E-Book, Deutsch, 90 Seiten
E-Book, Deutsch, 90 Seiten
ISBN: 978-3-8366-3173-0
Verlag: Diplomica Verlag
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection
Nicole Ficociello, Studium der Angewandten Medienwirtschaft an der Hochschule Mittweida. Abschluss 2008 als Bachelor of Arts. Derzeit Studentin im Master-Studiengang Journalismus an der Deutschen Journalistenschule und der Ludwig-Maximilians-Universität in München.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1;Die Heldenreise im Hause Pixar;1
2;Inhaltsverzeichnis;3
3;1. Einleitung;5
4;2. Theoretische Grundlagen;7
4.1;2.1. Joseph Campbell;7
4.2;2.2. Christopher Vogler;10
4.3;2.3. Joachim Hammann;19
4.4;2.4. Zusammenfassung;32
5;3. Findet Nemo;39
6;4. Ratatouille;55
7;5. Unterschiede, Gemeinsamkeiten und Ursachen;66
8;6. Schluss;77
9;Literaturverzeichnis;79
10;Abbildungsverzeichnis;84
Textprobe: Kapitel 3, Findet Nemo: Vordergründig handelt der Film 'Findet Nemo' von der Suche eines Vaters nach seinem Sohn. Clownfisch Marlin muss mit ansehen, wie sein einziger Sohn Nemo am Korallenriff von einem Taucher entführt wird. Er macht sich auf den Weg, seinen Sohn zu retten. Auf seiner Reise begegnet er der vergesslichen Dory. Zusammen durchqueren sie den Ozean bis sie Nemo endlich finden und mit ihm nach Hause zurückkehren. Auf einer tieferen Ebene handelt der Film von einem Vater, der lernt, seinen Sohn erwachsen werden zu lassen. Der Film erinnert stark an die Literaturgattung der Fabel. 'Die Handlung der Fabel findet meist in einem unrealistisch kulissenhaften Raum statt, der oft von einer angedeuteten Naturszenerie gebildet wird. Als Figuren treten vorwiegend Tiere, seltener Pflanzen und Dinge auf. Sie sind unterschiedlich stark vermenschlicht, besitzen also neben ihren natürlichen Eigenschaften auch Vernunft und Sprache [...]. An ihrem Schluß wird meist eine Morallehre formuliert, die der Leser auf konkrete Fälle seines eigenen Erfahrungsbereiches anwenden kann'. Die Naturszenerie ist in diesem Film der Ozean, in dem die Geschichte fast ausschließlich spielt. Die Figuren werden hauptsächlich von Fischen und anderen Meeresbewohnern dargestellt. Es treten zwar auch Menschen auf, allerdings nur in Nebenrollen. Die Moral zeigt den Zuschauern, stellvertretend durch Marlin, wie man es als Elternteil schafft, seinen Kindern den nötigen Freiraum auf dem Weg zum Erwachsenwerden zu lassen. Wie bereits angedeutet, soll in dieser Arbeit die Heldenreise des Vaters Marlin untersucht werden. Elena Hahn stellt richtigerweise fest, dass es sich in diesem Filmbeispiel 'um mindestens zwei unterschiedliche Reisen mit zwei verschiedenen Helden: Marlin und Nemo' handelt. Sie hat sich dafür entschieden, die Reise von Nemo zu analysieren, was an ihrem pädagogischen Hintergrund liegen kann. Vogler definierte den Helden als denjenigen, der 'im Verlauf der Geschichte am meisten lernt oder sich am stärksten entwickelt'. Deshalb erscheint es logischer, dass Marlin der Held ist. Der Titel bestätigt diese Annahme. In 'Findet Nemo' ist Nemo das Objekt, welches von dem Subjekt Marlin gefunden werden muss. Der Held Marlin ist ein Clownfisch der im Prolog des Films zusammen mit seiner Frau Cora im Korallenriff in einer Seeanemone lebt. Dieser Prolog zeigt das, was Hammann das Paradies des Helden nennt. Marlin ist glücklich und Cora und er erwarten Nachwuchs. Das Böse tritt in Marlins Paradies in Form eines Barrakudas, der seine Frau und alle Fischeier bis auf eines tötet. Durch dieses