Frisch | Heiliger Krieg oder Friede auf Erden | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 162 Seiten

Frisch Heiliger Krieg oder Friede auf Erden

Von der Gewalt in den Religionen

E-Book, Deutsch, 162 Seiten

ISBN: 978-3-7562-4547-5
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Sind die Religionen Ursache von Krieg und Terror? Die Heiligen Schriften der Religionen ebenso wie ihre Praxis sind oftmals höchst irritierend. Die Spannbreite ihrer Botschaften reicht von brutalen Aufforderungen zur Gewalt bis hin zur Feindesliebe. Das Buch benennt das vielschichtige Problem, erkundet Ursachen der religiösen Gewalt und zeigt Perspektiven auf, wie sie überwunden werden kann. Der Band gliedert sich in drei Schritte: Sehen: Ein erster Schritt blickt auf die Realität, auf das, was ist: Von der Realität der Gewalt und der Liebe in den Religionen. Es werden Christentum, Islam, Judentum, Hinduismus und Buddhismus behandelt. Urteilen: Ein zweiter Schritt ist ein beurteilender Blick auf die Gründe von religiös begründeter Gewalt: Von den Ursachen der Gewalt im Kontrast zur Botschaft der Religionen. Genannt werden: Aggressivität, Angst, Abgrenzung und Ausgrenzung, Macht vom Himmel, Entwicklungsverweigerung; zudem wird auf die Darstellung von Gewalt in den Heiligen Schriften der Religionen (etwa Bibel, Koran) geblickt. Handeln: Und schließlich als Abschluss ein Blick auf das, was wir tun können, was erforderlich ist: Von der Überwindung der Gewalt durch den Dialog der Religionen. Ausgehend von sieben Friedensnobelpreisträgern wird ein tieferer Dialog der Relgionen gefordert; dabei ist die Frage nach dem Gottesbild zentral. Konkrete Ermunterungen zu einem Weg des Friedens beschließen den Band.

