Carson | Der Feuerstein | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 528 Seiten

Reihe: Heyne fliegt

Carson Der Feuerstein

Roman

E-Book, Deutsch, 528 Seiten

Reihe: Heyne fliegt

ISBN: 978-3-641-10546-4
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die beste Heldin aller Zeiten
Endlich wieder eine Heldin, die man lieben muss! Prinzessin Elisa, Trägerin des Feuersteins und kluge Königstochter, könnte alles sein für ihr Volk - Retterin und Auserwählte. Doch Elisa ist dick und von Selbstzweifeln geplagt, und weder ihr Vater noch ihre schöne Schwester oder ihr viel zu gut aussehender Bräutigam scheinen der schüchternen und mehr als rundlichen Sechzehnjährigen sonderlich viel zuzutrauen. Erst als Elisa entführt wird und nicht nur ihr Leben in Gefahr ist, zeigt sie, was in ihr steckt ...Alle hundert Jahre wird ein Mensch auserwählt, den göttlichen Feuerstein zu tragen. Prinzessin Elisa von Orovalle ist so eine Steinträgerin. Aber Elisa ist auch dick und außerdem nur die Zweitgeborene. Diejenige, die noch nie etwas Herausragendes vollbracht hat - und die auch nicht glaubt, das jemals tun zu können. Doch dann wird sie an ihrem sechzehnten Geburtstag die geheime Ehefrau eines schönen und mächtigen Königs - eines Königs, dessen Reich im Innern von Intrigen und von außen von grausamen Invasoren bedroht wird und der eine Heldin und keine Versagerin an seiner Seite braucht. Er ist jedoch nicht der Einzige, der Elisa für seine Zwecke einspannen will. Als die Prinzessin von mysteriösen Rebellen entführt wird, nimmt sie ihr Schicksal erstmals selbst in die Hand: Mit all ihrem Mut, ihrer Entschlossenheit und Klugheit schließt sie sich den Aufständischen an und kämpft gegen die feindliche Armee. Denn Elisa weiß, der Feuerstein, der in ihrem Nabel schlummert, könnte ihr unglaubliche Macht verleihen. Falls es ihr gelingt, seine Magie zu entfesseln. Falls sie nicht zu früh stirbt. Denn das ist das Schicksal der meisten Auserwählten ...

