E-Book, Deutsch, 268 Seiten
Feuchter Sachversicherungsrecht: Der Regress nach Anspruchsgrundlagen
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7439-7989-5
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein Handbuch
E-Book, Deutsch, 268 Seiten
ISBN: 978-3-7439-7989-5
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Dieses Buch ist vorwiegend für den Praktiker in der Versicherungsbranche gedacht und soll bei der täglichen Arbeit als Unterstützung dienen und ein einfaches und schnelles Nachschlagen ermöglichen. Auch dem Versicherungsrechtler mögen diese Ausführungen eine Hilfe sein. Die häufigsten Sachverhalte im Bereich »Sachversicherungsregress« werden dem Leser hier unter aktueller Rechtsprechungszitierung nahegebracht. Neben der Nachschlagefunktion ist dieses Buch auch als Argumentationshilfe gegenüber dem Haftpflichtversicherer verwendbar. Dieses Werk erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, was anhand der Mannigfaltigkeit der Lebenssachverhalte auch nicht möglich wäre. Es vermittelt nur einen Überblick bezüglich häufig vorkommender Regresskonstellationen und befasst sich hierbei mit den einschlägigen Anspruchsgrundlagen.
Der Autor ist als Rechtsanwalt in Heilbronn in der Kanzlei Krüger, Schmidt & Doderer tätig. Dort betreut er das Referat Versicherungsrecht. Zahlreiche namhafte Versicherungsgesellschaften gehören hierbei zu den Mandanten. Die vielfältigen Fallgestaltungen aus der Praxis werden in dem Werk "Sachversicherungsrecht: Der Regress nach Anspruchsgrundlagen" thematisch behandelt und für den Leser verständlich aufbereitet. Hierbei steht als Leserschaft vorwiegend der Praktiker - sei dies nun der Sachbearbeiter beim Versicherer oder Berater und Bevollmächtigte - im Vordergrund. Um sich bei der täglichen Arbeit einen schnellen Überblick über häufig vorkommende Regresskonstellationen und -sachverhalte zu verschaffen, eignet sich dieses Werk besonders. Gerne nehmen Sie mit dem Autor Kontakt auf unter Philipp.Feuchter@kanzlei-ksd.de
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
A. Allgemeiner Teil
I. § 86 VVG – Die Regressnorm
§ 86 VVG
Übergang von Ersatzansprüchen (1) Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden. (2) Der Versicherungsnehmer hat seinen Ersatzanspruch oder ein zur Sicherung dieses Anspruchs dienendes Recht unter Beachtung der geltenden Form- und Fristvorschriften zu wahren und bei dessen Durchsetzung durch den Versicherer soweit erforderlich mitzuwirken. Verletzt der Versicherungsnehmer diese Obliegenheit vorsätzlich, ist der Versicherer zur Leistung insoweit nicht verpflichtet, als er infolgedessen keinen Ersatz von dem Dritten erlangen kann. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer. (3) Richtet sich der Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen eine Person, mit der er bei Eintritt des Schadens in häuslicher Gemeinschaft lebt, kann der Übergang nach Absatz 1 nicht geltend gemacht werden, es sei denn, diese Person hat den Schaden vorsätzlich verursacht. 1. Überblick § 86 VVG ermöglicht dem Versicherer als zentrale Einstiegsnorm nach der Schadenregulierung erst die Möglichkeit zur Schadloshaltung im Wege des gesetzlichen Forderungsübergangs (sog. cessio legis).1 Gesetzliche Forderungsübergange sind zwar nicht die Regel, doch auch aus anderen Gesetzen, wie bspw. dem Sozialversicherungsrecht (vgl. § 116 SGB X) bekannt. 2. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG Rechtlich betrachtet ähnelt § 86 Abs. 1 VVG hier den Abtretungsnormen der §§ 398 – 413 BGB. Die im BGB erforderliche vertragliche Willenserklärung des abtretenden Gläubigers (Zedent) an den Abtretungsempfänger (Zessionar), sowie dessen Annahmeerklärung wird hierbei gesetzlich zwingend durch die Formulierung des § 86 Abs. 1 S. 1 „(…) geht (…) auf den Versicherer über (…)“ statuiert. Voraussetzung des Forderungsübergangs ist die Regulierung durch den Versicherer. Stehen dem Versicherungsnehmer nun Schadenersatzansprüche gegen einen Dritten als Schädiger zu, so findet § 86 Abs. 1 VVG Anwendung und der Versicherer kann ggf. regressieren. Zudem sind nur die Schadenersatzansprüche des Versicherungsnehmers übergangsfähig, welche den Schaden zum Gegenstand haben, der gerade durch den zugrundeliegenden Versicherungsvertrag gedeckt ist. Diese Voraussetzung bezeichnet man als Kongruenz.2 § 86 Abs. 1 VVG hat zur Folge, dass die Forderungen in derselben Weise übergehen, wie sie beim Versicherungsnehmer vor der Regulierung durch den Versicherer bestanden haben – d.h. mit sämtlichen Einwendungen, Sicherungsrechten, Fristen etc. a) übergangsfähige Schadensersatzansprüche Für den Anspruchsübergang ist es vollkommen irrelevant, um welche Art von Schadenersatz es sich handelt. Übergehen können Ansprüche aus vertraglichen und gesetzlichen Schuldverhältnissen, aus Bereicherungs- und Deliktsrecht, verschuldensabhängige oder solche aus Gefährdungshaftungsgesichtspunkten.3 Neben den