E-Book, Deutsch, Band 1, 480 Seiten
Reihe: Der Fantast
E-Book, Deutsch, Band 1, 480 Seiten
Reihe: Der Fantast
ISBN: 978-3-7394-4719-3
Verlag: tolino media
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
eine einzigartige Gabe verliehe dir unvorstellbare Macht,
mit der du aufbauen oder einreißen,
helfen oder vernichten könntest.
Was würdest du damit tun? Simon erscheint auf den ersten Blick wie ein durchschnittlicher junger Mann. Seine mentale Kraft ist jedoch phänomenal: Alles, was er sich vorstellt, wird real, gegenständlich, lebendig! Merkwürdige, aufreibende Ereignisse sind seit seiner frühsten Kindheit an der Tagesordnung, was die verzweifelten Eltern dazu bringt, sich Spezialisten anzuvertrauen. Ein Entschluss, der das Leben der kleinen Familie in große Gefahr bringt. Simon wehrt sich auf seine ganz eigene Art. Seine Vorstellung wächst mit ihm, bis er mit der geballten Macht seiner Fantasie zurückschlägt ... Mit diesem Buch beginnt die spannende Lebensgeschichte des Fantasten, einem der ungewöhnlichsten Helden unserer Zeit.
Geboren im Sommer 1972 in einer sauerländischen Kleinstadt, dort aufgewachsen, von Beruf Lehrerin, mittlerweile wieder seit vielen Jahren fest am Heimatort verwurzelt mit Haus, Mann und Kind. Die Liebe zum Schreiben und zu weiteren kreativen Tätigkeiten bestand schon von klein auf. Seit 2014 widmet sie sich neben Kurzgeschichten, Reisetagebüchern, Gedichten und Liedern auch längeren Texten. Die fünfbändige Urban-Fantasy-Reihe 'Der Fantast' ist ihr Debüt im Bereich der Romane.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
2. Ich blieb also dort, nur begleitet von meinem treuen Freund Hugo und einer Reisetasche voller Kleidung. Ohne meinen Stoffhund hätte ich die Geschichte, die nun folgte, sicherlich nicht durchgestanden. Aber vielleicht hätten sie mich dann auch wieder nach Hause geschickt, wer weiß? Jedenfalls begriff ich in diesem Moment nicht im Mindesten die Tragweite dessen, was kommen sollte. Ich war noch ein Kind. Recht störrisch zwar und gewohnt, mal eine Nacht ohne Mama auszukommen (wenn ich bei Oma übernachten durfte), aber eben doch ziemlich klein. Die wenigen Leute, denen ich später meine Erlebnisse erzählte, wunderten sich darüber, dass ich so viele Details behalten hatte. Doch ich versichere euch, dass mein gutes Gedächtnis sich rein auf diese speziellen Ereignisse beschränkt. Manche Dinge brennen sich unauslöschlich in die Erinnerung ein - meistens diejenigen, die man am liebsten wieder löschen würde. Mein Abenteuer begann damit, dass ich in ein Gästezimmer gebracht wurde. Es lag in einem oberen Stockwerk des Gebäudes, jedenfalls fuhr ich zum ersten Mal mit dem Fahrstuhl. Das allein war schon aufregend. Der junge Mann, der mich begleitete, sah nett aus und lachte über meine Späße. Dann schloss er eine Tür auf. Ich betrat einen Raum, in dem alles farblos und langweilig war. Ein weißes Bett mit weißem Bettzeug, ein weißer Stuhl, ein weißer Tisch, weiße Wände ohne Bilder. Puh! Meine Tasche wurde neben dem Bett abgestellt. Der Mann begann, ein paar meiner Sachen auszuräumen: Schlafanzug, Zahnputzzeug, Hausschuhe. „Hast du gar nichts zum Spielen dabei?“, fragte mein Begleiter verwundert, indem er alles durchsuchte. Ich schüttelte den Kopf. „Mama meint, das nimmt nur unnötig Platz weg, weil ich eh nicht damit spiele.“ Der Mann zuckte leicht bedauernd die Achseln und verabschiedete sich. „In einer Stunde möchte Dr. Riefert dich sehen“, sagte er. „Bis dahin sollst du hier im Zimmer bleiben. Tschüss!“ „He, warte!“, rief ich ihm hinterher. Ich wollte absolut nicht so lange Zeit ganz alleine in diesem langweiligen Raum verbringen. Aber der Mann hatte bereits die Tür hinter sich ins Schloss gezogen. Ich rüttelte an der Klinke - abgeschlossen! „He!