Ein Wanderkrimi
E-Book, Deutsch, 240 Seiten
ISBN: 978-3-98707-235-2
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Cosy Crime mit Schmunzelfaktor.
Privatdetektivin Ellen Engels soll bei einer Gruppenwanderung auf dem Eifelsteig den Ehemann einer Auftraggeberin ausspionieren. Deren Verdacht: Ihr Gatte will sich mit seiner Geliebten und gestohlenen Diamanten absetzen. Gleich am ersten Abend erwischt Ellen ihn mit einer Frau, doch noch in der Nacht stürzt er in den Tod. Ein Unfall? Aber wo sind die Diamanten? Inmitten einer Horde Wanderlustiger macht Ellen sich auf die Suche nach dem Diebesgut. Doch da ist noch jemand, der hinter den Edelsteinen her ist – und sich nicht scheut, über Leichen zu gehen.
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DER AUFTRAG »Hast du ein Date mit Max?« Als hätte sie auf der Lauer gelegen, war Macy aus dem Haus auf sie zugeschossen gekommen, hatte sich direkt vor Ellen aufgebaut und versperrte ihr den Weg zum Auto. Ellen seufzte. So schön es war, einen Unterschlupf auf Nickis umgebautem Hof gefunden zu haben, und sosehr sie die Tochter ihrer besten Freundin liebte – manchmal konnte die Achtzehnjährige echt die Pest sein. Vor allem, wenn ihr langweilig war, und seit Macy die Abi-Prüfungen hinter sich gebracht hatte, passierte das ziemlich oft. Zu allem Übel hatte sie sich neuerdings in den Kopf gesetzt, wie sie Privatdetektivin zu werden. »Wie kommst du darauf, dass ich Max treffe?« Ellen zog die Augenbrauen hoch. »Noch dazu mitten am Tag?« »Warum nicht? Soll ich dich fahren? Mach ich gern. Dann kannst du was trinken.« Macy steuerte die Fahrertür an. Ellen beeilte sich, ihr zuvorzukommen. Wenn Macy einmal drinsaß, würde es schwer werden, sie wieder loszuwerden. »Kein Treffen mit Max. Ich hab einen Termin.« Das war das falsche Stichwort. »Mit einem Kunden?« Macys Augen leuchteten auf. »Ja, aber du bleibst hier.« Ellen öffnete die Tür, setzte sich ins Auto und ließ die Fensterscheibe herunter. »Und jetzt mal im Ernst. Für Max richte ich mich doch nicht so her. Gib’s zu. Das hast du nur so gesagt.« »Hab ich nicht.« Macy schob die Unterlippe vor, wie sie es schon als Fünfjährige gemacht hatte, wenn sie Ellen rumkriegen wollte. Ein Trick, der leider allzu oft funktionierte. Heute nicht. Ellen ließ den Motor an, hupte und fuhr los. Manchmal war Flucht die einzige Lösung. Nur gut, dass sie standhaft geblieben war und sich kein Büro auf Nickis Hof eingerichtet hatte. Da würde sie Macy niemals raushalten können. Ihr reichte es, wenn sie ihre potenziellen Auftraggeberinnen – ja, die meisten waren Frauen – im Café traf. Oft genügte auch ein Videocall. Und falls nicht, war es unverfänglicher, sich bei Kaffee und Kuchen zusammenzusetzen. Zwei Frauen, die sich austauschten. Die eine klagte der anderen ihr Leid. Dass es sich dabei um eine Auftragsklärung handelte, darauf kam garantiert niemand. Ellen war neugierig auf Margot Feldmann. Am Telefon hatte sie ihr nicht viel verraten. Den Mann oder Partner zu observieren, darum ging es so gut wie immer. Die Details wollte ihre mögliche Auftraggeberin lieber bei einem Treffen besprechen. Und das bitte sofort. Daher hatte sich Ellen nur oberflächlich über die Frau informieren können. Etwas, das sie sich in ihrer Zeit als Personenschützerin angewöhnt hatte. Die Augen offen zu halten war das eine, das Umfeld und die Hintergründe zu kennen das andere. Es half dabei, zu entscheiden, in welche Richtung man schauen sollte. Am