Erle | Diktator für einhundert Tage | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 308 Seiten

Erle Diktator für einhundert Tage

E-Book, Deutsch, 308 Seiten

ISBN: 978-3-95865-424-2
Verlag: 110th
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Eine Dienstreise in die Karibik - Alexander Eyser-Dreik kann sein Glück kaum fassen. Doch drei ermordete Premierminister später ist das Land Jamaika in Aufruhr, der Flughafen geschlossen, und Alexander unfreiwilliger Zeuge eines beginnenden Bürgerkriegs. Doch statt in der Deutschen Botschaft auf Rettung zu warten, lässt der Ingenieur sich von einem mysteriösen Amerikaner zu einem wagemutigen Vorhaben überreden. Buchstäblich über Nacht tritt Eyser-Dreik an die Stelle des toten Staatsoberhaupts. Von nun an hält er, sehr zum Missfallen seines Arbeitgebers, der Weltöffentlichkeit und der verschiedenen Gangs und Kartelle im Land, den Staat zusammen. Keine leichte Aufgabe für einen Mann, dessen Führungserfahrung sich auf den Kapitänsposten einer Kreisligamannschaft beschränkt. Ihm bleiben hundert Tage die Hintergründe der Unruhen zu erkunden, sonst droht ihm das gleiche Schicksal wie seinen Vorgängern Der satirisch-politische Geniestreich um eine Bananenrepublik - meisterhaft von Michael Erle in Szene gesetzt!

