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E-Book, Deutsch, 340 Seiten

Finn Ekiden

Der Weg des Läufers
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-903183-89-6
Verlag: EGOTH-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Der Weg des Läufers

E-Book, Deutsch, 340 Seiten

ISBN: 978-3-903183-89-6
Verlag: EGOTH-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Von einem, der auszog, den japanischen Laufsport zu ergründen

Als der britische Journalist und passionierte Marathonläufer Adharanand Finn seinen Bruder in Japan besucht, erlebt er sie hautnah: Die einmalige Atmosphäre des Ekiden, dem traditionellen Langstrecken-Staffellauf, bei dem sich Läuferinnen und Läufer die Distanz teilen.

Nachhaltig beeindruckt zieht er mit Kind und Kegel in das Land der aufgehenden Sonne. Dort sucht er Kontakt zu den gut bezahlten Profiteams von Universitäten und Konzernen, trainiert mit ambitionierten Amateuren - und trifft einen der berühmten Marathon-Mönche, die 1000 Marathons in 1000 Tagen absolviert haben.

Leben und Laufen in der japanischen Gesellschaft: Wieso ist der Laufsport in Japan so populär?
Wettbewerb vs. Gemeinschaftsdenken: So unterscheidet sich der Ekiden vom Marathon.
Disziplin, Lauftechnik oder Ernährung? Was macht die Japaner zu erfolgreichen Langstreckenläufern?
Die unglaubliche Leistung der Marathon-Mönche: die spirituelle Dimension eines Volkssports
Was wir von der japanischen Laufkultur lernen können: Erfahrungsbericht aus erster Hand

Wenn der Weg das Ziel ist: Extremsport als Selbstfindungsreise

Finn träumt von der Teilnahme am Ekiden, als gleichberechtigtes Mitglied eines japanischen Teams. Kann ihm, dem Westeuropäer, so etwas gelingen? Erst das Treffen mit einem Tendai-Buddhisten ebnet Finn den Weg zu einem neuen Verständnis. Warum laufen wir überhaupt? Was motiviert uns, immer wieder die gleichen Trails zu nehmen? Warum trotzen wir dem Schmerz und jagen Bestleistungen hinterher? Auf einmal werden Rekorde zur Nebensache, Persönlichkeitsentwicklung und spirituelles Erwachen spielen dafür eine wichtige Rolle.

"Ekiden. Der Weg des Läufers." ist ein Insiderbericht über die japanische Laufkultur, der nicht nur Running-Nerds, sondern auch Japan-Fans in seinen Bann ziehen wird!

