Fulvio | Die Kinder der Verlorenen Bucht | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 208 Seiten

Fulvio Die Kinder der Verlorenen Bucht


1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-7325-2233-0
Verlag: Baumhaus
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

E-Book, Deutsch, 208 Seiten

ISBN: 978-3-7325-2233-0
Verlag: Baumhaus
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Das erste Kinderbuch vom Bestsellerautor Luca Di Fulvio: Eine sagenumwobene Bucht, an der Kinder spurlos verschwinden.
Ein Bösewicht, der Seelen sammelt.
Eine magische Anderwelt.
Lily, Red, Max und die Möwe Luigi machen sich auf, das Rätsel um die Verlorene Bucht zu lösen. Genau hier soll das Tor zur Anderwelt liegen, einer Welt, in der alles verkehrt herum läuft. Aber die Reise in ihrem kleinen Segelboot gestaltet sich alles andere als einfach. Im Sog heftiger Strudel und vorbei an riesigen Seeungeheuern geraten sie in die Fänge des Herrschers in der Anderwelt, Egon Dragon. Für die vier Freunde gibt es kein Zurück mehr, und sie müssen schnell sein, denn Egon Dragon hat es auf ihre Seelen abgesehen ...

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5
Doch zurück zu Lily, Red und Max. Am meisten Spaß hatten sie natürlich am Wochenende an der Baia del Sole. Dort konnten sie sich in der wild wuchernden Natur so richtig austoben und auf Entdeckungsreise gehen. Von morgens bis abends durften sie unterwegs sein, und ihre Eltern stellten nur eine einzige Bedingung: Niemals sollten sie auch nur einen Fuß auf den verbotenen Strandabschnitt setzen. Der begann hinter dem letzten Strandbad, das den schönen Namen Angioletto a Mare trug, »Meeresengelchen«. Dahinter lag eine sich selbst überlassene Gegend, die alle im Dorf nur die »Verlorene Bucht« oder auch das »Nichts« nannten. Und allen Kindern, nicht nur Lily, Red und Max, war es strengstens verboten, dort umherzustreifen. Vor vielen Jahren hatten die Eltern ihren Kindern weisgemacht, dass es dort von Giftschlangen nur so wimmeln würde, um sie aus dieser Gegend fernzuhalten. Und es war mindestens hundert Jahre her, dass selbst der mutigste Fischer sich dort hineingewagt hatte. Doch die Drohung mit den Giftschlangen hatte nicht ausgereicht, um die Unternehmungslust der Kinder zu bremsen. Einige hatten sich dicke Stiefel angezogen und sich mit Stöcken bewaffnet, und man hatte sie gerade noch rechtzeitig erwischt, als sie über die Grenze vordringen wollten. Die Kinder hatten eine ordentliche Tracht Prügel bezogen, und zwar weit mehr, als die Gefahr, von Giftschlangen gebissen zu werden, zu rechtfertigen schien. Nach dem, was die alten Fischer erzählten, hatte einer von ihnen – ein kleiner Junge – es dann trotzdem nicht lassen können, das Schicksal herauszufordern. Von ihm hatte man niemals wieder etwas gehört. Er war buchstäblich verschwunden. Die Erwachsenen hatten sich mit Gewehren und Harpunen bewaffnet und systematisch die Gegend nach ihm abgesucht, doch der Junge war wie vom Erdboden verschluckt. Seitdem waren die Kinder im Ort überzeugt, dass es absoluter Wahnsinn war, die Verlorene Bucht zu betreten. Und im Laufe der Zeit waren die Geschichten darüber immer wilder geworden, und so wusste niemand mehr, was wirklich passiert war oder ob es sich nur um Legenden handelte. Tatsächlich hatten ein paar Kinder, die manchmal mit Lily, Max und Red spielten, den drei erzählt, dass dort ein gespenstischer Fischer leben würde, der furchtbar aussähe und auch Kinder fressen würde. »So ein Blödsinn«, hatte Max gesagt, als er davon hörte. »Wer isst schon Kinder? Pfui!