Franke | Die Auferstehung der "Hoffnung" | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 544 Seiten

Franke Die Auferstehung der "Hoffnung"

E-Book, Deutsch, 544 Seiten

ISBN: 978-3-99048-251-3
Verlag: novum pro Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Der Volksschüler Kai wächst im zerstörten Hamburg der Nachkriegszeit auf. Das zerbombte Areal am Ufer der Bille ist sein Abenteuerspielplatz. Kai fühlt sich zur See hingezogen und probt schon als kleiner Junge am verwitterten Steuerrad eines halb gesunkenen Binnenschiffs seine große Fahrt über die Weltmeere. Nach dem Abschluss der Schule geht sein Wunsch auch tatsächlich in Erfüllung. Auf seinen abenteuerlichen Reisen über die Ozeane, die er erst als Schiffsjunge, später als Kapitän erlebt, erfährt er all die Gefahren, Freuden und Geheimnisse, die die Weltmeere offenbaren können. Nachdem er seine Jugendliebe geheiratet hat, führt Kai auch eine Ehe zur See. Und wo er auch hinkommt: Seine Vorliebe für Seemannsgarn beschert ihm gebannte Zuhörer.

Dieter Franke wurde 1941 in Hamburg geboren und erlernte nach der Schule den Beruf des Schriftsetzers. Daraufhin war er in verschiedenen Druckereien im In- und Ausland tätig. Zurück in Hamburg studierte er nach dem Besuch eines Abendgymnasiums an der Universität sowie der Kunsthochschule. Die Auferstehung der 'Hoffnung' ist sein zweites Werk.
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Der Freundschaftsbund Mit weit aufgerissenen Augen musste Kai zusehen, wie zwei seiner Mitschüler von der Eisenbahnbrücke in die Tiefe stürzten. Als sie das schrille Warnsignal des nahenden Zuges gehört hatten, waren sie in Panik geraten und von den vereisten Eisenbahnschwellen der Gleise abgerutscht. Die Brücke bestand aus einer einfachen Eisenkonstruktion, deren eingleisige Überführung von zwei stählernen Bögen getragen wurde. Die Eisenbahnschwellen lagen jeweils auf einer Querverbindung, die mit den zwei Längsträgern der Brücke verbunden waren. Dazwischen war gähnende Leere, durch die man unten die Eisschollen den Fluss hinuntertreiben sah. Die Breite der Überführung entsprach der Länge der Eisenbahnschwellen, sodass gerade ein Zug Platz hatte, um hinüberzufahren. In der Mitte war an einer Seite der Schienen eine kleine halbrunde Plattform angebracht worden, die über das Ende der Schwellen nach außen hinausragte. Dieser Vorbau war von einem Geländer umgeben und wirkte wie ein kleiner offener Erker zwischen Himmel und Erde. Diese kleine Zuflucht war für Bahnarbeiter gedacht, falls die mal beim Überqueren der Brücke von der Vorortsbahn überrascht würden. Auf dieser kleinen rettenden Insel hatte Kai Zuflucht gefunden. Er klammerte sich am Geländer fest, als der Zug mit dröhnendem Getöse nur Zentimeter von ihm entfernt an ihm vorbeifuhr und die ganze eiserne Konstruktion ins Schwanken brachte. Als der Zug die Brücke am anderen Ufer erreicht hatte, der ohrenbetäubende Lärm und die Schwingungen sich gelegt hatten, schrie Kai durch die Eisenbahnschwellen zum Wasser hinunter: „Richard, Bernd, um Gottes willen, wo seid ihr?“ Mit vor Kälte zitternden Stimmen riefen die beiden zurück: „Hier, Hilfe! Hier unten, Kai. Hilf uns bitte!“ Bei Hochwasser hatte die Bille nur eine schwache Strömung. Kai sah die beiden unweit der Brücke im Wasser treiben. Sie klammerten sich verzweifelt an die Eisscholle, die bei ihrem Aufprall in der Mitte auseinandergebrochen war. An der Bruchstelle der Eisscholle waren sie dann ins Wasser gerutscht. Ihre Versuche, sich an der Scholle hochzuziehen, scheiterten. Sie war zu dünn und zu leicht und gab nach, wenn sie versuchten, sich an ihr hochzustemmen. „Haltet durch!