- Neu
E-Book, Deutsch, 176 Seiten
E-Book, Deutsch, 176 Seiten
ISBN: 978-3-7453-2604-8
Verlag: riva
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Petra Cnyrim, geb. 1975, arbeitet als Autorin bei München. Ihre Bücher »Vervollständige die Funktion«, »Das Buch der fast vergessenen Wörter« und »Erklärs mir, als wäre ich 5« schafften es in die »SPIEGEL«-Bestsellerliste Moritz Wollert studierte nach Abitur und Zivildienst Sportmanagement. Nach einigen Jahren in diesem Beruf machte er sich 2018 als freier Redakteur und Autor selbstständig. Über seinen Lieblingssport American Football schrieb er lange für das Magazin »Touchdown24«. 2022 ist von ihm »Unnützes American Footbal Wissen« im riva Verlag erschienen. Der gebürtige Rheinländer lebt mit Frau und zwei Söhnen in Tönning.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
DIE ANFÄNGE
Wie geht American Football?
Der beliebte Mannschaftssport American Football ist vor allem in den USA sehr verbreitet, findet aber inzwischen auch seinen Weg in viele andere Länder. Dabei bleiben etliche Teile dieses interessanten Sports zahlreichen Menschen oft ein Rätsel und wirken gerade auf den neuen Zuschauer einschüchternd. Ein Umstand, den wir mit diesem Buch ändern möchten!
Die Eckdaten sind dabei eigentlich jetzt schon schnell erklärt: Beim Football spielen zwei Mannschaften mit jeweils 11 Spielern gegeneinander auf einem Feld, auch »Gridiron« genannt, und versuchen dabei mehr Punkte als der Gegner zu erzielen. Eben jene Punkte bekommt man meistens für Touchdowns, bei denen der Ball in die jeweilige Endzone vor der Grundlinie gebracht wird, oder durch Field Goals, für die ein Kicker einen Ball durch ein großes Torgestänge am Ende des Spielfelds schießt. Die Offense bewegt den Ball dabei mithilfe von Pässen oder läuft mit ihm das Feld hinunter. Die Defense versucht das, mit Tackles und ausgefeilten Strategien, zu verhindern.
Offense? Defense? Tackle? Touchdown? Was das alles sein soll? Ihr erfahrt das und eine ganze Menge mehr in den folgenden Kapiteln. Ebenso gehen wir auf Spurensuche zu den Anfängen des Spiels, wie es entstanden ist und wie aus der großen amerikanischen National Football League (NFL) die reichste Sportliga der Welt wurde. Es gibt zusätzlich Wissenswertes zur Ausrüstung, dem Spielablauf und den verschiedenen Aufstellungen, sodass ihr beim nächsten Spiel nur müde mit den Schultern zuckt, wenn jemand von »Spread Offense« oder einer »3–4-Defense« erzählt.
Diese Begriffe standen in der Anfangszeit des Footballs noch in den Sternen, da sah das Spiel noch ganz anders aus. Im ersten Kapitel reisen wir zurück ins 19. Jahrhundert und schauen einmal, wie American Football überhaupt entstanden ist und wie all das, was so viele Menschen heute lieben, eigentlich begann.
Wie ist American Football entstanden?
So ganz genau kann man den Startschuss für American Football gar nicht bestimmen, Historiker sind sich aber einig, dass die Sportart Mitte des 19. Jahrhunderts im Nordosten der Vereinigten Staaten von Amerika sowie an der kanadischen Ostküste entstanden ist. Erste Spielvarianten erinnerten dabei noch viel mehr an den europäischen Fußball und an Rugby, also die beiden Sportarten, von denen die ersten Football-Pioniere ihre größte Inspiration erhielten.
Beide Spiele stammen aus dem damaligen England, wo Sport bei den reichen Leuten der britischen Oberschicht einen hohen Stellenwert als Zeitvertreib hatte. Die dabei entstandene Idee vom Sport als Aktivität, mit der man Werte wie Fair Play und Einsatzwillen oder körperliche Ertüchtigung vermitteln konnte, schwappte irgendwann über den Atlantik nach Amerika über. Gerade an den Universitäten versammelten sich vermehrt Gruppen von Sportinteressierten, die sich ihre Freizeit neben dem Studium versüßen wollten oder von Professoren wie Lehrern zum Spiel ermuntert wurden. Die frühen Formen von American Football waren dabei ziemlich wilde Geschichten und basierten zumeist auf keinem festen Regelwerk. Man einigte sich einfach kurz vor Spielbeginn, wie gespielt werden sollte, und dann ging es los.
Warum heißt es eigentlich »Football«, wenn doch ganz viel mit der Hand gespielt wird?
Heute ist das Werfen und Tragen des Balls ein wichtiger Bestandteil von American Football – also »amerikanischem Fußball« –, doch das war nicht immer der Fall. So waren derartige Aktionen zu Beginn der Football-Geschichte meist verboten und wahrscheinlich hätte so mancher damals nur über die Idee gelacht, dass man den Ball jemals werfen würde.
Im frühen 19. Jahrhundert galt der Sammelbegriff Fußball zunächst für Spiele, die »auf den Füßen« gespielt wurden und bei denen die Spieler den Ball mit dem Fuß über den Platz beförderten. Angeblich stammt diese Beschreibung sogar aus dem Mittelalter, also aus einer Zeit, in der es noch Ritter gab. In Großbritannien kristallisierte sich dann aber bald eine Frühform des Fußballs heraus, den man auch heute noch in Europa kennt und weswegen viele England als das »Mutterland des Fußball« bezeichnen. Der Name lautete zunächst »Association Football« (deutsch: Verbandsfußball), was in der Zeitung bald zu »Assoc« und später zu »Soc« abgekürzt wurde. Anschließend verlängerte man den Begriff wieder und kam auf »Soccer«. So wird das Spiel heute noch in Amerika genannt, in England war es seit jeher nur ein Spitzname. Daneben entwickelte sich Rugby auch aus den ursprünglichen »Fußballspielen« heraus, anfangs wurde es sogar »Rugby Football« genannt. Offiziell spaltete sich der Rugby-Verband kurz nach der Gründung der London Football Association 1863 endgültig vom Fußball ab und es existierten fortan zwei unterschiedliche Sportarten.
