E-Book, Deutsch, 372 Seiten, E-Book
Reihe: Systemisches Management
Faschingbauer Effectuation
4. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7910-4939-7
Verlag: Schäffer-Poeschel Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Wie erfolgreiche Unternehmer denken, entscheiden und handeln
E-Book, Deutsch, 372 Seiten, E-Book
Reihe: Systemisches Management
ISBN: 978-3-7910-4939-7
Verlag: Schäffer-Poeschel Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Michael Faschingbauer ist Organisationsentwickler, Coach, Autor und Speaker. Mit Effectuation (Theorie unternehmerischer Expertise) hat der Grazer einen Ansatz aus der Forschung in die Beratung gebracht, der unternehmerisches Denken nicht nur erklärt, sondern auch lehrbar macht. Als Grünungspartner von Effectuation Intelligence betreibt er die Plattform Effectuation Forschung und Praxis (effectuation.at), hält Keynotes, gestaltet Aus- und Fortbildungen für Praktikerinnen und Berater, lehrt an mehreren Universitäten im deutschen Sprachraum und entwickelt den Ansatz 'Effectuation' im Netzwerk der globalen Forschung und Praxis weiter. Als Partner der ICG Integrated Consulting Group begleitet er Unternehmen und NPOs in Veränderungs- und Innovationsvorhaben. Für seine Tätigkeiten schöpft er auch aus 13 Jahren Managementerfahrung in der Automobilindustrie (1989 bis 2001) sowie seiner Beratungs- und Trainingstätigkeit seit 2000.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
Weitere Infos & Material
Zwei Arten zu denken
Die vier Prinzipien von Effectuation
Neues in die Welt bringen - Effectuation in der Praxis
Anwendungsfelder und ausführliche Fallstudien
Toolbox
Effectuation-Forschungsergebnisse
Geleitwort zur 4. Auflage
von Saras D. Sarasvathy
Im Jahr 1997 machte ich mich auf die Reise, um zu verstehen, was sehr erfahrene Unternehmer im Zuge des Aufbaus mehrerer Unternehmen mit Erfolgen und Misserfolgen lernen. Nicht jeder Unternehmer, der ein erfolgreiches Unternehmen aufbaut, lernt, was Unternehmertum einen lehren kann. Der Erfolg kann viele Gründe haben, wie zum Beispiel einfach Glück oder einen guten Zugang zu Ressourcen und unternehmerischen Gelegenheiten. Die Erfahrung allein garantiert noch keine Meisterschaft. Um ein Experte in seinem Feld zu werden, muss man Erfahrung mit systematischem Lernen und Anwenden kombinieren. Daher gab es auch Skepsis dahin gehend, ob es überhaupt irgendwelche allgemeinen Erkenntnisse aus dem Unternehmertum zu ziehen gäbe.
Seit der letzten Ausgabe dieses Buches ist diese Skepsis einer weitverbreiteten Aneignung des Effectuation-Frameworks gewichen. Wissenschaftler und Pädagoginnen begannen unterdessen, das Framework weiter auszuarbeiten und dessen Details zu vertiefen. Es kam zu lebhaften Debatten, aber die Kernaussagen, die dem Framework zugrunde liegen, wurden in diesem Prozess nur gestärkt.
Lassen Sie mich die Forschungsreise zusammenfassen, die zum Effectuation-Framework geführt hat. Um zu untersuchen, ob es Lehrbares gibt, das einen zur Meisterschaft im Unternehmertum führen kann, habe ich zunächst den Experten-Unternehmer als Person definiert. Das ist eine Person, die unter anderem:
- mindestens zehn Jahre Vollzeit-Erfahrung in der Gründung und Führung von Unternehmen hat,
- mehrere Unternehmen, darunter erfolgreiche und gescheiterte, gegründet hat,
- und mindestens ein Unternehmen an die Börse gebracht hat.