Ereignis wird Marlin traumatisiert. Filmisch wird dies daran deutlich, dass Marlin das Bewusstsein verliert, als er versucht, seine Frau zu retten. Als er wieder zu sich kommt, sind die Farben sehr gedeckt und leuchten nicht mehr wie zuvor. Eine Kamerafahrt, die sich langsam Marlin nähert, während er wieder zu Bewusstsein kommt, begünstigt den visuellen Effekt, der zeigt, dass Marlin nun nicht mehr derselbe ist, der er einst war. Marlin entdeckt, dass nur noch ein Ei übrig geblieben ist und formuliert seine Charakterprämisse, die ihn im Laufe des Films verfolgen wird: 'Ohh. There, there, there. It's okay, daddy's here. Daddy's got you. I promise, I will never let anything happen to you...Nemo'. Marlin sagt nicht, dass er nie zulassen würde, dass Nemo etwas Böses widerfährt. Er sagt, dass ihm nie etwas zustoßen wird, was impliziert, dass er verhindern wird, dass Nemo selbst Erfahrungen machen kann. Nemo stammt aus dem Latein und bedeutet 'niemand'. In diesem Fall könnte das bedeuten, dass der Sohn Nemo 'nie jemand' werden kann, weil sein Vater ihn zukünftig daran hindern wird. Ebenso könnte der Name darauf hindeuten, dass von Marlins Selbst nichts übrig geblieben ist. Durch dieses Trauma wurde sein Ich geboren, eine neue Person. Nemo ist das letzte Stück vom Paradies, das dem Helden Marlin geblieben ist. 'Es mag das letzte von über 400 Fischeiern sein [...] und es ist so wenig, dass es den Namen Nemo, zu Deutsch 'Nichts, Niemand', trägt. Und doch bedeutet es für den Helden alles'. Das Trauma hat sich auf alle vier Funktionen Marlins ausgewirkt. Marlin ist ein sehr ängstlicher Vater. Seine Angst wird dadurch begünstigt, dass Nemo eine zu kleine Seitenflosse hat und in Marlins Augen deshalb kein guter Schwimmer ist. Marlin hat aber nicht nur Angst um seinen Sohn. Mittlerweile ängstigt er sich auch vor dem Ozean. Im Prolog gab es darauf noch keinen Hinweis: 'So, Coral, when you said you wanted an ocean view, you didn't think that we we're gonna get the whole ocean, did you? Huh? Oh yeah. A fish can breath out here'. Das Böse, der Barrakuda, kam aus dem Ozean. Es verwundert deshalb nicht, dass Marlins Ich, welches mit allen Kräften versucht ein weiteres Trauma zu verhindern, diese Angst entwickelte. Laut Hammann sind Ängste der Funktion des Körpers zuzuschreiben, da sie den Heldeneigenschaften Mut und Stärke gegenüberstehen. Marlins superiore Funktion ist der Geist. Er ist intelligent, vernünftig und denkt klar. Hammann sagt, dass auch die superiore Funktion traumatisiert ist. Man erkennt dies daran, dass es keinen Hinweis darauf gibt, dass Marlin sich je mit dem Trauma auseinandergesetzt hätte. Er hat es verdrängt. Ein weiteres Indiz hierfür ist, dass es im Film keine Szene gibt, in der Marlin mit Nemo über seine Mutter spricht. In der Funktion des Herzens zeigt Marlin immer wieder, dass er ein liebevoller und fürsorglicher Vater ist. Allerdings macht er sich zu viele Sorgen und versucht mit aller Macht, sich an allem was sein Herz betrifft festzuhalten. Laut Hammann ist es typisch für Helden, dass die inferiore Funktion die Seele ist. Dies trifft auf Marlin zu. Er zeigt keinerlei Spontaneität, Kreativität oder Intuition. Immer wieder wird er als Clownfisch dazu aufgefordert, einen Witz zu erzählen. Jedes Mal scheitert er daran. Er versucht stets die Kontrolle zu behalten. Er kann nicht loslassen und es fällt ihm schwer, anderen zu vertrauen. Die Seele ist die Funktion, die er im Laufe seiner Reise wieder zurückerobern muss.