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E-Book

E-Book, Deutsch, 688 Seiten

Förg Platzhirsch & Scheunenfest

Zwei Romane in einem Band

E-Book, Deutsch, 688 Seiten

ISBN: 978-3-492-98581-9
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Zwei Romane der Bestsellerautorin Nicola Förg in einem Band mit jeder Menge Humor und LokalkoloritPlatzhirschEin altes feudales Jagdhaus inmitten saftiger Weiden und dunkel wogender Tannen, die ihre nadelbehangenen Finger wie grüne Gespenster nach Irmi ausstrecken – märchenhafter könnte der Anblick kaum sein, wäre das Schneewittchen, das so friedlich im Schuppen liegt, doch nur eine schlafende Prinzessin und nicht die ermordete Gutsbesitzerin: Regina von Braun, bekannte Biologin, Jägerin und Forstwirtin, hatte sich mit ihrem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und ihrer großen Klappe nicht nur Freunde in der Region gemacht. Von der Auseinandersetzung mit ihrem Exfreund, einem Forstwirt und Großgrundbesitzer mit völlig anderen Ansichten, zeugt sogar eine Fernsehdebatte. Aber sind Abschusszahlen und fiese Wildereiwirklich Grund genug für einen Mord? Und was zum Geier hat das mit einem Tagebuch zu tun, das sich auf Reginas lange gut verstecktem Laptop befindet?ScheunenfestIn der Brandruine einer Scheune werden in Unterammergau die Leichen zweier junger Frauen entdeckt. Die Rumänin Ionella hatte das alte Ehepaar gepflegt, dem der Bauernhof gehört. Ihre Freundin, eine junge Norwegerin, war als Au-pair in Deutschland. Ein Unfall? Fest steht jedenfalls, dass sie schon tot waren, als der Stadel Feuer fing. Und die Brandstelle hält noch eine weitere Überraschung für Irmi und Kathi bereit: In der Scheune lagerte eine Phosphorbombe! Die könnte den Brand ausgelöst haben, aber nun will sie natürlich niemandem mehr gehören. Sind die beiden Frauen einer Verkettung unglücklicher Umstände zum Opfer gefallen? Die Schafe und Ziegen waren gerade an diesem Tag nicht im Stadel, obwohl es draußen gestürmt und geschneit hat – wollte jemand einen Doppelmord vertuschen, aber die Tiere verschonen?
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2 April 1936 Nun kann ich endlich wieder einmal einen Eintrag machen in mein liebes Tagebuch. Ich bin nun schon so viele Jahre lang aui aufs Joch und wieder oui gegen Gerstruben gegangen. Was war das aber dieses Mal für ein Schneegestöber! Wir waren im Abstieg, auch der Eissee lag hinter uns. Aber am Älpelesattel, da waren die Gawinda so riesig. Der Wind riss an uns, und ich konnte der Johanna gar nimmer folgen. Ich war so müde, aber die Johanna ging, als wär sie eine Riesin. Sie durchsprang die Gawinda, und mir wurde immer bänger, und ich vermochte nicht mehr Schritt zu halten. Dann aber riss der Wind mir den Hut vom Kopfe, den Hut, den einzigen Hut! Ich wollte ihn noch erhaschen, ich lief und strauchelte. Dann bin ich gestürzt, weit hinunter. Der Schnearfar war verloren, da war ein Kanten Brot drin und ein Stück Speck. Man stelle sich nur vor: Speck! Die Mutter hatte ihn mir zugesteckt, ohne das Wissen vom Herrn Vater, und ich Schussel verlier ihn. Der Herr Vater hat schon recht. Ich bin zu nichts nutze. Ich wollte mich wieder außi wühlen durch den Schnee, aber ich war so müde. Aber ich musste doch weiter. Und dann fand ich auch den Schnearfar wieder und rief nach Jakob und Johanna. Ich weinte, und ich war so müde, und ich stolperte weiter, und dann wurde es dunkel. Mir war auf einmal so warm. Dann kalt. Dann wieder warm, und ich lief durch eine Blumenwiese. Vögel haben gesungen, so schön. Später drangen Stimmen an mein Ohr, jemand schüttelte mich, und Hände zerrten und packten mich. Sie störten die Vögel, die so schön sangen. Und ich hörte den Jakob, aber so richtig erinnere ich mich nicht. Erst an Gerstruben, an die Bauersfamilie – Gott danke ihnen –, erinnere ich mich wieder. Der Jakob hatte an die erste Türe geklopft, die er sah, und so lange gefleht, dass man mich suchen müsse, bis ein paar Manderleut losgezogen waren. Jetzt lag ich in ein Schaffell gepackt, und eine sehr liebe Frau flößte mir Suppe ein. Eine dicke Suppe mit Kartoffeln drin, keine Schnallsuppa. Und die Johanna war da und der Jakob, und der sagte immer wieder: »Jetzt hocksch zerscht auf dei Fiedla, und dann stehsch auf.