Fischer / Herrmann | Die Gottesfrage im Denken Martin Heideggers | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 239 Seiten

Reihe: Blaue Reihe

Fischer / Herrmann Die Gottesfrage im Denken Martin Heideggers


unveränderte Ausgabe der 1. Auflage von 2011
ISBN: 978-3-7873-3030-0
Verlag: Felix Meiner
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 239 Seiten

Reihe: Blaue Reihe

ISBN: 978-3-7873-3030-0
Verlag: Felix Meiner
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Gottesfrage hat im Denken Martin Heideggers von seinen Anfängen bis zu seinem Ende eine treibende Rolle gespielt. Nach den Vorüberlegungen Norbert Fischers, die das Vorfeld der geschichtlichen Situation umreißen, in der Heidegger die Gottesfrage bedenkt, gibt Friedrich-Wilhelm v. Herrmann einen grundlegenden Überblick über die drei Wegabschnitte der Gottesfrage im Schrifttum Heideggers:

1. Zur hermeneutischen Analytik des faktischen Lebens und der wahrhaften Idee der christlichen Philosophie,
2. Zur hermeneutischen Daseinsanalytik in der theologischen 'Epoché',
3. Zum ereignisgeschichtlichen Da-Sein im Bezug zum 'letzten Gott'.

Die Betrachtung der einzelnen Stationen beginnt mit einem Beitrag von Costantino Esposito zum frühen Heidegger, der bekanntlich wichtige Impulse von der Theologie und der faktischen Religion erhalten hat. Günther Pöltner bezieht sich auf das Verhältnis von Phänomenologie und Theologie und stellt Heideggers Auffassung der Philosophie als 'Korrektion' der Theologie dar. Die Neuansätze Heideggers zum 'letzten Gott' in den 'Beiträgen zur Philosophie', die zum dritten Wegabschnitt gehören, kommen bei Paola-Ludovika Coriando einführend zur Sprache.

In den nachfolgenden Arbeiten werden Einzelaspekte untersucht: Johannes Brachtendorf wendet sich Heideggers Abhandlung Nietzsches 'Wort 'Gott ist tot'' zu, Klaus Düsing betrachtet Heideggers Hölderlin-Auslegung und Heideggers Seinsgeschichte, Norbert Fischer macht die Rilke-Interpretation Heideggers zum Thema, und Rainer Thurnher bringt Heideggers Distanzierung von der metaphysisch geprägten Theologie und Gottesvorstellung in den Blick. Die Wirkung Heideggers auf die christliche Theologie, insbesondere auf die katholische Rezeption, stellt Albert Raffelt dar.

Fischer / Herrmann Die Gottesfrage im Denken Martin Heideggers jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


– FRIEDRICH-WILHELM VON HERRMANN –

Die drei Wegabschnitte der Gottesfrage im Denken
Martin Heideggers



Im Frühjahr 1915 hatte Heidegger seine Habilitationsschrift abgeschlossen. Für die Veröffentlichung im Jahre 1916 verfaßte er einen mit dem Titel ›Das Kategorienproblem‹. Aus diesen abschließenden zwölf Seiten spricht unüberhörbar ein Geist. Denn ihr Verfasser zeigt die Notwendigkeit auf, daß und wie das Kategorienproblem in die ›Philosophie des lebendigen Geistes‹ einmünden muß (GA 1,406): »Die .« »Innerhalb des Reichtums der Gestaltungsrichtungen des lebendigen Geistes ist die theoretische Geisteshaltung nur « (ebd.). Vom ›lebendigen Geist‹ heißt es, er sei »« (GA 1,407). »Im Begriff des lebendigen Geistes und seiner Beziehung zum metaphysischen ›Ursprung‹ eröffnet sich ein Einblick in seine metaphysische Grundstruktur« (GA 1,410). »Philosophie als vom Leben abgelöstes, rationalistisches Gebilde ist « (ebd.) Die hier entworfene Idee der Philosophie wird abschließend gekennzeichnet als »Philosophie des lebendigen Geistes, der tatvollen Liebe, der verehrenden Gottinnigkeit« (ebd.) Die Grundintention dieser Zitate: eine Philosophie des theoretischen Geistes, des lebendigen Geistes, des theoretischen Lebens in seiner verehrenden Gottinnigkeit, kehrt in verdeutlichter Weise in wieder, die Heidegger im Jahre 1916 an seine Braut Elfride Petri richtet.1 Im Brief vom 1.1.1916 heißt es: »Kind, ahnst Du nicht, daß nur der unendliche, persönlichste Geist Gottes in seiner absoluten Fülle uns u. unserem Dasein letztes Ziel u. Ende sein kann«.2 Zwei Tage später schreibt Heidegger: »›wahres Gotterlebnis‹ ist eine wundersame, seltene Gnade, deren man nur würdig wird durch Leid, wie Du es geworden« (ebd. 29 f.). Der Brief vom 5.3.1916 ist an Deutlichkeit kaum überbietbar: »ich weiß heute, daß es eine Philosophie des lebendigen Lebens geben darf – daß ich dem Rationalismus den Kampf bis aufs Messer erklären darf – ohne dem Bannstrahl der Unwissenschaftlichkeit zu verfallen – ich darf es – ich muß es – u. so steht heute vor mir die Notwendigkeit des Problems: wie ist Philosophie als lebendige Wahrheit zu schaffen u. als Schöpfung der Persönlichkeit wert u. machtvoll« (ebd. 36 f.). Jetzt ist es ganz deutlich geworden: Die Philosophie des ›lebendigen Geistes‹ ist die Philosophie des ›lebendigen Lebens‹, und diese Philosophie des vortheoretischen Geistes und Lebens ist eine Metaphysik, eine und Und so heißt es im Brief vom 12. Mai 1918: »Aus einer solchen Atmosphäre persönlichen Zusammenlebens mit den ständig wirksamen Perspektiven religiöser Verinnerlichung wird mir die wahrhafte Religionsphilosophie u. das Philosophieren überhpt. erwachsen« (ebd. 66). In diesen Briefstellen spricht sich Heideggers denkerische für seine Fragestellung aus: Die Philosophie des ›lebendigen Lebens‹ wird dann in den Vorlesungen seit 1919 als in dessen entfaltet. Aus diesem erfahrenen Ursprungsboden des ›lebendigen Lebens‹ soll auch die philosophische Gottesfrage als die ausgearbeitet werden.

