Leiten und Beraten
E-Book, Deutsch, 256 Seiten
ISBN: 978-3-451-81902-5
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Theoretisch fundiert und praxisorientiert!
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2. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter individuell führen
Wie Sie als Leitung Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter führen, hat großen Einfluss darauf, wie konstruktive Zusammenarbeit in Ihrem Team gelingt und welche Erfolge der Einzelne wie das Team erzielen kann. Das hängt zusammen mit Ihrem Maß an Kontrolle, das sich idealerweise auf das Nötigste beschränkt. Das hat zu tun mit der Intensität und Art Ihrer Förderung, mit ehrlichen wertschätzenden Feedbacks, mit dem Angebot guter Orientierung bei gleichzeitigem Vertrauen und der Übertragung echter Verantwortung, außerdem mit Angeboten zur Bewältigung von Krisen oder Konflikten und letztlich mit der eigenen Möglichkeit, Vorbild zu sein. 2.1 Führen mit Zielen
Das Führen mit Zielen ist nicht neu. Insbesondere das Wachsen der Organisationen und das Schwinden der persönlichen Kontaktmöglichkeiten zwischen „oben“ und „unten“ machten Abstimmungsnotwendigkeiten immer schwerer und Zielvereinbarungen sinnvoll. Diese müssen in ein humanistisches Führungsverständnis eingebettet sein, das immer zwei Zwecke verfolgt: Zum einen will man auf der Sachebene sicherstellen, dass die Leistung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in das Zielsystem des Unternehmens von oben nach unten sinnvoll eingebunden ist. Zum anderen sollen auf der Beziehungsebene mögliche Konflikte zwischen Organisationszielen und persönlichen Zielen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter überbrückt werden. 2.1.1 Den Nutzen von Zielen für alle Beteiligten sicherstellen
Das Führen mit Zielen muss mit dem Führungsleitbild übereinstimmen und als Instrument darin festgeschrieben sein. Das damit einhergehende Führungsverhalten ist in Denken, Reden und Handeln von den Führungsleitsätzen geprägt. Werden diese Führungsleitsätze nicht gelebt, werden die darin zur Anwendung kommenden Führungsinstrumente ihre Wirkung verfehlen. Eine der wesentlichen Voraussetzungen des Führens mit Zielen besteht darin, dass in diesen Prozess alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gleichermaßen einbezogen werden. Ziele werden naturgemäß in quantitative (als in irgendeiner Form messbare) und qualitative (in aller Regel nicht oder nur über Hilfsgrößen messbare) eingeteilt. Erstere bringen auf der reinen Sachebene in aller Regel keine Schwierigkeiten in Bezug auf Zielfestlegung und Zielkontrolle mit sich. Schwieriger wird es im zweiten Fall, wenn sich gar keine messbaren Hilfsgrößen heranziehen lassen. Hier kommt es dann einzig und allein auf die mehr oder minder subjektive gemeinsame Beschreibung und Kreativität im Hinblick auf die Überprüfbarkeit an. 2.1.2 Das Zielvereinbarungsgespräch
Das Führen von Zielvereinbarungsgesprächen unterscheidet sich wesentlich von den tagtäglichen Gesprächen mit Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die in der Regel einmal jährlich durchgeführten, vorbereiteten Zielvereinbarungs- bzw. Beurteilungsgespräche laufen bei vielen Trägern auch unter dem Begriff „Jahresgespräch“, der dessen institutionellen, anlassfreien, herausgehobenen Charakter ganz gut beschreibt und von anderen Gesprächsarten abgrenzt. Als Struktur hat es sich bewährt, zwischen Aufgabenzielen, Zielen der Zusammenarbeit sowie Entwicklungszielen zu unterscheiden (Anlage 3). Vereinbaren Sie dabei nicht mehr als ein bis zwei Ziele pro Zielart und Jahr. Nicht erreichte Ziele sind Anlässe, an Verbesserungen oder – in besonders aussichtslosen Fällen – Trennungen zu arbeiten. 2.1.3 Die Zielformulierung im pädagogischen Bereich
