Cooke | Die erstaunliche Wahrheit über Tiere | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 368 Seiten

Cooke Die erstaunliche Wahrheit über Tiere

Was Mythen und Irrtümer über uns verraten
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-492-99005-9
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Was Mythen und Irrtümer über uns verraten

E-Book, Deutsch, 368 Seiten

ISBN: 978-3-492-99005-9
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Aale, die aus Sand entstehen; Schwalben, die unter Wasser Winterschlaf halten; und Bären, die gestaltlose Klumpen auf die Welt bringen, die erst von ihren Müttern in Form geleckt werden müssen ... Die Geschichte wimmelt von abstrusen Behauptungen über Tiere, erfunden von den hellsten und einflussreichsten Köpfen ihrer Zeit. Diese Erklärungsversuche offenbaren nicht nur Interessantes über die Tiere, sondern auch über uns und die Dinge, an die wir glauben. Lucy Cooke deckt zahlreiche Mythen und Irrtümer auf, verrät faszinierende und höchst unterhaltsame Fakten, die sie gesammelt hat, während sie Hyänen hinterherjagte, Fledermäuse ausspionierte und betrunkene Elche stalkte. Sie erklärt, warum Faultiere ihr Leben riskieren, wenn sie ihren Darm entleeren; Pinguine manchmal unter Depressionen leiden; und dass sogar die bizarrste Theorie einen wahren Kern haben kann.

Lucy Cooke wuchs in Sussex, England, auf und studierte Biologie in Oxford. Sie arbeitet als Dokumentarfilmemacherin (u.a. für BBC, PBS, Discovery, National Geographic) und Moderatorin (BBC1, National Geographic). Ihre Dokumentation 'Meet the Sloths' fand so viele Fans, dass sie das Buch 'A Little Book of Sloth' veröffentlichte, das es auf die New York Times-Bestsellerliste schaffte und sogar ins Deutsche übersetzt wurde. Sie schreibt u.a. für die US Huffington Post und The Telegraph, erhielt einen Preis von National Geographic für ihr Engangement für 'missverstandene' Tiere und hält Vorträge.

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Weitere Infos & Material


Einleitung Der Aal   Der Biber Das Faultier Die Hyäne  Der Geier  Die Fledermaus   Der Frosch  Der Storch  Das Flusspferd  Der Elch  Der Panda  Der Pinguin  Der Schimpanse   Schluss Dank Bildnachweis  Anmerkungen


