Dürnberger | Die Nacht der Fragen und der Morgen danach | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 400 Seiten

Dürnberger Die Nacht der Fragen und der Morgen danach

Ein Roadtrip durch die Geschichte der Philosophie
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-947373-96-3
Verlag: Dittrich Verlag ein Imprint der Velbrück GmbH Bücher und Medien
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Ein Roadtrip durch die Geschichte der Philosophie

E-Book, Deutsch, 400 Seiten

ISBN: 978-3-947373-96-3
Verlag: Dittrich Verlag ein Imprint der Velbrück GmbH Bücher und Medien
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Ein Mann in einer tiefen Lebenskrise – eingeladen auf die Party des Jahres. Zwischen Champagner und den Trümmern seiner Existenz wird er in eine gefährliche Verschwörung verwickelt. In dieser Situation muss er sich den großen, philosophischen Fragen des Lebens stellen. Was als rauschendes Fest beginnt, wird zu einer Nacht, die sein Leben für immer verändert.

Das Buch ist ein Roman – aber auch mehr: Es ist eine spielerische Einführung in die Philosophie. Jede Figur, die der Ich-Erzähler im Laufe der Nacht kennenlernt, steht für eine berühmte Persönlichkeit der Philosophie. Am Ende folgt die Auflösung: Wer ist die vermögende Frau mit Hund, die davon überzeugt ist, dass das Leben stets Leid bedeutet? Wer ist der Pianist, der nicht mehr singt, weil er am Sinn seiner Texte zweifelt? Wer verbirgt sich hinter dem Teenager, der das Internat so schrecklich findet, dass er nicht mehr an das Gute im Menschen glauben will?

Ein spannender Roadtrip und eine fabelhafte Geschichte des Philosophierens zugleich.

Dürnberger Die Nacht der Fragen und der Morgen danach jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


DER ROMAN
Die Nacht der Fragen und der Morgen danach S. 11
DIE AUFLÖSUNG: Who's who?
Welcher Philosoph bzw. welche Philosophin
verbirgt sich hinter welcher Figur? S. 243
DAS GLOSSAR
Eine kurze Geschichte des Philosophierens S. 282


