Enggruber / Fehlau / Bieker | Jugendberufshilfe | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 216 Seiten

Enggruber / Fehlau / Bieker Jugendberufshilfe

Eine Einführung
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-17-031312-5
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Eine Einführung

E-Book, Deutsch, 216 Seiten

ISBN: 978-3-17-031312-5
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Integration von Jugendlichen in die Arbeitswelt ist in den letzten Jahrzehnten zunehmend problematischer geworden. Hier sind die Fachkräfte Sozialer Arbeit im Tätigkeitsfeld der Jugendberufshilfe bzw. beruflichen Benachteiligtenförderung gefragt. Das Buch vermittelt das professionstheoretische, historische, rechtliche, organisatorische und handlungsmethodische Grundlagenwissen, um junge Menschen beim Übergang in Ausbildung und Erwerbsarbeit zu begleiten. Ausdrücklich werden dabei auch die widersprüchlichen Bedingungen, die dieses Tätigkeitsfeld auszeichnen, erläutert und mögliche Spielräume für professionelles Handeln ausgeleuchtet. Auf diese Weise liefert der Band nicht zuletzt auch eine Auseinandersetzung mit den konkreten Arbeitsbedingungen in der Jugendberufshilfe.

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  KAPITEL 2:   DIE PERSPEKTIVE DER NUTZER*INNEN AUF ANGEBOTE DER JUGENDBERUFSHILFE: EIN EIGENSTÄNDIGES QUALITÄTSURTEIL ‚VON UNTEN‘
Michael Fehlau & Anne van Rießen
Überblick Vor dem Hintergrund einer im Fachdiskurs anhaltenden Kritik an der Ineffektivität des ‚Förderdschungels‘ der Jugendberufshilfe geht der Beitrag der Frage nach, was die jungen Menschen aus ihrer Perspektive davon haben, wenn sie an entsprechenden Maßnahmen bzw. Angeboten teilnehmen (müssen). Dazu werden ausgewählte Forschungsergebnisse aus vorrangig qualitativ angelegten Studien, in denen sich subjektive Deutungsmuster und Bewertungen von Teilnehmer*innen in Bezug zu den aktuellen strukturellen Bedingungen entfalten, referiert und nach nutzenfördernden und -limitierenden Bedingungen befragt. Einleitung
Im ersten, einleitenden Beitrag wurde das Tätigkeitsfeld der Jugendberufshilfe mit seinen widersprüchlichen Überschneidungen einer erwerbsarbeitszentrierten Programmatik auf der einen zu einer primär an der individuellen Persönlichkeitsentwicklung orientierten Sozialen Arbeit auf der anderen Seite skizziert. Die aus diesen Rahmenbedingungen geformte Landschaft von Maßnahmen bzw. Angeboten wird im Fachdiskurs als ‚Labyrinth‘ und wenig erfolgreich in der Umsetzung ihrer vorrangigen Zielvorstellung einer nachhaltigen Vermittlung in Ausbildung oder Erwerbsarbeit kritisiert (Weiß 2015, S. 9). Dieses in der Tendenz negative Qualitätsurteil von Expert*innen betrifft ca. eine Viertelmillion junger Menschen ohne Ausbildungsplatz, die jährlich in Maßnahmen der Jugendberufshilfe einmünden (ebd., S. 7). Es stellt sich daher die Frage, was jenen, die an diesen Angeboten teilnehmen (müssen), im Zusammenhang mit den Herausforderungen ihrer individuellen Alltagsbewältigung eine Teilnahme ‚eigentlich bringt‘. Wir nehmen in diesem Kapitel diese Frage auf und werden dazu Perspektiven der jungen Menschen mit ihren subjektiven Deutungsmustern, ihren Erfahrungen und Bewertungen vorstellen. Denn erst dieser so nachvollziehbar werdende Blick durch die Brille der jungen Akteur*innen erlaubt es, die Institutionen, die Professionellen und die spezifischen Angebote der Jugendberufshilfe „von den Subjekten her zu denken“ (Schaarschuch 1999, S. 93). Diese Perspektive ist keinesfalls neutral, wir verstehen diese auch nicht als die ‚bessere‘ Position. Wir vertreten aber die These, dass hierdurch die Möglichkeit entsteht, ein „eigenständiges Qualitätsurteil von unten“ (Bauer 1996) einzuholen. Insofern verfolgen wir mit unserem Ansatz, der die jungen Menschen zu Wort kommen lässt und ihnen eine eigenständige Stimme gibt, auch partizipatorische Zielsetzungen. Wir schließen damit an grundlegende Diskurse zu einer emanzipatorisch orientierten Weiterentwicklung Sozialer Arbeit an. Denn die im Folgenden referierten Forschungsergebnisse geben Hinweise darauf, ob und unter welchen Bedingungen Jugendberufshilfe Angebote für ihre Nutzer*innen bereithält, mittels derer es ihnen möglich ist, ein selbstbestimmte(re)s Leben zu führen. Mit der Platzierung dieses Beitrages im einleitenden ersten Teil dieses Buches möchten wir weiterhin dazu anregen, diese eigenständige Perspektive in allen folgenden Kapiteln mitzudenken. 1.  Die ‚Stimme der Nutzer*innen‘ entnehmen wir ausgewählten Studien, die sich forschungsperspektivisch in der Adressat*innen- und sozialpädagogischen Nutzer*innenforschung verorten. Zur Einführung skizzieren wir diese Ansätze akteur*innenbezogener Forschung und grenzen diese von anderen Konzepten ab. 2.  Anschließend geben wir Einblicke in empirische Ergebnisse. 3.  Dann befragen wir die Jugendberufshilfe nach nutzenfördernden und -begrenzenden Bedingungen. 4.  Abschließend ziehen wir mit Blick auf die Frage nach einem Qualitätsurteil ‚von unten‘ ein kurzes Fazit. 1          Die Stimme der Nutzer*innen: Forschungszugänge