« Und ganz langsam wurde mir wieder bewusst, dass wir doch auf Kempten außi müssen und dass bestimmt viel Zeit ins Land gegangen war. Der Bauer hatte angespannt, es war zwar eine rechte Schindmähre, aber er fuhr uns hinaus bis Oberstdorf, und ein anderer nahm uns bis Fischen mit. Wie kommod das war! In Kempten wartete der Großknecht Oswald mit einem Gespann, und die Johanna meinte auch, dass wir noch nie so kommod gereist wären. Spornstreichs waren wir hinter Grönenbach. Ach, könnte ich mich doch bei den Leuten in Gerstruben bedanken, ach, könnte ich ihnen etwas schenken. Aber die Gulden, die der Herbst uns bringen wird, die muss ich heimbringen. Der Mutter mag’s helfen, dass der Bader einmal kommt, sie leidet solche Schmerzen. Aber ich hab für die lieben Leute in der Kapelle gebetet, dass sie ein Hütemadl gerettet haben. Ich hätt ja auch leicht tot sein können. Die Herrin hat sich wirklich rührend meiner angenommen. Ich musste nur am halben Tage arbeiten und auch nur in der Küche, wo es warm ist. Mir ist immer wieder so drimslig, sehr drimslig. Und da ist ein Frost, der über mein Gnagg kriecht. Ich wär fast erfroren, das steckt man nicht so weg, sagt der Jakob. Und dass ich doch jung und gsund sei. Die Herrin hat sogar ein Pulver vom Herrn Doktor kommen lassen. Wie viele Reichspfennige sie da wohl hat ausgeben müssen? Ob sie mir die am Ende vom Lohn abzieht? Sie sieht mich manches Mal so seltsam an, ich traue mich gar nicht zurückzuschauen, seit sie so oft in diesem fahrbaren Holzstuhl sitzt. Sie sitzt dann tiefer als ich, und das geht doch nicht, dass ich auf die Herrin hinabsehe. Dabei meinte die Johanna, ich sei selber schuld gewesen, wenn ich so blöd ausrutsch. Sie hätt mich sicher liegen gelassen. Aber der Jakob, der Gute, hat zu mir gehalten. Er ist das beste Gschwisterikind, das ich habe. Dabei ist der Jakob ein rechtes Grischpala, aber er hat doch mein nichtsnutziges Leben errettet. Veit Bartholomä hatte sich ohne weitere Worte umgedreht. Irmi folgte ihm die schwere geschwungene Treppe hinauf. Im Obergeschoss öffnete er eine der Türen, die von der Halle abgingen. Dunkle Holzregale nahmen eine ganze Wand des Raums ein, in dessen Mitte ein Ehrfurcht gebietender alter Schreibtisch stand. Doch der Stuhl davor war ein Wipphocker in Orange. Die Ledercouch auf Alufüßen war ebenfalls orange, ebenso wie die Vorhänge. In der Ecke des Zimmers befand sich ein riesiger Flachbildfernseher mit einem glänzenden Rahmen in Aluoptik, und auf Reginas Computer klebte ein lila Plastikelch. Eine gelungene Symbiose aus Alt und Neu, fand Irmi. Gespannt setzte sie sich auf die Couch, während Bartholomä eine DVD einlegte und eine bestimmte Stelle heraussuchte, bevor er den Film ablaufen ließ. »Sie sprechen doch nur noch von Schädlingen«, sagte Regina von Braun gerade. »Das Wort Rehe kommt gar nicht über ihre Lippen. Sie sprechen von Schädlingsbekämpfung, nicht von Abschuss!« Ihre Stimme war messerscharf. Die Kamera fuhr zu ihrem Gegenüber, Marc von Brennerstein. Dieser Marc war dunkelhaarig mit grauen Schläfen, er hatte ein bisschen was von Clooney und war Irmi auf den ersten Blick gar nicht unsympathisch, aber er war zu schön, zu glatt, die Augen kalt, der Mund zu klein. »Liebe Frau von Braun«, sagte er mit gönnerhafter Stimme. Allein das war lächerlich. Der Mann vögelte diese Frau und redete mit ihr, als habe er sie heute zum ersten Mal gesehen. Man war versucht, ihn zu schütteln. »Rehe sind nun mal Schädlinge, diese elenden Knospenbeißer richten einen gewaltigen wirtschaftlichen Schaden an! Wir müssen den Verbiss eindämmen, so einfach ist das!