Fitzgerald | F. Scott Fitzgerald, Gesammelte Werke | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, Band 48, 736 Seiten

Reihe: Anaconda Gesammelte Werke

Fitzgerald F. Scott Fitzgerald, Gesammelte Werke


1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-641-32432-2
Verlag: Anaconda Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, Band 48, 736 Seiten

Reihe: Anaconda Gesammelte Werke

ISBN: 978-3-641-32432-2
Verlag: Anaconda Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Mit F. Scott Fitzgerald geht es tief hinein in die Goldenen Zwanziger und die Welt der Schönen, Reichen und Unglücklichen. Hier wird fürstlich getrunken, eigenartig geliebt und aufs Prächtigste aneinander vorbeigelebt. Mit seinem Werk schuf der amerikanische Schriftsteller ein kunstvoll gestaltetes Porträt seiner Generation. Dieser Band umfasst die beiden großen Romane »Zärtlich ist die Nacht« und »Der große Gatsby«, dazu kommen »Der seltsame Fall des Benjamin Button« und eine Auswahl der besten Geschichten.

  • »Meister von Wehmut und tiefster Melancholie« Deutschlandfunk
  • Das Beste des amerikanischen Kult-Autors der »Roaring Twenties« in einem Band
  • 736 Seiten, gebunden in fein geprägter Leinenstruktur auf Naturpapier mit Goldprägung
  • »Der Tanz über dem Abgrund verlieh den Büchern ihren schillernden Glanz.« Deutschlandfunk
  • Fitzgerald gelang es, »das Bild seiner Epoche seismografisch einzufangen«, »mit leichter Hand und ungemein packend erzählt« Deutschlandfunk
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Kapitel 1 Als ich noch jünger und verwundbarer war, gab mein Vater mir einen Rat, der mir seither nicht aus dem Kopf geht. »Wann immer du glaubst, jemanden kritisieren zu müssen«, sagte er zu mir, »denk daran, dass unter all den Menschen auf dieser Welt niemand solche Vorzüge genossen hat wie du.« Mehr sagte er nicht, doch auf eine zurückhaltende Art pflegten wir uns außerordentlich viel mitzuteilen, und ich verstand, dass er weit mehr meinte als das. Seither halte ich mich in der Regel mit jeglichem Urteil zurück, eine Angewohnheit, die mir schon zahlreiche merkwürdige Charaktere erschlossen hat, mich zugleich aber auch so manchem altgedienten Schwätzer in die Fänge trieb. Außergewöhn­liche Naturen wittern diese Eigenschaft rasch, und sie klammern sich daran, sobald sie sie an einem gewöhnlichen Menschen bemerken; so kam es, dass ich auf dem College ungerechterweise bezichtigt wurde, ein Intrigant zu sein, da ich in die geheimen Nöte ausschweifend fremdartiger Männer eingeweiht war. Die meisten dieser Bekenntnisse kamen ungebeten – oft stellte ich mich schlafend, tat beschäftigt oder gab mich leichthin feindselig, sobald ich an irgendeinem untrüglichen Zeichen erkannte, dass ein vertrauliches Geständnis heraufdämmerte; im Großen und Ganzen nämlich sind die vertraulichen Geständnisse junger Männer, oder zumindest die Worte, in die sie sie kleiden, abgekupfert und durch offenkundige Heimlichkeiten verzerrt. Mit Urteilen zurückhaltend zu sein ist eine Sache grenzenloser Zuversicht. Ich bin noch immer leicht besorgt, dass mir etwas entgeht, sollte ich vergessen, dass, wie mein Vater hochnäsig fallenließ und ich hier hoch­näsig wiederhole, der Sinn für grundlegenden Anstand nicht ­allen gleichermaßen in die Wiege gelegt ist. Nachdem ich nun derart mit meiner Toleranz geprahlt habe, muss ich auch eingestehen, dass sie durchaus ihre Grenzen hat. Ein bestimmtes Verhalten mag auf harten Fels oder feuchtes Marschland gegründet sein, doch ab einem gewissen Punkt ist es mir gleich, worauf es sich gründet. Als ich letzten Herbst aus dem Osten zurückkehrte, wünschte ich mir die Welt auf ewig in Uniform und in einer Art moralischer Habachtstellung; ich legte keinen Wert mehr auf wilde Streifzüge mit privilegierten Einblicken in die menschliche Seele. Nur Gatsby, der Mann, der diesem Buch seinen Namen gibt, blieb von meiner Reaktion ausgenommen – Gatsby, der für all das stand, was ich aus tiefstem Herzen verachte. Falls Persönlichkeit nichts anderes ist als eine durchgehende Abfolge gelungener Gesten, so hatte er etwas Schillerndes an sich, eine erhöhte Sensibilität für die Verheißungen des Lebens, ähnlich einem dieser komplizierten Apparate, die noch zehntausend Meilen entfernt ein Erdbeben registrieren. Seine Empfänglichkeit hatte freilich nichts zu tun mit jener läppischen Erregbarkeit, die man als »schöpferische Wesensart« überhöht – sie war eine außergewöhnliche Gabe der Hoffnung, ein romantisches Vermögen, wie ich es bei keinem anderen je gefunden habe und wahrscheinlich nie wieder finden werde. Nein – Gatsby erwies sich am Ende als rechtschaffen; was mein Interesse an den kümmerlichen Leiden und kurz­lebigen Freuden der Menschen vorüber­gehend erkalten ließ, war das, was an Gatsby zehrte, was als fauliger Dunst seinen Träumen entstieg. Die Mitglieder meiner Familie leben seit drei Genera­tionen als angesehene, wohlhabende Leute hier in dieser Stadt im Mittleren Westen. Die Carraways sind so etwas wie ein Clan, und es wird überliefert, wir stammten von den Dukes of ­Buccleuch ab, doch der eigentliche Gründer meiner Linie war der Bruder meines Großvaters, der einundfünfzig herkam, einen andern statt seiner in den Bürgerkrieg schickte und den Eisenwarengroßhandel eröffnete, den mein Vater noch heute betreibt. Ich habe diesen Großonkel nie zu Gesicht bekommen, aber man sagt, ich sähe ihm recht ähnlich – mit besonderem Hinweis auf das