E-Book, Deutsch, Band Band 003, 401 Seiten
Untersuchungen zur Konstruktion sozialer Identität in neueren Schulgeschichtsbüchern
E-Book, Deutsch, Band Band 003, 401 Seiten
Reihe: Beihefte zur Zeitschrift für Geschichtsdidaktik
ISBN: 978-3-86234-641-7
Verlag: V&R unipress
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection
Dr. Katja Gorbahn war mehrere Jahre lang als Gymnasiallehrerin und anschließend als Wissenschaftliche Mitarbeiterin an den Universitäten Erlangen-Nürnberg, Siegen und Augsburg tätig. Derzeit unterrichtet sie an der Universität Aarhus in Dänemark.
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1;Title Page;3
2;Copyright;4
3;Inhalt;5
4;Vorwort;9
5;1 Einleitung;11
6;2 Der Begriff der Identität;21
6.1;2.1 Der Identitätsbegriff in der Geschichtsdidaktik;21
6.1.1;2.1.1 Bergmanns Definition des Identitätsbegriffs;22
6.1.2;2.1.2 Unterschiedliche Verwendungsweisen des Identitätsbegriffs;25
6.1.3;2.1.3 Identität und Geschichtsbewusstsein;29
6.1.4;2.1.4 Schlussfolgerungen;35
6.2;2.2 Der Identitätsbegriff in den Sozialwissenschaften;39
6.2.1;2.2.1 Der Identitätsbegriff zwischen Kategorialität und Relationalität;41
6.2.2;2.2.2 Der Identitätsbegriff zwischen Verdinglichung und Konstruktivismus;43
6.2.3;2.2.3 Der Identitätsbegriff zwischen Individuum und Kollektiv;47
6.2.4;2.2.4 Der Identitätsbegriff zwischen Politik und Wissenschaft;52
6.3;2.3 Soziale Identität: Individuum und Gruppe;57
6.3.1;2.3.1 Die Theorien der Sozialen Identität und der Selbstkategorisierung;57
6.3.2;2.3.2 Identifikation auf der Basis von Kategorien;61
6.3.3;2.3.3 Attribute, Stereotype, Prototypen;62
6.3.4;2.3.4 Soziale Identität und Abgrenzung;67
6.3.5;2.3.5 Über- und untergeordnete Kategorien;70
6.3.6;2.3.6 Kulturelle Identität?;71
6.3.7;2.3.7 Pragmatische Perspektiven;75
6.4;2.4 Soziale Identität und antike griechische Geschichte im Schulbuch;77
6.4.1;2.4.1 Soziale Identität und historisches Lernen;77
6.4.2;2.4.2 Kriterien zur Analyse von Gruppenkonzepten und Identifikationsangeboten;81
6.4.3;2.4.3 Zur Methodik der Schulbuchanalyse;85
7;3 Untersuchte Bücher und Kapitel;91
7.1;3.1 Untersuchungskorpus;91
7.2;3.2 Aufbau der Bücher;98
7.3;3.3 Aufbau der Griechenlandkapitel;104
8;4 »Die Griechen«: Von einer Gruppe und ihren Attributen;115
8.1;4.1 »Die Griechen«;116
8.1.1;4.1.1 Fachwissenschaftlicher Abriss;116
8.1.2;4.1.2 Schulbuchanalyse;124
8.1.3;4.1.3 Fazit;143
8.2;4.2 Griechische Religion;144
8.2.1;4.2.1 Fachwissenschaftlicher Abriss;144
8.2.2;4.2.2 Schulbuchanalyse;158
8.2.3;4.2.3 Fazit;167
8.3;4.3 Olympische Spiele;168
8.3.1;4.3.1 Fachwissenschaftlicher Abriss;168
8.3.2;4.3.2 Schulbuchanalyse;177
8.3.3;4.3.3 Fazit;191
8.4;4.4 Alphabetschrift;191
8.4.1;4.4.1 Fachwissenschaftlicher Abriss;192
8.4.2;4.4.2 Schulbuchanalyse;197
8.4.3;4.4.3 Fazit;198
8.5;4.5 Fazit;198
9;5 Differenzstrukturen: Von in-groups und out-groups;201
9.1;5.1 Ausblenden des »anderen«: Die Kolonisation;202
9.1.1;5.1.1 Schulbuchanalyse;202
9.1.2;5.1.2 Fazit;208
9.2;5.2 Innergriechische Kontraste: Athener und Spartaner;209
9.2.1;5.2.1 Athen;210
9.2.2;5.2.2 Sparta;227
9.2.3;5.2.3 Fazit;241
9.3;5.3 Griechen gegen »Barbaren«: Das Achaimenidenreich;243
9.3.1;5.3.1 Schulbuchanalyse;244
9.3.2;5.3.2 Fazit;254
9.4;5.4 Fazit;255
10;6 Identifikationsangebote: Von »unseren« Ursprüngen;257
10.1;6.1 Warum griechische Geschichte? Begründungsmuster;258
10.2;6.2 »Wurzeln europäischer Kultur«?;262
10.2.1;6.2.1 Vorbemerkung zur Rezeptionsgeschichte;262
10.2.2;6.2.2 Schulbuchanalyse;263
10.2.3;6.2.3 Fazit;267
10.3;6.3 »Wiege der Demokratie«?;268
10.3.1;6.3.1 Vorbemerkung zur Rezeptionsgeschichte;268
10.3.2;6.3.2 Schulbuchanalyse;270
10.3.3;6.3.3 Fazit;292
10.4;6.4 Die »ersten« Olympischen Spiele?;293
10.4.1;6.4.1 Vorbemerkung zur Rezeptionsgeschichte;294
10.4.2;6.4.2 Schulbuchanalyse;297
10.4.3;6.4.3 Fazit;308
10.5;6.5 Von der Herkunft »unserer« Schrift;310