« Reginas blaue Augen blitzten, und ihre Finger trommelten auf dem Tisch. »Sie lehnen sich mit Ihren Wildererargumenten aus den Zeiten von Jennerwein und vom bayrischen Hiasl aber ganz schön aus dem Fenster! Auch die Wilderer damals haben darauf verwiesen, dass sie den Wald gegen Verbiss schützen, und Sie glauben sich in bester Tradition, wenn Sie allen Ernstes beabsichtigen, in rund fünfzig Jagdrevieren in ganz Bayern die Schonzeit für weibliches Rehwild und Kitze komplett aufzuheben!« »Frau von Braun, Sie wollen mich aber nicht mit Wilderern gleichstellen, oder? Was ich mache, ist streng legal. Es gibt hier Landratsämter, es gibt Abschusspläne, die im Plenum ersonnen werden. Wenn der Verbiss so zunimmt, dann müssen wir reagieren.« Dieser Brennerstein wirkte aalglatt auf Irmi. Mit seiner süffisanten Art blieb er ganz ruhig. Regina hingegen geriet immer mehr aus der Fassung. Das hier war der verbale Kampf des Landadels. »Ach, kommen Sie, wenn das Wild keine Äsungsflächen hat, was soll es denn sonst fressen? Extremer Jagddruck verstärkt das Problem doch nur. Das Wild hat Stress, es hat dadurch einen höheren Energieverbrauch. Das ist wie bei den Menschen. Wir haben bei Stress auch Appetit auf Schokolade …« »Ich esse nie Schokolade«, sagte er und grinste süffisant. »Schlecht für die Zähne und die Figur.« Du Arsch, dachte Irmi. »Nun, hier geht es ja nicht um Schokolade …«, schaltete sich der Moderator ein. Veit Bartholomä drückte den Pausenknopf. »Das geht noch eine ganze Weile so weiter, ich wollte Ihnen ja nur mal zeigen, was von Brennerstein für einer ist.« »Vielen Dank, Herr Bartholomä!«, sagte Irmi. »Ich schau mir das Ganze später noch mal in Ruhe an.« Veit Bartholomä spielte die Gesichter der beiden Kontrahenten im Schnelldurchlauf vor und schaltete erst ganz am Ende des Beitrags wieder auf Normalgeschwindigkeit um. »Sie sind ja ein Mörder! Die Schonzeit abschaffen! Sie wissen, was das heißt. Die Eiruhe der Rehgeißen ist vorüber, das heißt, die Entwicklung der Embryonen geht viel schneller voran. Im Januar tragen sie bereits handtellergroße Föten in sich und brauchen für deren Entwicklung die letzte Kraft. Will Bayern wirklich auf schwangere Rehe schießen? Schonzeitregelungen sind vorrangig zum Tierschutz erlassen worden und können nicht beliebig irgendwelchen waldbaulichen Überlegungen untergeordnet werden!« Der Moderator nickte jovial in die Kamera. »Liebe Zuschauer, Sie sehen, ein wirklich komplexes Thema. Mehr Informationen dazu erhalten Sie auch bei uns im Internet. Ein herzliches Vergelt’s Gott fürs Zuschauen. Und nun viel Freude mit unserem Fernsehkoch Siggi Schrammelhuber.« Und schon lief der Abspann durch. Bayerische Motive wie die Zugspitze, die Heuwinkelkapelle bei Iffeldorf, ein Riesenrad über München, Bierdimpfl beim Gäubodenfest in Straubing, die Altstadt von Wasserburg, Burghausen, ein kleines Madl im Dirndl. Mir san mir, dachte Irmi unangenehm berührt. Bartholomä drückte auf die Fernbedienung. Der Bildschirm wurde dunkel oder besser nachtblau. Irmi sagte nichts. Auch Bartholomä saß schweigend da, die Fernbedienung auf den Knien. »Herr Bartholomä, ich bin gerade etwas überfordert«, sagte Irmi nach einer Weile. Vielleicht hätte sie das als Polizistin nicht zugeben sollen, vielleicht war das unklug. Kathi hätte sie sicher gerügt. »Stimmt, diese ganze Diskussion erschlägt einen etwas«, meinte Bartholomä. »Sie sagen es. Wie waren denn die Reaktionen darauf? Regina hatte doch eindeutig die besseren Argumente, zumindest soweit ich das hier sehen kann.« Bartholomä lachte bitter. »Das schon, wildbiologisch ist das alles völlig korrekt, aber wir leben in Bayern, wo Frauen nicht unbedingt gar zu...


Förg, Nicola
Nicola Förg, Bestsellerautorin und Journalistin, hat zwanzig Kriminalromane verfasst, an zahlreichen Krimi-Anthologien mitgewirkt, einen Island- sowie einen Weihnachtsroman vorgelegt. Die gebürtige Oberallgäuerin, die in München Germanistik und Geografie studiert hat, lebt heute mit Familie sowie Ponys, Katzen und anderem Getier auf einem Hof in Prem am Lech – mit Tieren, Wald und Landwirtschaft kennt sie sich aus. Sie bekam für ihre Bücher mehrere Preise für ihr Engagement rund um Tier- und Umweltschutz.


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