E-Book, Deutsch, 352 Seiten
ISBN: 978-3-7499-0484-6
Verlag: HarperCollins eBook
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
»Ein Monat und für immer« ist Suzanne Ewarts Debüt. Bevor sie ihren ersten Roman geschrieben hat, war sie Lehrerin an einer weiterführenden Schule in Greater Manchester. Sie hat den eHarmony/Trapeze-Schreibwettbewerb zu dem Thema »Schreib deine eigene Liebesgeschichte« gewonnen. Zusammen mit ihrem Ehemann und ihren beiden Kindern lebt sie in Warrington.
Weitere Infos & Material
Kapitel 1
Nur noch ein Drink, dann fängt das Wochenende an. Achtundfünfzig Stunden, ehe am Montagmorgen mein Wecker klingelt und das Wochenende vorüber ist. Wenn ich Ärztin wäre oder Restaurantleiterin oder Trapezartistin, dann gäbe es für mich gar kein Wochenende. Die Arbeit wäre gleichmäßig über die ganze Woche verteilt. Mit ein bisschen Freizeit zwischen den Visiten oder zwei Zirkusvorstellungen könnte ich umgehen. Alles, was länger dauert, finde ich schwierig. Während meine Kollegen jeden Freitag eilig ihre Rechner ausschalten, ihre Schreibtische aufräumen und ihre Sachen zusammensuchen, um genau in dem Augenblick, in dem unsere Büroleiterin Jane den Feierabend verkündet, wie Rennpferde loszupreschen und so schnell wie möglich das Büro zu verlassen, verfluche ich den Moment, in dem ich einen Nine-to-five-Job für eine gute Idee gehalten habe. Wenigstens kann ich mich auf die After-Work-Drinks mit Olivia in unserem Stammpub freuen, der sich genau gegenüber von unserem Büro befindet. Doch das ist auch schon alles. Ein paar Drinks. Das ist kein Plan fürs Wochenende, sondern vielmehr ein Nachklapp der Woche, bevor wir uns voneinander verabschieden und Olivia das tut, was sie eigentlich heute Abend vorhat. Als sie mit der nächsten Runde an der Reihe ist, ist sie so nett, jedem von uns ein großes Glas Weißwein zu besorgen. Aber sobald wir den Wein ausgetrunken haben, wird sie ihren Mantel anziehen, mir einen Kuss auf die Wange geben und mich alleinlassen. Ich nehme mir fest vor, sie nicht zu fragen, wann das heute sein wird. Wir sitzen im The Wishing Well auf unserem angestammten Platz im hinteren Teil des Pubs. Olivia lacht, als ich ihr erzähle, wie ich heute Morgen mitten in den Streit zwischen unserem Seniorchef Mr. Lewis und Jane, die nicht nur Büroleiterin, sondern zufällig auch seine Gattin ist, geplatzt bin. Ich habe mein Glas auf den Tisch gestellt, doch sie hält ihres in der Hand und berührt mit dem Rand zwischen den Schlucken immer wieder ihre Lippen. Sie nickt geistesabwesend, als ich mutmaße, dass es bei dem Streit vermutlich um Janes dringenden Wunsch ging, einen Personal Trainer zu engagieren. Ich bin mir ziemlich sicher, gehört zu haben: »Sixpack? Von wegen!« Olivia nippt wieder an ihrem Wein. Meine Zeit mit ihr ist also so gut wie abgelaufen, ich werde sie aber trotzdem nicht bitten, noch zu bleiben. Stattdessen zwinge ich mich, sie nach ihren Plänen zu fragen. »Wohin geht ihr beide heute Abend?« Sie stöhnt. »Zum Bowling, zum Scheißbowling! Eines kann ich dir sagen: Es ist ein todsicheres Zeichen, dass man sich in einer Beziehung viel zu wohlfühlt, wenn man sich für ein Date nicht mehr in einem Sternerestaurant oder einem hübschen Hotel am See trifft, sondern mit den Kumpels zum Bowlen geht.