Früh / Krawczyk | Märchen von Müttern und Töchtern | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 192 Seiten, Format (B × H): 140 mm x 215 mm, Gewicht: 365 g

Früh / Krawczyk Märchen von Müttern und Töchtern

Zum Erzählen und Vorlesen

E-Book, Deutsch, 192 Seiten, Format (B × H): 140 mm x 215 mm, Gewicht: 365 g

ISBN: 978-3-86826-420-3
Verlag: Königsfurt-Urania Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die beiden Herausgeberinnen und Märchenerzählerinnen - Mutter und Tochter - haben mündlich und schriftlich überlieferte Märchen aus verschiedenen europäischen Ländern ausgewählt, die die Beziehungen von Müttern und Töchtern in großer Vielfalt widerspiegeln. Besonderen Wert haben sie darauf gelegt, auch solche Märchen aufzunehmen, in denen nicht nur klischeehafte Bilder zum Ausdruck kommen, wie etwa die zwei Rivalinnen oder die böse Stiefmutter.
Je nach Charakter der Märchenheldinnen und ihrer Beziehung zueinander sind die Texte unterschiedlichen Themenbereichen zugeordnet: Die Hilfreichen und Beschützenden, Die Eifersüchtigen und Bedrohlichen und Die Mythischen und Magischen.
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Annerl und der Hahnengiggerl
Es war einmal ein armer Holzknecht, der hat mehr schlecht und als recht sich und seine Familie mit seiner Hände Arbeit durch das Leben gebracht. Und seines Tages schönster Feierabend war es, wenn er sein Kind Annerl auf den Schoß setzen und ihr Märchen von verwunschenen Prinzen und deren armen Erlöserinnen erzählen konnte, und das Mädchen hat sich auf diese Stunde stets gefreut. Aber eines Tages ist es aus gewesen mit diesen schönen Abendstunden, denn ein Baum hat den Vater erschlagen, und weinend ist Annerl mit ihrer Mutter hinter dem Sarg zum Friedhof gegangen. Die gute Zeit hat nun ein Ende gehabt sowohl für die Mutter als auch für das Kind. Die Mutter hat wieder ins Dorf gehen müssen, um für sich und das Kind den Unterhalt im Taglohn zu verdienen. Und wenn sie heimgekommen ist, da ist sie grantig gewesen mit dem Kind, hat dem Annerl vorgeworfen, dass sie ihretwegen so viel arbeiten müsse, und ihr ein Stück Brot und ein Schüsserl Geißmilch gegeben als Mittags- und Nachtmahl zugleich. Im Winter musste Annerl Holz im Walde lesen und auf dem schwachen Rücken heimtragen, im Sommer aber Beeren und Pilze sammeln, die dann die Mutter verkaufte. Eines Tages nun war die Mutter übellaunig wie nie bisher, hat dem Kind als Nachtmahl nur ein hartes Stück Brot gegeben und am Morgen nichts. Und wie Annerl um ein Stückerl Brot bat, trieb sie das Kind aus der Hütte und trug ihr streng auf, nur schöne Beeren zu pflücken. Weinend ging das Mädchen durch den Wald und begann Erdbeeren ins Körblein zu pflücken. Dann schlich sie weiter in der Hoffnung, schönere Beeren zu finden. Dabei kam ihr die trostlose Gegenwart in den Sinn und wie schön es gewesen war, als der Vater noch lebte. Tief seufzte sie auf: »Ach, wenn der Vater lebte!