meist einschlägigen Anspruchsgrundlagen des BGB, hier insb. aus Kauf-, Werk- und Dienstvertrags-, Bereicherungs-, Nachbar- und Deliktsrecht sind häufig auch Ansprüche aus dem StVG, dem ProdHaftG, dem HaftPflG und solche aus Amtshaftungsgrundsätzen gegeben, welche vorteilhafter, da häufig verschuldensunabhänig, sein können.4 Auch Gewährleistungsansprüche, welche direkt auf Schadenersatz gerichtet sind, sind übergangsfähig.5 Umstritten ist dies nur bei solchen Ansprüchen, welche nicht auf direkten Schadenersatz lauten, wie bspw. Rücktritt, Minderung und Nacherfüllung.6 Mit den einzelnen Normen befasst sich Teil B. b) „Dritter“ Wie sich aus der Formulierung des § 86 Abs. 1 S. 1 VVG ergibt, muss der Anspruch des Versicherungsnehmers gegen einen Dritten bestehen. Die Frage, wer Dritter ist, ist oftmals schwierig zu beantworten, obwohl die Definition Dritter ist jeder, der nicht Versicherungsnehmer oder Versicherter ist dies zunächst nicht vermuten lässt. So kann bspw. eine rechtsfähige Gesellschaft im Verhältnis zum Gesellschafter Dritter sein.7 Selbst der Repräsentant des Versicherungsnehmers kann für den Fall, dass ausnahmsweise nicht sein Sachersatzinteresse geschützt ist, Dritter sein.8 Der Mieter ist im Verhältnis zum Vermieter und dessen Gebäudeversicherer regelmäßig als Dritter anzusehen, selbst wenn – wie üblich – die Gebäudeversicherungsprämie zumindest teilweise auf den Mieter abgewälzt wird.9 Dies ist insb. beim sog. „Mieterregress“, auf welchen in Teil B. ausführlich eingegangen wird, wichtig. Hierbei ist auch zu unterscheiden, ob der Mieter haftpflichtversichert ist, oder nicht. Dies gilt nach Ansicht des BGH jedoch nicht für den Wohnungseigentümer einer Wohnungseigentümer-gemeinschaft.10 Diese bedenkliche Auffassung wird damit begründet, dass der Gebäudeversicherungsvertrag regelmäßig das Sachersatzinteresse sowohl am Gemeinschafts-, als auch am Sondereigentum abdecke.11 c) Regulierung unter dem Vorbehalt der Rückforderung Umstritten – und bisher noch nicht höchstrichterlich geklärt – ist die Frage, ob auch ein Forderungsübergang nach § 86 Abs. 1 S. 1 VVG auf den Versicherer stattfindet, wenn dieser eine Regulierung unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Rückforderung leistet. Dieses Regulierungsverhalten kommt in der Praxis bspw. dann vor, wenn sich der Versicherer nicht sicher ist, ob er zur Regulierung verpflichtet ist, oder evtl. ein anderer Versicherer des Kunden. Der BGH tendiert wohl dazu, auch in diesem Fall von § 86 Abs. 1 S. 1 VVG Gebrauch zu machen, klärte diese Frage aber bisher nicht eindeutig.12 Jedenfalls ist die Tendenz des BGH begrüßenswert, denn andernfalls könnte sich der Versicherungsnehmer trotz Regulierung noch-mals beim Schädiger befriedigen, was einer ungerechtfertigten Bereicherung gleichkäme und ein evidenter Verstoß gegen das Bereicherungsverbot wäre. d) irrtümliche Regulierung Bei einer zu Unrecht erfolgten, irrtümlichen Regulierung durch den Versicherer hat dieser ein Wahlrecht, ob er von den Folgen des § 86 Abs. 1 S. 1 VVG Gebrauch macht und gegen den Schädiger vorgeht, oder die Regulierungsleistung Zug-um-Zug gegen Rückabtretung des Schadensersatzanspruchs nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB (Leistungskondiktion) beim Versicherungsnehmer kondiziert.13 3. § 86 Abs. 1 S. 2 VVG Regressieren kann der Versicherer aber nur, wenn er dem Versicherungsnehmer den Schaden komplett reguliert hat, bzw. beim Versicherungsnehmer nach der Regulierung kein weiterer Schaden verbleibt (vgl. § 86 Abs. 1 S. 2 VVG – sog. Quotenvorrecht oder Differenztheorie).14 Hiernach kann der Versicherungsnehmer zunächst versuchen – bevor der Versicherer regressieren kann –, sich bis zu seinem kompletten Neuwertersatz beim Verursacher schadlos zu halten. Nur ein sodann etwaig noch bestehender Anspruch kann danach noch auf den Versicherer übergehen.15 Folglich bleibt der Versicherungsnehmer im Falle des Eingreifens des Quotenvorrechts weiterhin Inhaber der Forderung.16 Ob sodann der Schuldner selbst – oder dessen Haftpflichtgesellschaft aufgrund vertraglicher Vereinbarungen – noch in der Lage ist, den Regressierenden zu befriedigen, ist das Risiko des Versicherers.17 Diese Regelung soll verhindern, dass sich der Versicherer zulasten seines Kunden rehabilitieren kann und wurde ursprünglich in der Kfz-Versicherung entwickelt. Problematisch wird § 86 Abs. 1 S. 2 VVG daher nur, wenn der Versicherer – bspw. aufgrund vereinbarten Selbstbehalts, wegen Unterversicherung etc. – den Versicherungsnehmer nicht vollends entschädigt. Die dann entstehenden Auswirkungen der Differenztheorie – bzw. des Quotenvorrechts – beschrieb der BGH wie folgt:18 „Reicht die – gem. § 254 BGB geminderte – Schadensersatzforderung nicht aus, um den Versicherer und den Geschädigten zu befrieden, so hat der Geschädigte (VN) das sog. Quotenvorrecht. Nach der Differenztheorie, die sich in der Rechtsanwendung durchgesetzt...