Chua | Die Mutter des Erfolgs | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 256 Seiten, Gewicht: 1 g

Chua Die Mutter des Erfolgs

Wie ich meinen Kindern das Siegen beibrachte

E-Book, Deutsch, 256 Seiten, Gewicht: 1 g

ISBN: 978-3-312-00477-5
Verlag: Nagel & Kimche
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Amy Chua ist Juraprofessorin in Yale und zweifache Mutter. Ihre Kinder will sie zum Erfolg erziehen - mit allen Mitteln. Und gemäß den Regeln ihrer Wurzeln in China ist Erfolg nur mit härtester Arbeit zu erreichen. Sie beschließt, dass ihre Töchter als Musikerinnen Karriere machen sollen. Nun wird deren Kindheit zur Tortur. Wo eine Eins minus als schlechte Note gilt, muss Lernen anders vermittelt werden als in unserer westlichen Pädagogik. In ihrem Erlebnisbericht erzählt die Autorin fesselnd, witzig und mit kluger Offenheit von einem gnadenlosen Kampf, der ihr und ihren Töchtern alles abverlangte: ein packendes und hochkomisches Buch über Familie und Erziehung, über Leistungsdruck und über den Willen, unbedingt zu siegen.
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4     Die Chuas
  Mein Nachname lautet Chua – Cài auf Mandarin –, und ich bin sehr stolz auf ihn. Meine Familie stammt aus der südchinesischen Provinz Fujian, die für ihre vielen Geistes- und Naturwissenschaftler berühmt ist. Einer meiner direkten Vorfahren auf väterlicher Seite, Chua Wu Neng, war Philosoph und Dichter, außerdem Hofastronom des Ming-Kaisers Shen Zong. Wu Neng, der offenbar über ein weites Spektrum an Fähigkeiten verfügte, wurde 1644 angesichts des drohenden Einmarsches der Mandschuren vom Kaiser zum Oberbefehlshaber der Streitkräfte ernannt. Das kostbarste – eigentlich unser einziges – Familienerbstück ist eine zweitausend Seiten starke handschriftliche Abhandlung von Wu Neng über das I Ging, das Buch der Wandlungen, einen der ältesten chinesischen Klassiker. Auf meinem Couchtisch liegt heute, würdig zur Schau gestellt, ein ledergebundenes Exemplar von Wu Nengs Traktat, auf dem Buchdeckel das Schriftzeichen für «Chua». Alle meine Großeltern wurden in Fujian geboren, und alle wanderten zu verschiedenen Zeitpunkten der zwanziger und dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts per Schiff auf die Philippinen aus, wo sie sich bessere Chancen versprachen. Mein Großvater mütterlicherseits war ein freundlicher, sanftmütiger Schullehrer, der Reishändler wurde, um seine Familie ernähren zu können. Religiös war er nicht, und er war auch kein begnadeter Geschäftsmann. Seine Frau, meine Großmutter, war eine wahre Schönheit und fromme Buddhistin, doch trotz der Lehren der von ihr verehrten Göttin Guanyin wider den Materialismus hat sie sich oft gewünscht, ihr Mann hätte mehr Erfolg. Mein Großvater väterlicherseits, ein gutmütiger Mann, der mit Fischpasten handelte, war ebenfalls nicht religiös und ebenfalls kein geborener Geschäftsmann. Seine Frau, meine Dragon-Lady-Großmutter, machte nach dem Zweiten Weltkrieg ein Vermögen mit Plastik; ihren Gewinn investierte sie in Goldbarren und Diamanten. Nachdem sie wohlhabend geworden war – ihr Durchbruch war, dass sie sich als Verpackungslieferantin für den Pharmazie- und Konsumgüterproduzenten Johnson & Johnson etablieren konnte –, erstand sie eine ausgedehnte Hazienda in einem der nobleren Viertel von Manila und verbannte meinen Großvater in den Keller. Sie und ihre Söhne investierten nun in Tiffany-Gläser, Kunst (Mary Cassatt und Georges Braques) und Wohneigentum in Honolulu. Außerdem konvertierten sie zum Protestantismus und aßen nicht mehr mit Stäbchen, sondern mit Messer und Gabel, um den Amerikanern ähnlicher zu sein. Meine Mutter, die 1936 in China geboren wurde, kam im Alter von zwei Jahren mit ihrer Familie in die Philippinen. Während der japanischen Okkupation verlor sie ihren kleinen Bruder noch im Säuglingsalter, und nie werde ich ihre Schilderung der japanischen Soldaten vergessen, die ihrem Onkel den Kiefer aufzwangen, Wasser in die Kehle schütteten und lachten, weil er wie ein stark aufgeblasener Ballon zu platzen drohte. Als General Douglas MacArthur 1945 die Philippinen befreite, lief meine Mutter stürmisch jubelnd den amerikanischen Jeeps hinterher, von denen aus die Soldaten Dosenfleisch an die Bevölkerung verteilten. Nach dem Krieg besuchte sie eine Sekundarschule der Dominikaner und wurde zum Katholizismus bekehrt. Sie studierte chemische Verfahrenstechnik an der Universität von Santo Tomas und schloss als Jahrgangsbeste summa cum laude ab. Mein Vater war derjenige, den es nach Amerika zog. Als brillanter Mathematiker, der sich in die Astronomie und Philosophie verliebt hatte, hasste er die geldgierige, hinterhältige Plastikgeschäftswelt seiner Angehörigen und widersetzte sich jedem Plan, den sie für ihn hatten. Er bewarb sich beim Massachusetts Institute of Technology um einen Studienplatz und wurde angenommen: Ein Kindheitstraum ging in Erfüllung. 