Graf Wilhelm von Schlieffen bereiste in den Jahren 1851-1853 Ägypten und den Sudan. Er war Erbe eines großen Majorates in Mecklenburg, mit 20 Jahren aber noch nicht mündig. Seine früh verwitwete Mutter Gräfin Sophie von Schlieffen geb. v. Jagow hatte seine Erziehung nach ihren religiösen Vorstellungen streng geleitet und überwacht. In ihren mehr als 2.700 Seiten umfassenden erhaltenen Tagebuchaufzeichnungen über die Entwicklung ihres Sohnes hat sie ihre Gedanken niedergeschrieben. Um ihren Sohn dem Einfluss seiner Familie und seines Vormundes zu entziehen, ging sie früh mit ihm auf Reisen, zuerst in Europa, danach waren Ägypten und der Sudan ihr Ziel. In Ägypten und Nubien fuhren Mutter und Sohn, wie alle Touristen, mit einer Dahabije auf dem Nil, um die antiken Monumente zu besichtigen. Der Berliner Ägyptologe Richard Lepsius, mit dem die Gräfin bekannt war, hatte Graf Wilhelm einige ägyptologische Aufträge wie das Kopieren oder Abklatschen von Inschriften mit auf den Weg gegeben, die der Graf auch ausführte. Von Lepsius vorgeschlagene Ausgrabungen konnte der Graf allerdings aus Zeitmangel und aufgrund bürokratischer Schwierigkeiten nicht ausführen. Er machte aber Lepsius auf die in Dongola liegende Stele des Königs Nastasen aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. aufmerksam, die später als Geschenk des ägyptischen Vizekönigs in das Ägyptische Museum Berlin kam. Von Dongola aus reisten der Graf und die Gräfin mit einer Kamelkarawane nach el-Obeid, der Hauptstadt des Kordofan und von dort aus östlich bis an den Nil. Gräfin von Schlieffen war die erste Europäerin, die den Weißen Nil südlich von Khartum erreichte. Der Graf war außer an antiken Monumenten vor allem an der Natur der fremden Länder interessiert, ein scharfer Beobachter der Tier- und Pflanzenwelt, er sammelte Tier-Bälge für das Zoologische Museum in Berlin, eine darunter neu entdeckte Fledermausart wurde nach ihm benannt. Da er Arabisch sprach, gelang es ihm mit den Leuten unterschiedlichsten ethnischen Hintergrundes Kontakt aufzunehmen. Sein Reisetagebuch ist deshalb ein ungewöhnlich vielseitiger Berichter, besonders über den Sudan in der Mitte des 19. Jahrhunderts.
Germer / Schlieffen
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Renate Germer (*1946) studierte Biologie und Ägyptologie, promovierte mit einer Arbeit über die Heilpflanzen im Alten Ägypten an der Universität Hamburg und habilitierte sich auch dort. Ihre Forschungsschwerpunkte lagen in Projekten, die Naturwissenschaften und Ägyptologie verbanden. Zur Anwendung kam dies vor allem in der Untersuchung altägyptischer Mumien, aber auch der aus pharaonischer Zeit erhaltenen Pflanzenreste und Textilien.
Renate Germer (*1946) studied Biology and Egyptology and obtained a doctorate with a dissertation on medicinal plants in ancient Egypt from the University of Hamburg, where she also qualified as professor. Her research focused on projects that combined natural sciences and Egyptology, with particular focus on the study of ancient Egyptian mummies, but also of plant remains and textiles preserved from the Pharaonic period.