Hermann-Josef Frisch, Jahrgang 1947 Studium Theologie und Sinologie zeitweilig Lehrauftrag Fachdidaktik Religion an der Universität Bonn 225 Buchveröffentlichungen inTheologie, Religionspädagogik, Religionswissenschaften mehr als 60 teilweise längere Reisen in unterschiedlichste Regionen Asiens
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Christentum
Betrachten wir die Realität in unserer Welt – und dies ist zuerst eine Realität alltäglich erlebter Gewalt in vielen Formen. Anders als Papst Benedikt XVI. beginnen wir dabei mit einem Blick auf das Christentum und damit auf die Religion der meisten Menschen in Europa (sofern sie sich überhaupt als religiös betrachten). Denn nur wenn man sich selber kritisch sieht, wenn man Fehlverhalten in der eigenen Religion kritisch in Korrelation setzt zu den Richtlinien der eigenen Religion und zu den Ansprüchen des Religionsstifters, gewinnt man im Dialog mit den anderen auch das Recht, Kritisches zum Verhalten anderer zu sagen. Also: Was ist mit Christen und Gewalt? Wo doch die Botschaft Jesu so eindeutig ist – eine Botschaft der Gewaltlosigkeit und Liebe, die sogar zweitausend Jahre später den gewaltlosen Mahatma Gandhi zutiefst beeindruckt hat, sodass etwa die Bergpredigt zu einer seiner Lieblingslektüren zählte und er sich durch die Haltung Jesu zu Gewalt und Gewaltlosigkeit in seinem eigenen Handeln bestätigt sah. »Unter diesem Zeichen wirst du siegen«, so erzählt die Legende von Kaiser Konstantin dem Großen (270–337 n. Chr.) und seinem Sieg im Jahr 312 an der Milvischen Brücke nördlich von Rom über seinen Konkurrenten und Mitkaiser Maxentius. Dies war ein Sieg unter dem Zeichen des christlichen Kreuzes, der die Welt veränderte und dem zu dieser Zeit noch heidnischen Konstantin zur Alleinherrschaft verhalf. Dies war auch ein Sieg unter dem Zeichen des christlichen Kreuzes, der die Stellung der christlichen Kirche im Römischen Reich entscheidend verbesserte und schließlich unter den Nachfolgern Konstantins zu einem christlich geprägten Reich führte. Die Zeit der Verfolgung und Unterdrückung der Christen im Römischen Reich ging zu Ende. »Unter diesem Zeichen wirst du siegen«, das war aber nicht mehr der Weg christlicher Apostel und Missionare, die mit Wort und Vorbild, oft mit ihrem Leben den Glauben weitergaben, sondern jetzt ging es zunehmend um Macht und Herrschaft, um das Durchsetzen der »wahren« Religion gegen alle unchristlichen Heiden und Götzenanbeter, um die rechte Lehre: Schon im Jahr 325 berief Kaiser Konstantin, nicht der römische Bischof oder die Patriarchen und Bischöfe der östlichen Reichsgebiete, das erste Ökumenische Konzil nach Nizäa ein. Konstantin wollte eine einheitliche Kirche und Religion in einem einheitlichen Reich unter einem Kaiser – so wie es knapp fünfhundert Jahre später Karl der Große in ähnlicher Weise versuchte. Um der Einheit von Kaiser, Reich, Glaube und Kirche willen wollte Konstantin abgrenzen und Andersdenkende ausgrenzen – ein Denken, das in der Römischen Kurie und in fundamentalistischen christlichen Gruppierungen bis heute zu finden ist. Von Konstantin her werden nun christlicher Glaube und staatliche Macht verknüpft und zu einer machmal fruchtbaren, oft aber auch unheilvollen Allianz verbunden. Dies stellt ein völlig neues Paradigma des Christentums dar: Aus der verfolgten, aber engagierten Minderheitenkirche des Anfangs wird nun zunehmend eine Staatskirche. Diese gewinnt im Jahr 330 n. Chr. nach der Verlagerung des kaiserlichen Regierungssitzes in den Ostteil des Reiches, in die Neugründung der alten griechischen Kolonie Byzanz (nunmehr nach dem Kaiser Konstantinopel genannt), im Westteil des Reiches zunehmend gesellschaftlichen und schließlich politischen Einfluss (allmähliche Entwicklung des Kirchenstaates). Dies verstärkt sich durch die Wirren der Völkerwanderung. Ein neues Paradigma des Christentums, weil es nun auch nach außen hin in anderer Weise erscheint: »Unter diesem Zeichen wirst du siegen«, das bedeutete in der Konsequenz nunmehr auch, den Glauben nicht mit den Evangelien, sondern notfalls auch mit dem Schwert weiterzutragen. Es bedeutete zunehmend, die Zugehörigkeit zur Kirche nicht auf bewusste und freie Unterstützung des einzelnen Individuums, sondern auf den Druck, gar Zwang einer übermächtigen und übergriffigen Institution zu stützen. Zu den Veränderungen, die sich an diesem Wendepunkt der Geschichte der Christen ergaben, nur wenige Beispiele: Kaiser Karl der Große und seine Kriege gegen die Sachsen in der Zeit von 772–804 n. Chr. passen zu diesem neuen Paradigma christlichen Glaubens ebenso wie die Reconquista (= Rückeroberung) in Spanien, wo es vor allem vom 12. bis 