“, schrie Kai, „ich hole euch raus.“ Der Flussabschnitt der Bille mit der Eisenbahnbrücke lag in einer vereinsamten Gegend. Der Zweite Weltkrieg war drei Jahre her und diese von allen guten Geistern verlassene Zeit hatte auch an den Ufern der Bille zerbombtes und verödetes Territorium hinterlassen. Das verwahrloste Gebiet war übersät mit Trümmern, rostenden Stahlgerüsten und bizarrem Eisenschrott. Im Sommer bedeckte Unkraut die zerbombten Flächen. Meterhohe Disteln und Brennnesseln überwucherten Bombensplitter und verrostetes Schiffszubehör. Jetzt im Winter lag meistens meterhoher Schnee, in den Kai eine tiefe Schneise getreten hatte. Das war die ideale Tarnung, um von der Straße her nicht gesehen zu werden, bis er die Senke der Bille erreicht hatte. Dieses trostlose Terrain reichte bis zur Hauptstraße, die bis in Hamburgs Innenstadt führte. Der Zaun entlang der Hauptstraße, der Unbefugten den Zutritt zu dem gefährlichen Areal versperren sollte, war für Straßenjungs natürlich keine Hürde. Nördlich der Hauptstraße waren die Volksschule und einige Dutzend Wohnblocks vom Bombenhagel verschont geblieben. Kurz nach dem Krieg, als Kai zehn Jahre alt war, hatte er die abenteuerliche Gegend von der Hauptstraße zur Bille rüber entdeckt. Am Ufer lagen einige halb untergegangene Schuten, kleine Binnenschiffe und Elbkähne. Je nachdem ob gerade Ebbe oder Flut herrschte, ragten sie mal mehr oder weniger aus dem Wasser. Diese Wracks übten auf Kai eine magische Anziehungskraft aus. Gleich nach ihrer Entdeckung hatte er sie alle von vorn bis hinten durchsucht. Bei einigen kam man nur von der Wasserseite ran und hinein. Andere waren nur von der Uferseite her zu erreichen, indem man über die Ankerketten oder Stahltrossen kletterte, mit denen sie an den verrosteten Pollern befestigt waren. Kai hatte sich für seinen Geschmack das beste Schiff ausgesucht. Ein kleines versenktes Binnenschiff, bei dem das Steuerhäuschen auch bei Flut nicht unter Wasser stand. Er hatte es besetzt. Gekapert sozusagen. Am Toppmast hatte er seine Fahne gehisst. Auch wenn es nur eins von seinen Taschentüchern war. Unter Deck, gleich neben einer der Ladeluken, hatte er ein leicht verwittertes, aber fast unversehrtes kleines Ruderboot mit Rudern gefunden. Es hatte im Sommer nur ein paar Wochen gedauert, um es vollends wieder auf Vordermann zu bringen. Es war Kais heimlicher Stolz. Das Binnenschiff war an Backbord aufgerissen. Es fehlte ein Teil der Schiffswand. Kai machte sich das zunutze, indem er durch die Lücke ins Innere des Schiffsrumpfes ruderte, um dort sein Boot zu verbergen. Das klaffende Loch in der Backbordwand bezeichnete er als „Eingang in den Heimathafen“. Wenn er sich flach auf den Rücken in sein Boot legte, konnte er es sogar bei Flut in den Schiffsrumpf hinein- oder hinausbugsieren. Im Rumpf zog er sich dann mit den Händen auf der Unterseite des Schiffdecks zur anderen Seite des Schiffes. Unterhalb des Steuerhäuschens machte er das Boot an der Stiege fest. Die Stiege führte vom Steuerhäuschen hinunter in die unter Wasser stehenden ehemaligen Wohnräume im Rumpf des Schiffes. Das Schiff hieß „Hoffnung“. Mit einiger Fantasie konnte man den Namen noch am verrosteten Bug entziffern. Leider hatte dem alten Besitzer dieser Name nicht viel genützt. Kai erfüllte der Name des Schiffes allerdings mit Hoffnung. Seit jeher hatten ihn Seefahrtgeschichten, Schiffe und das Meer begeistert. Sein heimlicher Wunsch war, später einmal zur See zu fahren. Das gesunkene Schiff wurde sein Spielplatz. Das Ruderhäuschen richtete er sich nach seinen Vorstellungen ein und erklärte es zu seiner Kommandobrücke. So manche Stunde verbrachte er dort hinter dem Steuerrad. Dann war er in Gedanken auf großer Fahrt über die Weltmeere unterwegs und probte seemännisches Verhalten in stürmischer See. In den vermeintlich heulenden Sturm brüllte er Befehle wie „Volle Kraft voraus!