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1
Ich betrete das an der Themse liegende Tower Hotel in London durch eine Drehtür. Es ist ein warmer Morgen im April 2013, nur wenige Tage vor dem London Marathon. Meine Beine fühlen sich frisch an. Ich bin bereit für das Rennen und kann die leicht knisternde Atmosphäre im Hotel der Eliteathleten bereits spüren. Gleich beim Eingang, neben einer geschwungenen Marmortreppe, steht eine Gruppe von Leuten, tief ins Gespräch vertieft. Eine Person erkenne ich. Es ist Steve Cram, mein Laufidol aus Kindheitstagen. Er ist nun natürlich deutlich älter, seine Haare sind kürzer und glatter als zu seiner Glanzzeit, doch es ist derselbe Mann, dem ich vor so vielen Jahren im Fernsehen dabei zusah, wie er auf der Jagd nach neuen Weltrekorden in seinem gelben Trikot auf der Laufbahn dahinflog. Ich gehe weiter in die Lobby. Als ich so dastehe, spazieren mehrere Läuferinnen und Läufer an mir vorbei. Unter anderem zwei Kenianerinnen in übergroßen Anoraks. Ihre streichholzdünnen Beine sehen aus, als würden sie unter dem Gewicht der Anoraks nachgeben. Sie sprechen so leise miteinander, dass man sie fast nicht hören kann. An der Rezeption unterhalten sich gerade zwei Holländer laut lachend mit einem Mann mit Sonnenbrillen und Kapuze über dem Kopf. Erst als ich seine Stimme höre, erkenne ich, dass es sich um Mo Farah handelt. Es hat sich einiges verändert, seit ich vor zwölf Jahren verkatert an der Schulhofmauer in Japan stand. Irgendwann hatte ich wieder mit dem Laufen begonnen. Behutsam zuerst. Meinen ersten 10K lief ich dann in 47 Minuten. Für die nächsten beiden Jahre war das auch meine Bestmarke. Doch Schritt für Schritt ging ich mit mehr Ernst an die Sache heran, wurde Mitglied in einem Laufverein und ging auf immer längere Läufe. Dann übersiedelte ich kurzerhand nach Kenia, um dort zusammen mit den großen Läufern der Kalenjin im Rift Valley zu trainieren. Der Grund dafür war einerseits, meinen eigenen Laufstil zu verbessern, doch vielmehr war es die Mission, das Geheimnis rund um diese großartigen Langstreckenläufer zu enträtseln und zu verstehen. Ich wollte herausfinden, wer sie waren, was sie taten und was sie bewegte. Als ich wieder zurück nach England kam, schrieb ich das Buch Im Land des Laufens: Meine Zeit in Kenia. In ein paar Tagen würde es wieder zum großen Duell zwischen einer Gruppe Kenianern und Äthiopiern kommen, die beide einen der renommiertesten Stadtmarathons der Welt für sich entscheiden wollten. Ich würde auch mitlaufen, irgendwo in der Masse der schwitzenden Menschen, die sich in einem ewig langen Schlauch hinter ihnen entlangziehen würden. Ich hoffte darauf, meine bisherige Bestzeit von 2:50 Stunden zu unterbieten. Dafür hatte ich hart trainiert, meine Ernährung umgestellt und mir die richtige Ausrüstung besorgt. Doch während ich heute in der Lobby des Tower Hotels stehe, interessiere ich mich weder für mich noch für die Kenianer. Heute halte ich Ausschau nach den Japanern. Etwas passiert gerade in Japan. Für Außenstehende ist es leicht zu übersehen. Fast jedes große Straßenrennen der Welt wird von einer endlos scheinenden Abfolge von superschnellen Kenianern oder Äthiopiern gewonnen. Niemand anderer scheint eine Chance zu haben. Doch auf einer kleinen Inselgruppe in Ostasien ergeben sie sich zumindest nicht kampflos. 2013, in dem Jahr, in dem diese Geschichte spielt, kamen nur sechs der 100 schnellsten Marathonläufer nicht aus Afrika. Fünf dieser sechs stammten aus Japan.1 Bei den Frauen kamen 2013 elf der Top-100-Marathonläuferinnen aus Japan. Und wieder war es deutlich die dritthöchste Zahl hinter Kenia und Äthiopien. Im gleichen Jahr, ein Jahr nach den Olympischen Spielen 2012 in London, hatte es kein einziger britischer Läufer geschafft, einen Marathon in unter 2:15 Stunden zu beenden. In den Vereinigten Staaten blieben zwölf Athleten unter dieser Zeit. Doch in Japan, einem Land, das weniger als halb so viele Einwohner wie die USA hat, lag die Zahl viermal höher. Dort hatten 52 japanische Männer einen Marathon in unter 2:15 absolviert. Im Halbmarathon ist Japan sogar noch stärker. Bei einem Halbmarathon in Ageo, einer Kleinstadt nördlich von Tokio, versammelten sich am Morgen des 17. November 2013 Hunderte Studenten in der Hoffnung, ihre Trainer vor dem wichtigen Hakone Ekiden im kommenden Jänner zu beeindrucken. Obwohl Ageo eines der wichtigsten Ausscheidungsrennen für Teams ist, blieben viele der besten Universitätsläufer sowie beinahe alle der Hunderten professionellen japanischen Straßenläufer dem Rennen fern. Sieht man sich aber die etwas