Es gab zum Zeitpunkt der Studie nur 245 Menschen, die all meinen Kriterien entsprachen. Ich schrieb sie alle an und 45 davon waren bereit, an meiner Studie teilzunehmen. Für sie entwickelte ich eine 17 Seiten umfassende Aufgabe bestehend aus zehn Entscheidungssituationen, mit denen jeder Entrepreneur bei der Gründung und dem Aufbau eines neuen Unternehmens konfrontiert ist. Ich ließ alle Experten in meiner Studie diese 17 Seiten in meiner Anwesenheit durcharbeiten, und ich bat sie, laut und kontinuierlich in mein Aufnahmegerät zu sprechen, während sie die Aufgaben rund um die zehn Entscheidungssituationen lösten. Die Idee dabei war, alle von ihnen durch den gleichen Satz ungeordneter Daten wühlen zu lassen und sie dabei die gleichen zehn Entscheidungen treffen zu lassen.
Die Transkription ihrer »Think-Aloud-Protokolle« ermöglichte es mir, die Gemeinsamkeiten dessen, was sie alle im Aufbau einer Vielzahl von verschiedenen Unternehmen gelernt hatten, zu extrahieren. Und da jeder von ihnen bereits jede nur erdenkliche Erfahrung als Entrepreneur – einschließlich Erfolg und Misserfolg – gemacht hatte, konnte ich nicht nur zeigen, was sie gelernt hatten, sondern auch, was das Wichtigste war, das alle von ihnen gelernt hatten. Effectuation ist die Bezeichnung für diese Lehren im Zuge des Entwickelns unternehmerischer Expertise.
Die oben beschriebene Studie war zwar der Schlüssel, sie gab aber nur den ersten Impuls für die Effectuation-Bewegung, die heute auf der ganzen Welt mehr als 700 Forscher und Tausende Lehrende und Beratende umfasst. In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben Menschen wie Michael Faschingbauer im Zuge dieser Bewegung neue Anwendungen und Methoden der Vermittlung von Effectuation entwickelt. Michael war einer der Ersten, die die frühen Publikationen aus der obigen Studie nutzten, um unter anderem im Jahr 2007 ein Programm zur Begleitung von Arbeitssuchenden in Österreich daraus zu entwickeln. Seitdem hat Michael Material für verschiedenste Zielgruppen – von Studenten über Führungskräfte bis zu Mitarbeitern in Unternehmen verschiedener Größen und Branchen und darüber hinaus auch für andere Lehrende, Beratende und Effectuation-Trainer – entwickelt. In meinem Büro habe ich immer noch ein Arbeitsbuch von Michael, mit dem er 2007 begonnen hat, Effectuation zu vermitteln. Und gleich daneben steht auch noch ein Exemplar der ersten Ausgabe des Buches, das Sie gerade in Händen halten. Für das bin ich sehr dankbar, weil es Effectuation in den deutschen Sprachraum gebracht hat.
Doch was ist Effectuation nun eigentlich? Auf der einen Seite ist es ein Set von Prinzipien, das auf praktische und sofort anwendbare Weise gelehrt und zum Aufbau eines neuen Unternehmens genutzt werden kann. Auf der anderen Seite ist Effectuation ein profundes und detailliertes Framework zum Verständnis von und zum Umgang mit echter Ungewissheit. Echte Ungewissheit bezieht sich auf eine Zukunft, die nicht nur nicht bekannt, sondern nicht wissbar ist.
Betrachten Sie die Covid-Pandemie im Jahr 2020. Die meisten Menschen denken, dass die Welt heute ungewisser ist als zum Beispiel 2019 oder 2018. Doch das ist nicht richtig. Unternehmer lernen die wahre Bedeutung von echter Ungewissheit kennen, nämlich die Tatsache, dass wir 2018 und sogar den größten Teil von 2019 nicht vorhersagen konnten, dass uns 2020 eine Pandemie treffen würde. Mit anderen Worten, Ungewissheit ist keine Tatsache und auch nicht das, was wir fühlen, nachdem etwas Unerwartetes passiert. Es ist ein Verständnis dafür, dass die Zukunft immer ungewiss ist, besonders wenn wir uns sicher fühlen, dass sie vorhersehbar ist. Ungewissheit hat also nichts mit Krisen zu tun. Es geht um die Tatsache, dass wir nicht wissen und nicht wissen können, wann und wie eine Krise eintreten könnte.
