Deuretzbacher | Konflikte nutzen statt vermeiden | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 192 Seiten, Format (B × H): 145 mm x 215 mm

Deuretzbacher Konflikte nutzen statt vermeiden

Wie ihr Streit klar und liebevoll löst und eure Eltern-Kind-Beziehung stärkt

E-Book, Deutsch, 192 Seiten, Format (B × H): 145 mm x 215 mm

ISBN: 978-3-8426-1746-9
Verlag: Schlütersche
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Wäre das nicht schön: ein harmonischer Familienalltag, in dem es nie Streit gibt und alle immer einer Meinung sind? „Quatsch!“, sagt Kiran Deuretzbacher. In jeder gesunden Familie gibt es Konflikte und das ist auch gut so. Denn gut ausgetragene Konflikte sind der Wachstumsmotor
für eine starke Bindung und ein liebevolles Miteinander. Warum vermeide ich Konfliktsituationen und weshalb ist das nicht gut für die Entwicklung meines Kindes? Wie profitieren wir von (gut geführten) Konflikten?
Und was kann ich in konkreten Situationen sagen? Der Ratgeber liefert Wissen und praktische Übungen, um alte Verhaltensmuster zu durchbrechen und damit Familien sich leichter durch die Gefühlswellen des Alltags bewegen.
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Autoren/Hrsg.