“, schrie ich noch mal lauter, zog vergeblich am Türgriff. Keine Reaktion. Wütend trat ich nach der Tür und stieß mir den dicken Zeh an. Jetzt tat der zusätzlich weh. Also weinte ich ein bisschen und schmiss mich dabei aufs Bett. Da lag Hugo, dem ich mein Leid klagte. Mein Freund war verständnisvoll und leckte mir die Wange ab. Ich vergrub das Gesicht in seinem Fell und war erst mal eine Weile beleidigt. Dann aber siegte mein kindliches Gemüt und ich fing an, mit Lego zu bauen. Lego war für mich damals das Größte. Ich erdachte mir bei jeder Gelegenheit enorme Mengen von Steinen und verbaute sie zu den höchsten und schönsten Türmen, Flugzeugen und Fahrzeugen. So vertieft war ich ins Spiel, dass ich gar nicht bemerkte, wie jemand leise die Tür öffnete und das Zimmer betrat. Erst als dieser Jemand mein Raumschiff wegkickte und die zugehörige Raumstation dabei zerstörte, blickte ich auf. „Hey, du machst mein Gebautes kaputt!“, schrie ich - nun wieder die blanke Wut verspürend. Der Mann, der mich vorhin hergebracht hatte, zuckte erschrocken zurück. „Was ...“, begann er und bückte sich. Dabei stieß er mit dem Hintern den Tower an, der über einen Meter hoch aufragte. Krachend fiel er um. „Du machst alles kaputt!“, kreischte ich, nahm das restliche Raumschiff und schmiss es dem perplexen Mann an den Kopf. „Entschuldige, ich wollte nicht ...“, stammelte der Angegriffene, erhob sich taumelnd, rutschte beinah auf dem verstreuten Lego aus, hielt sich die schmerzende Stirn, auf der rasch eine dicke Beule entstand und ergriff panisch die Flucht. Die Tür ließ er dabei offen. Ich lief ihm sofort hinterher und rief: „Das war nicht so gemeint, komm zurück!“ Der Flüchtige verschwand schon um eine Ecke. „Warte auf mich!“, jammerte ich, sah jedoch niemanden mehr, als ich die Biegung erreichte. Vor mir befand sich der Fahrstuhl. Ich drückte auf den Knopf, aber es passierte nicht sofort etwas. Da betrat ich das Treppenhaus direkt nebenan. Es waren ziemlich viele Stufen und ich konnte sie noch nicht alle zählen. Ich machte mir einen Spaß daraus, bei jedem Absatz von ganz oben hinunter zu springen. Das tat ich zu Hause auch gerne. Mama meinte, ich würde sie damit in den Wahnsinn treiben, aber bisher hatte sie es noch immer recht ordentlich verkraftet. Vor allem, weil ich mir nie dabei wehtat. Das lag hauptsächlich daran, dass ich mir am Ende ein großes weiches Kissen vorstellte. Kissen sind superpraktisch, kann ich euch sagen! Sie haben bislang die meisten meiner Stürze problemlos aufgefangen. Ich war beinah unten, als mir zwei Männer in weißen Kitteln entgegenkamen. Sie waren in ein hitziges Gespräch vertieft und bemerkten mich zunächst nicht. Erst als ich „Platz da, ich kooomme“ rief und sprang, blickten beide auf. Natürlich gingen sie nicht beiseite, sondern standen wie die Salzsäulen, bis ich direkt vor ihren Füßen landete, mich elegant seitlich an ihnen vorbei über das Kissen abrollte und wieder aufstand. Dann erst kam Leben in sie. „Hast du dir was getan, mein Junge?“, rief der eine aufgebracht, indem er mich von den Haarspitzen bis zu den Schlappen musterte. Der andere schüttelte fassungslos den Kopf und murmelte: „Ich hab’s dir gesagt, er ist total irre!“ Nun erkannte ich den zweiten Sprecher, es war der Mann, den ich vorhin aus meinem Zimmer vertrieben hatte. Auf seiner Stirn prangte jetzt eine Schramme, die in allen Regenbogenfarben zu schillern begann. Erschrocken sah ich die Verletzung an. „Ich bin ok“, sagte ich hastig. „Aber es tut mir leid mit deiner Beule. Das ... das wollte ich gar nicht. Ich war bloß wütend, weil du mein ganzes Lego kaputtgemacht hast!