Zum Brief vom 12. Mai 1918 gehören auch die auf den 6. und 10. September 1918 datierten Aufzeichnungen, die Heidegger in der Zeit seines aktiven Frontdienstes bei der Frontwetterwarte in der Nähe von Verdun verfaßt hat. Es sind Aufzeichnungen im Ausgang der des Bernhard von Clairvaux (GA 60,334 ff.), des Begründers der mittelalterlichen Mystik. Diese Aufzeichnungen gehören zu einem Konvolut, dessen Umschlag von Heideggers Hand den Titel trägt. Ebenfalls von Heideggers Hand ist in diesem Titel ›Bewußtsein‹ durchgestrichen und durch ›Leben‹ ersetzt worden. Aber schon in seinen Briefen an Elfride Petri aus dem Jahre 1916 sprach Heidegger von seiner »Philosophie des lebendigen Lebens«, was deutlich macht, daß er ›Bewußtsein‹ bereits im Sinne des hermeneutisch-phänomenologisch erfahrenen vortheoretischen (faktischen) Lebens versteht. Den Satz Bernhards »Hodie legimus in libro experientiae« übersetzt Heidegger so (GA 60,334): »Heute wollen wir uns im Felde persönlicher Erfahrung auffassend (beschreibend) bewegen.« Was damit von Bernhard vollzogen wird, entfaltet Heidegger im Lichte seiner hermeneutischen Ursprungsenthüllung (GA 60,334): »Zurückwendung auf die eigene Erlebnissphäre und aufhorchen auf die Kundgabe des eigenen Bewußtseins. Ausgeprägtes, eigen formuliertes Bewußtsein vom ausschließlichen Prinzipalwert und -recht religiöser Eigenerfahrung. / Religiöses Erlebnisverlangen und Sichmühen um Jesusgegenwart als echt nur möglich als erwachsen aus einer Grunderfahrung. Über solche Erlebnisse nicht frei willentlich verfügbar in der Befolgung kirchengesetzlicher Vorschriften. Das ›Wissen‹ um sie und ihr Wesen entspringt nur dem wirklichen Erfahrenhaben.« Ferner heißt es (GA 60,336): »Die Analyse, d. h. die Hermeneutik, arbeitet im historischen Ich. Das Leben als religiöses ist bereits da. Es ist nicht so, als würde ein neutrales Sachbewußtsein analysiert, sondern in allem ist die spezifische Sinnbestimmtheit herauszuhören. Problem: Die intuitive Eidetik ist als nie neutral-theoretisch, sondern hat selbst nur ›‹ […] die der genuinen Lebenswelt.«

