Eco Baudolino
1. Auflage 2011
ISBN: 978-3-446-23907-4
Verlag: Carl Hanser
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Roman
E-Book, Deutsch, 600 Seiten, Format (B × H): 1 mm x 2 mm, Gewicht: 1 g
ISBN: 978-3-446-23907-4
Verlag: Carl Hanser
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Wir befinden uns im 12. Jahrhundert, zur Zeit der Kreuzzüge. Baudolino, ein gewitzter Bauernsohn aus dem Piemont, wird Adoptivsohn des Kaisers Friedrich I. Barbarossa. Den Kopf voller Flausen, Phantasien und Lügen, lenken seine irrwitzigen Ideen von nun an den Lauf der Weltgeschichte. Von den Liebesbriefen an die Kaiserin, den undurchsichtigen Machenschaften bei der Belagerung Alessandrias und dem rätselhaften Tod Barbarossas gar nicht zu reden.
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1. Kapitel Baudolino beginnt zu schreiben Regenspurg Anno Domini MCLV Chronik des Baudolino aus dem geschlecht der Aulari ich Baudolino sohn des Galiaudo von denen Aulari mit einem haupt alswî ein leu halleluja Dank sei dem Herrn der mir möge vergêben ich hab gemacht den gröszten raub meines lebens indem ich genommen aus einem schrein des herrn bischoffs Otto vil bögen die villeicht gehören der kaiserlichen Kanzlei und hab sie fast allesamt abgeschabet auszer wo es nit abgienc und hab nun alsô manniglîch Pergamint zum draufschreiben was ich will daz heiszt meine Chronica wiewôl ich sie nit kann schreiben in Latino wann sie entdekken daz herrn Ottos bögen nimmer dâ sind oh was wird anheben für ein geschrei und werden denken womögelîch wars ein spiôn von denen Episkopi Romani welche nit wôlwollen unserm herren kaiser Frîderîch aber villeicht merkets ja kainer in der kanzlei wo sie allweil irgentwas schreiben auch wanns niëmandem nutzen tuot und wer diese bögen findet si li infila nel büs del kü denkt sich villeicht nix weiter darbei dies ist stêngeblieben von dem was allhie zuvôr gestunden und was ich nit gut habe abschaben können sô daz mans muoz überspringen wenn man dereinst diese pergamenta wird finden nachdem ich sie hab beschrîben wird auch kain Kanzler sie nit verstân perkê questa è una lengua ke denn dies ist ein sprach die noch niëman nit hat geschrîben aber auch wenn niëman nie diese sprach wird verstân wird man trotzdem subito erraten daz ich es gewên der dies hat geschrîben diweil alle sagen daz wir in der Frasketa parliamo na Lengua ke non è da christiani spreken ein Sprak was nit is von Christenmensken verflixt swêr is shcreiben mir tuon schon alle finger wê mein vater Galiaudo hat immer gesagt es muoz eine gâbe der Heiligen Juncfrouwe von Roboreto sein daz ich von kleinauf kaum daz ich jemand sagen hör ein paar worte subito kann ich nâchâmen seine sprach ob er gleich aus Tortona ist oder aus Gavi oder sogar aus Mediolanum allwô man sprikt ain sprak ke gnanca i cani was nitmal die hünde verstân tja und sogar als ich bin begegnet den ersten alemannen in meim leben was waren die mannen welche die stadt Tortona berannten lauter wilde die immerzu sagten und und nach einem halben tag hab auch ich gesagt rausz und mîngot und sie sagten gê uns hôln schöne daz wir machen fikifuki und wans nit will macht nix brauchst nur sagen wôs is daz wirs uns hôln aber was ist ein hab ich gefragt und sie sagten una domina una donna una femina e facevano il segno de le Tette grosse und malten grôsze brueste in di lufft und sagten weil nêmlich bei dieser belagerung sind wir knapp mit feminae alldiweil die von Tortona sind drinnen und wenn wir erstmal reingehn lass uns nur machen aber hier drauszen sind weit und breit keine zu sehn und dazu vluchten sie sô gotteslesterlîch daz sogar mir is kummen ein gensehaut bravi suabi di Merda ihr guten swabenleut hab ich gesagt wie soll ich euch sagen wô sint ich bin kein spiôn besorgts euch doch selber mamma mia momenti mi mazzavano fast hättens mich umgebracht mi mazzavano o amazzavano o necabant ietzt schreib ich schon fast Latino nit daz ich nit verstêh Latino diweil ich gelernt hab aus einem librum latinum und wenn jemand zu mir redet latino ich kan schon verstên aber schwieric is skribere schreiben in latino wan ich nit weisz wie man die worte skrib buchstabiret zum exemplum: nie weisz ich obs equus oder equum heiszet und alleweil mach ich fêler mentre da noi un caballo dieweil bei uns ein cavallo ist immer ein Gaul und ich mach nie fêler diweil niemand schreibt Kawallo ja niemand schreibt überhaupt irgendwas weil ja niemand kann lesen damals ist die sach gut ausgegangen und die Diutschen ham mir kein haar gekrummet alldiweil grad in dem ougenblick sind berittene kummen und ham gerufen lôslôs wir machen neuwen Angriff, und dann is vil grôz durchainander gewên und ich hab nix garnixmer verstunden vor lauter escudieri allhie und hellebardieri alldâ und drommetengetös und türm aus holz