unscharfen YouTube-Videos2 vom Ende des Rennens an, so entdeckt man etwas ganz Besonderes. Der Gewinner, der sich um eine Nasenlänge in einem Sprintfinish gegen vier andere Athleten durchsetzt, überquert die Ziellinie in 62:36 Minuten. Das ist ziemlich schnell, doch das eigentlich Interessante passiert erst danach. Wenn man sich eines der Spitzenrennen irgendwo auf der Welt ansieht, kommen die ersten paar Läufer mit einem recht großen Vorsprung ins Ziel. Oft ist der Vorsprung so gewaltig, dass sie sogar Zeit haben, sich umzuziehen, Interviews zu geben, etwas zu trinken und ein kurzes Warm-down zu machen, bevor die nächsten Läufer im Ziel eintrudeln. Hier ist das genaue Gegenteil der Fall. Die Läufer kommen unentwegt, einer nach dem anderen, ins Ziel. Sie kommen hintereinander, in großen Gruppen, drehen sich um und verbeugen sich vor der Strecke, einige fallen vor Erschöpfung auf die Knie. Alle blicken sofort auf ihre Uhren. Und sie alle laufen, so schnell sie können. Am Ende kamen an jenem Morgen 18 Läufer in unter 63 Minuten ins Ziel. Und das in einem einzigen Rennen. Nur ein einziger britischer Läufer hatte es 2013 geschafft, einen Halbmarathon so schnell zu laufen. Nur 21 US-Athleten schafften dies in jenem Jahr. Der Student, der abgeschlagen als Hundertster das Ziel in Ageo erreichte, hatte noch immer eine Zeit von 64:49 Minuten. 2013 wäre er damit an der achten Stelle in ganz Großbritannien gelegen. In vielen anderen Ländern Europas wäre er damit nationaler Rekordhalter gewesen. Das ist ein Beweis für einen unglaublich großen Pool an Talenten im Laufsport. Also, irgendetwas geht in Japan vor sich. Meine Mission ist es, herauszufinden, was das ist. Nicht nur der Autor in mir ist neugierig, auch der Läufer. Nach meinen sechs Monaten in Kenia kam ich zurück nach England und brach alle meine persönlichen Bestzeiten, vom 5K bis hin zum Marathon. Sechs Monate lang befand ich mich auf einem langen, unterhaltsamen Höhenflug und schaffte zehn persönliche Rekorde hintereinander. Doch in den letzten beiden Jahren wurde ich nicht mehr schneller. Jetzt bin ich beinahe 40 und frage mich, ob es das gewesen sein soll. Habe ich meinen Zenit überschritten? Ist es nun an der Zeit, diesen Nervenkitzel, meine persönlichen Bestzeiten zu jagen, diesen Kick, meine Grenzen zu überschreiten, aufzugeben und mich stattdessen auf eine ruhigere Reise, bei der ich mich einfach nur am Laufen erfreue, zu begeben? Irgendwie freue ich mich auf diese Tage, wenn das Laufen mehr zum Hobby wird, weniger verkrampft und obsessiv, wenn es Spaß macht, mein Herz klopfen zu hören, und ich mich an der kühlen, frischen Luft in meinem Gesicht erfreuen kann, ohne mich um Trainingspläne, Tapering und Stoppuhren zu sorgen. Doch dieses ehrgeizige Monster in mir will noch ein letztes großes Hurra. 2:55 Stunden können doch sicher nicht meine letzte Marathonzeit sein, oder? 78 Minuten für einen Halbmarathon? Ja, das ist schon okay, doch ich bin sicher, dass ich schneller sein kann. Ich habe viel gelernt in Kenia, doch vielleicht werde ich in Japan neue Dinge lernen. Vielleicht kann ich etwas von diesem Schwarm talentierter Halbmarathonläufer aus diesem verschwommenen YouTube-Clip lernen, etwas, das mich noch diesen einen Schritt weiterbringt. Meine Reise, um dies herauszufinden, nimmt ihren Anfang hier, im Tower Hotel in London. Ein Mann kommt auf mich zu. Seine weißen Zähne strahlen durch die ganze Lobby. Es ist Brendan Reilly. Alle, mit denen ich über den Laufsport in Japan gesprochen habe, erwähnten seinen Namen. Er scheint Dreh- und Angelpunkt für alles zu sein, das Tor zwischen der abgeschotteten Laufszene Japans und dem Rest der Welt. Reilly hatte ein Treffen mit mir und dem renommierten japanischen Lauftrainer, Tadasu Kawano, organisiert. Kawano trainiert das Otsuka Pharmaceutical Ekiden-Team, das in Tokushima auf der Insel Shikoku beheimatet ist. Zwei seiner Athleten würden in ein paar Tagen den London Marathon laufen. „Hallo! Wie geht’s?“, sagt Reilly und gibt mir einen kräftigen, amerikanischen Händedruck. Dann bringt er mich zu einem Tisch im Hotelcafé, und wir setzen uns. Kawano ist bereits da und wartet. Er ist schon etwas älter. Sein Oberkörper ist leicht zur Seite geneigt, und er sieht müde aus. Als ich mich setze, nickt er mir zur Begrüßung...


Adharanand FINN, 1973 in London geboren, ist freier Journalist vor allem für "Runner's World", "The Independent" und "The Guardian" und Autor. Er ist begeisterter Läufer und trainierte schon als junger Mann mit den Profis, unter anderem in Kenia.



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