Gedichte
E-Book, Deutsch, 256 Seiten
Reihe: Klassiker der Weltliteratur
ISBN: 978-3-8438-0463-9
Verlag: marix Verlag ein Imprint von Verlagshaus Römerweg
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
als reine Natur- und Stimmungsbilder missverstanden. Doch den Bildern von Wald und Heimat, Dämmerung und Nacht, Gärten und Bäumen, rauschenden Wassern und Quellen kommt eine tiefere
Bedeutung zu; hinter den formelhaften Wendungen dieser Lyrik verbirgt sich eine komplexe Symbolik. Eichendorff hat die verwirrende Welt des Traums und der Realität, einer oft als chaotisch empfundenen Wirklichkeit, nicht nur evoziert, er hat sie auch zu bannen versucht, hat sie mit den Mitteln der poetischen Sprache einer göttlichen Macht unterstellt, der seine Dichtung Ausdruck verleihen soll.
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ES GEHT WOHL ANDERS,
ALS DU MEINST
Gedankensplitter WÜNSCHELRUTE
Schläft ein Lied in allen Dingen, Die da träumen fort und fort, Und die Welt hebt an zu singen, Triffst du nur das Zauberwort. Der Liebende steht träge auf Der Liebende steht träge auf, Zieht ein Herrjemine-Gesicht Und wünscht, er wäre tot. Der Morgen tut sich prächtig auf, So silbern geht der Ströme Lauf, Die Vöglein schwingen hell sich auf: „Bad, Menschlein, dich im Morgenrot, Dein Sorgen ist ein Wicht!“ AN …
Wie nach festen Felsenwänden Muß ich in der Einsamkeit Stets auf dich die Blicke wenden. Alle, die in guter Zeit Bei mir waren, sah ich scheiden Mit des falschen Glückes Schaum, Du bliebst schweigend mir im Leiden, Wie ein treuer Tannenbaum, Ob die Felder lustig blüh’n, Ob der Winter zieht heran, Immer finster, immer grün – Reich’ die Hand mir, wackrer Mann. SYMMETRIE
1810 O Gegenwart, wie bist du schnelle, Zukunft, wie bist du morgenhelle, Vergangenheit so abendrot! Das Abendrot soll ewig stehen, Die Morgenhelle frisch drein wehen, So ist die Gegenwart nicht tot. Der Tor Der Tor, der lahmt auf einem Bein, Das ist gar nicht zu leiden, Schlagt ihm das andre Bein entzwei, So hinkt er doch auf beiden! LEBEN UND SINGEN
Wohl vor lauter Sinnen, Singen Kommen wir nicht recht zum Leben; Wieder ohne rechtes Leben Muß zu Ende geh’n das Singen; Ging zu Ende dann das Singen: Mögen wir auch nicht länger leben. INTERMEZZO
Wie so leichte läßt sich’s leben! Blond und rot und etwas feist, Tue wie die andern eben, Daß Dich jeder Bruder heißt, Speise, was die Zeiten geben, Bis die Zeit auch Dich verspeist! Im beschränkten Kreis Im beschränkten Kreis der Hügel, Auf des stillen Weihers Spiegel Scheue, fromme Silberschwäne – Fassend in des Rosses Mähne Mit dem Liebsten kühn im Bügel – Blöde Bande – mut’ge Flügel Sind getrennter Lieb’ Gedanken! Hinaus, o Mensch „Hinaus, o Mensch, weit in die Welt, Bangt dir das Herz in krankem Mut! Nichts ist so trüb in Nacht gestellt, Der Morgen leicht macht’s wieder gut.“ DIE SCHÄRPE
Mein Schatz, das ist ein kluges Kind, Die spricht: „Willst du nicht fechten: Wir zwei geschiedne Leute sind; Erschlagen dich die Schlechten, Auch keins von beiden dran gewinnt.“ Mein Schatz, das ist ein kluges Kind, Für die will ich leben und fechten! ZEICHEN