Rae Carson wurde 1973 in Kalifornien geboren und entwickelte schon in frühester Kinheit eine Begeisterung für das Erzählen von Geschichten. Sie studierte Sozialwissenschaften und arbeitete nach dem Universitätsabschluss in verschiedenen Branchen, bevor sie ihren Traum verwirklichte und Schriftstellerin wurde. Der Feuerstein ist ihr erster Roman.
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1
Gebetskerzen flackern in meinem Schlafzimmer. Die Scriptura Sancta liegt achtlos beiseitegeschoben und mit zerknickten Seiten auf meinem Bett. Vom langen Knien auf den harten Fliesen habe ich blaue Flecken, und der Feuerstein in meinem Nabel pulsiert spürbar. Ich habe gebetet – nein, ich habe darum gefleht –, dass König Alejandro de Vega, mein zukünftiger Ehemann, hässlich ist. Hässlich und alt und dick. Heute ist der Tag meiner Hochzeit. Und mein sechzehnter Geburtstag. Normalerweise vermeide ich Spiegel, aber dieser Tag ist von so großer Bedeutung, dass ich doch einen Blick riskiere. Allerdings zeigt das Bleiglas nur ein verschwommenes Bild, mein Kopf schmerzt, und mir ist schwindlig vor Hunger. Aber selbst so verzerrt sieht das Brautgewand, terno, das ich zur Hochzeit tragen soll, wunderschön aus. Es ist aus Seide, die wie Wasser fällt, und mit winzigen Glasperlen besetzt, die bei jeder Bewegung schimmern. Gestickte Rosen bedecken den Saum und die ausgestellten Manschetten der Ärmel. Es ist ein Meisterwerk, vor allem wenn man bedenkt, in welcher Eile es gefertigt wurde. Leider ist mir nur zu sehr bewusst, dass das terno seine ganze Schönheit verlieren wird, wenn es erst einmal zugeknöpft ist. Mit einer Handbewegung bitte ich meine Kinderfrau Ximena und meine Zofe Aneaxi, mir zu helfen, und bewaffnet mit Knopfhaken und entschuldigendem Lächeln treten sie zu mir. »Atme tief ein, mein Himmel«, weist mich Ximena an. »Und jetzt atme wieder aus. Raus mit der ganzen Luft, mein Schatz.« Ich presse die Luft aus meinen Lungen, presse und presse, bis mir noch schwindeliger ist. Die beiden Frauen ziehen und zerren mit ihren blitzenden Haken, und das Kleid wird eng und enger. Das Mieder im Spiegel zieht sich zusammen, gräbt sich in das Fleisch über meinen Hüften. Ein scharfer Schmerz schießt mir durch die Seite, ganz ähnlich wie das Stechen, das ich oft fühle, wenn ich eine Treppe emporsteige. »Gleich haben wir es, Elisa«, versichert mir Aneaxi, während mich das ungute Gefühl beschleicht, dass sich der Klammergriff des Kleides beim nächsten Atemzug als tödlich erweisen wird. Am liebsten würde ich mir das Mieder wieder vom Leib reißen. Ich will nicht heiraten. »Geschafft!«, rufen Ximena und Aneaxi wie aus einem Mund und treten einen Schritt zurück, um ihre Arbeit zu bewundern. »Was meinst du?«, fragt Aneaxi mit unsicherer, schwankender Stimme. Das terno lässt nur flache, hastige Atemzüge zu. »Ich meine …« Benebelt sehe ich auf meine Brüste hinunter. Der Stoff drückt eine tiefe Falte in mein üppiges Fleisch. »Vier!« Ein angespanntes Kichern dringt aus meiner Kehle. »Vier Brüste!« Meine Kinderfrau sieht mich mit einem seltsamen, beklommenen Gesichtsausdruck an. Als meine Brüste sich im letzten Jahr entwickelten, hat mir Ximena immer wieder versichert, dass Männer sie unwiderstehlich finden würden. »Es ist ein wunderschönes Kleid«, schwärmt Aneaxi und blickt starr auf meinen Rock. Ich schüttele den Kopf. »Ich sehe aus wie eine Wurst«, keuche ich. »Eine dicke, aufgedunsene Wurst in einer weißen Seidenhülle.« Am liebsten würde ich weinen. Oder lachen. Ich kann mich kaum entscheiden. Der Drang zu lachen gewinnt schließlich beinahe die Oberhand, aber meine beiden Damen schwirren mit gefurchten Gesichtern um mich herum, ergraute Glucken, die mir mit beruhigenden, gurrenden Lauten Mut machen wollen. »Nein, nein, du bist eine hübsche Braut!«, ruft Aneaxi. »Du bist nur schon wieder gewachsen, das ist alles. Und deine wunderschönen Augen! König Alejandro wird es gar nicht auffallen, dass das terno etwas eng sitzt.« Und nun fließen doch die Tränen, weil ich ihr Mitleid nicht ertrage und weil mir Ximena nicht in die Augen sehen kann, als Aneaxi ihre falschen Schmeicheleien ausspricht. Doch einen Augenblick später weine ich vor allem deshalb, weil ich das terno überhaupt nicht tragen will. Während ich herzzerreißend schluchze, küsst mich Aneaxi auf die Stirn, und Ximena wischt mir die Tränen weg. Zum Weinen braucht man Luft. Lange, tiefe Atemzüge. Die Seide spannt sich, der Stoff schneidet in meine Taille, das Gewebe reißt. Kristallknöpfe springen mit leisem Klirren über den glasierten Boden, während Luft in meine ausgehungerten Lungen strömt. Mein Magen reagiert mit einem zornigen Knurren. Meine Kammerfrauen knien sich hastig hin, durchkämmen mit den Fingern die Lammfellteppiche, fahren über die Spalten zwischen den Tonfliesen und jagen die befreiten Knöpfe. »Ich bräuchte eine Woche«, murmelt Ximena vor sich hin. »Nur eine Woche, um dich richtig einzukleiden. Eine königliche Hochzeit braucht doch eine gewisse Vorbereitungszeit!