Defrancesco / Gerlowski-Zengerler | Auf den letzten Metern | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 120 Seiten, Format (B × H): 140 mm x 225 mm

Defrancesco / Gerlowski-Zengerler Auf den letzten Metern


1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-429-06704-5
Verlag: Echter
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 120 Seiten, Format (B × H): 140 mm x 225 mm

ISBN: 978-3-429-06704-5
Verlag: Echter
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Es gibt acht Zimmer im Hospiz. Acht Menschen. Acht Lebenswege, die in Kürze zu Ende gehen werden. Journalist Michael Defrancesco und Hospiz-Geschäftsführerin Bettina Gerlowski-Zengeler unterhalten sich mit Menschen, die „auf den letzten Metern“ ihres Lebenswegs unterwegs sind. Was bewegt sie? Wie blicken sie auf ihr Leben zurück? Was erwarten sie nach dem Tod? Wie gestalten sie ihre letzten Tage auf Erden? Welche Rolle spielt der Glaube für sie? Und was können wir alle von ihnen lernen?
Acht berührende Porträts, die uns zum Nachdenken anregen. Acht Menschen, die wir „auf den letzten Metern“ begleiten und die wir nicht mehr vergessen werden.

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Vom Leben und Sterben
Der Gedanke, den Alten und Kranken beizustehen und sie in einer sicheren und ruhigen Umgebung zu pflegen und zu versorgen, ist sehr alt. Bereits im frühen Mittelalter ab dem 6. Jahrhundert betrieben Kirchen und Klöster sogenannte Hospize und Hospitäler – Begriffe, die sich aus dem lateinischen „hospitium“ für Herberge ableiten. Dort nahmen sie hilfsbedürftige Menschen auf und kümmerten sich um sie, wie es das christliche Gebot der tätigen Nächstenliebe fordert. Die Hospize standen auch Fremden und Reisenden offen, die ebenfalls Schutz und Unterkunft benötigten. Vor allem Pilger nutzten sie auf ihrer Reise. So übernahmen die Hospize schon bald eine doppelte Aufgabe als Pilgerherberge und als soziale Einrichtung für Arme, Alte und Kranke. Etwa ab dem 11. Jahrhundert verstand man unter Hospizen nur noch die Beherbungsstätten an den Pilgerwegen. Einrichtungen, die sich um Arme, Alte, Kranke oder Waisenkinder kümmerten, nannte man dagegen Hospitäler. Sie entstanden vor allem in den Städten. Eigene christliche Orden bildeten sich aus, die sich speziell der Kranken- und Altenpflege sowie der Aufnahme der Armen und Obdachlosen widmeten, darunter etwa die Johanniter. „Den Schwachen hilf!“ besagte eine ihrer Ordensregeln. Die Idee, ein eigenes Haus für Sterbende zu schaffen, ist jüngeren Datums. 1842 gründete die Französin Jeanne Garnier in Lyon ein Haus für Sterbende, das sie Calvaire (französisch für Leidensweg) nannte. Dort sollten Menschen Beistand und Beherbergung für ihren letzten Weg erhalten. Jeanne Garnier soll auch den Begriff „Hospiz“ erstmals im Zusammenhang mit der Betreuung Sterbender verwendet haben. Ein ähnliches Haus gründeten 1879 irische Nonnen, 1899 eröffnete in New York das „Calvary Hospital“, das mittellosen Menschen mit unheilbaren Krankheiten half. Mit dem Fortschreiten der Medizin verlagerte sich im 20. Jahrhundert das Sterben zunehmend in die Krankenhäuser. Statt im Kreis der Familie und Freunde starben viele Menschen im Verborgenen, manchmal einsam und anonym. Sterben wurde zunehmend nicht als Teil des Lebens, sondern als eine Art Krankheit wahrgenommen. Heute kommen wir mit dem Tod schon allein deshalb nicht so viel in Berührung, weil die allgemeine Lebenserwartung der Menschen durch verbesserte Lebensbedingungen und die moderne