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2. SCHRITT – HINSCHAUEN: SO GEHST DU KONFLIKTEN AUS DEM WEG
Viele Wege führen nach Rom. Genauso gibt es viele Strategien, Konflikte zu umgehen und zu vermeiden, und an manchen Stellen ergibt das auch Sinn. Nicht jeder Konflikt muss ausgetragen werden. Doch grundsätzlich braucht jede gute Beziehung Konflikte. Dein Kind braucht dich als echte Bezugsperson und dazu gehören auch Konflikte. Oft sind uns Konfliktvermeidungsstrategien älterer Generationen weitergegeben worden und so vertraut, dass sie uns nicht bewusst sind. Gemeinsam begebe ich mich mit dir auf Spurensuche. Du wirst die ein oder andere dir vertraute Vermeidungsstrategie finden. Wichtig ist mir dabei, dass wir mit warmen und wohlwollenden Herzen unterwegs sind. Es geht nicht um Beschämung, sondern um Erkenntnis. Sie wird dir dabei helfen, bewusst neue, beziehungsvolle Wege mit deinem Kind zu gehen. Harmonie idealisieren
Das Phänomen der Idealisierung von Harmonie ist alt und allgegenwärtig. Wir finden es z. B. in der Religion, in der Kunst und in der Literatur. Die Familie, in vielen Religionen als kleines Heiligtum angesehen, steht im Mittelpunkt: Mutter und Vater ehren, für die Familie einstehen, und das bitte immer in Harmonie. „Das Ideal von Harmonie nimmt die Luft zum Atmen für die lebendige Beziehung zu deinem Kind.“ Gerade der Rolle der Mutter wird eine besondere Aufopferung und Verantwortung zugeschrieben. Die patriarchalen Strukturen und Denkmuster geben uns weiblichen Eltern immer noch eine ganz besondere Portion an Erwartungen mit auf den Weg. Klar, als Mann darf man auch mal laut werden, kein Problem, aber als Frau soll man doch bitte freundlich lächeln und mit Leichtigkeit alle Herausforderungen des Familienlebens meistern. Und nebenbei soll man ja auch noch beruflich erfolgreich sein und gerne auch in die Jeans von vor den Kindern passen. Gleichzeitig ist das Verständnis von Harmonie auch sehr kulturell geprägt. In Südeuropa oder Lateinamerika ist viel mehr akzeptiert als bei uns, dass es Konflikte gibt und dass sie laut sein dürfen. In Griechenland beispielsweise gehören solche Konflikte mehr zum Familienleben als hier in Deutschland. In einigen Ländern in Asien steht der Familienfrieden hingegen noch viel deutlicher über dem Wohl des Einzelnen, eine harmonische Familie ist ein großes Ideal. Harmonie und ein zugewandtes Miteinander sind natürlich wertvoll. Problematisch wird es allerdings, wenn Harmonie so idealisiert wird, dass Konflikte verleugnet und wichtige Bedürfnisse verdrängt werden, um dieses Ideal nicht zu gefährden. Denn nur, weil Konflikte geleugnet werden, heißt das nicht, dass sie nicht da sind. Die Konflikte bestehen trotzdem, nur schwelen sie auf eine verdeckte Art und Weise, die viel mehr Druck und Spannung erzeugt und für unsere Kinder besonders belastend ist. Sie spüren den Konflikt, der in der Luft hängt, doch es gibt keine Worte oder keinen Raum dafür und es entstehen „Double-Bind-Aussagen“, die dazu führen können, dass Kinder ihrer eigenen Wahrnehmung nicht mehr vertrauen. DOUBLE-BIND-AUSSAGE Eine Double-Bind-Aussage ist eine Botschaft, die zwei widersprüchlichen Informationen transportiert. Ein Beispiel: Die Mutter ist am Telefon sehr aufgebracht, weint und wird laut. Das Kind kommt und fragt, was los ist. Die Mutter atmet einmal tief durch, setzt ein Lächeln auf und sagt, das Kind solle sich keine Sorgen machen, alles sei in Ordnung. Das Kind nimmt in diesem Moment zwei widersprüchliche Informationen wahr. Auf der einen Seite sieht und spürt es, dass mit der Mutter etwas nicht stimmt, dass sie traurig und verärgert ist. Auf der anderen Seite hört es die Worte, dass alles gut ist. Das sind zwei Botschaften, die sich für das Kind widersprechen. Kinder neigen jedoch dazu, ihren Eltern mehr zu glauben als sich selbst – das ist evolutionär bedingt und sichert das Überleben. Wenn Kinder oft doppelten Botschaften ausgesetzt sind, entwickelt sich ein Misstrauen in die eigene Wahrnehmung. Generell entwickelt sich dann eine innere emotionale Unsicherheit, welchem Gefühl und welcher Aussage sie trauen können und welcher nicht. Wenn Eltern emotional belastet sind, diese Belastung nicht weitergeben und auch nicht verunsichern wollen, helfen Sätze wie: „Ja, bei dem Anruf bin ich gerade sehr wütend geworden, jetzt brauche ich ein Glas Wasser und bespreche das nachher noch einmal in Ruhe mit Silke, und bin dann zuversichtlich, eine Lösung zu finden.