Ganterer | Ja, das bin ich und das ist meine Geschichte | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 200 Seiten

Ganterer Ja, das bin ich und das ist meine Geschichte

Frauen und ihre Wege aus der Gewalt
1. Auflage 2023
ISBN: 978-88-7283-907-2
Verlag: Edition Raetia
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Frauen und ihre Wege aus der Gewalt

E-Book, Deutsch, 200 Seiten

ISBN: 978-88-7283-907-2
Verlag: Edition Raetia
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Frauen enttabuisieren das Sprechen über Gewalterfahrungen
Gewalt in Familien spielt sich meist hinter verschlossenen Türen ab. Umso wichtiger ist es, das Schweigen zu durchbrechen. Denn Gewaltbeziehungen hinterlassen Spuren bei Frauen und ihren Kindern – ein Leben lang.
Ausgehend von Gesprächen mit Frauen und Frauenhausmitarbeiter*innen in Südtirol stellt sich Julia Ganterer die Frage: Wie ist es möglich, dass immer wieder Gewalt in Beziehungen geschieht?
Dieses Buch hilft dabei, über Gewalt sprechen zu lernen und gibt den Betroffenen eine Stimme. Sie berichten von ihren Erfahrungen, aber auch davon, wie sie es geschafft haben, einen Weg aus der Gewalt zu finden.

» gesellschaftlich relevantes Thema
» Vortragsreihe geplant
» Autor*in ist Co-Projektleiter*in der ersten sprachgruppenübergreifenden Studie zu sexualisierter Gewalt in Südtirol