Medizin immer höher wird. Im Durchschnitt wird ein Mann in Deutschland heutzutage 76 Jahre alt, eine Frau sogar 82 Jahre. Im europäischen Mittelalter sah das noch ganz anders aus: Im Durchschnitt wurden die Menschen dieser Zeit nur 35 Jahre alt, wobei der Durchschnitt vor allem deshalb so niedrig war, weil Kinder und besonders Säuglinge häufig an Krankheiten und Hunger starben. Aber sogar Könige, die besser lebten als die einfache Bevölkerung, wurden selten älter als 50 Jahre. Wenn man sich das vor Augen führt, ist es ganz klar, dass die Menschen damals viel häufiger und auch früher mit dem Tod konfrontiert wurden als wir heutzutage. Denn heute ist es gar nicht ungewöhnlich, dass man schon erwachsen ist, wenn man zum ersten Mal mit dem Tod eines Familienmitglieds in Berührung kommt. In früheren Zeiten war der Tod ein ständiger Begleiter des Menschen, er gehörte ganz selbstverständlich zum Leben. Im Mittelalter gab es Seuchen und Hungersnöte, das Leben war hart, und die medizinische Versorgung und die hygienischen Bedingungen waren sehr schlecht. Es war ganz normal, dass Menschen früh sterben, sogar der Tod von Kindern war für das Mittelalter alles andere als ungewöhnlich. Für uns klingt das ganz furchtbar, aber die Menschen hatten damals einen völlig anderen Umgang mit dem Tod. Oft merkte ein Kranker schon früh selbst, dass er bald sterben muss, denn bei manchen Krankheitsanzeichen war damals klar, dass es keine Heilung mehr geben kann. Wenn jemand schließlich im Sterben lag, wurden feierliche Zeremonien durchgeführt. Fenster und Türen wurden geschlossen, Kerzen entzündet, und Verwandte und Freunde versammelten sich um das Bett des Sterbenden. So konnte er sich verabschieden, sich bei denen entschuldigen, denen er einmal Unrecht getan hatte und noch einmal an sein Leben zurückdenken. Außerdem betete der Sterbende zu Gott um die Vergebung seiner Sünden. Ein Priester erteilte ihm anschließend die Absolution. Das bedeutet, dass er ihm im Namen Gottes seine Sünden vergab. Die Religion war seinerzeit für viele von großer Bedeutung. Es war deshalb sehr wichtig, nicht ohne die Absolution zu sterben. Aus diesem Grund war ein plötzlicher Tod ohne Zeugen eine ganz schlimme Vorstellung. Heute sehen wir das anders: Schnell und ohne Leiden zu sterben, ist für viele ein angenehmer Gedanke. Wenn ein Mensch gestorben war, gab es eine Reihe von Ritualen, die von den Hinterbliebenen ausgeführt wurden. Viele von ihnen hatten einen abergläubischen Hintergrund und waren vor allem im frühen Mittelalter üblich. Zum Beispiel öffnete man das Fenster, damit die Seele des Verstorbenen entweichen konnte. Auch wurden zum Teil alle Spiegel im Haus verhängt, aus Sorge, die Seele könnte in sie einfahren. Solche abergläubischen Rituale wurden weniger, je mehr Einfluss die Kirche auf das Leben und Sterben der Menschen gewann. Im Gegensatz zu heute waren es gewöhnlich die Verwandten, die sich nach dem Tod um den Verstorbenen kümmerten. Sie wuschen ihn und kleideten ihn neu ein, damit er im Haus aufgebahrt werden konnte. Der Verstorbene blieb dort für einige Tage liegen, sodass Verwandte, Freunde, Bekannte und Nachbarn ihn noch einmal besuchen und gemeinsam für ihn beten konnten. Das war für die Menschen damals ganz normal, und niemand fand es gruselig oder unheimlich, einen Toten im Haus zu haben. Diese Totenwache dauerte bis zum Tag der Beerdigung und endete damit, dass der Sarg des Verstorbenen gemeinsam zum Friedhof getragen wurde. So merkwürdig es für uns klingen mag, war