1
Am Anfang war das Staunen. Das Staunen über meine eigene Dummheit. Warum hatte ich mich bloß auf all das eingelassen? Am liebsten hätte ich diesen Abend so verbracht wie alle anderen Abende der vergangenen Woche: alleine mit Wein. Stattdessen jedoch saß ich mit zwei wildfremden Menschen in einem Auto, das mich zu einem Fest chauffierte, auf dem ich niemanden kannte. Und auf dem ich nicht sein wollte. Nun gut, ganz wildfremd war mir der Mann auf dem Rücksitz neben mir nicht, immerhin hatte ich diese Woche mehrmals mit ihm in aller Früh einen Kaffee getrunken – nachdem er mich aufgeweckt hatte. Hendrik war die Reinigungskraft im Stockwerk unserer Redaktion, die erste männliche Reinigungskraft, die ich in meinem gesamten Arbeitsleben zu Gesicht bekommen hatte, und als solche hatte er mich um fünf Uhr früh auf dem Boden meines Büros schlafend vorgefunden. »Haben Sie die ganze Nacht hier geschlafen?«, hatte er gefragt. »Warum zur Hölle sind Sie schon da?«, war meine Antwort gewesen. Ich hatte mit der Putzkolonne gerechnet, aber doch nicht um diese Uhrzeit. Kurz hatte ich mit dem Gedanken einer Notlüge gespielt, ich hätte irgendetwas von einer dringenden Deadline erzählen können und dass ich deswegen im Büro auf einer mitgebrachten Decke geschlafen hatte, aber ich war es müde, so zu tun, als wäre alles in Ordnung. Und so hatten wir in der Küche der Redaktion einen ersten gemeinsamen Kaffee getrunken und ich hatte Hendrik alles erzählt. Als ersten Menschen überhaupt. An den folgenden Morgenden waren wir mehr und mehr ins Reden gekommen. Es war schwierig, sein Alter zu schätzen, aber ich tippte auf fünfzig, wenn nicht gar sechzig Jahre. Hatte ich zuerst, wenn ich Hendrik sah, stets an Altersarmut gedacht, so lernte ich bald, dass er sich weder um die Höhe seines Einkommens noch um irgendwelche anderen materiellen Dinge kümmerte. Solange er über die Runden kam, war ihm dies Alles vollkommen egal. Er brannte einzig und allein für sein Lebensprojekt: Interviews. Er wollte mit Menschen reden, ihnen Fragen stellen und ihre Antworten hören. Ich weiß, wie das klingt: Naiv und kindlich, und ganz kann ich diesen Eindruck nicht von der Hand weisen. Hendrik wirkte in der Tat manchmal wie ein Kind auf mich. Wissbegierig, aber auch nervig mit seiner ständigen Fragerei, die kein Ende zu nehmen schien. Zugleich jedoch erzählte er mir, dass er einen Videoblog unterhielt, der es durchaus zu einiger Reichweite gebracht hatte. Der Putzmann unserer Büros war demnach ein erfolgreicherer Journalist als ich je es sein würde. Die nächste bittere Erkenntnis in meinem Leben. »Das Video habe ich gesucht«, sagte Hendrik und hielt mir sein Smartphone entgegen. »Das war eine gute Ausgabe. Erinnerst du dich?«, wandte er sich an den Mann hinter dem Steuer. »Mein Interviewpartner war ein angesehener General«, fuhr Hendrik wieder an mich gerichtet fort. »Ich habe mit ihm über Mut gesprochen. Was bedeutet es eigentlich heutzutage, wenn jemand tapfer ist? Was soll es heißen, wenn…« »Das Video brachte richtig viele Klicks«, unterbrach ihn unser Fahrer, ein Typ mit breiten Schultern, der wesentlich jünger als Hendrik war. Ich hatte keine Ahnung, wo und wie sich die Beiden kennen gelernt hatten, aber ich wusste mittlerweile, dass der Mann Witali hieß und so etwas wie der Produzent und Regisseur des Videoblogs war, ja, der gesamte Onlineauftritt war seine Idee gewesen. »Klicks«, sagte Hendrik verächtlich, machte eine wegwerfende Handbewegung und nahm sein Smartphone wieder an sich, noch bevor ich auch nur die ersten zehn Sekunden des Videos hätte sehen können. Das allerdings störte mich nicht. Mir war der gesamte Videoblog in diesem Augenblick – diplomatisch formuliert – herzlich egal. Witali sprach weiter über ihren Erfolg, Hendrik erzählte über diverse Interviewpartner, die er bereits vor seinem Mikrofon gehabt hatte, ich aber hörte alldem kaum zu, sondern schmiedete fleißig Fluchtpläne. Ja, ich hatte versprochen, auf diese Party mitzugehen, wir hatten allerdings nicht darüber verhandelt, für wie lange. Wenn ich es richtig einschätzte, würden die zwei Männer das Fest nutzen, um möglichst viele Videos für ihre Plattform zu drehen. Dies wiederum bedeutete, dass ich vielleicht früher als gedacht unbemerkt abhauen konnte. Und nichts Anderes hatte ich vor. Allerdings machte ich mir Sorgen, wie ich in die Stadt zurückkommen sollte. Ein Taxi würde jedenfalls teuer werden. Wir waren bereits seit über vierzig Minuten unterwegs. Die Gegend war zuerst ländlich geworden und wurde nun von Minute zu Minute