Michael Erle (39) arbeitet als Journalist und PR-Redakteur in München. Er ist in den Vereinigten Staaten auf die Welt gekommen und lebt seit seinem dritten Lebensjahr in Deutschland. Liste der Werke und Veröffentlichungen: Zu Erles bisherigen Werken zählen unter anderem die Fantasy-Romane 'Schwert und Schelm' 'Kopfloser, Herzlose' und 'Masken über Masken' 'Des Kaisers neue Kolonien' sowie drei Musicals: 'Die Meerjungfrau', 'Orpheus' und 'Sultanizer', diverse Beiträge in Anthologien und zahlreichen Rollenspiel- und Liverollenspiel-Szenarien. Michael Erle bloggt unter http://michaelerle.blogspot.de/
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”...Tiefsttemperaturen zwischen 7 Grad im Norden und 11 Grad im Süden. Die weiteren Aussichten: kühl und unbeständig.” Das Zeitsignal aus Deutschland weckte Alexander aus seiner Versunkenheit. Die Dächer vor dem Fenster erstrahlten im ersten Morgenlicht. Da und dort stieg Rauch auf. Heinerleutner rieb sich die Augen. ”Hast du die Kiste die ganze Nacht angelassen? Wie soll man da schlafen!”, beschwerte er sich. ”Ich will hören, was für Nachrichten kommen. Ob sie den Flughafen wieder geöffnet haben.“ ”Aber das ist die Wettervorhersage. Warum schaltest du nicht J-1 an? Oder wenigstens die BBC.” Alexander drehte sich erneut der Stadt zu, die sieben Stockwerke unter ihm wirkten fast friedlich. Gut hundert Meter entfernt sah er einen Straßenhändler, einen Higgler, der seinen Wagen durch eines der gesperrten Viertel schob. ”Daheim haben sie wenigstens Regen. Hier ist es einfach zu heiß...” ”Wir können uns in die Lobby setzen. Da lassen sie die Klimaanlage noch laufen.” ”Wollen wir frühstücken?” ”Bin gespannt, ob es was gibt”, argwöhnte sein Kollege. ”Das Brot war gestern fast alle.” Er erhob sich und verschwand im Bad. Sein Rasierer summte. Er übertönte die Schüsse, die Krawalle in der Stadt. Alexander ließ sich in den bunt gemusterten Sessel fallen. Nach drei Minuten erschien sein Kollege mit glatt gezogenem Hemd und in eine frische Wolke Aftershave gehüllt. ”Ich habe Hunger”, verkündete er. Sie zogen die Tür hinter sich ins Schloss, Alexander tastete besorgt nach der Schlüsselkarte in der Tasche. Hinter jeder Tür, die links und rechts den Gang zum Aufzug säumten, hörten sie einen Fernseher. Nachrichten, Spielfilme, Musik. ”Nicht den Lift”, meinte Alexander, als Heinerleutner den Aufzug rufen wollte. ”Wenn der Strom ausfällt...” Der Frühstückssaal war voll, obwohl es erst sechs Uhr morgens war. Viele der Gäste hatten Ringe unter den Augen. Ein kleingewachsener Latino kippte Heinerleutner Kaffee über die Hose und entschuldigte sich wortreich. Das Angebot an Speisen hatte sich geändert. Es gab keine Milch oder Eier mehr, keinen Toast, dafür aber frisch gebackenes Brot. An Portionspackungen von Honig und Marmelade schien kein Mangel zu bestehen, auch die Butter hatte das Hilton anscheinend tiefgefroren gelagert. Die silbernen Obstschalen quollen über von Früchten. ”Wie sind die nur da ran gekommen?”, wunderte sich Heinerleutner. Er legte sich zwei Bananen und eine Papaya auf den Teller, wo sie neben vier Scheiben Brot, Aufstrichen und Ackee fast vom Rand fielen. ”Keine Ahnung“, merkte Alexander an. ”Schau mal, die haben keinen Aufkleber. Die sind nicht von General Fruit. Müssen vom Markt kommen, sind hier angebaut.” ”Kann man die essen? Ich weiß ja nicht, was die spritzen”, argwöhnte Heinerleutner. ”Hat bestimmt noch keinen umgebracht”, antwortete sein Kollege. ”Ich glaub´ die Gefahr erschossen zu werden ist zur Zeit größer.” Sie setzten sich und aßen ohne ein Wort. Alexander saß mit dem Rücken zu den großen Panoramascheiben, die zur davor gelegenen entvölkerten Straße hinausging. Er verspürte den Drang, ständig über die Schulter schauen zu wollen. Heinerleutner beäugte die Außenwelt nervös und vertilgte seine umfangreiche Mahlzeit in großen Bissen. Alexander hatte nicht einmal seinen zweiten Toast gegessen, als sein Tischgenosse fertig war und sich einen Nachschlag holte, der mindestens so groß war wie die erste Portion.   Am Ausgang, wo zuerst die Schlange zum Buffet begann, hatte sich inzwischen ein Knäuel von Leuten gebildet, die sich mit gedämpften Stimmen unterhielten. Die beiden Deutschen stellten sich auf dem Weg hinaus dazu. ”Vom siebten Stock aus hat man eine gute Übersicht”, erklärte ein Mittfünfziger in braunem Anzug. ”Die ganze Nacht hab ich gelauscht, von wo die Schüsse kommen. Jede Stunde war das einen Straßenzug näher. Bis heute Abend sind sie hier.” ”Allein vom Hören kann man das nicht beurteilen”, widersprach ein junger Asiat mit Pferdeschwanz. ”Solange an der Kreuzung vor dem großen Kaufhaus noch die Soldaten stehen, kann uns nichts passieren. Die riegeln das ganze Viertel ab.” ”Oxford Road. Strategisch wichtig”, pflichtete