuchen wir Ronnie, den zweiten Hauptamtlichen hier. Damit er dich auch kennen lernt.« Für den ersten Tag reicht das, dachte Chris. Er wusste, dass er sich mit dem Stadtplan von Nürnberg und Erlangen vertraut machen musste. Künftig würde er zu den Einsatzorten allein hinfahren. Er hoffte nur, dass das Wetter hielt. Nach dem Frühstück beteten sie gemeinsam, dann ging es in Winnis Renault auf die Straße. Chris‘ Motorrad blieb bis heute Abend hier. Zuerst fuhren sie zur Mensa in Erlangen am Langemarckplatz. Ein gelbes Gebäude mit Sitzplätzen im Freien, lauschig unter Bäumen. Sie parkten und stiegen aus, und Winni zeigte ihm das Gelände. Chris schaute sich neugierig um. Er schnupperte Studentenluft. Die Studenten, die herumliefen, sahen nicht viel anders aus als vor zehn Jahren. Winni zeigte ihm die Stellen, an denen ein Flugzettelverteilen sinnvoll war. Nicht drinnen im Gebäude, sondern an der Eingangstür. An den Tischen im Freien konnte man vorbeigehen und die Flugzettel auflegen. »Das kenn ich«, sagt Chris. »Die Tische in der Mensa waren gepflastert mit Flugzetteln. Man brauchte gar keine Tellerunterlage.« Dass er damals auch schon mit Good News in Berührung gekommen war und wie, sagte er nicht. Zwei Goodis hatten sich einmal zu ihm hergesetzt und fragten ihn, was er von den aufgelegten Flugzetteln halte. Da waren Werbebroschüren, Veranstaltungshinweise, Angebote für esoterische Heilmethoden und natürlich das ganze Material der Hochschulgruppen, von Good News bis zur MLPD. Gute Tellerunterlage, hatte er damals lakonisch geantwortet, was die beiden etwas ratlos machte. Sie begannen dann ein Gespräch über den Glauben, worauf er aber nicht ansprang. Er wollte in Ruhe essen, und Gespräche über Religion hatten für ihn nur Sinn, wenn das Gegenüber nicht einfach grundlos auf dieser einen Person Jesus beharrte. Das verstand er damals nicht, und es konnte ihm auch keiner so erklären, dass er es verstand. Was er damals vermisst hatte: ein Gespräch über den Glauben, das dort anfing, wo er weltanschaulich stand. Von seinen philosophischen Gedanken führte für ihn kein nachvollziehbarer Weg zu der Person Jesus, und das ständige Zitieren der Bibel machte es auch nicht besser. Dann ging es weiter nach Nürnberg. Schon in Erlangen war die Vier als Schnellstraße ausgebaut. Sie führte heraus aus der Stadt an einem schönen Waldgebiet vorbei, dem Sebalder Forst. »Was mir an Good News weniger gefällt«, sagte Chris plötzlich, »ist diese amerikanische Überheblichkeit. Diese Anmaßung, Deutschland für ein Missionsland zu halten. Immerhin haben wir Luther, und ohne ihn gäbe es keine evangelische Kirche.« »Aber was ist heute davon übrig?«, erwiderte Winni. »Heute sind wir ein Land, in dem Jesus für einen brasilianischen Fußballspieler gehalten wird und keiner mehr weiß, was an Ostern geschehen ist«, meinte Winni. »Die meisten glauben ja irgendwie an einen guten Gott. Nach dem Tod wird schon irgendwie alles gut werden. Aber von Jesus wissen sie gerade einmal, dass er gekreuzigt wurde – aber wozu und warum, davon haben sie keine Ahnung mehr.« Chris sagte nichts. Winni hatte ja recht, aber er mochte nun einmal die amerikanischen Methoden nicht. Dann eine lange Gerade mit Ampeln bis ins Zentrum Nürnbergs. Die Altstadt. Chris sah zum ersten Mal die Burg. An Sankt Sebald parkte Winni. Beim Aussteigen fühlte sich Chris seltsam. Er war jetzt Repräsentant jenes christlichen Vereins, der ihm als Student so aufdringlich und lächerlich erschienen war. Und jetzt sollte er herumgehen und genau so ein penetranter Zettelverteiler werden, wie er sie damals belächelt hatte. Er wusste nicht, was er davon