ziemlich nüchterne Porträt, das im Büro meines Vaters hängt. Meinen Abschluss in New ­Haven machte ich 1915, genau ein Vierteljahrhundert nach meinem Vater, und kurz darauf nahm ich an jenem verspäteten Teutonenfeldzug teil, der als Großer Krieg in die Geschichte einging. Ich genoss den Vergeltungssturm derart gründlich, dass ich nach meiner Rückkehr keine Ruhe mehr fand. Statt als wärmender Nabel der Welt erschien mir der Mittlere Westen nun als zerklüfteter Rand des Universums – also beschloss ich, in den Osten zu gehen und mich im Aktienhandel zu versuchen. All meine Bekannten waren im Aktienhandel, sodass ich annahm, einen Mann mehr werde er wohl noch ernähren können. Meine Onkel und Tanten beratschlagten die Sache, als ginge es um das richtige College für mich. Schließlich setzten sie sehr ernste, unschlüssige Mienen auf und sagten: »Also schön – ja-a.« Vater willigte ein, mich ein Jahr lang zu finanzieren, und nach ein paar Verzögerungen kam ich im Frühjahr zweiundzwanzig – für immer, wie ich dachte – an die Ostküste. Am praktischsten wäre gewesen, in der Stadt eine Bleibe zu finden, doch der Frühling war damals recht warm und ich kam geradewegs aus einer ländlichen Gegend mit viel Grün und freundlichen Bäumen, sodass ich es für eine gute Idee hielt, als ein junger Kollege mir vorschlug, gemeinsam ein Haus in einem Vorort zu mieten. Er fand auch tatsächlich ein Haus, eine einstöckige verwitterte Pappschachtel für achtzig Dollar im Monat, doch in letzter Minute beorderte ihn die Firma nach Washington und ich zog allein aufs Land. Ich hatte einen Hund – zumindest für ein paar Tage, bis er davonlief –, einen alten Dodge und eine Finnin, die mir das Bett machte und das Frühstück zubereitete und über den Elektroherd gebeugt finnische Weisheiten vor sich hin murmelte. Für einen Tag oder mehr war es einsam, bis mich eines Morgens auf der Straße ein Mann ansprach, der wohl noch nach mir eingetroffen war. »Wie kommt man von hier nach West Egg Village?«, fragte er ratlos. Ich sagte es ihm. Und als ich weiterging, war ich nicht mehr einsam. Ich war ein Wegweiser, ein Pfadfinder, ein echter Siedler. Ganz beiläufig hatte er mich zum recht­mäßigen Bürger dieser Gegend gemacht. Und so, unter dem Sonnenschein und den kräftig ausschlagenden Bäumen, an denen die Blätter wie im Zeitraffer wuchsen, kam mir die vertraute Gewissheit, dass mit dem Sommer das Leben von Neuem begann. Zunächst gab es so viel zu lesen, dann auch so viel Kraft aus der frischen, belebenden Luft zu ziehen. Ich kaufte ein Dutzend Bände über das Banken- und Kreditwesen sowie über Anlagepapiere, sie standen rot und golden in meinem Regal wie frisch geprägte Münzen und schienen jene funkelnden Geheimnisse preisgeben zu wollen, um die nur Midas und Morgan und Mæcenas wussten. Ich hatte mir fest vorgenommen, nebenher noch viele andere Bücher zu lesen. Im College war ich literarisch recht interessiert gewesen – in einem Jahr hatte ich sogar eine Reihe todernster und ziemlich trivialer Leitartikel für die Yale News geschrieben –, und nun würde ich all diese Dinge zurück in mein Leben holen und wieder zum beschränktesten aller Experten werden, zum »vielseitig gebildeten Mann«. Das ist beileibe nicht bloß ein Sinnspruch – schließlich lässt sich das Leben weit besser überblicken, wenn man es nur durch ein einziges Fenster betrachtet. Der Zufall wollte es, dass ich ein Haus in einer der eigenartigsten Gemeinden Nordamerikas gemietet hatte. Es lag auf jener schmalen, wild-turbulenten Insel, die sich direkt östlich von New York erstreckt – und auf der es, neben anderen Launen der Natur, zwei ungewöhn­liche Landgebilde gibt. Zwanzig Meilen vom Stadtzent­rum entfernt ragen zwei riesige Eier, gleich in ihren Umrissen und nur durch eine hübsche Bucht voneinander getrennt, in die wohl kultivierteste Salzwasserfläche der westlichen Hemisphäre hinaus: den großen nassen Scheunenhof des Long Island Sound. Es sind keine perfekten Ovale – wie das Ei in der ­Kolumbus-Geschichte sind sie beide am Land­ende platt gedrückt –, doch ihre so ähnliche Gestalt muss den über sie hinwegfliegenden Möwen ein Quell fortwährender Verwunderung sein. Für alle Flügellosen dagegen dürfte der Umstand interessanter sein, dass sie abseits von Größe und Form völlig verschieden waren. Ich wohnte in West Egg, dem – nun ja, dem weniger mondänen der beiden Inselteile, wenngleich dieses Etikett den bizarren und ziemlich beunruhigenden Kontrast zwischen ihnen nur höchst oberflächlich beschreibt. Mein Haus stand genau an der Spitze des Eis, keine fünfzig Meter vom Ufer entfernt und zwischen zwei riesige Villen gequetscht, die für zwölf- und fünfzehntausend Dollar pro Saison vermietet wurden. Die zu meiner Rechten war ein in jeder Hinsicht gigantischer Kasten – ein detailgetreuer Nachbau irgendeines Hôtel de Ville in der Normandie mit einem Turm an der Seite, funkelnagelneu unter einem dünnen Bartgespinst aus jungem Efeu, mit einem marmornen Swimmingpool und mehr als vierzig Morgen Park- und Rasenfläche. Dies war Gatsbys Anwesen. Oder vielmehr, da ich Mr Gatsby noch nicht kannte, das Anwesen, das ein Herr dieses Namens bewohnte. Mein eigenes Haus war ein Schandfleck, allerdings ein kleiner Schandfleck, den man geflissentlich übersah, und so konnte ich den Blick aufs Wasser, die Aussicht auf Teile des nachbarlichen Gartens und die tröstliche Nähe von Millionären genießen – und das Ganze für achtzig Dollar im Monat. Jenseits der...