« Rechts und links vom Steig wuchsen die schönsten Beeren, aber Annerl beachtete sie nicht. Pilze luden zum Pflücken ein, aber das Kind ging vorbei, langsam und nachdenkend, und trat aus dem Wald in eine sonnenumflossene Waldwiese hinaus. Nun sah das Mädchen auf. Inmitten der Wiese stand ein hölzernes Häuschen, nicht größer als eine Köhlerhütte, doch ein gemauerter Rauchfang überragte das Bretterdach und wirbelte dunklen Rauch empor. Ein einziges, winziges Fenster lugte dem Kinde entgegen. Vorsichtig und langsam ging Annerl dem Häuschen zu und spähte durch das Fenster. Da stand drinnen in der dunklen, schwarzen Küche ein uraltes Weiblein vor einem großen Kessel, der an einer Kette über offenem Feuer hing, rührte mit einem langen Kochlöffel herum und sprach dabei Zauberworte, wobei die lange, spitze Nase fast mit dem Kinn zusammenstieß. Eine Krähe aber saß auf ihrer Schulter und wiegte sich. ›Das ist eine Hexe‹, sagte Annerl zu sich, ›die könnte wohl wissen, wo ein verwunschener Prinz zu finden wäre.‹ Denn um der Qual daheim ein Ende zu bereiten, hätte Annerl sich an einen Zauberprinzen gewagt. Und so ging das Kind um das Häuschen herum. Ein schwarzes Kätzchen saß vor der offenen Tür und putzte sich im Sonnenschein. Wie es das Mädchen sah, sprang es auf ihre Schultern und rief: »Miau, miau!« Da flog denn auch schon die Krähe aus der Hütte, nahm Platz auf der anderen Achsel und schrie: »Kroa, kroa, kroa!« Das vernahm nun das Weiblein, neugierig trat es unter die Tür und sah das Kind. »Ei, ein Mäderl ist da, sag, mein liebes Kind, was willst denn du von der Waldmutter?« Vertrauensvoll bat Annerl die Alte: »Ja, Waldmutter, wisst Ihr mir keinen verwunschenen Prinzen?« »Oh, ein Prinz, mein liebes Kind, ist selten. So hör zu! Geh hinab durch den Wald, und breche Farnkraut ab, ein ganzes Bündel. Dann suche die steinige Stelle bei der kleinen Mühle im Graben auf, mitten in der Wiese liegt sie und heißt des Teufels Tanzplatz. Dort lege von den Farnkräutern einen Kreis auf, und sieh zu, dass jeder Wedel den anderen berührt. Dann setze dich in den Kreis, kümmere dich nicht, wie das Wetter werden mag, und sage mutig: ›Hutschi hatschi, komm herbei!‹ Dann kommt einer, fürchte dich nicht, er kann dir nichts anhaben, solange du im Kreise bleibst. Verhandle mit ihm, aber verkauf deine unsterbliche Seele nicht!« »Vergelt’s Gott!«, rief das Kind. Freundlich winkte die Alte ihr zu und ging mit ihren Tieren ins Häuschen zurück. Annerl aber sprang hinab in den Wald. So lustig war sie schon lange nicht gewesen. Ein ganzes Bündel Farnkraut pflückte sie und legte die Wedel auf den steinigen Fleck im Graben in der Form eines Kreises auf. Bis dahin war noch heller Sonnenschein. Doch da stiegen über den Waldbergen dunkle Wolken auf, immer dunkler wurde es, unaufhaltsam nahte das Gewitter. Schon rollte es in der Ferne, immer düsterer wurde es, bald war es ganz dunkel, da blitzte es plötzlich auf, und in den Bergen hallte der Donner. Ängstlich saß Annerl im Kreise und stieß mit zitternder Stimme hervor: »Hutschi hatschi, komm herbei!« Da ein Blitz und ein Krach, ein Lärchbaum brannte lichterloh auf und leuchtete weithin über die Wiese. Und aus einem Strauch lief ein winziger Mann hervor, so groß wie der Haushahn des Nachbarn, rot bekleidet, rote Kappe, roter Rock, rote Hose, fingerdünne Haxen und rote Hände, hinten hinaus aber einen riesigen Hahnenschweif. »Hohohoho! Der Hahnengiggerl ist do!«, lachte die kleine Gestalt und lief um den Kreis herum. Mit einem Male blickte er auf und nahm nun Annerl wahr. »Ah, da ist ja a Dirndel! Ja, was willst du denn vom Hahnengiggerl?