E-Book, Deutsch, 152 Seiten
ISBN: 978-3-944621-65-4
Verlag: Reese Verlag
Format: EPUB
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Die drei Söhne Adas
Eine Frau mit Namen Ada gebar Drillinge. Die Männer des Stammes wollten diese, so wie man gewohnt, töten. Ada flehte sie, ihr die Kinder bis gen Abend zu lassen. Die einen wollten wohl, die anderen wollten nicht. Der Häuptling des Dorfes kam und sprach: „Lassen wir die Kinder bis morgen.“ So ließ man sie. Des Nacht§ erhob sich Ada, trug die Drillinge fort und rettete sich mit ihnen in die Berge, weit, weit, und nimmer konnte man sie finden. Die Namen der drei Kinder, hier: Der erste hieß Etarane; der zweite Mendore, der dritte Bisonge. Die Mutter trug sie in den Wald, und als sie fern, ganz fern war, baute sie eine Hütte aus Palmblättern. Dort blieb sie. Über der Hütte stand ein großer Baum, und die Früchte, die er trug, waren gut und groß. Diese Frucht heißt: Angonglongo. Davon waren viele auf dem Baum, viele auf der Erde. Eines Tages schrie Etarane, der erste, sehr; um ihn zu vergnügen, ging Ada ihm eine Frucht des Angonglongo zu holen. Etarane verstand noch nicht zu gehen. Er nimmt die Frucht, beißt darein, findet sie zuckrig und ißt. Er ißt sie ganz auf; da er sie geendet hat, stellt er sich auf seine Beine, geht unter den Baum und wählt eine andere Frucht. Auch die ißt er ganz auf, dann sagt er seiner Mutter: „Ich will mich in der Hütte schlafen legen.“ Die Mutter betrachtet ihn mit großem Erstaunen; denn Etarane hatte noch nie gesprochen. Den anderen Tag, da Ada ihren Sohn nähren wollte, war er ein junger Knabe geworden. Er sagte zu seiner Mutter: „Ich gehe an den Fluß fischen, gib mir Schnur, ein Netz zu machen.“ Seine Mutter gab es ihm. Einige Stunden später kam er mit einem vollen Korb Fische zurück. „Nimm meinen Fang und koche die Mahlzeit; von jetzt ab werde ich dich ernähren.“ Ada war ganz bezaubert; sie suchte die schönste Frucht des Angonglongo, sie bringt sie Mendore, der sie aufknackt. Er ißt sie ganz auf; da er fertig ist, stellt er sich auf seine kleinen Beine, geht unter den Baum, wählt eine andere Frucht; die ißt er auch ganz auf, dann sagt er zu seiner Mutter: „Ich will mich in der Hütte schlafen legen.“ Seine Mutter betrachtete ihn mit großer Verwunderung; denn Mendore hatte noch nie gesprochen. Den anderen Tag, als Ada Mendore stillen wollte, war dieser ein junger Knabe geworden. Er antwortete seiner Mutter: „Ich will in den Wald gehen, Wildbret zu suchen und Fallen aufzustellen. Gib mir Holz, um Fallen zu bauen.“ Ada gab es ihm. Einige Stunden später, kam er mit einem Sack ganz voller Tiere zurück. „Hier meine Beute, nimm sie“, sagte er seiner Mutter, „von jetzt ab werde ich dich ernähren.“ Indessen sprach Ada in sich: „Sieh, zwei meiner Söhne sind schon etwas groß. Bald werden sie ihre Mutter verlassen. Wenn auch Bisonge die Frucht des Angonglongo ißt, wird er wie seine Brüder, und was wird denn aus mir?