« Alle hatten gelacht, trotzdem hatten sie lange Zeit gezögert, weiter als bis zum Angioletto a Mare zu gehen und die Verlorene Bucht zu erkunden. Doch die ganze Geschichte ließ sie nicht los. Eines Tages stießen Lily, Red und Max am Strand auf eine freundliche alte Frau. Sie saß auf einem Baumstamm, den die Wellen angespült hatten, und stopfte Strümpfe. Die Freunde gingen auf die Frau zu und sagten höflich guten Tag. Die alte Frau lächelte. »Ihr seid die drei aus der Stadt, stimmt’s?« »Ja«, antwortete Lily. Die alte Frau sah traurig aus, aber die Freunde sagten nichts dazu. Sie wussten nicht einmal, warum sie sich dort neben ihr in den Sand gesetzt hatten und still und höflich sitzen blieben. Doch sie erfüllte ein Gefühl der Ruhe, als ob die Welt stehen geblieben wäre. Lily fühlte sich dabei so wohl, wie wenn sie mit ihrem heimlichen Freund Sam Schachtelbox sprach. Vielleicht fragte sie deshalb plötzlich: »Warum sind Sie traurig?« Die alte Frau hörte auf, Strümpfe zu stopfen, legte Lily ihre runzelige Hand auf den Kopf und sagte: »Weil ich so viel vom Leben gesehen habe, wie ihr es euch gar nicht vorstellen könnt, und ich auch die Zukunft erkennen kann. Und dort«, die Frau richtete ihren verkrümmten Zeigefinger auf den Horizont, »dort ballen sich Wolken zusammen, die nichts Gutes verheißen.« Lily, Red und Max folgten dem Blick der alten Frau – der Himmel war blitzeblank. »Vielleicht sollten Sie Ihre Brille aufsetzen. Da ist keine einzige Wolke …«, sagte Max im Spaß, aber Red stieß ihm den Ellenbogen in den Bauch, und darauf verstummte er. »Die Wolken, die ich sehe«, sagte die alte Frau keineswegs beleidigt, sondern eher so sanft wie eine liebevolle Großmutter, »die kann man nicht mit den Augen sehen. Ich beobachte die Wolken des Schicksals, die Wolken der Zukunft. Und leider kann ich nichts tun, um sie zu verscheuchen. Was geschehen muss, wird auch geschehen. Doch darüber hinaus vermag ich nicht zu sehen. Denkt immer daran, das Gute, das in euch steckt, zu Hilfe zu rufen. Vergesst das nie.« Die drei Kinder schwiegen eine ganze Weile. Max starrte mit zusammengekniffenen Augen auf den Horizont und bemühte sich vergeblich, die Wolken auszumachen, die die alte Frau sah. »Sie sind ja bestimmt uralt …«, begann Max dann wieder, und sofort fing er sich für das »uralt« einen weiteren Ellenbogenstoß von Red ein. »Äh, also, Sie sind ja … nicht mehr die Jüngste … kennen Sie vielleicht die Geschichte von dem Kind, das in der Verlorenen Bucht verschwunden ist, hinter dem Strandbad?« Die alte Frau drehte ruckartig den Kopf zu ihm um. »Betretet niemals das Nichts!«, rief sie und richtete mahnend den krummen Finger auf sein Gesicht. Red ließ nicht locker. »Aber Sie kennen die Geschichte der Bucht? Ist sie denn wahr?« »Natürlich ist sie das«, erklärte die alte Frau ernst, starrte wieder hinaus auf den Horizont und begann zu erzählen. »Ihr müsst wissen, dort hinter den ersten Dünen der Verlorenen Bucht erhob sich einst ein Schloss. Das ist viele, viele Jahre her, noch vor meiner Geburt. Dieses Schloss war von dunklen Mächten bewohnt, den Kräften des Bösen. Und über die gesamte Gegend herrschte ein grausamer, unerbittlicher Gutsherr. Das weiß sonst niemand hier im Dorf. Aber ihr könnt mir glauben, denn ich habe es gesehen … und zwar durch die Augen meiner Mutter.« »Hat sie auch diese Wolken gesehen, die man nicht sehen kann?