« »Reich möcht’ ich halt gern werden«, hauchte das Kind. »Reich? Was gibst du mir denn dafür, wenn ich dich reich mach?« »Ich hab ja nichts, sonst hätte ich dich ja nicht gerufen.« »Ei wohl«, lachte der Kleine, »du hast ja eine schöne Seele.« »Die kann ich dir nicht geben, wenn ich die verlöre, würde mich das ganze Geld nicht freuen«, entgegnete das Kind. »Weißt’ was, Mädchen, machen wir’s so: In zehn Jahren komme ich wieder und frage dich um meinen Namen. Wenn du ihn bis dahin noch weißt, dann muss ich abziehen, wenn aber nicht, dann gehört deine Seele mir. Einverstanden?« Das gefiel auch dem Mädchen, und der kleine Wicht sagte noch, sie solle nur dies kleine Trühle ausräumen, das neben der großen Truhe der Mutter auf dem Dachboden stehe. Alles, was sie wünsche, werde sie darin finden. »Troll dich nun davon, hatschi, hutschi«, sagte das Kind und entließ den geheimnisvollen kleinen Mann. Dann lief aber, als das Gewölk sich verzogen und der Himmel sich aufgeheitert hatte, das Mädchen der heimatlichen Hütte zu. Als Annerl sich dem Häuschen nahte, kam gerade die Mutter heim und fuhr das Mädchen von Weitem an, wo die Beeren seien. Annerl zeigte ihr den leeren Korb, kam ihr aber nicht nahe. Erst als mit einem Schmähwort die Mutter in der Hütte verschwunden war, wagte Annerl sich hinein und eilte sogleich über die Stiege hinauf, warf den wenigen Plunder aus dem Trühlein in einen Winkel und wünschte sich ein so himmelblaues Kleid, wie sie es bei einem vornehmen Kinde gesehen, und vierzig Gulden obendrein. Vorsichtig hob sie den Deckel. Ei, wie glänzten des Kindes Augen, als es ein Bündel herausheben konnte, während ein Beutelchen in die Truhe zurückfiel. Mit dem gefundenen Schatz lief Annerl die Stiege hinab, hinaus und hinab zum verschwiegenen Waldtümpel und breitete das Tuch auseinander. Da fehlte nichts, was sich das Kind gewünscht hatte. Zitternd vor Freude warf sie die armseligen Kleider von sich und stieg in das beschattete Bad, dann aber kleidete Annerl sich an vom Scheitel bis zur Sohle. Alles war neu, das lichtblaue Kleidchen stand ihr prächtig, der Hut auf den blonden Locken, blaue Strümpfe und Schühlein an den Füßen, und Goldschmuck an Ohren, Fingern, Arm und Hals. Bebend vor Freude beschaute sie sich im Spiegel des Waldweihers. Dann aber lief sie heim zur Mutter. Bei der Stubentür hielt sie an und klopfte sachte. Wie dann Annerl eintrat, sah die Mutter erstaunt auf das Mädchen hin und erkannte sie nicht: »Ei, Komtesse von der Stadt, was gibt mir die Ehre?«, fragte sie. »Aber Mutter, erkennt Ihr mich denn nicht?«, rief Annerl aus. »Schaut, wie schön, und alles habe ich ehrlich erworben. Nun hat die Not ein Ende, und Ihr braucht nicht mehr ins Tagwerk zu gehen. Doch sagt, was braucht Ihr vom Krämer im Dorf? Ich will einkaufen gehen.« Da sagte freilich die Mutter so mancherlei und sah sich nicht genug satt an ihrem Kinde. Bald schlüpfte Annerl wieder hinaus, lief zum Tümpel im Walde und zog ihr Bettelkleid an. Das blaue Kleid jedoch verwahrte sie in der Truhe der Mutter. Dann nahm sie das Beutelchen mit Geld und den Buckelkorb und eilte zu Tal. Beim Krämer kaufte sie Kaffee, Zucker, Salz, Gewürz, Semmeln,...


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