“ Sie sang: „Die Mütter sind für die kleinen Kinder. Die kleinen Kinder sind für die Mütter. Kleine Kinder groß geworden, Mütter alt geworden. Bisonge bleibe kleines Kind. Dich zu pflegen habe ich meine Arme. Dich zu nähren habe ich meine Milch. Dich zu schützen habe ich meinen Leib. Bisonge bleibe kleines Kind. Die kleinen Kinder sind für die Mütter. Die Mütter sind für die kleinen Kinder. Dich zu lieben habe ich mein Herz. Bisonge bleibe kleines Kind.“ Ada liest alle Früchte des Angonglongo auf. Sie verbirgt sie unter den Blättern. Sie trägt sie weit weg in den Wald. Während sie ihr Bestes tut, fällt eine Frucht vom Baum und rollt zu Bisonge. Er nimmt die Frucht, beißt darein, findet sie zuckrig, ißt sie. Er ißt sie ganz auf. Da er geendet hat, stellt er sich auf seine kleinen Beine und geht ganz allein. Ada hat kein kleines Kind mehr. Den anderen Tag, da Ada Bisonge stillen will, verweigert er die Milch. Er war wie seine Brüder ein junger Knabe geworden. „Ich will Vögel töten, gib mir Holz, einen Bogen zu verfertigen.“ Seine Mutter gibt ihm Holz, einen Bogen zu machen. Er geht in den Wald und bringt den Abend einen Sack voller Vögel zurück. „Von diesem Tag an“, sagt er zu seiner Mutter, „bin ich es, der dir Speise gibt.“ Indes fahren Etarane, Mendore und Bisonge fort, Früchte des Baumes zu essen. Sie essen, sie essen. Den anderen Tag, da sie erwachen, sind sie junge Männer geworden. „Ich gehe auf den Fischfang“, sagt Etarane, „gib mir eine Harpune.“ Des Abends kommt er mit einem ungeheuren Fisch zurück, so groß, wie wir ihn nie gesehen haben. Am Morgen sagt Menore seiner Mutter: „Gib mir Holz, einen Speer zu verfertigen.“ Seine Mutter gibt ein Holz. Er macht sich einen Speer, dessen Spitze im Feuer wohl gehärtet ist, geht in den Wald. Den Abend schon kommt er zurück und trägt einen Tiger auf seiner Schulter. „Hier“, sagt er, „nimm das Fleisch; zerschneide das Fell und mache mir daraus eine Mütze und ein Wehrgehänge.“ Seine Mutter tut, wie Mendore ihr. befohlen hat. Am Morgen sagt Bisonge seiner Mutter: „Gib mir Garn, daraus ein Netz zu machen“, und seine Mutter gab es ihm. Den ganzen Tag arbeitete er, ein Netz zu knoten. Da der Abend gekommen war, verspotteten ihn die Brüder: „Bisonge, Bisonge, was hast du heute getan?“ Doch da die drei Brüder sich sehr liebten, erzürnten sie sich nicht und teilten untereinander die Beute vom Jagen und Fischen; sie waren gute Brüder. Indes sang ihre Mutter: „Kinder Adas, was seid ihr geworden? Sieh, sieh, vor den Starken beugt sich der Baum des Waldes. Ada hat nicht Kinder mehr, keine kleinen Kinder. Wen wird sie jetzt an ihre Brust drücken. Angonglongo, Angonglongo, du hast mir meine Kinder geraubt.“ Die Söhne liebten nicht das Lied. Sie befahlen ihr, zu schweigen und neue Früchte zu rösten. Davon aßen sie; sie aßen viel, sie wurden große, große Männer, von übermenschlicher Gestalt. Den anderen Tag sagt Etarane seiner Mutter: „Ich gehe in den Wald, Bambus zu schneiden, um daraus eine Fischsperre zu machen. Ich will alle Fische des Flusses fangen.“ Er geht in den Wald. Den Abend trägt er eine ungeheure Last Bambus heran und beginnt die Sperre zu bauen. Drei Tage später war der Fluß ganz versperrt, durch eine Reuße, hoch wie ein Mann. Jeden Fisch, den er wollte, nahm Etarane. „Von jetzt an“, sprach er, „werden wir im Überfluß leben.