der Tod also in früheren Zeiten so etwas wie ein Gemeinschaftserlebnis. Man starb nicht allein und auch in der Trauer um einen Angehörigen war man nicht auf sich gestellt. Noch dazu glaubten die Menschen fest daran, dass der Tod nur der Übergang in ein besseres Leben nach dem Tod war, sodass sie ihn in gewisser Weise weniger dramatisch sahen. Diese Sichtweise auf den Tod wandelte sich aber im Laufe der Zeit, was vor allem daran lag, dass sich die ganze Gesellschaft nach und nach veränderte. Die Bevölkerungszahl wuchs an, die Menschen lebten länger, es gab neue Gesellschaftsschichten, und auch die Familien veränderten sich. Richtige Großfamilien wurden seltener, stattdessen bestanden die Familien häufiger nur noch aus Eltern, Kindern und Großeltern. Das bedeutete, dass die Familienmitglieder eine viel stärkere gefühlsmäßige Bindung zueinander hatten. Die Menschen entwickelten ein stärkeres Gefühl dafür, dass ihr Leben einzigartig und wertvoll war und nicht nur eine kurze Station auf dem Weg ins Jenseits. Natürlich veränderte sich damit auch ihre Einstellung zum Tod und das Ausmaß ihrer Trauer, wenn ein geliebter Mensch starb. Ein Todesfall war nicht mehr alltäglich, sondern ein Schicksalsschlag. Irgendwann war die Trauer beim Verlust eines geliebten Menschen so unfassbar groß, dass auch ein fester Glaube an Gott nicht mehr trösten konnte. Diese Entwicklungen kamen allerdings nicht plötzlich, sondern verliefen langsam und allmählich über Jahrhunderte. Aber der Umgang mit dem Tod veränderte sich nicht nur, weil die Menschen ihre Trauer stärker wahrnahmen. Auch der Fortschritt auf dem Gebiet der Technik spielte eine Rolle. Im 19. Jahrhundert begann man sich zum Beispiel Sorgen wegen der Hygiene zu machen. Bisher waren die Toten auf Kirchhöfen mitten in der Stadt beerdigt worden, aber das wurde langsam zum Problem. Die Städte wuchsen in dieser Zeit sehr schnell, und natürlich mussten auch mehr Tote bestattet werden. Als Lösung wurden Friedhöfe an den Stadtgrenzen angelegt, weit weg vom Alltag der Lebenden. Weil die Toten dorthin transportiert werden mussten, entstanden die ersten Bestattungsunternehmen, die nach und nach immer mehr Aufgaben rund um den Trauerfall übernahmen, die vorher von den Familienmitgliedern erledigt wurden. Je mehr das Sterben aus dem Alltag der Lebenden ausgeblendet wurde, desto interessanter wurde der Gedanke eines Hospizes – also eines Ortes, an den Menschen zum Sterben gehen können. Als Begründerin der modernen Hospizidee gilt die englische Krankenschwester und Ärztin Cicely Saunders. Während ihrer Arbeit mit unheilbar an Krebs erkrankten Menschen gelangte sie zu der Überzeugung, dass Sterbende eine ganzheitliche Betreuung benötigen, zu der seelischer Beistand ebenso gehört wie medizinische Hilfe, um die Schmerzen zu lindern. Von ihr stammt der viel zitierte Leitsatz der Hospizbewegung: „Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben.“ 1967 gründete Saunders bei London das erste stationäre Hospiz. Zwei Jahre später...


Michael Defrancesco, geb. 1974, wuchs in der Nähe von Koblenz auf, wo er auch heute mit seiner Familie lebt. Nach dem Abitur absolvierte er seinen Zivildienst auf der Pflegestation eines Seniorenzentrums, bevor er nach Eichstätt ging, um dort an der Katholischen Universität Diplom-Journalistik zu studieren. Er volontierte und arbeitete als Redakteur und Ressortleiter für eine Tageszeitung sowie als Talkshow-Redakteur fürs Fernsehen.



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