« »Absolut. Du gehst von hier aus direkt dorthin, oder?« Unter dem Tisch werfe ich einen Blick auf ihre Lederhose und die hochhackigen Stiefel, die sie, ehe wir losgegangen sind, auf der Toilette angezogen hat. »Du wirst super reinpassen.« »Hör auf! Ich habe ihm gesagt, dass ich auf ein Bier und ein paar Nachos dazukomme – mehr nicht. Echt verschwendete Zeit.« Eigentlich ist sie gar nicht wirklich genervt. Vielleicht ist Bowling nicht so ihr Ding, doch Rick ist es, und ich glaube kaum, dass sie sich nicht auf den Abend mit ihm freut. Sie macht das hier mit Absicht, damit ich mich besser fühle. Nur deswegen behauptet sie, Rick würde sie nicht glücklich machen oder es gäbe Probleme in der Beziehung, obwohl wir beide wissen, dass sie ihn vergöttert. Sie will einfach nur nett sein – genau wie mit unseren gemeinsamen Drinks am Freitagabend. Sie hüllt mich in eine Decke aus Nettigkeiten, allerdings ist diese Decke so dünn und fadenscheinig, dass sie mich inzwischen kaum noch wärmt. »Vielleicht macht es ja doch Spaß. Du solltest hingehen«, sage ich zu ihr und erlaube ihr damit, aufzustehen und sich zu verabschieden. »Ja, vielleicht sollte ich das tun.« Unter ihren falschen Wimpern hervor blickt sie mich an. »Und was ist mit dir? Kommst du zurecht? Du kannst gern mitkommen, wenn du möchtest.« »Netter Versuch, aber da musst du schon allein durch. Komm, ich bring dich raus!« Ich schnappe mir meine Tasche, und Olivia und ich drängeln uns an einer Clique von Buchhaltungskollegen aus dem Nebengebäude vorbei Richtung Ausgang. Kurz bleibe ich noch mal stehen und winke ein paar Leuten zu, die ich im Laufe der Jahre kennengelernt habe, weil wir in derselben Straße arbeiten, ehe ich mich zur Tür umdrehen will. Aber Olivia hält mich zurück. »Heute Abend ist es hier nicht besonders voll. Willst du dich nicht an die Bar setzen und noch einen Drink nehmen? Ich bin mir sicher, dass Alec sich freuen würde. Alec, du hast doch nichts dagegen, wenn Jess dir noch ein bisschen Gesellschaft leistet, oder?«, ruft sie dem Barkeeper zu. »Es wäre mir ein Vergnügen«, sagt er und lächelt mir kurz zu. Dabei blitzen für einen Moment seine strahlend weißen Zähne auf, über die Olivia und ich schon endlose Diskussionen geführt haben. Wir haben uns übrigens darauf geeinigt, dass es sich eigentlich nur um Veneers handeln kann. »Willst du schon gehen?«, fragt er und wendet sich Olivia zu. »Oh, sie hat große Pläne für heute Abend«, erzähle ich ihm. »Bowling.« »Klingt gut«, sagt er. Und ich glaube, er meint es tatsächlich ernst. »Gut wird es ganz bestimmt nicht. Aber ich kann beruhigt gehen, nachdem ich jetzt weiß, dass wenigstens ihr beide hier sitzt und ein bisschen Spaß habt.« Sie denkt, ich bemerke nicht, wie sie Alec zuzwinkert, bevor sie sich zu mir umdreht und sich zu mir beugt. »Ich hab dich lieb«, flüstert sie. Ich schüttele den Kopf und sage dann: »Ich dich auch. Ich wünsch dir ein schönes Wochenende.« Ein besorgter Ausdruck huscht über ihr Gesicht. »Bist du dir sicher, dass du zurechtkommst?« »Klar! Jetzt geh schon.« »Okay. Alec, bring ihr noch einen Drink, ja?