Der Aal Gattung Anguilla Es gibt kein Tier, über dessen Ursprung und Leben so viele falsche Annahmen und alberne Märchen im Umlauf sind. Leopold Jacoby, 1879[7] Der Aal bereitete Aristoteles Kopfzerbrechen. Wie viele Exemplare der große griechische Denker auch aufschnitt, er fand keinen Hinweis auf ihr Geschlecht. Alle anderen Fische, die er in seinem Labor auf der Insel Lesbos untersucht hatte, wiesen leicht auffindbare (und oft überaus wohlschmeckende) Eier und deutlich erkennbare innen liegende Hoden auf. Der Aal hingegen schien vollkommen geschlechtslos zu sein. So musste der ausgesprochen methodisch vorgehende Naturphilosoph, als er im 4. Jahrhundert vor Christus sein wegweisendes zoologisches Werk schrieb, einräumen, dass der Aal »weder aus der Paarung noch aus einem Ei hervorgeht«, sondern stattdessen aus den »Eingeweiden der Erde«[8] geboren wird und aus eigenem Antrieb aus dem Schlamm hervorbricht; die Wurmhäufchen, die wir im feuchten Sand finden, hielt Aristoteles für aus dem Boden hervorgedrungene Aalembryos. Aristoteles war der erste echte Wissenschaftler und der Urvater der Zoologie. Er stellte scharfsinnige wissenschaftliche Beobachtungen über Hunderte von Geschöpfen an, aber es überrascht mich nicht, dass ihn der Aal austrickste. Diese gerissenen Gesellen wissen ihre Geheimnisse gut zu verbergen. Die Vorstellung, dass sie aus der Erde hervorgehen, ist aberwitzig, aber nicht aberwitziger als die Wahrheit, beginnt der Europäische Flussaal, Anguilla anguilla, sein Leben doch als Ei, das in der Finsternis eines Unterwasserwalds in der Sargassosee ausgesetzt wird, dem tiefsten und salzigsten Abschnitt des Atlantiks. Als winziger Hauch von Leben, nicht größer als ein Reiskorn, begibt er sich von dort aus auf eine bis zu drei Jahre dauernde Odyssee zu den Flüssen Europas. Während dieser Zeit vollzieht er eine Transformation, die so radikal ist, als würde sich eine Maus in einen Elch verwandeln. Danach lebt er jahrzehntelang im Schlamm und legt sich einen Fettvorrat zu, um dann erneut die strapaziöse, 6000 Kilometer lange Reise zu seinem unergründlichen ozeanischen Schoß auf sich zu nehmen, wo er in den dunklen Klüften des Kontinentalschelfs laicht und stirbt. Dass der Aal erst nach seiner vierten und letzten Metamorphose ganz am Ende seines außerordentlich merkwürdigen Lebens geschlechtsreif wird, hat dazu beigetragen, dass seine Ursprünge lange im Dunkeln blieben, und ihm einen mystischen Status verliehen. Der Wunsch, seine Geheimnisse aufzudecken, hat im Laufe der Jahrhunderte einen Wettstreit zwischen Nationen ausgelöst, Menschen in die entlegensten Winkel der Meere getrieben und den klügsten Köpfen in der Geschichte der Zoologie keine Ruhe gelassen. Und alle schienen sich darin überbieten zu wollen, wer mit der verrücktesten Theorie zur Genese des Aals aufwarten konnte. Aber so abwegig diese auch waren, nichts kam an die wahre Geschichte des gemeinen Flussaals heran, die alles andere als gewöhnlich ist: Sie handelt von Nazis, die Aale verhungern ließen, besessenen Gonadenjägern, waffenliebenden Fischern, dem berühmtesten Psychoanalytiker der Welt – und mir. * Auch ich war in meiner Kindheit regelrecht besessen von Aalen. Als ich ungefähr sieben Jahre alt war, grub mein Vater eine gusseiserne Badewanne in unserem Garten ein, und von da an wurde es zu meinem Hauptzeitvertreib, diesen sterilen Behälter zur Körperreinigung von Menschen in ein perfektes Teichökosystem zu verwandeln. Ich war ein wissbegieriges Kind und nahm meine Aufgabe äußerst ernst. Jeden Sonntag fuhr mein Vater mit mir in das von Wassergräben durchzogene Marschland von Romney Marsh, wo ich glückliche Stunden damit verbrachte, mit einem improvisierten Kescher, den er mir aus alten Tüllgardinen gebastelt hatte, nach allen möglichen Lebensformen zu fischen. Wenn wir uns am Nachmittag erfolgreich auf den Heimweg machten, beseelt vom Eifer viktorianischer Forscher, schwappte unsere Unterwasserbeute auf der Ladefläche seines uralten Mini-Pick-ups und wartete darauf, identifiziert und meinem Wasserkönigreich einverleibt zu werden. Wir hatten immer zwei von jeder Tierart: Seefrösche, Teichmolche, Stichlinge, Taumelkäfer und Wasserläufer, sie alle kamen zur Party in meinem Teich. Nur leider keine Aale. Zwar gingen sie mir ins Netz, aber der Versuch, ihre glitschigen Körper in einen Eimer zu verfrachten, war, als wollte man Wasser festhalten. Jedes Mal, wenn ich einen zu packen bekam, entwischte er mir und schlängelte sich über Land in Sicherheit – mehr einer Schlange ähnelnd als einem Fisch aus dem Wasser. Die Jagd auf die schlüpfrigen Tiere wurde zu meiner Suche nach dem Heiligen Gral. Was ich allerdings nicht wusste: Wenn ich erfolgreich gewesen wäre, hätten die Aale meiner netten Teichgesellschaft ein Ende bereitet, weil sie nämlich alle anderen Gäste verspeist hätten. In der Süßwasserphase ihres Lebens fressen sich Aale wie Profiboxer ein Kampfgewicht an und bereiten sich so auf den langen Rückweg in die