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STAND UP!
„Reden mit jemand und nicht schweigen. Gleich reden, schon beim ersten Schlag! Weil ich habe auch erst lernen müssen, wo die Grenzen sind. Ich habe die Grenzen von Gewalt auch nicht gekannt. Ich habe nicht gewusst, wo jetzt die Grenze ist zwischen dem Normalen und Nicht-Normalen. Und ich denke mir, wenn eine Frau in einer Beziehung ist, wo Gewalt Alltag ist, kennt sie vielleicht auch nicht die Grenzen. Es ist dann wichtig, vielleicht auch einmal in sich selber reinzuhorchen und sich zu fragen: ‚Ist das für mich normal?‘“ Es braucht Kraft, Selbstbewusstsein, Sicherheit und Klarheit, wenn man sich mit Gewalt befasst, egal in welcher Form. Ich forsche, lehre und arbeite zu geschlechtsspezifischer Gewalt und schreibe nun dieses Buch. Es soll nicht eines von vielen sein, die von Gewalt und Missbrauch sprechen. Was macht dieses Buch aber anders, sodass es von so vielen Menschen wie möglich gelesen wird? Und das vielleicht nicht nur einmal, sondern auch ein zweites und ein drittes Mal? Die Besonderheit dieses Buches liegt darin, dass es versucht, nach Worten zu greifen und eine Sprache zu finden, die uns sonst oft verwehrt ist. Es geht darum, zu diskutieren und auch ein Stück weit zu frustrieren, aber auch zu reflektieren und zu partizipieren. Dabei soll es Menschen weder verurteilen noch verletzen, demütigen oder beschämen. Gleichzeitig soll das Buch die erlebten Gewalterfahrungen von Frauen durch ihre ehemaligen Liebespartner oder Familienmitglieder weder beschönigen noch bagatellisieren. Gewalt soll kein Tabuthema (mehr) sein, sondern wir wollen lernen, darüber zu sprechen. Gewalt zu thematisieren und nicht zu verheimlichen und damit zu verschleiern. Wir wollen versuchen, den eigenen Erfahrungen von Gewalt im sozialen Nahraum eine Stimme zu geben, sie in Worte zu fassen. Es ist ein Lernprozess, der sich nicht von heute auf morgen vollzieht. Lernen bedeutet staunen und stutzen zugleich. Lernen bedeutet, durch die eigenen Erfahrungen zu wachsen. Dies beginnt dort, wo das Vertraute, das aus der Vergangenheit Erfahrene versagt und das Neue noch nicht zur Verfügung steht. Diese für das Lernen so bedeutsame Zeit ist oft intensiv und führt zu Irritationen und Verwirrungen. Denn gerade der Versuch, Erfahrungen zu unterdrücken und zu verdrängen, ist oft eine Quelle großen Schmerzes. In diesem Buch geht es nicht darum, zu erfahren, was richtig oder falsch ist, sondern darum, über Gewalt sprechen zu lernen. Unser Ziel sollte es sein, ein Vokabular für erlittene Gewalt in Partnerschafts- und Familienbeziehungen zu finden, damit die Vergangenheit verarbeitet werden kann, gegenwärtig drohenden und eskalierenden Situationen nicht mit Gegengewalt begegnet wird, sondern zukünftig gewaltfrei gelebt werden kann. Wir müssen lernen, Gewalt beim Namen zu nennen und Worte zu finden, die unsere eigenen Empfindungen, Wahrnehmungen und Gedanken darüber zur Sprache bringen. Damit diese für andere hörbar, wahrnehmbar und begreifbar werden. Nur dadurch kann der Schmerz gelindert und bestenfalls weiteres Leid verhindert werden. Mit diesem Buch sollen Menschen aufgeklärt und gebildet, nicht belehrt werden, sich Wissen aneignen. Nicht beschuldigt oder für das eigene Handeln oder die eigenen Gewalterfahrungen bestraft werden. Dieses Buch soll einen Einblick in die Komplexität und Mehrdimensionalität des Gewaltphänomens geben und damit die gesellschaftliche Relevanz sichtbar und begreifbar machen. Es geht um Sensibilisierung, Aufklärung und Reflexion. Es geht um Besinnung und Begegnung, um das Hineinhören und das gleichzeitige Aussprechen, um das Lautwerden und um gemeinsames Aufstehen. STAND UP! Geschlecht, Gewalt und Sprache: eine Gratwanderung
Vorab möchte ich einige Schreib- und Ausdrucksweisen klären, die in diesem Buch verwendet werden. Denn es besteht die Gefahr, dass durch sprachliche Bilder klischeehafte Vorstellungen von Geschlecht und Partnerschaftsgewalt sowie von „Opferschaft“ und „Täterschaft“ reproduziert und verfestigt werden. Ich gehe davon aus, dass Geschlecht und Gewalt von der Gesellschaft konstruiert sind und reproduziert werden. Um die Vielfalt der Geschlechter zu markieren, werden seit Jüngstem der Doppelpunkt (:) oder der Genderstern (*) verwendet. Mir ist es wichtig, uns als Gesellschaft anzusprechen, als Individuen in einer kollektiven Welt. Nicht die Geschlechtsidentität – weder das soziale, das selbst empfundene noch das biologische Geschlecht – soll hier im Fokus stehen, sondern das Gewaltphänomen in partnerschaftlichen und familialen Beziehungen. Dies ist der wichtigste Grund, warum hier auf ein Sonderzeichen verzichtet wird, nicht aber auf eine geschlechtersensible Schreib- und Denkweise. Keinesfalls soll das generische Maskulinum gefördert werden, doch sind sowohl der Doppelpunkt als auch der Genderstern