hoch wie bäum die sich bewegten auf rädern wie karren, und obendrauff balistari et fundibulari schleudern zum steinewerfen und solchene höllenmaschinen, und andere schleppten lange leitern herbei, und es regnete pfeile auf sie herab alswî hagelkörner in einem grôszgewaltic Sturm, und die Unseren schleudereten vil dicke stein mit ainer species von mächtiger Armbrust und mir swirrten ums haupt alle iaculi welche die Tortonesen warfen von ihren Mauern oh welch eine battaglia! zween stunden sâsz ich unter eim gebüsch verstecket und hab gebetet Heilige Jungfrau hilf du kannst alles. Dann ist es ruhiger worden und nahe bei mir sind die mit der sprache von Pavia vorbeigelaufen und haben geschrien sie hätten so viele Tortonesen umgebracht daz es wär wie ein Tanaro von Blut, aber sie waren sêr zufrieden darüber weil sie meinten, sô lernt Tortona endlich es mit Mailand zu halten als dann auch die Alemannen mit der zurückkamen villeicht ein paar weniger als vorher diweil auch die Tortonesen sich nicht hatten lumpen lassen da hab ich mir gesagt ich verdrükk mich lieber sô bin ich marsch marsch nach hause gegangen wo es früh am morgen war und hab meim vater Galiaudo alles erzêlt und da hat er zu mir gesagt na bravo geh nur und setz dich mitten mang die Belagerer daz du eines tages ne pike in den hintern kriegst weiszt du denn nicht daz diese dinge nur für die herren gemacht sind? lass sie in ihrer suppe kochen wir müssen an unsere kühe denken denn wir sind ernsthaffte leut nicht solche wie dieser Frîderîch der erst kummt und dann gêt und dann wiederkummt und nichts richtig zu ende bringt aber dann ist Tortona doch nit gefallen weil sie blôsz die unterstadt und nit auch die Burg eingenommen hatten und hat noch eine weile standgehalten so daz ich zum ende meiner kronik kommen vorgreifen muosz nêmlich als sie ihnen das wasser abgegraben hatten und die Tortonesen anstatt ihr pipi zu trinken zu Frîderîch gesagt haben daz sie ihm treu ergeben sein wollten da hat er sie abziehen lassen aber die stadt hat er erst verbrannt und dann in trümmer gelegt soll heiszen das alles haben die aus Pavia getan die mit den Tortonesen spinnefeind sind denn hier bei uns ist es nit so wie bei den Alemannen wo alle sich untereinander herzlich mögen und immer eintrechticlîch beieinander sind wie diese zwei finger meiner hand wärend bei uns die aus Gamondio wenn sie einen aus Bergolio sehn hauens ihm gleich in die fresse aber jetzt will ich meine kronik weitererzêlen weil nemlich, wenn ich sô durch den wald der Frasketa streifte besonders bei Nebel ich meine den von der guten sorte bei dem du deine nasenspitze nicht mehr siehst und die dinge ganz plötzlich vor dir auftauchen ohne daz du sie vorher hast kommen sehn also da hab ich manchmal visionen gehabt wie damals als ich das Lioncorno das Einhorn gesehen oder das andere mal als mir San Baudolino erschienen ist und zu mir gesprochen hat und gesagt hat filio de la puta andrai a linferno du hurensohn wirst zur hölle fahren jawohl das hat er gesagt denn die geschichte mit dem einhorn ist sô gegangen: um ein Einhorn zu fangen musz man bekanntlich eine noch nicht entjuncferte maid unter ein baum setzen und dann riecht das einhorn den juncfrouwelîchen geruch und kommt herbei um den kopf in ihren schôsz zu legen und sô hab ich die Nena aus Bergolio genommen die mit ihrem vater gekommen war um die kuh von meinem vater zu kaufen und hab ihr gesagt komm mit in den wald daz wir ein Einhorn fangen und hab sie unter ein grôszen Baum gesetzt weil ich sicher war daz sie noch juncfrouwe war und hab ihr gesagt bleib schön sitzen und mach die beine breit damit platz ist für den kopf von dem Einhorn und sie hat gefragt wie meinst du das wie soll ich die beine breit machen und ich sagte na da an der stelle hier mach sie schön auseinander und hab sie berührt und da hat sie angefangen zu kieksen und blöken wie eine ziege die ein zicklein gebiert und ich hab nix mehr gesehn mit eim wort sie ist über mich gekommen wie eine apocalypsin und danach war sie nicht mehr rein wie eine lilie und ich hab gesagt ojêminê was machen wir jetzt um das Einhorn anzulocken und in dem moment hör ich eine stimme vom Himmel kommen die zu mir sagt das Einhorn das lioncornus qui tollit peccata mundi das wäre ich und da bin ich zwischen den büschen umhergesprungen wie ein verruckter und hab gebrüllt jip hiiii frr frr alldiweil ich noch glücklicher war als ein echtes einhorn denn ich hatte der juncfrouwe das horn in den schôsz gelegt und deswegen hat San Baudolino dann zu mir gesagt du sohn einer etcetera aber dann hat er mir vergeben und ich hab ihn später noch andre male gesehn in der demmerung aber nur wenn nebel war oder wenigstens dunst und nicht wenn die sonne sgajentat oves et Boves hellstrâlend am himmel stund aber als ich dann...