“ Die starke Idealisierung von Harmonie ist ein Phänomen, das auch bei Eltern zu finden ist, die ihre Kinder bedürfnis- und bindungsorientiert erziehen wollen. Eltern wollen ihre Kinder nicht mehr bestrafen, nicht mehr abwerten: Sie wollen mit ihren Kindern auf Augenhöhe sein. Doch heißt das, dass es keine Konflikte mehr geben darf? Im Gegenteil, das ist ein sehr häufiges Missverständnis: Gerade in Familien, die individuell auf die Bedürfnisse aller Familienmitglieder eingehen, gibt es Konflikte. Wenn nicht mehr starre Regeln und Hierarchien das Zusammenleben bestimmen, kommt es viel häufiger vor, dass die Anliegen und Bedürfnisse verschiedener Familienmitglieder nebeneinanderstehen. Konflikte sind also kein Zeichen von Versagen, sondern im Gegenteil signalisieren sie die Bereitschaft, Altes, das nicht geholfen hat, hinter sich zu lassen und offen zu sein für neue, friedvollere Wege. Wer die alten Methoden von Bestrafung und Beschämung nicht mehr anwenden will, braucht eine neue Auseinandersetzung und ein Abwägen, um gemeinsam gute Wege und einen konstruktiven Umgang mit Konflikten zu finden. Auch ich bin zu Beginn meiner Elternschaft in diese Falle getappt. Mein Ideal war: keine Machtkämpfe, keine Strafen und immer Friede, Freude, Eierkuchen. Gab es dann doch mal einen Konflikt, fühlte ich mich als schlechte Mutter. So machte ich in der schönsten gewaltfreien Sprache und im friedlichsten Ton mit viel Verständnis und Erklärungen „alles richtig“, und mein Kind wollte trotzdem nicht freiwillig vom Spielplatz nach Hause gehen. Boah, war das frustrierend. Und das ist das große Missverständnis: • Bedürfnisorientierung heißt nicht Konfliktfreiheit. • Zugewandtheit bedeutet nicht ständige Harmonie. • Auf Augenhöhe heißt nicht führungslos. Wenn nicht mehr starre Hierarchien und Regeln das Zusammenleben in der Familie bestimmen, sondern die Bedürfnisse aller Familienmitglieder wichtig werden, kommt es häufiger zu Konflikten. Das darf so sein, Konflikte sind nicht die Gefahr für unser Zusammenleben. Im Gegenteil, sie sind Chancen für echte, stabile und vertrauensvolle Beziehungen. Es geht nur darum, Konflikte konstruktiv zu lösen. Durch die starke Idealisierung von Harmonie entsteht auch die Angst, nicht „dazuzugehören“ oder Abwertung zu erfahren, wenn man diesem Ideal nicht entspricht. So wie religiöse Familienbilder und patriarchale Strukturen diese Idealisierung hochhalten, sind es auch Filme und soziale Medien, die uns deutlich vor Augen führen, dass wir im Alltag kläglich scheitern, wenn wir Konflikte mit unserem Kind haben, während alle anderen scheinbar mühelos diese harmonische Beziehung zu ihrem Kind führen. Aus diesem Gefühl heraus, als einzige Eltern zu versagen und mit den Konflikten allein zu sein, entsteht das Phänomen, dass alle schamhaft schweigen, niemand darüber spricht und alle die Konflikte verleugnen. Dabei ist ein offener und ehrlicher Umgang mit Konflikten so hilfreich. Konflikte mit dem Kind sind normal und kein Zeichen von Versagen. In meinen Gruppenprogrammen „Expedition ins Vertrauen – bindungsstark Familie sein“, in dem wir einen sehr offenen und wertschätzenden Umgang mit Konflikten und dem Unperfekten haben, ist es für die Familien eine große Erleichterung, aus diesem Ideal herauszukommen und sich mit den Konflikten nicht mehr allein zu fühlen. Also lasst uns offen darüber reden: Ja, ich habe Konflikte mit meinem Kind und ja, das ist okay. Wie geht es dir? Erkennst du dich auch in diesem idealisierten harmonischen Familienbild wieder, in dem Konflikte mit deinem Kind keinen Platz haben? Vielleicht nimmst du gerade aus diesem Kapitel mit, dass du heute oder morgen, wenn du mit einem anderen Elternteil anderer Kinder in Kontakt bist, offen über einen Konflikt mit deinem Kind sprichst. Lass dich überraschen! Ich bin mir ziemlich sicher, dass du nicht abgewertet oder ausgegrenzt wirst, sondern dass eine Verbindung entsteht. Auf einen Blick Konfliktfreiheit als Utopie: Das Ideal der Konfliktfreiheit ist utopisch und schadet der Eltern-Kind-Beziehung mehr, als es ihr nützt. Kulturelle Unterschiede: Es gibt große kulturelle Unterschiede in der Bewertung von Harmonie und Konflikt. Doppelte Bedeutung verunsichert: Häufige Double-Bind-Aussagen können langfristig dazu führen, dass dein Kind sich selbst nicht mehr vertraut. Falsch verstandenes Ideal: Bedürfnisorientierung bedeutet nicht Konfliktfreiheit, im Gegenteil: Dadurch, dass alle Bedürfnisse in der Familie ernst und wahrgenommen werden und alte Strafen und...


Kiran Deuretzbacher ist Ergotherapeutin,
Eltern- und Familienberaterin sowie Embodiment Coach.
Seit 2003 begleitet sie Eltern, Pädagoginnen und Pädagogen
dabei, sich selbst und ihre Kinder besser zu verstehen, einen
gesunden Umgang mit großen Gefühlen zu lernen und Konflikte zu bewältigen. In Beratungen, Kursen und mit ihrem Podcast unterstützt sie jährlich viele Tausend Familien dabei, mehr Gelassenheit und Vertrauen im täglichen Miteinander und bei allen Herausforderungen zu finden, v. a. rund um die Wackelzahn- und Grundschulzeit. Kiran Deuretzbacher hat drei Kinder und lebt in Hannover.


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