Grond Sexualität im Alter
2. aktualisierte Auflage 2011
ISBN: 978-3-8426-8348-8
Verlag: Schlütersche
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Was Pflegekräfte wissen sollten und was sie tun können
E-Book, Deutsch, 136 Seiten
ISBN: 978-3-8426-8348-8
Verlag: Schlütersche
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Sexualität im Alter ist die intensive Begegnung mit einem „Du“, einem Gegenüber. Es ist Sehnsucht nach menschlicher Nähe, nach Zuwendung, Zärtlichkeit und Zeit.
Doch oft wird die Alterssexualität in Pflegeeinrichtungen totgeschwiegen, weil sie nicht den Moralvorstellungen der Träger entspricht. In Pflegelehrbüchern wird Alterssexualität nur kurz erwähnt. Da verwundert es nicht, dass sich Pflegekräfte überfordert fühlen, wenn sie mit der Sexualität älterer Menschen konfrontiert werden. Häufig sind sie auch Formen sexueller Belästigung durch Bewohner ausgesetzt, was zu Enttäuschungen und sogar zum Burn-out beitragen kann.
Dieses Buch hilft Pflegekräften, ältere Menschen und ihr Verhältnis zur Sexualität besser zu verstehen. Es ermutigt zu Gesprächen über Alterssexualität und trägt dazu bei, die sexuelle Lust kranker Menschen ernst zu nehmen.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
Weitere Infos & Material
1;Front Cover;1
2;Copyright;3
3;Table of Contents;4
4;Front Matter;8
5;Body;10
6;Index;135
7;Back Cover;138
9 SEXUELLE ZUFRIEDENHEIT IM ALTER (S. 101-102)
9.1 Sexuelle Zufriedenheit durch enttabuisierende Kommunikation
9.1.1 Die Grundvoraussetzung: offene Gespräche
Die Partner-Kommunikation ist die wichtigste Voraussetzung für Lust und Zufriedenheit in einer Beziehung: »Verhalte Dich dem Partner gegenüber so, wie Du möchtest, dass er sich Dir gegenüber verhält«, lässt sich in Abwandlung der Goldenen Regel sagen. Tauschen sich die Partner über ihre unterschiedlichen Bedürfnisse aus, entsteht Nähe. »Die Last mit der Lust« titelte der STERN im September 2008 und kritisierte, wie sehr das Bild von Lust und Sexualität mit der Jugend verbunden sei. Als würde die Jugend darüber bestimmen, wer Sex haben darf und ab wann auf keinen Fall mehr.
»Das Ehepaar Balzer schert sich wenig um den Jugendwahn. Manchmal liegen sie morgens stundenlang im Bett. Liebkosen und küssen sich – schlafen miteinander. Ganz so wie früher. Renate Balzer ist inzwischen 69 Jahre alt und seit 50 Jahren mit ihrem Mann Manfred verheiratet. Der Sex hat sich mit den Jahren verändert. ›Früher waren wir manchmal spontaner, schnell und impulsiv‹, sagen sie. Heute nehmen sie sich mehr Zeit füreinander und empfinden ihren Geschlechtsverkehr intensiver und intimer. Für sie ist Sex ein morgendliches Ritual: ›Weil wir dann einfach fitter sind.‹«
Altersexualität, die Lust an der eigenen Körperlichkeit, entwickelt sich von einem Tabu allmählich zu einer Selbstverständlichkeit. Auch Pflegekräfte dürfen damit rechnen, dass das Gespräch über Sexualität, über Lusterfahrungen und Sehnsüchte mit den Jahren eher normaler werden wird. Dafür sorgt allein das gesellschaftliche Umfeld, die Biografie jener Menschen, die in Zukunft die Pflegeeinrichtungen füllen bzw. die ambulanten Dienste in Anspruch nehmen werden. Es sind jene Menschen, die ab 1940, 1950 geboren wurden. Das ist nicht mehr die traumatisierte Kriegsgeneration, die im engen Korsett christlicher Wertvorstellungen und vor allem von Verboten aufwuchs. Es ist vielmehr die Generation, die die 1968-Jahre mitbestimmte, die liberaler und auch individueller denkt.
Noch mag es ungewohnt sein, dass Ältere über ihre Lust, ihre Sexualität, sprechen. Befremdlich ist aber ein Interview, wie es im STERN stand, längst nicht mehr. Dennoch verlangen alle Gespräche über Sexualität nach wie vor Fingerspitzengefühl. Zu den Voraussetzungen64 für die Gesprächsführung über das Tabuthema Sexualität im Alter gehören:
1. eine positive Grundeinstellung zu den sexuellen Bedürfnissen im Alter;
2. differenzierte Kenntnisse um die Vielfalt und Individualität sexuellen Verhaltens, um besser zu verstehen, sachgerecht zu informieren und Empfehlungen geben zu können;
3. die Reflexion der eigenen Wertvorstellungen und Bedürfnisse im Sinne der Selbsterfahrung (Seite 92, 99), damit eigene Ängste nicht blockieren;
4. die Akzeptanz anderer Einstellungen, damit der Pflegebedürftige seine Meinung frei äußern oder auch schweigen kann; 5. die Bereitschaft, eventuell vom Einzel- zum Partnergespräch überzugehen und die eigene Beziehung zum Betroffenen in Supervision zu klären. Die personenzentrierte Gesprächsführung nach Rogers mit ihren Elementen Echtheit, unbedingte Wertschätzung und Empathie gilt auch für diese Gespräche.