Worauf kommt es bei der Zielformulierung an? Zuerst vergegenwärtigen Sie sich den Unterschied zwischen Zielen auf der Verhaltensebene (situationsbezogen etwas tun oder lassen) und auf der Haltungsebene (situationsunabhängig eine bestimmte Einstellung entwickeln). Die meisten Leitungskräfte wünschen sich, über das Zielvereinbarungsgespräch eine neue oder andere Haltung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter befördern zu können. Diese wird aber im Gegensatz zum Verhalten in der Regel nur schwer überprüfbar sein. Insofern greifen bei der Vereinbarung einer neuen Haltung die „smarten“ Formulierungen (s = spezifisch, m = messbar, a = an spruchsvoll, r = realistisch, t = terminiert) nicht unbedingt. Aus diesem Grund wird folgende Formulierung empfohlen: „Das Ziel ist erreicht, wenn …“ Auf diese Weise werden Sie miteinander eine kreative Konkretisierung finden, woran sich die neue Haltung zeigen wird. Das macht es leichter, später die Zielerreichung zu überprüfen. Die Vereinbarung einer Haltung kann eine größere Wirkung entfalten, da sie mit mehr Emotionen versehen ist. Das (Verhaltens-)Ziel, zum Beispiel auf dem nächsten Elternabend die Konzeption vorzustellen, ist sehr viel weniger emotional besetzt als das (Haltungs-)ziel, zukünftig Eltern gegenüber selbstsicher und konstruktiv aufzutreten. Das Haltungsziel ist nicht selten ein Identitäts- oder Sehnsuchtsziel, hat eine größere Spannbreite und Tiefenwirkung. Der Unterschied zwischen Zielvereinbarungsgesprächen und alltäglichen Gesprächen Zielvereinbarungsgespräch hinsichtlich Alltägliche Gespräche Weiterentwicklung
Mittelfristige Ziele
Festlegen von Schwerpunkten Inhalte Tagesgeschäft
Laufende Aufgaben
Freie Themen Mitarbeiter/in und direkte/r Vorgesetzte/r
Unter vier Augen Teilnehmer/innen Auch in der Gruppe Symmetrisch
Vereinbarung Beziehungsstruktur Komplementär,
bei Bedarf Anweisungen Von beiden Gesprächspartner/innen Vorbereitung Auch unvorbereitet Sich Zeit nehmen
Anlassfrei
Störungsfrei Rahmen Je nach Anlass Geplant Zeitpunkt Ad hoc, kurzfristig Einmal jährlich,
bei Bedarf häu?ger Häu?gkeit Bei Bedarf Schweigep?icht
Weitergabe nur nach Vereinbarung beider Teilnehmer/innen Dokumentation Weitergabe nach sachlichen Gründen Anders gesagt: Möchten Sie, dass die Mitarbeiterin zukünftig in gewissen Situationen etwas Bestimmtes tut bzw. lässt, vereinbaren Sie konkrete, messbare Ziele auf der Verhaltensebene. Diese sind relativ leicht umsetzbar, widersprechen in der Regel höchstens Gewohnheitsmustern. Wollen Sie jedoch eine tiefergehende Veränderung einleiten, lehrt uns die Motivationspsychologie, dass das Ziel mit Gefühlen verbunden sein und die Haltung betreffen muss. Die Arbeit daran muss einen längerfristigen, echten Gewinn in Aussicht stellen. Vor allem beim Haltungsziel braucht die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter Unterstützung, zum Beispiel durch Coaching oder Workshops, die gezielt zur beabsichtigen Haltungsänderung stattfinden. Vor allem der wissenschaftlich fundierte, ganzheitliche und hochkreative Ansatz des Zürcher-Ressourcen-Modells (entwickelt von Frank Krause & Maja Storch, Uni Zürich) kann hier große Erfolge in einem überschaubaren Zeitraum nachweisen. 2.2 Delegation von Aufgaben
Die Delegation von Leitungsaufgaben ist eine besonders wichtige Führungsaufgabe, denn sie bringt nicht nur Entlastung für die Leitungskraft, sondern ist auch eine Chance für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sich fachlich und persönlich weiterzuentwickeln. Und sie kann ein Einstieg sein, sich die Verantwortung konsequent zu teilen (siehe Kapitel 7). Eine noch so kompetente Leitung kann in ihrem Führungsalltag nicht alles gleich gut können und gleich gerne machen – und keiner erwartet das. Auch bei Zeitknappheit oder in Krisenzeiten werden Sie den naheliegenden Ratschlag zu hören bekommen, doch „einfach“ mehr Aufgaben zu delegieren, um sich Entlastung zu verschaffen. Und obwohl Ihnen das durchaus einleuchtet, fällt Delegieren mitunter schwer. Denn dabei laufen auf beiden Seiten – sowohl auf der delegierenden als auch auf der Empfängerseite – Mechanismen ab, die in den Blick genommen werden müssen. 2.2.1 Was heißt Delegation?
Unter Delegation versteht man die Übertragung einer Aufgabe an eine Mitarbeiterin, die diese selbstständig wahrnehmen soll. Damit verbunden ist die Befugnis, die zur Aufgabenerfüllung notwendigen Entscheidungen zu treffen, sowie die Übertragung von bzw. die Information über die Ressourcen. Diese Definition enthält bereits alle wesentlichen Aspekte, auf die es bei Delegation ankommt. Es geht immer auch um ? die Selbstständigkeit bei der Aufgabenerfüllung; das Gegenteil wäre die bloße auftragsgemäße Ausführung von Vorgaben ohne jeglichen Gestaltungsspielraum; ? die Erteilung der weitestgehenden Befugnis, die dafür notwendigen Entscheidungen zu treffen; ? die Bereitstellung der notwendigen Ressourcen bzw. die diesbezügliche Information. Test: Wie gut delegiere ich? Ja Nein 1. Nehmen Sie regelmäßig Arbeit mit nach Hause? ? ? 2. Arbeiten Sie öfters länger als Ihre...