Fitzgerald, F. Scott
Francis Scott Fitzgerald (1896-1940), geboren in St. Paul, Minnesota, ging nach seinem Studium in Princeton als Reporter nach New York. Sein erster Roman »This Side of Paradise«, erschienen 1920, brachte ihm schnellen Ruhm und plötzlichen Reichtum. Zwei Jahre später erschien seine Kurzgeschichtensammlung »Tales of the Jazz Age«, mit der er den ausgelassenen 1920er Jahren ihren Namen gab. Eine ganze Generation erkannte sich in seinen Figuren wieder. Fitzgerald war jedoch nicht nur der Chronist, sondern auch selbst die Hauptfigur der endlosen, verschwenderischen Parties des Jazz-Zeitalters. Gemeinsam mit seiner Frau Zelda inszenierte er sich als charmanter, mondäner Weltenbummler und extravaganter Lebemann; die Ausschweifungen des Paares füllten die New Yorker Klatschblätter. Dieses Leben forderte jedoch seinen Tribut: Zelda erlitt 1930 einen Nervenzusammenbruch und wurde in eine psychiatrische Klinik eingewiesen; Scott verfiel zusehends seiner Alkoholsucht. Seine Veröffentlichungen in den 1930er Jahren konnten an die großen Erfolge nicht mehr anknüpfen. Die letzten drei Jahre seines Lebens verbrachte er als Drehbuchautor in Hollywood. Finanziell und gesundheitlich ruiniert, starb Fitzgerald im Alter von nur 44 Jahren an Herzversagen.



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