10.6;6.6 Das »Fremde«;312
10.6.1;6.6.1 Die griechische Religion;312
10.6.2;6.6.2 Die »anderen«: Spartaner und Perser;316
10.7;6.7 Fazit;319
11;7 Perspektiven;321
11.1;7.1 Anregungen für den Umgang mit Gruppenkonzepten;323
11.1.1;7.1.1 Umgang mit Gruppenkonzepten in Textquellen;323
11.1.2;7.1.2 Binnendifferenzierung und Konkretisierung;325
11.1.3;7.1.3 Vergleich und Transfer;330
11.1.4;7.1.4 Systematisierender Umgang mit den Dimensionen Zeit und Raum;337
11.2;7.2 Alternative Strukturkonzepte;339
11.3;7.3 Anregungen für den Umgang mit Identifikationsangeboten;350
11.3.1;7.3.1 Kategorialität als Auseinandersetzung mit Sachzusammenhängen;351
11.3.2;7.3.2 Relationalität als diachrone Transfergeschichte;352
11.3.3;7.3.3 Erweiterung der Identifikationszusammenhänge;355
11.4;7.4 Soziales Identitätsbewusstsein;357
11.5;7.5 Forschungsperspektiven;358
12;8 Anhang;363
12.1;8.1 Verwendete Sekundärliteratur;363
12.2;8.2 Untersuchte Schulbücher;395
6 Identifikationsangebote: Von »unseren« Ursprüngen (S. 257-258)
Kapitel 4 und 5 befassten sich mit Gruppenkonstruktionen auf der Ebene der Vergangenheit. Wie aber, so soll nun gefragt werden, wird die Verbindung zwischen diesen Gruppen und den Schulbuchadressaten hergestellt, oder, um es anders auszudrücken: Wie wird der Zusammenhang zwischen der Vergangenheit und dem »wir«, »hier« und »heute« konzipiert?
Stellt man diese Frage, so muss man sich zunächst bewusst machen, dass die Schulbücher Bestandteil eines gewaltigen Rezeptionsphänomens sind, das im unmittelbaren Anschluss an die hier zur Debatte stehenden Epochen einsetzte. Basierend auf der – teils verschlungenen Wegen folgenden – Tradierung der Texte sind seither Elemente der griechischen Antike immer wieder aufgegriffen, auf die jeweilige Gegenwart bezogen und im Lichte von Gegenwartswahrnehmungen gedeutet worden.1 So entwickelte sich z. B. in Deutschland nach der Französischen Revolution ein ausgeprägt identifikatorischer Zugang zum antiken Griechenland: Die Vorstellung einer geistigen Verwandtschaft zu den Griechen des Altertums spielte eine große Rolle für den Aufbau eines nationalen Selbstbewusstseins.
Im Folgenden wird nun zunächst untersucht, wie den Lernenden in einführenden und abschließenden Passagen der Schulbuchkapitel die Relevanz der griechischen Geschichte für ihre Lebenswelt deutlich gemacht wird. Im Anschluss wird die Darstellung von vier Themenbereichen genauer analysiert, anhand derer die antike griechische Geschichte immer wieder in Bezug zu einem heutigen »wir« gesetzt wird: Kultur, attische Demokratie, Olympische Spiele und Alphabetschrift. Ergänzend wird gefragt, welche identifikationsbezogenen Aspekte in den Ausführungen zu Religion, Spartanern und Persern zu erkennen sind.
Entsprechend den in Kapitel 2.4.2 entfalteten Kriterien wird dabei untersucht, auf welche Weise die antike griechische Geschichte in den jeweiligen thematischen Zusammenhängen mittels kategorialer und relationaler Bezüge mit der Gegenwart verknüpft wird. Gefragt wird weiterhin nach dem Bezugspunkt in der Gegenwart sowie insbesondere danach, welche Rückwirkungen derartige identifikatorische Operationen auf die Darstellung der Sachstruktur haben. 6.1 Warum griechische Geschichte? Begründungsmuster Nur sehr wenige Bücher begründen explizit, warum eine Auseinandersetzung mit der antiken griechischen Geschichte wichtig ist.
Sehr häufig wird jedoch versucht, den Lernenden in Auftaktseiten, Schlusszusammenfassungen oder Wiederholungs- bzw. Vertiefungskapiteln4 die Relevanz des Gegenstandes für die Gegenwart deutlich zu machen, indem – meist implizit5 – ein Bezug auf ein »wir« oder »heute« hergestellt wird. Solche »Relevanzbezüge«6 finden sich in den meisten Büchern.7 Es ist damit zu rechnen, dass ihreAnalyse sichtbar macht, welchen Gegenständen ein besonders großes identifikatorisches Potential zugeschrieben wird.