feiner, Villa reihte sich an Villa, örtliche Segelclubs waren ausgeschildert, am Horizont lagen Weinberge in der frühabendlichen Sonne, der Wert der Autos, die am Straßenrand parkten, überstieg gefühlt mein lebenslanges Einkommen, wobei zu bedenken galt, dass die wirklich teuren Wagen wohl hinter den dicken Hecken und Mauern standen, kurzum: Wir waren dabei, in das Territorium der Reichen und Superreichen einzudringen. Und entsprechend fühlte ich mich auch: Wie ein Fremdkörper, der hier nichts zu suchen hatte. »Es ist nicht mehr weit«, sagte Hendrik, und obwohl er von einem sorgenfreien Vermögen noch weiter entfernt war als ich, wirkte er wie ein Fisch im Wasser bei dem Ausblick darauf, gleich bei einem der reichsten Menschen des Landes zu einem großen Fest eingeladen zu sein. Und dies lag nicht nur daran, dass er bei jeder dieser Partys in den vorangegangenen Jahren Gast gewesen war, nein, es passte zu seinem Naturell. Wie es auch zu seinem Naturell passte, dass er mich mitschleppte. »So geht es nicht weiter«, hatte er beim dritten Kaffee zu mir gemeint. Wir waren längst zum Du übergegangen. »Du kannst hier nicht jede Nacht schlafen, du kannst dich nicht nur in Selbstmitleid suhlen …« »Ich suhle mich nicht in Selbstmitleid, ich…« »Du musst unter Leute«, hatte er mich unterbrochen. »Ich weiß, es gibt viele, die stundenlang durch die Natur spazieren, wenn sie Probleme haben und Antworten suchen, aber ich sage Dir: Die Felder und Bäume können dir nichts über das Leben beibringen, das können nur andere Menschen. Also geh raus und unterhalte dich. Du musst wieder unter Leute«, wiederholte er, und noch bevor ich hätte erwidern können, dass ich rein gar nichts über dieses Leben lernen wollte, hatte er mir bereits von dieser Party erzählt, und auch davon, dass er als ›enger Freund des Hauses Landau‹, wie er sich mit Ironie in der Stimme selbst bezeichnet hatte, Gäste mitbringen durfte. Den Rest konnte man sich denken. »Wir sind da«, unterbrach Witali meine Gedanken, die noch immer um das Thema ›Flucht‹ kreisten. »Na, habe ich dir zu viel versprochen?«, fragte Hendrik und nickte in Richtung des Anwesens, das sich als gewaltige Kulisse in der Ferne vor uns aufbaute. Ich hatte gewusst, dass dieser Landau reich war, seinen immensen Reichtum aber mit eigenen Augen zu sehen, verschlug mir dann doch die Sprache. Es war mehr Schloss als Haus, mehr Areal als Garten, mehr spätrömische Dekadenz als Gegenwart. »Ich weiß«, sagte Hendrik, der meine Gedanken zu lesen schien. »Aber warte erst mal ab, bis du drinnen bist. Ich staune jedes Mal, dass es so viele Dinge gibt, deren ich nicht bedarf.« Er lächelte verschmitzt über seine Formulierung, die ohne Zweifel eine Kritik am Gastgeber und dessen Lebensstil war. Bedienstete wiesen Witali derweil an, wo genau auf der riesigen Fläche vor der Gartenmauer er das Auto abstellen sollte. Wir stiegen aus und machten uns auf den Weg zum Eingang. Nicht zum Eingang des Hauses wohlgemerkt, der lag noch gut mindestens einen Kilometer von uns entfernt, sondern zum Eingang des Anwesens, an dem kontrolliert wurde, ob die Ankommenden denn auch tatsächlich auf der Gästeliste standen. Wir stellten uns in der Schlange an, als mein Smartphone seinen Benachrichtigungston hören ließ. Ohne darüber nachzudenken, wie automatisiert, griff ich zu meinem Handy, um die eingegangene Textnachricht zu lesen, da aber spürte ich Hendriks Hand auf meiner Schulter. »Sie?«, fragte er. Ich nickte stumm. »Lies es erst morgen«, sagte er. »Dieser Abend gehört dir. Nicht ihr.« 2
Insgeheim rechnete ich damit, dass die Türsteher – wenn man sie denn Türsteher nennen durfte – uns abwiesen, dass sie so etwas sagten wie ›Nein, niemand von Ihnen steht auf unserer Liste, und so, wie Sie aussehen, wundert uns das auch nicht.‹ Aber offenbar erfüllten wir die Formalien, denn sie ließen uns anstandslos das Anwesen betreten. Hendrik hatte also nicht gelogen: Wir waren in der Tat geladene Gäste auf einem Fest des berühmten Nicolaas Landau. Während ich über diese Tatsache noch...


Christian Dürnberger, geboren 1981 in Österreich, ist Doktor der Philosophie. Seit über einem Jahrzehnt arbeitet er zu Fragen der angewandten Ethik. Gegenwärtig ist er Universitätsassistent am Messerli Forschungsinstitut, Abteilung Ethik der Mensch-Tier-Beziehung in Wien. Er ist Autor mehrerer Bücher wie Kurzgeschichten und hält zahlreiche Vorträge über philosophische Themen mit der Ambition, Philosophie allgemein verständlich und unterhaltsam zu vermitteln.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.