Sargassosee vor, um dort zu laichen. Mit diesem Ziel vertilgen sie alles, was sich bewegt – sie fressen sich sogar gegenseitig. Ihr räuberischer Appetit wurde durch ein grauenhaftes Experiment nachgewiesen, das zwei französische Wissenschaftler Ende der Dreißigerjahre in Paris durchführten. Die Forscher setzten tausend Glasaale – also junge, etwa acht Zentimeter lange Tiere – in ein Wasserbecken. Obwohl die Fische täglich gefüttert wurden, waren ein Jahr danach nur noch 71 Exemplare übrig, nun allerdings dreimal so lang. Wiederum drei Monate später blieb, nach »täglichen Szenen von Kannibalismus«[9], wie es ein Lokaljournalist beschrieb, nur noch ein Sieger übrig, ein 33 Zentimeter langes Weibchen. Es lebte noch vier Jahre allein weiter, bis ihm schließlich die Nazis den Garaus machten, wenn auch nicht mit Absicht – bei der Besetzung von Paris wurde der Wurmnachschub abgeschnitten. Diese Horrorgeschichte hätte die früheren Generationen von Naturforschern schockiert, die den Aal für einen harmlosen Vegetarier mit einer besonderen Vorliebe für Erbsen hielten – angeblich waren die Aale so versessen darauf, dass sie ihre nassen Gefilde verließen, um sich an Land auf die Suche nach ihrem Lieblingsgemüse zu machen. Solche Berichte waren dem im 13. Jahrhundert lebenden Dominikanermönch Albertus Magnus zu verdanken, der in seinem Buch »De Animalibus« anmerkte: »Der Aal kommt auch nachts aus dem Wasser, wo er Erbsen, Bohnen und Linsen findet.«[10] Dass sich der Aal wie ein Hippie ernährte, war noch 1893 die gängige Meinung, als in einem Buch über die Geschichte skandinavischer Fische die »Beobachtungen« des Mönchs durch saftige Soundeffekte ergänzt wurden. Das Anwesen der Gräfin Hamilton wurde von einer Invasion von Aalen heimgesucht, die mit »einem schmatzenden Geräusch, wie es die Schweine beim Fressen machen« ihr Gemüse verschlangen. Es mag ihnen an Manieren gemangelt haben, aber die Aale der Gräfin waren immerhin so anspruchsvoll, dass sie »nur die weiche und saftige Haut verzehrten«[11] und den Rest übrig ließen. Auch wenn es stimmt, dass Aale dank ihrer feuchten, atmenden Haut ganze 48 Stunden an Land überleben können – eine Anpassung, die es ihnen erlaubt, sich in Trockenzeiten auf die Suche nach einem anderen Teich zu machen –, waren die Berichte über ihre Landausflüge, bei denen sie Erbsen stahlen und geräuschvoll verzehrten, reine Fantasie. Die gefräßigen Süßwasserjahre des Aals führen zu einem beeindruckenden Größenwachstum, wenn auch vielleicht nicht in dem Maße, wie es uns die alten Naturforscher weismachen wollten. Wenn es um Fische geht, neigt der Mensch zwar zu unglaublichem Anglerlatein nach dem Motto: »Da ist mir so ein Riesenbrocken entwischt.« Trotzdem war die Behauptung des bedeutenden römischen Naturforschers Plinius in seinem Monumentalwerk »Naturalis Historia«, dass Aale aus dem Ganges »dreißig Fuß«[12], also zehn Meter lang würden, selbst für dieses arg strapazierte Reich der Lügenmärchen eine dreiste Übertreibung. Izaak Walton, Autor einer Anglerbibel aus dem 17. Jahrhundert mit dem Titel »The Compleat Angler«, bewies bei der Beschreibung eines in Peterborough gefangenen Aals etwas mehr Zurückhaltung und bezifferte seine Länge auf »einen Yard und drei Viertel«, also ungefähr 1,60 Meter. Zweiflern nahm Walton den Wind aus den Segeln, indem er, vielleicht etwas voreilig, hinzufügte: »Wenn Sie mir nicht glauben, überzeugen Sie sich selbst in einem der Kaffeehäuser in der King Street in Westminster« (wo er vermutlich fröhlich Cappuccino schlürfte und die anderen Gäste mit Geschichten seiner Jugendabenteuer auf See erfreute). Noch gemäßigter fällt das Ergebnis von Dr. Jorgen Nielsen vom Zoologischen Museum in Kopenhagen aus, der einen toten Aal aus einem Teich in Dänemark untersuchte. Tom Fort gegenüber, dem Autor von »The Book of Eels«, gab er an, das Prachtexemplar habe es auf 1,25 Meter gebracht. 3 Der Aal in Adriaen Coenens Fischalmanach (»Visboeck«, begonnen 1577) ist ein wahrhaftes Ungeheuer, das es auf kolossale »40 Fuß« brachte (damit war er seit der Beschreibung des römischen Naturforschers Plinius noch einmal um zehn Fuß gewachsen). Das glitschige Ungeheuer ereilte leider ein früher Tod, denn der Eigentümer des Teichs hatte es dabei erwischt, wie es seinen geliebten Zierwasservögeln nachstellte, und...


Cooke, Lucy
Lucy Cooke wuchs in Sussex, England, auf und studierte Biologie in Oxford. Sie arbeitet als Dokumentarfilmemacherin (u.a. für BBC, PBS, Discovery, National Geographic) und Moderatorin (BBC1, National Geographic). Ihre Dokumentation "Meet the Sloths" fand so viele Fans, dass sie das Buch "A Little Book of Sloth" veröffentlichte, das es auf die New York Times-Bestsellerliste schaffte und sogar ins Deutsche übersetzt wurde. Sie schreibt u.a. für die US Huffington Post und The Telegraph, erhielt einen Preis von National Geographic für ihr Engangement für "missverstandene" Tiere und hält Vorträge.



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