Die ersten Football-Fans in Amerika wollten ein ähnliches Spiel kreieren und orientierten sich dabei vor allem am Fußball und am Rugby, sprich zwei »Fußballspielen«.
Wann wurde denn nun das erste Mal offiziell gespielt?
Die erste offizielle Partie haben über die Jahre einige Orte für sich beansprucht, doch mittlerweile gilt das Spiel zwischen den Universitäten Rutgers und Princeton (damals noch das College of New Jersey) am 6. November 1869 als das erste echte American-Football-Spiel der Geschichte. Die Spieler von Princeton trugen an jenem Tag den Beinamen »Tigers«, die Akteure von Rutgers wurden »Queensmen« genannt. Ein interessanter Fakt dabei: Die Partie wird gleichzeitig auch als das erste offizielle Fußballspiel auf dem nordamerikanischen Kontinent gesehen, denn die Regeln richteten sich nach den 1863 in England erlassenen Fußballstatuten. Dadurch verlief die Veranstaltung aus heutiger Sicht eher wie ein Fußballspiel und weniger wie die Sportart, die man heute als American Football kennt.
Solche Einordnungen interessierten allerdings weder die Spieler noch die einhundert anwesenden Zuschauer – es ging nur darum, einen Sieg einzufahren. 25 Spieler pro Mannschaft tummelten sich auf dem Feld an der College Avenue in New Brunswick, im US-Bundesstaat New Jersey, und versuchten, den zunächst noch runden Ball in das Tor der anderen Mannschaft zu schießen. Aufgrund der hohen Teilnehmerzahl entbrannte zeitweise ein heilloses Chaos und mehrfach entstand eine vollkommen unübersichtliche Menschentraube. Das Spiel bestand dabei aus zehn einzelnen »Games«, die jeweils endeten, wenn einem Team ein Tor gelang. Manche Positionen hatten eigentümliche Namen: Die Spieler, deren Aufgabe es war, vorn die Tore zu schießen, nannte man zum Beispiel »Bulldogs« (deutsch: Bulldoggen).
Es entwickelte sich bald ein munteres und ziemlich körperbetontes Spiel; dabei ging es bei beiden Mannschaften regelmäßig um das sogenannte Flying Wedge Play. Hierbei formierten sich die Spieler zu einer Art Dreieck und rannten dann nach vorn. Diese Taktik hatte man sich unter anderem beim Militär abgeschaut, wo der eine oder andere der beteiligten Spieler kurz zuvor während des Amerikanischen Bürgerkriegs gedient hatte. Rutgers versuchte vor allem mit dieser Formation seine körperliche Unterlegenheit wettzumachen. Insgesamt brachten die Spieler von Princeton nämlich deutlich mehr Kilos auf die Waage als ihre Kontrahenten. Diese nutzten dafür ihre schnelleren Beine, besaßen das bessere Ballgefühl und setzten beim Stand von 4–4 die entscheidenden Akzente. Rutgers-Kapitän John W. Leggett gab die Taktik aus, den Ball vor allem über den Boden zu spielen, hier hatten die hochgewachsenen Princeton-Akteure Probleme zu folgen. Rutgers stürmte zwei Mal erfolgreich auf das Tor zu und entschied damit das Spiel schließlich mit 6–4 für sich.
Bei den Rutgers-Fans brach daraufhin großer Jubel aus. Laut Zeitungsberichten sollen sie sogar die unterlegenen Spieler von Princeton förmlich aus dem Stadion gejagt und anschließend mit ihrer Mannschaft den Sieg gefeiert haben. Die eine Woche später stattfindende Revanche ging allerdings mit einem glatten 8–0 an Princeton.
Was genau hatte Football mit Rugby zu tun?
Dass sich die frühen Footballspieler in Amerika viel vom europäischen Fußball abgeguckt hatten, war beim ersten offiziellen Spiel offensichtlich. Eine ganz wichtige Idee für American Football stammt allerdings vom Rugby.
Dieser Sport war im England des 19. Jahrhunderts ebenfalls sehr populär und verbreitete sich in der Folge durch das British Empire (das damalige Britische Weltreich) über die gesamte Welt. Damals regierte Großbritannien viele Kolonien – also auswärtige Gebiete, die trotzdem dazugehörten –, und herrschte als riesige Seemacht über einen beträchtlichen Teil der Erde. Rugby war dabei am Anfang dem Fußballspiel sehr ähnlich, es wurde sogar lange Zeit offiziell »Rugby Football« genannt. Es handelte sich dabei zunächst um ein Spiel, bei dem der Ball vor allem mit dem Fuß gespielt werden und somit in eine gegnerische Endzone, den hinteren Bereich auf beiden Seiten des Feldes, befördert werden sollte.
Einem gewissen William Webb Ellis, einem Studenten an der Rugby School in Rugby, in der englischen Grafschaft Warwickshire, soll das der Legende nach zu langweilig gewesen sein. Er hob den Ball 1823 einfach auf und trug ihn während eines Spiels in die Endzone. Ganz gesichert ist diese Version der Geschichte nicht, mehrere Sporthistoriker zweifeln sie bis heute an....