«, sagt sie, ehe sie mir einen Kuss auf die Wange gibt und verschwindet. Sie ist sicher stolz auf sich. Seit zwei Monaten versucht sie, Alec und mich zusammenzubringen – seit er begonnen hat, im The Wishing Well zu arbeiten. Sie hat ihn zum zweitschönsten Mann erklärt, den sie je getroffen hat. Wenn es Rick nicht gäbe, der natürlich auf Platz eins rangiert, hätte sie es selbst bei Alec versucht. Stattdessen hat sie sich entschieden, das Naheliegendste zu tun: Sie versucht, mich mit ihm zu verkuppeln. Das hier ist ihre bisher erfolgreichste Maßnahme. Sie wäre es zumindest, wenn ich auch nur das geringste Interesse an unserem Barkeeper hätte. In Alecs Bereich der Theke mit der Oberfläche aus glänzendem Kupfer stehen keine benutzten Gläser herum. Der Tresen ist trocken und blank poliert. Ein Stückchen weiter, wo die Buchhalter aus dem Büro nebenan sich zusammengesetzt haben, ist der Tresen übersät mit Gläsern und Flaschen. Doch für diesen Bereich ist Alec nicht zuständig. Dort bedient ein anderer Barkeeper, der das gleiche graue Hemd trägt wie Alec. Der Mann rackert sich ganz schön ab, und die Schweißflecken unter seinen Armen nehmen allmählich gigantische Ausmaße an. »Wie läuft’s?«, fragt Alec mich, nachdem er mir ein Glas Weißwein serviert hat und noch einmal beginnt, die bereits glänzenden Zapfhähne links neben mir zu polieren. Anscheinend völlig vertieft in seine Aufgabe, sieht er mich nicht an. »Gut. Musst du deinem Kollegen nicht aushelfen? Er sieht aus, als würde er da drüben ordentlich schwimmen.« »Mike? Nein, der kommt schon klar. Im Übrigen könnte ich ihm gar nicht helfen, selbst wenn ich es wollte. Man muss in seinem eigenen Bereich bleiben, sonst bricht das System zusammen, wir versinken in Anarchie und niemand weiß mehr, wer wie viel vom Tip bekommt. Man bleibt also besser in seiner eigenen Ecke und behält die Herrschaft über sein eigenes Trinkgeld. Regeln sind Regeln.« Ich kann mir kaum vorstellen, dass hier am Ende des Abends noch viele Gäste an großzügiges Trinkgeld denken. Das ist doch eher in Restaurants üblich oder in stylischen Bars, in denen die Cocktails mit Wunderkerzen verziert oder mit flüssigem Stickstoff aufgeschäumt werden. Aber im The Wishing Well? »Wer bin ich, ein so ausgefeiltes System infrage zu stellen?«, grinse ich. »Hattest du eigentlich schon Glück bei der Wohnungssuche?« »Sehr viel Glück«, entgegnet er und blickt mich endlich an. »Ich habe am Mittwoch den Schlüssel bekommen. Ich bin endlich eingezogen.« »Das ist doch toll! Ich habe mich schon gefragt, ob es geklappt hat. Herzlichen Glückwunsch!« Seine Augen weiten sich ein bisschen – als hätte ich ihn irgendwie überrascht. »Danke. Es ist super, eine eigene Wohnung zu haben und nicht mehr zusammengepfercht mit drei anderen Barkeepern in dieser feuchten Bude leben zu müssen.« »Das kann ich mir vorstellen. Na ja, eigentlich kann ich es mir nicht vorstellen, aber ich freue mich trotzdem für dich. Wann findet denn die Einweihungsparty statt?« »Gar nicht. Ich will, dass die Wohnung so lange wie möglich so makellos wie möglich aussieht. Die Wände sind weiß. Ich kann die alten Säufer aus dem Pub nicht zu mir einladen.« Ich hebe die Hände. »Na gut. Es gibt ja schließlich nichts Schlimmeres als einen alten Säufer in einem Raum mit weißen Wänden.« Er lacht, ehe er sich abwendet. Heute Abend kann er mich anscheinend nicht länger als eine oder zwei Sekunden ansehen. Während er den Blick...