« Ja, auch das macht mir Angst, dass alles so plötzlich kommt. Das Mieder sitzt jetzt so locker, dass ich an meinen Rücken fassen und die verbliebenen Knöpfe selbst öffnen kann. Dann lasse ich den Stoff von den Armen gleiten und versuche, das terno über die Hüften hinunterzuschieben, aber der Stoff reißt weiter ein, also ziehe ich es mir lieber über den Kopf. Achtlos werfe ich das Kleid beiseite, und es ist mir egal, dass es mein Bett verfehlt und zerknüllt auf dem Fußboden liegen bleibt. Stattdessen streife ich nun ein grobes Wollkleid über. Es kratzt auf der Haut, aber es ist riesengroß und beruhigend verhüllend. Während meine Kammerfrauen weiter nach den Knöpfen suchen, wende ich mich zur Tür und gehe hinunter zur Küche. Wenn mir mein Kleid sowieso nicht passt, kann ich zumindest versuchen, meinen schmerzenden Kopf und meinen knurrenden Magen zu besänftigen, indem ich mir eine warme Pastete genehmige. Meine ältere Schwester Juana-Alodia hebt den Kopf, als ich eintrete. Eigentlich hätte ich erwartet, dass sie mir zumindest zum Geburtstag gratuliert, aber sie wirft lediglich einen Blick auf mein Kleid und verzieht dann das Gesicht. Sie sitzt am Rand der Feuerstelle, den Rücken gegen den bauchigen Ofen gelehnt. Dabei hält sie die Beine elegant übereinandergeschlagen und lässt ihren schmalen Knöchel vor und zurück wippen, während sie ihr Brot knabbert. Wieso ist nicht sie es, die heute heiratet? Der Küchenmeister lächelt mir unter seinem mehlbestäubten Schnurrbart zu, als er mich erblickt, und schiebt mir einen Teller zu, auf dem eine Pastete aus golden gebackenem Blätterteig liegt, mit gemahlenen Pistazien bestäubt und mit Honig überzogen. Mir läuft das Wasser im Mund zusammen. Ich sage ihm, dass ich gern zwei davon hätte. Mit dem Teller setze ich mich zu Alodia und bemühe mich, nicht mit dem Kopf gegen die Kupfertiegel zu stoßen, die überall von der Decke hängen. Meine Schwester wirft einen missbilligenden Blick auf das Gebäck. Sie muss nicht einmal die Augen verdrehen, ich fühle mich auch so, als ob sie es täte, und ich starre sie wütend an. »Elisa«, setzt sie an, weiß aber dann nicht mehr, was sie sagen soll, und ich ignoriere sie demonstrativ, indem ich mir die knusprige Pastete in den Mund schiebe. Fast augenblicklich lässt mein Kopfschmerz nach. Meine Schwester hasst mich. Das weiß ich schon seit Jahren. Meine Kinderfrau Ximena sagt, der Grund dafür sei, dass ich von Gott erwählt wurde, um ihm zu dienen, und Juana-Alodia eben nicht. Gott hätte sich für sie entscheiden sollen, sie ist sportlich und vernünftig, elegant und kräftig. Besser als zwei Söhne, sagt Papá. Ich betrachte sie, während ich meine Pastete esse, ihr schimmernd schwarzes Haar, die fein gemeißelten Wangenknochen und die geschwungenen Brauen, die ein Paar selbstbewusst dreinschauende Augen einrahmen. Ich hasse sie mindestens genauso sehr wie sie mich. Wenn Papá einmal stirbt, wird sie Königin von Orovalle. Sie ist ganz wild darauf, eines Tages zu herrschen, ich aber nicht, und von daher ist es aberwitzig, dass ich durch meine Ehe mit König Alejandro Königin eines Landes werde, das doppelt so groß und doppelt so reich ist wie das unsere. Ich weiß nicht, wieso ich diejenige sein muss, die heiratet. Der König von Joya d’Arena hätte sicherlich die schöne Tochter ausgewählt, die königliche. Mein Mund erstarrt, während ich kaue, als mir klar wird, dass er das wahrscheinlich auch getan hat. Ich bin das Gegenangebot. Wieder drohen mir die Tränen in die Augen zu steigen, und ich beiße die Zähne zusammen, bis mein Gesicht schmerzt, denn lieber würde ich von Pferden zertrampelt, als vor meiner Schwester zu weinen. Ich kann mir vorstellen, was sie gesagt haben, damit er in den Handel einwilligt. Sie wurde erwählt, um zu dienen. Nein, noch hat sich nichts ereignet, aber es wird bald etwas geschehen, da sind wir sicher. Jawohl, sie spricht die Lengua Classica fließend. Nein, schön ist sie nicht, aber klug. Die Dienerschaft liebt sie. Und sie kann sehr gut sticken, zum Beispiel Pferde. Inzwischen hat er sicherlich viele Dinge gehört, die der Wahrheit eher entsprechen, und er weiß, dass ich mich leicht langweile, dass meine Kleider bei jeder Anprobe weiter ausgelassen werden müssen und dass ich im Wüstensommer wie ein Tier schwitze. Ich bete darum, dass wir auf irgendeine Weise zueinanderpassen werden. Vielleicht hatte er als Kind die Pocken. Vielleicht kann er kaum gehen. Ich wünsche mir einen Grund, aus dem es mir egal sein wird, wenn er sich angeekelt abwendet. Alodia hat ihr Brot aufgegessen. Sie steht auf und streckt sich, führt mir genussvoll ihre Grazie und Körperlänge vor Augen. Dann...


Carson, Rae
Rae Carson wurde 1973 in Kalifornien geboren und entwickelte schon in frühester Kinheit eine Begeisterung für das Erzählen von Geschichten. Sie studierte Sozialwissenschaften und arbeitete nach dem Universitätsabschluss in verschiedenen Branchen, bevor sie ihren Traum verwirklichte und Schriftstellerin wurde. Der Feuerstein ist ihr erster Roman.


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