Clark | Singe, fliege, Vöglein, stirb | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 336 Seiten

Clark Singe, fliege, Vöglein, stirb

E-Book, Deutsch, 336 Seiten

ISBN: 978-3-7320-0112-5
Verlag: Loewe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Letzte Woche hatte ich noch ein Leben. Einen Job. Einen Freund. Vor fünf Minuten hatte ich zumindest Hoffnung. Jetzt habe ich nur noch Angst. Seit Ina die Leiche einer getöteten Mitschülerin gefunden hat, läuft ihr Leben mehr und mehr aus dem Ruder. Weil sie ihren Freund Aaron, der wegen der Tat befragt wird, vehement gegen die Anschuldigungen verteidigt, zieht ein riesiger Shitstorm über sie und ihre Familie hinweg. Dann wird sie plötzlich selbst des Mordes verdächtigt. Und zu allem Überfluss taucht wie aus dem Nichts ein Freund von früher auf, der eine alte Schuld einfordert. Bald versinkt Ina in einem Netz aus Lügen und kann niemandem mehr trauen - nicht einmal Aaron. Inspiriert vom Parkhausmord in Emden präsentiert Janet Clark ihren neuen Jugendthriller, in dem sich die Heldin in einem Netz aus Lügen, falschen Anschuldigungen und Lynchjustiz verstrickt. Nervenkitzel vom Feinsten! Von der Autorin von 'Sei lieb und büße' und 'Schweig still, süßer Mund'.