Was Effectuation so tiefgründig macht, ist die Idee, dass die Zukunft nicht vorhergesagt werden muss. Sie kann mit Elementen, die bereits unter unserem Einfluss stehen, cokreiert werden. Mit anderen Worten, selbst im Falle einer Zukunft, die grundsätzlich nicht wissbar ist, müssen wir die Kontrolle nicht abgeben oder halsbrecherische Risiken eingehen. Wir können einfach nur mit dem, was bereits unserer Kontrolle unterliegt, beginnen und mit anderen kooperieren, die ihrerseits mit uns arbeiten wollen, um alles mögliche Neue zu kreieren, von dem keiner von uns Beteiligten jemals geträumt hätte. Während das Ergebnis immer noch ungewiss ist, erlaubt uns der Prozess zwei Dinge:
- Neues und Wertvolles zu gestalten, ohne vorher wissen oder genau planen zu müssen, was dieses Neue ist,
- und dabei nicht mehr zu verlieren, als wir uns im Prozess zu verlieren leisten können.
In Bezug auf Erfolg und Misserfolg sagt Effectuation: »Kümmere dich nicht um die Wahrscheinlichkeit von Erfolg und Misserfolg. Wenn du Effectuation nutzt, wirst du – wenn du erfolgreich bist – die Wahrscheinlichkeit von Innovationen erhöhen und – wenn du scheiterst – günstig und rasch scheitern.« Hinzu kommt, dass wir die Möglichkeit des Scheiterns zwar nicht völlig ausschließen können, wir aber die Kosten des Scheiterns steuern können, da wir uns bereits vorab entscheiden können, was wir zu verlieren bereit sind.
In den letzten zwei Jahrzehnten ist die Effectuation-Bewegung in praktisch jedes Land der Welt vorgedrungen. Die Exponenten der Bewegung lehren das Framework nicht nur, sie entwickeln auch neue Materialien und neue Anwendungen für ganz neue Zielgruppen. So wurden zum Beispiel auch Methoden entwickelt, um gemäß Effectuation im Sinne einer unternehmerischen Pädagogik zu lehren. Effectuation wird in und durch Kunst gelehrt, von Musik und darstellender Kunst bis hin zur Architektur. Es entstand sogar ein Leitfaden zur Friedensstiftung nach Effectuation, um Frieden in Konfliktregionen wie Sri Lanka und Nepal zu verhandeln. Es gibt mittlerweile Effectuation-Spiele an High Schools (wie zum Beispiel in Großbritannien), Peer-Coaching-Franchise-Systeme (wie zum Beispiel iKen1 in Indien) und vieles mehr.
In diesem Buch ist es Michael auf hervorragende Weise gelungen, das Effectuation-Framework und den Prozess in ihren Details zu erklären. Er fokussiert dabei vor allem auf den praktischen Teil des unternehmerischen Denkens, Handelns und Interagierens – egal, ob man ein Unternehmen gründen, eine Karrierefrage bearbeiten oder ein Problem in seiner Region, seiner Gemeinde oder seinem Unternehmen lösen möchte. Nach Jahren der Gespräche mit Michael und der Beobachtung dessen, was er mit dem Effectuation-Framework macht und wie er es vermittelt, freue ich mich sehr, das Vorwort für die vierte Auflage dieses Buches schreiben zu dürfen. Und ich freue mich darauf, weiter von ihm zu lernen, und noch viele weitere Jahre mit ihm zu arbeiten. Covid-19 hat deutlich gemacht, warum wir JEDEM, nicht nur Entrepreneuren, beibringen müssen, zu effektuieren, zu denken und zu handeln, wie erfahrene Unternehmerinnen! Denn in einer Welt, in der die Zukunft wirklich ungewiss ist, ist die Möglichkeit, sie mitzugestalten, nicht nur die beste Medizin. Es ist eine neue und aufregende Art zu leben. Warum sich mit dem billigen Nervenkitzel in Wetten auf riskante Zukünfte begnügen, wenn man Zukünfte gestalten,...