“ Den anderen Tag sagt Mendore seiner Mutter: „Ich will im Wald einen Baum fällen, um mir einen Speer zu machen. Ich will alle Tiere des Waldes töten.“ Er geht hin und fällt einen Baum, setzt eine Eisenspitze daran und geht. Da er wiederkam, trug er auf seinen Schultern zwei Elefanten, zweimal hoch wie ein Mann. Sprach er: „Wir wollen das dritte Tier zusammen suchen. Ich ließ es im Wald, um noch andere zu töten; denn sie kommen trauern, da ich den Führer der Herde tötete.“ Da Bisonge diese Worte hörte, beendete er rasch sein Netz und sprach: „Ich will eben diesen Abend zum Jagen gehen.“ Wirklich, als die Nacht schwarz war, geht er, sein Netz auf den Schultern, in den Wald. Endlich kommt er an den Platz, wo sein Bruder den Elefanten getötet hat. Mehr als zehn andere waren herbeigelaufen und umstanden den Leichnam, rühren ihn mit Zähnen und Rüsseln und versuchten, ihn zum Leben zurückzuführen. Ohne Zeit zu verlieren, breitet Bisonge sein Netz über die Lichtung, und da sie völlig bedeckt ist, eilt er rasch zur Hütte seiner Brüder zurück. . „Schnell“, sagt er, „schnell, kommt mit mir, die Elefanten sind gefangen.“ Alsbald stehen sie auf, eilen zur Lichtung. Die Elefanten sind im Netz, sie können nicht entfliehen. Die drei Brüder haben sie eilends getötet. Sie tragen zur Hütte Zähne und Fleisch zurück; lange Tage essen und trinken sie und freuen sich miteinander, und sie freuen sich mit ihrer Mutter. Eines Tages war Etarane am Fluß Fische zu fangen. Wenige Zeit war verstrichen, daß er weggegangen war, da kehrte er ganz rasch zur Hütte zurück, wo die Brüder noch schliefen. „Ich habe den Dzun gesehen“ (mythisches Ungeheuer), sprach er und stürzte vor sie. „Kommt helfen, wir wollen ihn töten.“ Die drei Brüder eilen. Sie kommen an den Fluß, jeder hat seine Waffen, sie bereiten sich vor, den Dzun anzugreifen. Dieser hielt sich am Ufer. Sobald er die Jäger sieht, stürzt er auf sie los, um sie unter seiner Masse zu zermalmen. Jeder seiner Schritte erschüttert die Erde und wühlt eine Grube so tief, ein Mann könnte sich darin verbergen. Wenn ein Baum seinen Schritten begegnet, knickt er ihn wie einen Grashalm. Seine Zähne waren lang wie ein Mann und rissen die Felsen in die Luft wie kleine Kiesel. Er kommt auf die Jäger zu, schnaubt wie Sturm, der die Bäume entwurzelt. Sie erwarten ihn; sobald er ihnen nah ist, wirft Etarane ihm die Harpune in den Bauch, Mendore durchbohrt ihm ein Auge mit dem geschleuderten Speer, Bisonge wirft ihm das Netz über und rollt ihn in die Mitte der Maschen. Das wütende Tier schlägt vergeblich um sich, indes durchbohrt Mendore ihm das andere Auge. Etarane zersticht ihm das Herz mit dem großen Hieber, und Bisonge schlägt ihm mit dem Schwert den Kopf ab. Sie kehren zur Hütte zurück, bringen den Dzun auf ihren Schultern. Aus dem Schädel machen sie einen Sitz, um sich zu setzen, aus den Schenkelknochen. fertigen sie Pfeifen, um die bösen Geister zu scheuchen. Aus den Fellen drei Schilde, aus den Ohren zwei Tamtams, groß wie Hütten. Aus dem einen der Hörner machen sie ein Jagdhorn, um aus der Ferne sich zu rufen, aus dem anderen eine Pfeife, um den Kakuba zu rauchen. Etarane, Mendore und Bisonge waren drei furchtbare Jäger, ihr Ruf drang weithin....