So Wunderbares hat sich zugetragen: Was aus uralten Sagen Mit tief verworrener Gewalt oft sang Von Liebe, Freiheit, was das Herz erlabe, Mit heller Waffen Klang Es richtet sich geharnischt auf vom Grabe, Und an den alten Heerschild hat’s geschlagen, Daß Schauer jede Brust durchdrang. Jeder nennet froh Jeder nennet froh die Seine, Ich nur stehe hier alleine, Denn was früge wohl die Eine: Wen der Fremdling eben meine? Und so muß ich, wie im Strome dort die Welle, Ungehört verrauschen an des Frühlings Schwelle. Hier bin ich, Herr! Hier bin ich, Herr! Gegrüßt das Licht, Das durch die stille Schwüle Der müden Brust gewaltig bricht, Mit seiner strengen Kühle. Nun bin ich frei! ich taum’le noch Und kann mich noch nicht fassen – O Vater, du erkennst mich doch, Und wirst nicht von mir lassen! AN –
Eitelkeiten in dem sünd’gen Busen, Nahest du der heil’gen Kunst, Und geschminket betteln deine Musen Um des Erdengeistes Gunst. Falsche Metze und kein Mann! Spitz’ und kitzle nur den Witz, Aus dem Himmel fällt der Blitz, Der zerschmettern dich und zünden kann! ANDEUTUNGEN
(Ahnung und Gegenwart) 1. Freiheit Frei, ihr Kanaillen, sag’ ich, sollt ihr sein, Doch nicht, wie ihr es wollt, ihr Dumme, Blinde, Versunken in des Aberglaubens Schein, Nein, so wie ich’s heut’ eben dienlich finde. 2. Gleichheit Wie? Niedrig wir, ihr hoch; wir arm, ihr reich? Planierend schwirrt die Schere dieser Zeit; Seid niedrig, arm, wie wir, so sind wir gleich Und die Misere wird doch etwas breit. 3. Weltgeschichte Inmitten steht die Sonn’ und wandelt nicht, Ringsum sehnsüchtig kreisen die Planeten, Die deckt heut Nacht, die will der Morgen röten, Doch ewig heiter strahlt das ew’ge Licht. 4. Tagesgeschichte Es rast der Sturm in der Historie Blättern, Und jeder schnappt sich schnell draus sein Fragment. Doch deutle nur! Der Herr in Zorneswettern Geht über dich hinweg und führt’s zu End. 5. Wunder über Wunder Du wunderst wunderlich dich über Wunder, Verschwendest Witzespfeile, blank geschliffen. Was du begreifst, mein Freund, ist doch nur Plunder, Und in Begriffen nicht mit einbegriffen Ist noch ein unermeßliches Revier, Du selber drin das größte Wundertier. SÄNGERGLÜCK
Herbstlich alle Fluren rings verwildern, Und unkenntlich wird die Welt. Dieses Scheidens Schmerzen sich zu mildern, Wenn die Zauberei zerfällt, Sinnt der Dichter, treulich abzuschildern Den versunknen Glanz der Welt. Selig Herze, das in kühnen Bildern Ewig sich die Schönheit hält! Dein Wille, Herr Dein Wille, Herr, geschehe! Verdunkelt schweigt das Land, Im Zug der Wetter sehe Ich schauernd Deine Hand. O mit uns Sündern gehe Erbarmend in’s Gericht! Ich beug’ im tiefsten Wehe Zum Staub mein Angesicht, Dein Wille, Herr, geschehe! ABEND
Schweigt der Menschen laute Lust: Rauscht die Erde wie in Träumen Wunderbar mit allen Bäumen, Was dem Herzen kaum bewußt, Alte Zeiten, linde Trauer, Und es schweifen leise Schauer Wetterleuchtend durch die Brust. Es schauert der Wald vor Lust Es schauert der Wald vor Lust, Die Sterne nun versanken, Und wandeln durch die...