halten sollte. Sie gingen über den Hauptmarkt, auf dem im Winter der berühmte Christkindlmarkt stattfand. Die Altstadt war beeindruckend. Die gotischen Kirchen, die Fachwerkhäuser, die Gassen, manche nur schmale Winkel, manche breit und prachtvoll. Die Brücken über die Pegnitz. Winni bog nach links ab, und sie kamen zur Insel Schütt, der man es kaum anmerkte, dass sie eine Insel war. Am Sacharovplatz befand sich die Mensa, ein moderner Betonbau. Auch hier zeigte Winni ihm die Örtlichkeiten. »Hast du dir schon Gedanken gemacht, wie du dein Projekt umsetzen willst?«, fragte er. »Klar. Ich habe Ideen für ein paar Flugzettel, die aktuelle Themen aufgreifen. Und ich bin dabei, den Fragebogen zu entwerfen, um herauszufinden, welche Art von Veranstaltungen die Studenten besuchen würden, wenn sie sich auf das Thema Religion einlassen wollen.« »Im Moment haben wir bei Good News auch eine Aktion laufen«, erzählte Winni. »Wir stellen Fragen und versuchen, ins Gespräch zu kommen. Wer Fragen hat oder Kontakt aufnehmen will, hinterlässt seine Telefonnummer. Dann wäre es deine Aufgabe, den Kontaktwünschen nachzugehen. Telefonisch zuerst. Ziel ist ein Treffen zum Gespräch und die Einladung zum Good News-Bibelkreis.« Das war eine Arbeitsanweisung. Chris nickte. Er schaute sich auf seinem künftigen Arbeitsfeld um. Es würde Spaß machen, so mitten unter der Woche in der Stadt unterwegs zu sein und Leute anzusprechen. Offen zu sein für das, was sich ergeben würde. Dann gingen sie weiter, an der Pegnitz entlang, am Prinzregentenufer, und schauten sich die Technische Hochschule an. Auch hier wäre ein möglicher Einsatzort. »Das Walter-Meckauer zeige ich dir morgen«, sagte Winni. »Das ist das größte Wohnheim in Nürnberg. Da kannst du deine Fragebogenaktion durchführen. Aber für heute reicht es. Hast du Hunger?« »Ja, schon.« »Dann gehen wir jetzt zurück zur Mensa.« Nürnberg gefiel Chris. »Wenn die Studenten deine Zettel nicht nehmen oder einfach an dir vorbeigehen oder einer sogar dich anpöbelt, dann musst du dir immer sagen: Das gilt nicht mir, das gilt Jesus.« Chris lachte. »So hab ich das noch nicht gesehen.« »Ja, aber es stimmt. Ich meine, warum machen wir das Ganze? Doch nur für ihn. Um ihn geht es hier, nicht um uns und das, was wir für richtig halten.« »Warum machst du das Ganze, Winni?«, fragte Chris. »Weil ich dem Missionsbefehl gehorche«, antwortet Winni schlicht. Das war für Chris eine etwas altmodische Haltung, aber im Glauben gab es keine Moden. Winni war, auch angesichts seines Jahrgangs, einer vom alten Schlag, dachte Chris. Und doch jung und flexibel genug, um mit jungen Menschen zu arbeiten. »Matthäus 28, Vers neunzehn«, fügte Winni hinzu. »Weißt du, Chris, es heißt dort nicht: Wartet ab und macht zu Jüngern alle Völker. Sondern es heißt: Gehet hin! Das ist doch eine klare Anweisung.« »Schon«, pflichtete Chris bei. »Aber, ich denke, die Zeiten der Auslandsmission, immer mit der Gefahr des Kulturimperialismus, sind vorbei.« Diesmal schwieg Winni. Das war nicht sein Vokabular. Sie waren vor der Mensa angekommen und gingen hinein. Es war schon Mittagszeit, in den Fluren und treppaufwärts zum Wahlessen standen die Studenten Schlange. »Hier«, sagte Winni und übergab Chris eine rote Chipkarte. »Das ist deine für die Zeit des Praktikums. Dort an diesem Automaten kannst du sie aufladen.« Winni speicherte dreißig Mark darauf. Chris nahm die Karte und folgte Winni, der sich an einer Schlange anstellte. Die Mensa wirkte luftiger und heller als die, in der Chris damals gegessen hatte. Alles Neubau aus den Achtzigern, die...


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