«, fragte Max. »Ja, mein lieber Junge«, antwortete die alte Frau und lächelte ihn an. »Dieser böse Gutsherr, er hieß Egon Dragon, unternahm in der ganzen Gegend Raubzüge und scherte sich dabei um kein Gesetz, weder um das der Menschen noch um das, das von Gott gegeben ist. Bei einem dieser brutalen Streifzüge fiel ihm ein junges Mädchen auf, es war wunderschön und hatte eine Haut, so weiß und schimmernd wie Perlmutt, dass man sie im Dorf nur Perla nannte. Ihre helle Haut kam von …« »… einer Krankheit?«, fragte Max, der einfach nie seinen Mund halten konnte. »Nein, sie kam von …« »Dann hat die Arme wahrscheinlich nie die Sonne gesehen?«, unterbrach Max sie gleich wieder und fing sich den dritten Ellenbogenstoß von Red ein. »Die helle Haut …«, fuhr die alte Frau mit grenzenloser Geduld fort, »kam von einem inneren Leuchten. Früher war alles etwas einfacher als heute. Wo immer das Böse herrschte, gab es auch stets eine Wächterin des Guten …« »Und wenn irgendwo das Gute herrschte?«, unterbrach Max die Frau wieder. »Dann gab es, wie in jeder Geschichte, stets einen, der einem auf die Nerven ging«, sagte die alte Frau bedeutungsvoll. Lily und Red lachten. Max dagegen lief rot an. »Ich wollte doch gar nicht …«, stammelte er. »Ich weiß«, sagte die alte Frau und strich ihm liebevoll über den Kopf. »Aber auch ich gönne mir ab und zu einen Spaß. Ich wollte euch eigentlich sagen, dass überall dort, wo die Dunkelheit die Übermacht hat, es immer eine Wächterin des Guten gibt. Sie verkörpert die Hoffnung, dass das Böse doch besiegt werden kann, dass es einen Ausweg gibt. Versteht ihr? Als wollten die höheren Mächte uns Menschen damit sagen, dass wir Vertrauen haben sollen. Die Wächterin war also da, um den Leuten zu sagen, dass sie nicht aufgeben, sondern kämpfen sollten, weil früher oder später das Gute über das Böse siegen würde. Das war ihre Aufgabe. Die Wächterin war wie ein Leuchtturm für die Fischer. Ein Licht, das ihnen den Kurs wies, wie sie heil und gesund nach Hause kommen würden. Doch leider gibt es auch überall, wo das Gute herrscht, einen Vertreter des Bösen, der versucht, Unfrieden zu stiften, um so seinem niederträchtigen Herrn einen Weg zu ebnen, der in die Finsternis führt. Und dafür bedient er sich der Schwäche der Menschen …« »Und was passierte, als Egon Dragon Perla sah?«, fragte Lily, die unbedingt wissen wollte, wie die Geschichte weiterging. »Ach, meine Liebe«, seufzte die alte Frau. »Egon Dragon verliebte sich unsterblich in Perla und setzte sich in den Kopf, sie zu heiraten. Er beschenkte sie reich und versprach ihr, sie würde an seiner Seite über den ganzen Ort herrschen. Aber was glaubt ihr, hat Perla wohl seinen Antrag angenommen?« »Nein!«, riefen die drei Freunde wie aus einem Mund. »Genau«, fuhr die alte Frau mit ihrer Erzählung fort. »Eine Wächterin des Guten konnte sich natürlich niemals in einen solch bösartigen Menschen verlieben. Sie wies ihn ein Mal ab … ein zweites Mal … und noch ein drittes Mal. Da entführte der böse Egon Dragon sie mit Gewalt und brachte sie auf sein Schloss. Er sperrte sie in ein Geheimverlies im dunkelsten Winkel seiner unterirdischen Keller, fast schon im Bauch der Erde, und er schwor den Mächten des Bösen, er würde ihnen seine Seele verkaufen, wenn Perla dadurch ihre Meinung änderte. Stellt euch nur vor, wie dumm ein Mensch sein kann! Egon Dragon hätte doch bloß ein guter Mensch werden müssen, denn wenn er sich mit den Mächten des Guten verbündet und für Gerechtigkeit in seinem Reich gesorgt hätte, hätte Perla ihn bestimmt...



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