15. Jahrhundert gegen Juden und Muslime ging. Als man 1492 – im Jahr der »Entdeckung« Amerikas durch Columbus – endlich die letzte muslimische Festung in Spanien, Granada, unter die Gewalt der »Katholischen Könige« Ferdinand und Isabell gebracht hatte, ging das Bemühen um die Reinheit spanischen Blutes und des christlichen Glaubens in Spanien erst richtig los. Dies soll als Beispiel für viele andere Gewalt im Christentum etwas genauer dargelegt werden: Nach dem Fall des muslimischen Al-Andalus traf es zuerst die Juden. Unter der muslimischen Herrschaft hatte es eine fruchtbare Symbiose zwischen Muslimen, Juden und Christen im südlichen Spanien gegeben, die zu hohen kulturellen und wissenschaftlichen Leistungen führte. Al-Andalus war eine Brücke zwischen der arabisch-muslimischen Geisteswelt (etwa in Damaskus und Bagdad) und dem christlichen Europa. Die Juden in diesem muslimischen Reich waren wesentlich an dem Brückenschlag der Kulturen beteiligt. Die Zeit der muslimischen Herrschaft wird deshalb oft als »Goldenes Zeitalter« bezeichnet – für Muslime, für Juden und für Christen. Juden wirkten dort Herausragendes in Philosophie und Dichtung, in Medizin, Mathematik und Astronomie. Schriften der großen griechischen Philosophen (etwa Aristoteles) waren in Europa meist als »heidnische Schriftwerke« vernichtet worden, im muslimischen Bereich aber wurden sie in arabischer Sprache aufbewahrt. Juden übersetzten das antike Schrifttum nun im südlichen Spanien in die hebräische Sprache – darauf konnten die christlichen Mönche der mittelalterlichen Scholastik dann zurückgreifen und ihre philosophisch geprägte Theologie der Scholastik entwickeln. Auch im christlichen Spanien, dessen Einzugsgebiet sich durch die Reconquista vergrößerte, gab es große jüdische Gemeinden – ein friedliches Zusammenleben (»Convivencia«) war durchaus möglich. Doch im 14. Jahrhundert zerbrach der Friede – die Juden wurden im katholischen Spanien diskriminiert. Im Jahr 1391 gab es im bereits wiedereroberten Sevilla ein blutiges Massaker unter den Juden, ein Pogrom, das den Juden für die Zukunft Angst machte. Viele konvertierten deshalb zum Christentum, doch schlug den »Conversos« erhebliches Misstrauen entgegen. Es begann eine Politik der »Blutreinheit« und »Glaubensreinheit«. So wurde im königlichen Ordenamiento von Valladolid 1412 angeordnet, dass jüdische Männer und Frauen in einem ummauerten und nur mit einem Zugang versehenen Stadtteil wohnen durften – ein Ghetto. (Der Name Ghetto stammt allerdings aus dem Jahr 1595, wo im italienischen Venedig ein abgetrenntes jüdisches Viertel mit diesem Wort bezeichnet wurde.) Neben der räumlichen Trennung von Christen und Juden (später auch Muslimen) wurden den Juden die meisten Berufe und öffentliche Ämter verboten. Wegen der Angst vor Vergiftungen durften sie zudem keine Grundnahrungsmittel (Brot, Wein, Fleisch) verkaufen, das Mitwirken bei Festen war ebenso untersagt wie interreligiöse Hochzeiten. Juden durften auch keine Christen als Knechte und Mägde beschäftigen – Christen verstanden sich als Herren, nicht als Untergebene, zumal nicht der Juden, der »Gottesmörder«. Auch mussten jüdische Männer und Frauen nun in Spanien einen »Judenfleck« an der Kleidung tragen – doch die Kennzeichnung von Andersgläubigen war nichts Neues: Bereits seit dem 11. Jahrhundert waren in manchen Teilen Europas gelbe Kennzeichen für Juden vorgeschrieben; mancherorts waren statt dessen gelbe oder rote spitze Judenhüte vorgesehen – auf Kunstdarstellungen dieser Zeit (etwa auf Bildern zum Lebensweg Jesu) findet man Gestalten mit Judenhüten häufig als Kontrast der ungläubigen Juden zu den gläubigen Jüngern. Der Judenfleck allerdings wurde ab 1492 in Portugal zum sechseckigen Stern, in Deutschland war es von 1530 bis 1790 in manchen Gebieten ein gelber Judenring als Kennzeichen der Fremden und »Andersgläubigen«. Das alles kehrte im 20. Jahrhundert unter dem Nationalsozialismus in schrecklichster Weise wieder. Die Nazis haben also diese Form der Ausgrenzung keineswegs erfunden, sondern konnten sich auf »christliche Traditionen« berufen – haben diese dann aber perfekt organisiert. Nach 1492 aber ging die Verfolgung in Al-Andalus erst richtig los. Gegen alle Abmachungen bei der Kapitulation mit dem letzten muslimischen König von Granada, Boabdil, wurden Juden enteignet. Drei Monate nach der Eroberung Granadas wurden die Juden vor die Entscheidung gestellt, sich taufen zu lassen oder das Land binnen vier Monaten ohne Mitnahme ihres Besitzes zu verlassen. Man schätzt, dass sich damals über 100 000 Juden auf den gefährlichen Fluchtweg über das Mittelmeer...


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