Noch vor Beginn des ersten Nachkriegssemesters, am 9. Januar 1919, schreibt Heidegger an den mit ihm befreundeten Freiburger Dogmatiker Engelbert Krebs einen Brief, in dem er seine seit 1916 gewonnene philosophische Grunderfahrung zusammenfaßt: »Die vergangenen zwei Jahre, in denen ich mich um eine prinzipielle Klärung meiner philosophischen Stellungnahme mühte […], haben mich zu Resultaten geführt, für die ich, in einer außerphilosophischen Bindung stehend, nicht die Freiheit der Überzeugung und der Lehre gewährleistet haben könnte. Erkenntnistheoretische Einsichten, übergreifend auf die Theorie geschichtlichen Erkennens haben mir das des Katholizismus problematisch und unannehmbar gemacht – nicht aber das Christentum und die Metaphysik (diese allerdings in einem neuen Sinne).«3 das Katholische als solches das Christentum, sondern nur das ›System‹, d. h. die rational-theoretische Durchgestaltung des katholischen Christentums verträgt sich nicht mehr mit Heideggers philosophischer Grunderfahrung vom vortheoretischen Leben. Angedeutet ist hier, daß das Christliche des Christentums aus der Philosophie des ›lebendigen Lebens‹ eine vorrationale begriffliche Durchdringung erhalten soll.

Was Heidegger in seinem Brief an Engelbert Krebs programmatisch anzeigt und was er schon 1916 als »Philosophie des lebendigen Lebens« gekennzeichnet hat, findet nun in seiner ersten Nachkriegsvorlesung unter dem ebenfalls programmatischen Titel seine erste schriftliche Ausarbeitung.4 Jetzt wird die ›Philosophie des lebendigen Lebens‹ als ›vortheoretische Urwissenschaft‹ vom vortheoretischen Umweltlichen und Umwelterlebnis gefaßt und das vortheoretische Umwelterleben in seiner eigensten Struktur als ›Ereignis‹ bestimmt – Er-eignis insofern, als das Umwelterleben ‚aus dem Eigenen lebt‹, welches ›Eigene‹ bald darauf ›Existenz‹ genannt wird. In dieser Kriegsnotsemester-Vorlesung vom Januar bis April 1919 wird in methodischer wie in thematischer (sachlicher) Hinsicht der Grund für die hermeneutische Phänomenologie des vortheoretischen Lebens und Daseins gelegt.

Für das Wintersemester 1919/20 hatte Heidegger die Vorlesung angekündigt (GA 60,301–337), deren Vorbereitungen er jedoch am 30.August 1919 abbrach, um stattdessen die Vorlesung zu halten. Doch die aus der Zeit der Vorbereitung der Mystik-Vorlesung erhaltenen und von Heidegger in jenem schon genannten Konvolut


Herrmann, Friedrich-Wilhelm von
Friedrich-Wilhelm Gustav-Adolf Rüdiger von Herrmann (* 8. Oktober 1934; † 2. August 2022) war ein deutscher Philosoph. In seiner wissenschaftlichen Arbeit beschäftigte sich Friedrich-Wilhelm von Herrmann mit grundlegenden Problemen der Hermeneutik und der Phänomenologie. Sein Denken war stark von Martin Heidegger beeinflusst, dessen nachgelassene Gesamtausgabe er wissenschaftlich betreute. In seinen Schriften setzte sich von Herrmann besonders mit verschiedenen Themen und Grundfragen der Werke von Edmund Husserl und Martin Heidegger auseinander.

Fischer, Norbert
Norbert Fischer’s work on Kant includes (with Dieter Hattrup) Metaphysik aus dem Anspruch des Anderen: Kant und Levinas (Schöningh, 1999); Kants Metaphysik und Religionsphilosophie (Meiner, 2004); Kants Grundlegung einer kritischen Metaphysik (Meiner, 2010); and (as coeditor) Die Gottesfrage in der Philosophie Immanuel Kants (Herder, 2010). He studied philosophy, theology, and German philology at the universities of Mainz and Freiburg im Breisgau and earned his Ph.D. and Habilitation in philosophy. He was Professor of Philosophy at Mainz (1985–88), Trier (1989–90), Paderborn (1991–95) and Eichstatt (1995–2013). His research interests include Plato, Augustine, Kant, Heidegger, and Levinas; philosophical theology; metaphysics; the foundations of practical philosophy; and philosophy of religion.

Norbert Fischer's work on Kant includes (with Dieter Hattrup) Metaphysik aus dem Anspruch des Anderen: Kant und Levinas (Schöningh, 1999); Kants Metaphysik und Religionsphilosophie (Meiner, 2004); Kants Grundlegung einer kritischen Metaphysik (Meiner, 2010); and (as coeditor) Die Gottesfrage in der Philosophie Immanuel Kants (Herder, 2010). He studied philosophy, theology, and German philology at the universities of Mainz and Freiburg im Breisgau and earned his Ph.D. and Habilitation in philosophy. He was Professor of Philosophy at Mainz (1985–88), Trier (1989–90), Paderborn (1991–95) and Eichstatt (1995–2013). His research interests include Plato, Augustine, Kant, Heidegger, and Levinas; philosophical theology; metaphysics; the foundations of practical philosophy; and philosophy of religion.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.