“, „Neuer Kurs Nordnordwest!“ oder „Mann über Bord, alle Maschinen Stopp!“. Im klirrend kalten Winter, wenn die Bille bizarre Eisschollen führte, erschallte einer seiner Lieblingsbefehle durch das Führerhäuschen, sodass die Sichtscheibe von seinem wallenden Atemdunst beschlug: „Eisberg voraus, hart Steuerbord!“ Dabei riss ihn seine Fantasie manchmal dermaßen weit weg, dass er beim Herumwirbeln des verwitterten, aufgeplatzten Steuerrades blutige Finger bekam und er ganz heiser vom Schreien wurde. Das Steuerrad konnte man noch drehen, es hatte aber keine Verbindung mehr zum Ruder, welches im Schlamm steckte. Dummerweise lag das Schiff am anderen Ufer der Bille, sodass er den Fluss überqueren musste, wenn er an Bord wollte. Die ideale Lösung dafür bot die flussaufwärts gelegene Eisenbahnbrücke, die unweit des Schiffswracks über den Fluss führte. Auch wenn es natürlich verboten war, die ungesicherte Anlage zu betreten. Die meiste Zeit des Jahres war sie eisfrei und für einen Schuljungen leicht zu überwinden. Im kalten Winter, bei frostigen Temperaturen, erforderte es dann schon erheblich größere Geschicklichkeit, die Überquerung zu meistern. Wenn sich auf der Bille die Eisschollen aneinanderrieben, war es kein Problem, von Scholle zu Scholle springend den Fluss zu überqueren. Wenn der Frost aber nachließ, war man nicht gut beraten den kürzeren Weg über das dahintreibende Eis zu nehmen. Kai entschied sich dann lieber für die Brücke. Für Leute, die keine Routine im Überqueren einer Eisenbahnüberführung hatten, wären die mit Eis gepanzerten Bahnschwellen und die Schienen allerdings genauso gefährlich gewesen, wie über tauende, dahinschwimmende Eisschollen zu springen. Kai hatte aber Routine im Überqueren der Eisenbahnbrücke. Bei Eis und Schnee konnte man sie am besten auf allen vieren überwinden, wenn man sichergehen wollte, die andere Seite zu erreichen. Nun, da es darum ging, den beiden abgestürzten Mitschülern unten im Wasser zu helfen, wuchs Kai über sich hinaus. Nie zuvor hatte er die vereisten Eisenbahnschwellen der Brücke mit seiner bewährten Winterüberquerungstaktik so schnell überwunden wie jetzt. Mit geübter Technik erreichte er die Böschung des Bahndamms auf der Uferseite, wo das gesunkene Binnenschiff lag. So schnell er konnte, lief er darauf zu und erklomm die selbst gebastelte Leiter, um in das Führerhäuschen zu gelangen. Im Nu kletterte er auf der anderen Seite die Stiege hinunter in sein Boot, löste es von der Stiege und stieß ab, durch die klaffende Öffnung des Schiffes. Er musste sich flach hinlegen. Die Flut war so hoch, dass die Ruderhalterungen seines Bootes beim Herausfahren aus dem Schiffsinnern an der Unterseite des Schiffsdecks entlangschrammten. Als Kai sein Boot durch die Eisschollen manövrierte und die Mitte des Flusses erreichte, trieben die beiden Hilferufenden schon direkt auf ihn zu. Seit ihrem Sturz ins Wasser waren erst wenige Minuten vergangen. „Durchhalten, haltet aus!“, schrie Kai ihnen entgegen. „Kai, Hilfe, Kai, Hilfe!“, riefen...


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