ein weißhaariger US-Amerikaner bei, der einen strengen Bürstenschnitt trug und dessen Nacken von der Sonne verbrannt war. Seine Frau, die ein schlichtes Kleid mit hellblauem Muster trug, nickte. ”Die Kreuzung ist drei Straßen weiter”, warf der erste Sprecher ein. ”An der sind sie schon seit Sonnenaufgang vorbei.” ”Alfred hat mir erklärt, dass unser Sicherheitsdienst uns beschützt”, erklärte eine rothaarige Frau mit französischem Akzent. Sie trug eine Sonnenbrille mit großen, beige getönten Gläsern wie ein Diadem auf dem Kopf. ”Wer ist denn Alfred?”, fragte der Amerikaner. Unser Concierge”, antwortete sie. ”Es sind zurzeit zwei Dutzend Wachmänner rund um die Uhr im Einsatz. Alfred steht außerdem im ständigen Kontakt mit dem Polizeichef. Die achten besonders auf uns.” ”Shhh!”, fauchte auf einmal ein Steward des Hilton, der mit einer Kaffeekanne in der Hand am Rande der Gruppe gestanden hatte. Die Gäste blickten irritiert zu ihm, er aber wies auf den Fernseher. Ein Nachrichtensprecher verlas gerade eine aktuelle Meldung: ”...Premierminister Longstaf in seiner Villa in Norman Gardens erschossen. Longstaf war erst wenige Stunden zuvor als Nachfolger George Pontimores vom Parlament eingesetzt worden. Die Leibwächter des Staatsdienstes fanden ihn in den frühen Morgenstunden. Über die Hintergründe der Tat gibt es aktuell keine Informationen. Es ist allerdings bekannt, dass Longstaf Unterstützung durch verschiedene Gruppen erfahren hatte, darunter die notorischen Wi’nesses. Governor Stark hat als Reaktion auf die Bluttat das Kabinett zu einer weiteren Krisensitzung einberufen. Die ehrenwerten Mitglieder tagen seit vier Uhr morgens.” Es folgte ein Schnitt zu einem fast glatzköpfigen Mann mit fein gestutztem Schnauzbart, dessen aufgequollenes Gesicht Spuren von Anspannung zeigte. Eine Einblendung am unteren Bildrand identifizierte ihn als Sir Rodney Stark, Her Majesty's Governor-General of Jamaica. ”Die demokratisch gewählten Vertreter Jamaikas“, erklärte er, ”werden bis heute Mittag einen Nachfolger für das Amt des Premierministers wählen, der die Geschäfte ohne Unterbrechung weiterführt und mit der vollen Handlungsspanne seiner exekutiven Befugnisse die gegenwärtige Krise meistern wird. Der Staat ist eine sichere Basis des Zusammenlebens. Der Tod eines Vertreters oder sogar mehrer Vertreter kann seine Struktur nicht erschüttern. Wer immer auch glaubt, auf diese Art die rechtmäßige Ordnung stürzen zu können, der irrt sich. Wir werden alles tun, um die Demokratie zu bewahren. Ich bin völlig sicher...” Alexander fluchte. Heinerleutner sah mit fragendem Blick zu ihm herüber. ”Nicht gut, oder?”, kommentierte er. ”Wir müssen mit der Botschaft telefonieren”, entschloss Alexander. Er strebte der Rezeption entgegen, seinen Kollegen im Gefolge wie einen Schleppenträger. Der dunkelhäutige Angestellte am Schalter blickte ihn mit unverhohlener Sorge an. ”Wir möchten gerne ein Telefonat führen.” ”Es tut mir sehr leid, aber die Leitung ist tot.” ”Seit wann? Wie lange noch?” ”Ich weiß es nicht. Tut mir leid.” Er zuckte mit den Schultern und lächelte. Die Reihe weißer Zähne im dunklen Gesicht ließ Alexander an eine Figur aus den billigen Horrorfilmen denken, die er sich mit seinen Freunden angesehen hatte, als er sechzehn war. Er hielt sich am Rand der Theke fest und versuchte, in seinen wild kreisenden Gedanken eine Entscheidung zu fassen. Heinerleutner stand neben ihm und blickte ebenso ratlos. ”Vielleicht versuchen Sie es einfach am Nachmittag noch einmal”, riet der Hotelier. Alexander nickte und ging wie ferngesteuert zum Aufzug. ”Ich mache mir echt Sorgen”, gestand er seinem Kollegen. ”Wenn die Telefone tot sind...” Sie fuhren schweigend in ihr Stockwerk und setzten sich in ihr Zimmer. Der Fernseher lief noch immer und zeigte das deutsche Mittagsmagazin. ”Weißt du, es ist komisch, aber vor ein paar Tagen habe ich einen Mann getroffen, der schien das alles voraus zu ahnen“, grübelte Alexander. ”Was meinst du?“ ”Letzte Woche, als du Durchfall hattest...“ ”Au Mann“, stöhnte Heinerleutner. ”Ich bin doch an dem einen Abend alleine weg. In eine Bar, nicht weit von hier. Ich dachte erst er will mich anmachen.“ ”Ein Jamaikaner? Kaum.“ ”Nein, ein Ami. Ich stand mit meinem Bier an der Theke, als er mich angesprochen hat. 'Howdy', mit so einem breiten Südstaaten-Dialekt. 'Ich habe sie beobachtet. Sie scheinen kein Tourist zu sein, aber trotzdem sind Sie nachts alleine in Kingston unterwegs'.“ ”Sah er denn aus wie vom anderen Ufer?“ ”Schon. Gepflegt, dunkelhaarig, in einen beigen Anzug und in der Hand eine lederne Handtasche, etwas größer als eine Geldbörse, aber kleiner als eine Kameratasche. Aber dann habe ich den Ehering an der linken Hand...


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