1960 verlobte er sich mit meiner Mutter, und noch im selben Jahr trafen meine Eltern in Boston ein. Sie kannten keine Menschenseele im Land, und weil sie ausschließlich von ihren Studienstipendien lebten, überstanden sie die ersten beiden ungeheizten Winter nur mit vielen Decken. In nicht einmal zwei Jahren machte mein Vater seinen Doktor und wurde Assistenzprofessor an der Purdue University in West Lafayette, Indiana. Dass wir anders waren als alle unsere Mitbürger im Mittleren Westen, zwischen denen wir aufwuchsen, war meinen drei jüngeren Schwestern und mir immer klar. Mit chinesischem Essen in Thermosgefäßen wurden wir in die Schule geschickt, was ich demütigend fand – wie gern hätte ich Fleischwurst-Sandwiches gehabt wie alle anderen! Zu Hause mussten wir Chinesisch reden; die Strafe für jedes englische Wort, das uns versehentlich über die Lippen kam, war ein Schlag mit den Essstäbchen. Jeden Nachmittag übten wir Mathe und Klavier, und nie durften wir bei Freundinnen übernachten. Wenn mein Vater abends nach Hause kam, brachte ich ihm seine Pantoffeln und zog ihm die Straßenschuhe aus. Unsere Zeugnisse mussten erstklassig sein; während andere Kinder auch für ein B eine Belohnung erhielten, war bei uns zu Hause schon ein A minus undenkbar. In der achten Klasse wurde ich bei einem Geschichtswettbewerb Zweite und kam mit meiner Familie zur Preisverleihung. Jemand anderes hatte den Kiwanis-Preis als Jahrgangsbester in allen Fächern erhalten, und nach der Feier sagte mein Vater zu mir: «Mach mir nie, nie wieder solche Schande.» Wenn ich Freunden diese Geschichten erzähle, schließen sie daraus, dass ich eine grauenhafte Kindheit hatte. Das Gegenteil ist richtig: Meine ungewöhnliche Familie gab mir Kraft und Selbstvertrauen. Als Außenseiter hatten wir gemeinsam angefangen, gemeinsam entdeckten wir Amerika und wurden dabei selbst Amerikaner. Ich weiß noch, wie mein Vater jeden Tag bis drei Uhr nachts arbeitete und so besessen war, dass er es gar nicht merkte, wenn eine von uns ins Zimmer kam. Aber ebenso gut weiß ich noch, mit welcher Begeisterung er uns mit Tacos und Sloppy Joes bekannt machte, mit den Dairy-Queen-Fastfood-Lokalen und diesen Endlosbuffets, bei denen man essen durfte, so viel man konnte, zu schweigen von Schlitten- und Skifahren, Krabbenfang und Kampieren. Und ich weiß noch, wie in der Grundschule ein Junge Schlitzaugen machte und unter Gejohle meine Aussprache von «Restaurant» (rest-AU-rant) imitierte – und wie ich mir in dem Moment schwor, meinen chinesischen Akzent loszuwerden. Aber ich erinnere mich auch an die Pfadfinderinnen und Hula-Hoop-Reifen, an Rollschuhfahren und Leihbüchereien, an den ersten Preis in einem Aufsatzwettbewerb, den die «Töchter der Amerikanischen Revolution» veranstalteten, und an den denkwürdigen, stolzgeschwellten Tag, an dem meine Eltern amerikanische Staatsbürger wurden. 1971 nahm mein Vater ein Angebot der University of California in Berkeley an, und wir brachen unsere Zelte ab und zogen in den Westen. Mein Vater ließ sich die Haare wachsen und trug das Friedenszeichen auf der Jacke. Dann begeisterte er sich für das Sammeln erlesener Weine und legte sich einen Tausend-Flaschen-Keller zu. Als er mit seiner Arbeit in der Chaostheorie international bekannt wurde, begannen wir um die Welt zu reisen. Mein elftes Schuljahr verbrachte ich in London, München und Lausanne, und unser Vater fuhr mit uns zum nördlichen Polarkreis. Aber er war auch ein chinesischer Patriarch. Als es so weit war, dass ich mich um einen Studienplatz bewerben musste, beschied er, ich hätte in Berkeley zu studieren (wo ich bereits akzeptiert war) und zu Hause zu wohnen. Und das war’s – für mich gab es keine Campus-Besichtigungen und keine Qual der Wahl. Ich widersetzte mich, wie er sich seiner Familie widersetzt hatte, fälschte seine Unterschrift und bewarb mich heimlich an einer Universität an der Ostküste, von der ich einiges gehört hatte. Als ich ihm gestand, was ich getan hatte – und dass ich jetzt einen Studienplatz in Harvard hätte –, verblüffte mich seine Reaktion: Buchstäblich über Nacht schwenkte er von Zorn auf Stolz um. Genauso stolz war er, als ich später mein Jurastudium an der Harvard Law School abschloss und als Michelle, seine zweite Tochter, das Yale College und die Yale Law School absolvierte und damit ebenfalls Juristin war. Am stolzesten (wenn auch gemischt mit leiser Trauer) war er, als seine dritte Tochter Katrin auszog und nach Harvard ging, um dort Medizin zu studieren und zu promovieren. Eine neue Umgebung verändert den Menschen. Als ich vier war, sagte mein Vater zu mir: «Solange ich lebe, heiratest du keinen Nichtchinesen.» Aber dann heiratete ich Jed, und heute sind mein Mann und mein Vater die besten Freunde. Als ich klein war, hatten meine Eltern kein Mitgefühl mit Behinderten. In weiten Teilen Asiens gelten Behinderungen noch heute als Schande, und als meine jüngste Schwester Cynthia mit Down-Syndrom zur Welt kam, rieten etliche Verwandte, wir sollten sie doch in die Philippinen schicken und dort in einem Heim unterbringen. Stattdessen deckte sich meine Mutter mit Literatur über Lernschwächen aller Art ein und engagierte sich in Behindertenorganisationen. Auch waren meine Eltern, solange wir klein waren, nicht an Politik interessiert; die wichtigste Organisationseinheit war für uns die Familie. Das alles stimmt wohl nach wie vor, doch sind meine Eltern heute politisch interessierte Staatsbürger, und mein Vater zitiert sogar gelegentlich die Verfassung. In einem abgelegenen Winkel meines Bewusstseins sitzen ein kleines Bedauern, dass ich keinen Chinesen geheiratet habe, und die Sorge, dass ich mich von einer viertausendjährigen Zivilisation abgekoppelt habe. Aber der allergrößte Teil von mir ist unendlich dankbar für die Freiheit, die Amerika mir ermöglicht hat, und für die Chance, mein Leben zu gestalten. Meine Töchter fühlen sich...