Erkennungszeichen und damit auch ein Stück weit identitäre Markierungen, die in den Dienst der Distinktion gestellt werden (können). Dies kann persönliche Empfindlichkeiten fördern und dazu führen, dass Moralvorstellungen konfrontativ verhandelt werden. Dabei geht es mir gerade um gruppenübergreifende und damit soziale Gemeinsamkeiten im Kampf gegen geschlechtsspezifische Unterdrückung und Diskriminierung respektive Gewalt und Machtmissbrauch. Dieses Hochschrauben persönlicher Empfindlichkeit hängt mit der Machtzuschreibung an Sprache zusammen. Da ich mich in diesem Buch generell auf eine Unterteilung in die binären Kategorien von Frau und Mann beziehe und zumeist keine anderen Identitäten inkludiert werden, möchte ich vorweg festhalten, dass es eine Vielzahl von Geschlechtsidentitäten gibt, auch wenn diese hier nicht explizit genannt werden, wie etwa Queer, Inter, Trans, Agender, Nichtbinär usw. Auch wenn die Geschlechterdiversität noch nicht im gesamten (südtirolerischen) Alltag angekommen ist, kann doch gesagt werden, dass die Geschlechtervielfalt in unserer Gesellschaft für das Aufbrechen von stereotypen Bildern von Männlichkeit und Weiblichkeit sorgt. Ich möchte nicht die Dichotomie von Geschlecht aufrechterhalten, sondern zur Reflexion anregen. Gleichzeitig möchte ich mich bei all jenen Menschen entschuldigen, die sich aufgrund der gewählten Schreibweise verletzt oder nicht angesprochen fühlen. In diesem Zusammenhang möchte ich auch festhalten, dass ich es besonders im Kontext von partnerschaftlicher und familialer Gewalt als wichtig erachte, auch die gesellschaftlichen Zuschreibungen, wie Geschlechter sein sollen und was Weiblichkeit oder Männlichkeit (nicht) sind, mitzudenken. Beim Phänomen Gewalt in eigenen sozialen Beziehungen gilt es, sich die Frage zu stellen, wie wir als Einzelpersonen über Partnerschafts- und Familiengewalt sowie über die Konstruktion von Geschlechterrollen sprechen, denken und in weiterer Folge auch handeln können, ohne zum Beispiel die „Opfer“ zu schützenswerten Objekten zu degradieren und ins Zentrum der Gewalthandlung zu drängen. Denn dem Begriff „Opfer“ haften zahlreiche Vereinfachungen und teilweise diskriminierende Vorurteile an. Auch die Verwendung des Ausdrucks als Schimpfwort macht es für Menschen mit Gewalt- und Missbrauchserfahrungen nicht leichter, sich mit dieser Bezeichnung zu identifizieren. Die Komplexität und damit auch die Sensibilität bezüglich der Begrifflichkeiten von „Opfer(schaft)“ und „Täter(schaft)“ ergibt sich auch aus der Tatsache, dass mit diesen Begriffen zum einen juristische Vorstellungen und zum anderen historische Entwicklungen verknüpft sind: Für die Feststellung von Täterschaft und die Anerkennung des Opferstatus von Betroffenen sexualisierter Gewalt musste gekämpft werden. Der Opferbegriff ist damit keineswegs wertfrei, sondern bringt eine ganze Ladung von subjektiven Vorstellungen und Stereotypen mit sich. In dieser Vorstellung wird impliziert, dass die Menschen, denen etwas angetan wurde, wehrlos, passiv und ausgeliefert waren. Es ist anzunehmen, dass sich diese Personen – zumeist Frauen – in der Situation von Gewalt, Misshandlung oder Missbrauch ausgeliefert fühlten, vielleicht haben sie sich aber auch erfolgreich gewehrt. Wir wissen es zumeist nicht, doch macht der Begriff „Opfer“ alle gleichsam zu „passiven Opfern“. Hier ein Beispiel: Wenn mir jemand erzählt, dass eine gewisse Person einmal einen Autounfall gehabt hat, wird sich meine Wahrnehmung dieser Person wahrscheinlich kaum verändern. Genau das passiert jedoch, wenn wir „Autounfall“ durch „Vergewaltigung“ ersetzen. Der „Vorteil“ liegt nun darin, dass wir vorsichtig und respektvoll sind, wir das Geschehene ernst nehmen. Der negative Aspekt besteht hingegen darin, dass wir – egal was sich die Person von uns wünscht – ausschließlich vorsichtig sind, dass wir das Geschehen ernster nehmen als alles andere im Leben dieser Person oder dass wir die Person eben nicht ernst nehmen, weil wir eine sehr genaue Vorstellung davon haben, wie und wer Opfer sind und wie sie sich zu verhalten haben – oder eben auch nicht. Dasselbe gilt auch für die Täterschaft. In...


Ganterer, Julia
JULIA GANTERER: Die Autorin studierte Erziehungswissenschaften sowie Gender, Culture and Social Change; Doktorat an der Uni Klagenfurt, 2019–2023 Postdoc an der Leuphana Universität Lüneburg. Derzeit Autor*in und Co-Projektleiter*in der ersten sprachgruppenübergreifenden Studie zu sexualisierter Gewalt in Südtirol.

JULIA GANTERER: Die Autorin studierte Erziehungswissenschaften sowie Gender, Culture and Social Change; Doktorat an der Uni Klagenfurt, 2019–2023 Postdoc an der Leuphana Universität Lüneburg. Derzeit Autor*in und Co-Projektleiter*in der ersten sprachgruppenübergreifenden Studie zu sexualisierter Gewalt in Südtirol.



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