Janet Clark wurde 1967 in München geboren. Nach dem Abitur hat sie viele Jahre im Ausland verbracht - in Frankreich, Belgien und England, wo sie studiert und gearbeitet hat. Janet Clark hatte viele Geschichten geschrieben, bevor sie sich an ihren ersten Roman wagte, mit dem sie sich an eine Agentur wandte - dann aber mit sofortigem Erfolg. Heute lebt sie mit ihrem Mann und drei Kindern wieder in ihrer Heimatstadt und widmet sich ganz dem Autorendasein.
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SIEBEN TAGE VORHER
MITTWOCH, 23. OKTOBER 1 INA Zugegeben, eine Seitentasche an einer Geländemaschine ist etwa so cool wie ein Pickel auf der Nasenspitze, aber dafür enorm praktisch. Auf jeden Fall praktisch genug, um spöttische Blicke so geflissentlich zu ignorieren, wie ich es schon als Kind gelernt habe, wenn ich aus meinem Federmäppchen biologisch unbedenkliche Stifte hervorholte, während die anderen in ihren Pokemon- und Star-Wars-Mäppchen nach den neuesten Neofarben kramten. Ich habe mir als Achtjährige so oft und tränenreich ein Pokemon-Mäppchen gewünscht, bis meine Mutter fast nachgegeben und mein Vater einen Bioversandhandel gegründet hat, um die Bedürfnisse von Achtjährigen auf ideologisch unbedenkliche Weise in ganz Deutschland zu erfüllen. Klingt absurd, ist aber wahr: Meine Liebe zu einem kleinen gelben Fantasietier mit dem Aussehen eines fetten Kükens war der Startschuss von Stegvogels Bioversand. Immerhin feiern wir dieses Jahr zehnjähriges Bestehen, und genau wie Paps es vorausgesagt hat, haben sich die spöttischen Blicke von damals mit steigendem Erfolg mehr und mehr in neidvolle und anerkennende verwandelt. Und so wird das auch mit der Seitentasche sein. Eines Tages wird jemand neben mir stehen und mich darum beneiden. Ganz sicher. So wahr ich Ina Stegvogel heiße. Ich hole die Einkäufe heraus und prüfe noch einmal, ob ich wirklich keine Zutat vergessen habe. Ein Überraschungsomelette für Aaron, dem definitiv bestaussehenden Naturwissenschaftsstudenten Ellands. Seit vier Monaten sind wir jetzt zusammen und ich glaube wirklich, ich habe meine große Liebe gefunden – wenn das kein Grund zum Feiern ist. Wobei es zurzeit permanent was zum Feiern gibt: fünf Monate seit der letzten Abiprüfung. Vier Monate seit Aarons erstem Kuss. Drei Monate seit Andreas und Sallys Abreise nach Australien. Zwei Monate, seit ich im Tierheim mein soziales Jahr angetreten habe, und knapp ein Monat, seit ich achtzehn und Besitzerin einer Yamaha XT 250 bin. Mal sehen, was dieser Monat bringt. Ich balanciere die Einkäufe auf meinem Arm, den Eierkarton ganz oben, und krame mit einer Hand nach dem Haustürschlüssel, während mein Kinn mit jahrelang geübter Geschicklichkeit die Eier auf dem Turm aus Kartoffelsack, Milchkarton, Butter und Paprika stabilisiert. Vorsichtig stapfe ich die ausgetretenen Holzstufen des Altbaus nach oben, vorbei an dem von irgendeinem Idioten an die Wand gesprühten Stinkefinger und den edlen Kassettentüren, deren abblätternde Farbe von vergangenen, besseren Zeiten erzählt. Vor Aarons Wohnungstür balanciere ich meinen Turm neu aus, blinzle nach dem Schlüsselloch und sperre auf. Was war das? Statt der erwarteten Stille empfängt mich ein seltsames Geräusch. Erstickt. Wie ein Schluchzen, das jemand zu unterdrücken versucht. Ich erstarre. Aaron? Im Spiegel des schmalen Flurs bemerke ich etwas Dunkles im Wohnzimmer, sehe genauer hin, sehe Aaron, sehe Casey, ausgerechnet Casey. Ihr Kopf ist an seine Schulter geschmiegt, seine Hand streicht zärtlich über ihre glänzend schwarzen Haare. Polternd verabschieden sich meine Einkäufe und landen auf dem Dielenboden. Der Eierkarton springt auf, wird unter dem Kartoffelsack begraben. Noch bevor ich ganz in der Hocke bin, um die Sachen wieder aufzusammeln, stürmt Aaron in den Flur. »Mann, hast du mich erschreckt!« Mit zwei Schritten ist er bei mir, kniet sich neben mich auf den Boden. Er hebt den Kartoffelsack an und betrachtet die gelblich transparente Masse, die aus dem Pappkarton über das Holz in die Ritzen kriecht. »Na lecker.« »Was … Warum bist du nicht in der Uni?« Ich suche in seinem Gesicht nach Spuren eines schlechten Gewissens, immerhin habe ich ihn gerade in einer Umarmung mit Casey erwischt. Casey Lorell, seiner superreichen und dazu auch noch superhübschen sechzehnjährigen Nachhilfeschülerin. Doch er lächelt mich nur an. »Warum bist du nicht in der Arbeit?« Da erscheint Casey im Türrahmen. Ihr sonst so blasses Gesicht ist gerötet, die Augen zeugen deutlich von eilig weggewischten Tränen. Und trotzdem ist sie noch so schön, dass sie locker als Schneewittchens Zwilling durchgehen könnte. Extralange schwarze Haare, Elfenbeinteint, himbeerrote volle Lippen. »Hallo, Ina«, murmelt sie. »Hi, Casey, alles in Ordnung?