Chua, Amy
Amy Chua, geboren 1962 in Illinois, studierte und promovierte in Harvard, arbeitete als Anwältin und dann als Professorin für Rechtswissenschaften. Seit 2001 ist sie Inhaberin der John M. Duff-Professur für Recht an der renommierten Yale Law School. 2003 veröffentlichte sie ihr erstes Buch: World on Fire: How Exporting Free Market Democracy Breeds Ethnic Hatred and Global Instability. Der New York Times-Bestseller, vom Wirtschaftsmagazin Economist zu einem der besten Bücher des Jahres gekürt, wurde in acht Sprachen übersetzt. 2007 folgte Day of Empire: How Hyperpowers Rise to Global Dominance – and Why They Fall und 2011 der Bestseller Die Mutter des Erfolgs, der weltweit in über zwei Dutzend Sprachen übersetzt wurde. Amy Chua lebt mit ihrem Mann Jed Rubenfeld und ihren zwei Töchtern in New Haven.

Schaden, Barbara
Barbara Schaden studierte Romanistik und Turkologie in Wien und München. Nach einigen Jahren in der Filmbranche und im Verlagslektorat seit 1992 freiberufliche Übersetzerin. Sie übersetzte Sachbücher von Siddharta Mukherjee, Allen Frances, Amy Chua, Peter Demetz, Amana Fontanella-Khan und Umberto Eco u.v.a.


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