Als Mitte der 1990er Jahre sowohl die öffentliche Verwaltung als auch die Wohlfahrtspflege nach Effektivitäts- und Effizienzprinzipien umgestaltet wurden (vgl. Kap. 5), intensivierten sich vor dem Hintergrund steigender Anforderungen an Leistungsnachweise die Diskussionen um eigene professionelle Maßstäbe Sozialer Arbeit. In diesem Kontext entstanden Forschungsbemühungen, die die Perspektiven der Teilnehmer*innen auf Angebote Sozialer Arbeit stärker als bisher ins Zentrum rücken und diese auch zum Ausgangspunkt für professionstheoretische Weiterentwicklungen nehmen. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Bewertung nicht nur aus Sicht der Institutionen und Professionellen erfolgen kann, sondern dass Beurteilungen der Qualität Sozialer Arbeit immer als Kompromiss zwischen den verschiedenen beteiligten Akteur*innen zu verstehen sind. Als entsprechende akteur*innenbezogene Forschungsperspektiven gelten in der wissenschaftlichen Diskussion Sozialer Arbeit insbesondere (1) die Wirkungsforschung, (2) die Adressat*innenforschung und (3) die sozialpädagogische Nutzer*innenforschung (für einen Überblick Graßhoff (Hrsg.) 2013). Ihnen gemeinsam ist zwar, dass sie die Voraussetzungen, Bedingungen und Effekte der Inanspruchnahme sozialer Dienstleistungen in den Blick nehmen. Allerdings basieren die drei Forschungsperspektiven nicht nur auf unterschiedlichen Verständnissen der Subjektpositionen der Nutzer*innen bzw. Adressat*innen und deren Prozessen der Inanspruchnahme, sondern sie gründen auch auf verschiedenen theoretischen Bezügen und forschungsmethodischen Zugängen: 1.  Wirkungsforschung orientiert sich vorrangig an den programmatischen Zielen der Maßnahmen. Zentraler Indikator für eine Messung von Wirkungen – oder präziser: der Wirksamkeit – von Angeboten der Jugendberufshilfe ist die Eingliederungsquote in Ausbildung oder Erwerbsarbeit. Erforscht werden weiterhin Wirkfaktoren, die einen günstigen oder hemmenden Einfluss auf einen schnellen Übergang in Ausbildung haben (Weiß 2015). Wirkungsforscher*innen setzen überwiegend standardisierte Verfahren der quantitativen Sozialforschung ein, um Zusammenhänge zwischen der Teilnahme an Maßnahmen und darauf zurückführbare Wirkungen nachweisen zu können. Damit werden die jungen Menschen forschungsperspektivisch eher als passive Objekte konstruiert, auf die ein Angebot der Sozialen Arbeit (ein)wirkt. 2.  In der Adressat*innenforschung werden die Teilnehmer*innen einerseits als starke Subjekte in den Blick genommen, die aktiv und eigensinnig mit den Bedingungen der Angebote umgehen (müssen). Andererseits werden sie in Abhängigkeit zu den Maßnahmen und Programmen ‚adressiert‘ und damit definiert und erscheinen so tendenziell als klassifizierte Objekte derselben. Das Interesse dieser Forschungsperspektive zielt – anders als bei der Wirkungsforschung – nicht auf eine zielentsprechende Optimierung Sozialer Arbeit, sondern auf die Professionalisierung sozialpädagogischer Handlungspraxis (vgl. Kap. 4). Diese Forschungsrichtung sucht z. B. nach sinnhaften Bedeutungszusammenhängen (‚Deutungsmustern‘) zwischen der Alltagsbewältigung der Adressat*innen und sozialpädagogischen Angeboten und setzt daher eher verschiedene Verfahren der qualitativen Sozialforschung ein, um diese wechselseitigen Sinnzusammenhänge nachvollziehbar verstehen zu können. 3.  Die sozialpädagogische Nutzer*innenforschung geht von starken Subjekten aus, die sich ihr (verändertes) Verhalten, ihre Bildung etc. im nutzenden Umgang mit den Rahmenbedingungen und Ausgestaltungen von Angeboten Sozialer Arbeit selbsttätig aneignen. Die zentrale Fragestellung richtet sich dementsprechend darauf, „was die Nutzerinnen und Nutzer an den sozialen Dienstleistungen aus ihrer Perspektive als nutzbringend im Zusammenhang mit den sich ihnen stellenden Aufgaben der Lebensführung betrachten“ (Oelerich/Schaarschuch 2005, S. 80, kursiv i. O.). So fragt die Nutzer*innenforschung – eher qualitativ – nach dem Nutzen und nach Strategien der Nutzung von Angeboten Sozialer Arbeit, was wiederum interpretative Rückschlüsse auf gesellschaftliche und institutionelle Rahmenbedingungen erlaubt. Mit der Bezeichnung der teilnehmenden jungen Menschen als Nutzer*innen in diesem Kapitel schließen wir uns dem starken Subjektverständnis dieser Forschungsperspektive an. In Abgrenzung zu quantitativen Forschungsdesigns der Wirkungsforschung eröffnen qualitativ angelegte Untersuchungen den befragten Adressat*innen bzw. Nutzer*innen die Möglichkeit, ihr subjektives Relevanzsystem (van Rießen 2016, S. 119) – also das, was aus ihrer Sicht für sie selbst bedeutsam erscheint –...


Prof. Dr. Ruth Enggruber lehrt Erziehungswissenschaft, insbesondere Sozialpädagogik, im Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften der Hochschule Düsseldorf. Michael Fehlau ist dort wissenschaftlicher Mitarbeiter.



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