“ „Das war Lego?“ Der ohnehin schon bleiche Mensch wurde noch eine Spur käsiger. „Entschuldige, aber ich halt das nicht länger aus!“, stöhnte er. Mit einem verzweifelten Blick zu dem zweiten Mann hielt er sich die Hand vor dem Mund, drehte auf dem Absatz herum und lief die wenigen Treppenstufen hinunter bis zur Glastür. Der Zurückgebliebene lächelte mir zu. In seinen Augen war zu sehen, dass er keineswegs erschrocken war, sondern nur berechnend und neugierig. Jetzt erst bemerkte ich, dass ich diesen Mann auch schon mal gesehen hatte - heute Morgen bei den Untersuchungen. Aber da hatte er nicht diesen Kittel getragen. Als Dr. Riefert hatte er sich vorgestellt und schien der Boss hier zu sein. Er legte mir die Hand auf die Schulter. „Da hast du ja gleich richtig was angestellt, Junge. Simon heißt du, nicht wahr?“ Ich nickte beschämt. Aber der Doktor lachte bloß. Irgendwie klang es nicht echt, sogar etwas nervös. Obwohl ich den zweiten Mann offensichtlich verletzt hatte, wäre mir seine Gesellschaft jetzt wesentlich lieber gewesen. „Mein Assistent hat mir gerade berichtet, dass du ihn mit irgendwas beworfen hast, als er kam, um dich abzuholen. Da wollte ich selbst nachsehen. Und dann kommst du wie ein Kamikaze-Flieger im Sturzflug die Treppe runtergehüpft!“ Er lachte wieder dieses unangenehme Lachen, während er mich die paar Stufen hinunter sowie durch die gleiche Tür führte, durch die sein Assistent soeben gehechtet war. „Wie hast du das eben übrigens gemacht?“, wollte er beiläufig wissen. „Was denn?“, fragte ich unschuldig. „Na, das mit dem tollen Sprung“, erklärte Dr. Riefert und sah mich verwundert an. „Das muss doch wehtun, wenn man von so hoch runterspringt. Ein Wunder, dass du dir nichts dabei gebrochen hast!“ Ich merkte, dass er mich dazu bringen wollte, mein Geheimnis preiszugeben. Aber da hatte er sich geschnitten! Der Mann war mir alles andere als sympathisch, solchen Leuten verrät man seine Geheimnisse nicht. „Ich hab genug Übung“, sagte ich deshalb ausweichend. „Zu Hause haben wir auch Treppen. Nur nicht ganz so viele.“ Mittlerweile waren wir bei einer Tür am Ende eines langen Flures angelangt. Wir traten hindurch und befanden uns in einem Labor. Staunend betrachtete ich die zahlreichen Apparate, die herumstanden, lief von einem zum nächsten und erkundigte mich, was man damit machte. Die Namen sagten mir nichts, aber Dr. Riefert erklärte mir schmunzelnd die Funktionen einzelner Geräte. Die meisten davon fanden sich in jeder gut ausgestatteten Klinik: Vom Röntgengerät über Ultraschall, EKG und EEG, Computertomographie bis hin zu verschiedenen Instrumenten zur Untersuchung von Augen und Ohren gab es hier alles. Darüber hinaus fanden sich ein Lügendetektor, mehrere PCs mit modernen Zufallsgeneratoren sowie weitere Möglichkeiten zur Erforschung von Psi-Kräften. Besonders auf die letztgenannten Geräte schien der Mann stolz zu sein. „Wie ich deinen Eltern heute Morgen schon sagte - wir haben hier das bestausgestattete Labor dieser Art in ganz Deutschland“, meinte er. In diesem Moment betrat eine Frau den Raum. Sie hatte ebenfalls einen weißen Kittel an und lächelte mir etwas unsicher zu. Ich erkannte in ihr die Dame, der ich bei unserer ersten Begegnung die warmen Sachen angezogen hatte. „Das ist Frau Santer“, stellte der Doktor sie vor. „Sie wird sich ab jetzt um dich kümmern, zusammen mit einem weiteren Kollegen. Die beiden werden hauptsächlich die Untersuchungen leiten. Wenn du mich also entschuldigen würdest - ich habe noch einige Dinge zu erledigen. Wir sehen uns heute Abend wieder.“ Damit verschwand er und ließ mich mit Frau Santer allein. Ich weiß nicht mehr genau, was sie alles mit mir...