« Eine unsinnige Frage, schließlich scheint hier gar nichts in Ordnung zu sein. Ganz im Gegenteil. Ich setze erneut an, diesmal um zu fragen, was eigentlich vor sich geht, als ich Aarons lautlose Botschaft erkenne. Später, formt er mit seinen Lippen und in seinen Augen liegt dieser unwiderstehliche Vertrau-mir-Blick, mit dem er mich regelmäßig bedenkt, wenn ich an seinen verrückten Basteleien zweifle. Umständlich rapple ich mich hoch, in einer Hand den Milchkarton, in der anderen die Paprikas. Ich lege sie in der Küche ab. Dann verabschiede ich mich mit einer müden Ausrede für Casey und einem schalen Geschmack im Mund. Wenn meine Mutter über Elland redet, sagt sie immer nur »das Kaff«. Daraufhin erläutert mein Vater ihr regelmäßig, was Elland, abgesehen von seinen knapp 50.000 Einwohnern, seinen drei Kinos, zwei Museen und einem Theater alles zu bieten hat. Was er dabei jedoch genauso regelmäßig vergisst, ist das Tierheim. Und das, obwohl die überwiegende Anzahl der Bewohner unseres Hauses von dort stammt. Mein Kater Jerry, Paps Wellensittiche, die Landschildkrötenfamilie und meine vier Zwerghasen. Trotzdem stehe ich bei dem Thema ganz auf Paps Seite. Wozu brauche ich dreißig Kinos, zwanzig Museen und zehn Theater, wenn ich den größten Motocross-Parcours Deutschlands und das weltbeste Tierheim vor der Haustür habe? Zumindest das ehemals weltbeste Tierheim, nämlich bis vor drei Jahren, als es noch vom alten Mops geführt wurde, der logischerweise nicht wirklich so hieß, aber dessen faltiges Gesicht eine erstaunliche Ähnlichkeit mit einem Mops aufwies. Mit Mops am Tresen schien das durch die vielen schiefen Holzanbauten total verwinkelte Tierheim ein magischer Ort. Natürlich nicht wie bei Harry Potter, aber es war der Ort, an dem ich lernte, Tiere zu verstehen, ohne ihre Sprache zu sprechen, wo sich der Wunsch, Tierärztin zu werden, unlöschbar in mein Gehirn prägte und wo fehlendes Geld auf zauberhafte Weise mit Improvisationsgenie wettgemacht wurde. Inzwischen allerdings ist von dem Zauber nur noch die absonderlich verwinkelte Architektur geblieben. Ich schrubbe den letzten Futternapf, bis in dem blitzenden Edelstahl mein verzerrtes Spiegelbild erscheint, und wumms!, hängt das die letzten Stunden so mühsam verdrängte Bild von Aaron und Casey wieder vor meinem inneren Auge fest, als hätte ein fieser Giftzwerg es dorthin getackert. Immer wieder sehe ich seine Finger über ihr glänzendes Schneewittchenhaar streichen. Seine phänomenal geschickten Finger, die aus Schrott geniale Erfindungen schaffen und immer etliche kleine Schnitte und Verletzungen tragen. Warum hat er mir nicht vor Casey gesagt, was los war? Schließlich bin ich seine Freundin. Es kann doch nicht sein, dass ich die Wohnung wie ein unerwünschter Eindringling verlassen muss, während sie mit ihm dortbleiben darf! »Du sollst die Näpfe nicht wegschrubben.« Wie aus dem Nichts taucht Lennja hinter mir auf. Lennja Müller. Graue Eminenz des Tierheims. Offiziell ist sie eine der vier festen Pflegerinnen, aber inoffiziell hat sie hier das Sagen, obwohl sie mit ihren einundzwanzig Jahren die jüngste der Festangestellten ist. Natürlich habe ich sie mal wieder nicht gehört, und das liegt nicht an meinem Gehör, sondern daran, wie sie sich anschleicht. Wären da nicht der strohblonde Zopf, den sie meist wirr im Nacken trägt, und die eiswasserblauen Augen, hätte ich geschworen, dass sie in direkter Linie von den Sioux abstammt. Betont langsam drehe ich mich um, hebe den Napf ins Licht. »Sie sind sauber, oder nicht?« Eine Ladung Studentenfutter verschwindet in Lennjas Mund, während ihr kühler Blick von den Näpfen zum Arbeitsbereich gegenüber den Hundezwingern gleitet. »Klinisch geputzte Näpfe«, nuschelt sie mit vollem Mund, »und der Rest sieht aus wie Sau.« Ich folge ihrem Blick. Zugegeben, ich habe noch nicht aufgeräumt. Drei Leinen liegen im Knäuel auf der schmalen Bank, obendrauf die Hundebürste, das offene Tierfutter steht in gefährlicher Schräglage neben der Futterkiste, auf dem Boden vermischen sich Haferflocken mit Hundehaaren. »Ist schon Feierabend?« Lennja lacht höhnisch, wobei ihr ein verirrter Nussbrösel aus dem Mund fällt. »Wenn du in dem Tempo weitermachst, kannst du dir hier ein Bett aufstellen.« Mach deinen Mist doch selbst! Ich brauch dein Genörgel nicht, blöde Zicke. Anstatt die Worte auszusprechen, lächle ich sie zuckersüß an, weil ich weiß, dass sie das viel mehr ärgert als eine patzige Antwort. Ein offener Streit mit Lennja kostet nur Zeit und die habe ich mit dem gedankenverlorenen Schrubben der Näpfe schon genug verschwendet. Ich verstaue die Näpfe scheppernd im Regal und säubere die Hundebürste. Die Haare lasse ich demonstrativ auf den Boden fallen, zu dem dort bereits versammelten Dreck. Kopfschüttelnd wendet Lennja sich ab, dann dreht sie sich noch einmal um. »Und vergiss dein Pfefferspray nicht.« »Ja-a.« »Hör auf, mich zu Ja-a-en, gestern hast du es auch liegen lassen. Auf der Theke. Das kann jeder einfach mitnehmen«, fügt sie hinzu und schüttelt erneut den Kopf, als könne sie so viel Dummheit gar nicht fassen. »Ich verstehe nicht, warum du deshalb so einen Stress machst.« »Weil«, schießt sie zurück und schreitet...


Janet Clark wurde 1967 in München geboren. Nach dem Abitur hat sie viele Jahre im Ausland verbracht - in Frankreich, Belgien und England, wo sie studiert und gearbeitet hat. Janet Clark hatte viele Geschichten geschrieben, bevor sie sich an ihren ersten Roman wagte, mit dem sie sich an eine Agentur wandte - dann aber mit sofortigem Erfolg. Heute lebt sie mit ihrem Mann und drei Kindern wieder in ihrer Heimatstadt und widmet sich ganz dem Autorendasein.


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