Treffpunkt angekommen, parkte Ellen das Auto und ging zum Café. Wie immer war sie etwas früher dran, wählte einen ruhigen Tisch im hinteren Bereich und setzte sich so, dass sie den Eingang im Blick hatte. Dann rief sie sich ins Gedächtnis, was sie über Margot Feldmann in Erfahrung gebracht hatte. Mit siebenundfünfzig war die Goldschmiedin sieben Jahre älter als Ellen, sie war verheiratet und besaß einen Juwelierladen in Kornelimünster. Deswegen hatte Ellen das »Kaffeehaus« für ihr Treffen vorgeschlagen. Die stuckverzierten Decken, die stilvollen Kronleuchter und nicht zuletzt die Macarons würden der eleganten Frau, deren Foto Ellen auf der Website der Goldschmiede gesehen hatte, hoffentlich gefallen. Das passende Ambiente half gerade zu Beginn des Gesprächs. Fühlten sich ihre Kundinnen wohl, erzählten sie offener. Und je mehr Ellen erfuhr, desto besser war das später für die Arbeit. Eine Frau trat ein. Das feine graublonde Haar fiel ihr in einem asymmetrischen Bob weich über die linke Stirnseite, apart und natürlich. Das war sie. Margot Feldmann trug eine klassische weiße Bluse, Jeans und Sneaker. Sportlich clean und ohne übertrieben viel Schmuck. Sympathisch sah sie aus, frisch und energiegeladen. Mit ihren circa hundertfünfundsechzig Zentimetern war sie etwa einen halben Kopf kleiner als Ellen und auch deutlich schmaler. Ellen stand auf und winkte ihr. Mit raschen Schritten kam Margot Feldmann auf sie zu. Sie begrüßten sich. Ein fester Händedruck, genau wie Ellen es mochte. Eine Frau, die zupacken konnte. Kleine und zugleich kräftige Hände mit gepflegten kurzen Fingernägeln, die die Nagelringe an den Fingerspitzen wunderbar in Szene setzten. Wenn das der Schmuck war, den die Goldschmiedin anfertigte, würde Ellen sich glatt mal in ihrem Geschäft umgucken wollen. Sie ließen sich nieder, bestellten und warteten mit dem Geschäftlichen, bis Kaffee und Tee vor ihnen standen. »Sie möchten also, dass ich Ihren Mann observiere.« Ellen musterte ihr Gegenüber. Margot Feldmann erwiderte ihren Blick offen. Auch das gefiel Ellen. »Was versprechen Sie sich davon?« Margot strich sich die Haare hinter das rechte Ohr. »Ich weiß, es hört sich an wie in einem schlechten Film, aber ich bin mir sicher, dass Jörg mir etwas verheimlicht. Zuerst dachte ich mir nichts dabei, als seine Vereinstreffen immer häufiger wurden, doch dann …« Sie hob die Schultern. »Um was für einen Verein handelt es sich denn?« Ellen nahm einen Schluck Kaffee und beobachtete, wie Margot das Teesieb aus der kleinen Kanne zog und sich eingoss, bevor sie antwortete. »Es ist ein ortsansässiger Verein zur Förderung von Natur, Kultur und Literatur: NaKuLi. Jörg ist Gründungsmitglied und sehr engagiert. Zum fünfjährigen Bestehen wollen sie ein Buch herausbringen und müssen dafür angeblich ständig zusammensitzen und obendrein noch auf diese mehrtägige Wandertour gehen.« Margot probierte den Tee, stellte die Tasse wieder ab und schaute Ellen an. »Dazu die verstohlenen Telefonate. Sogar den Laptop hat er neulich hastig zugeklappt, als ich hereinkam.« »Eine Überraschung zum Geburts- oder Hochzeitstag?« Margot schüttelte den Kopf. »Die liegen beide noch nicht lange zurück. Abgesehen davon ist er auch nicht der Typ für so was.« »Was für ein Typ ist er denn?« »Einer, der nichts für sich behalten kann. Wenn ihn etwas begeistert, dann stürzt er sich mit Herz und Seele hinein und reißt die anderen mit. Er kann sehr überzeugend sein. Das hat sich auch bei diesem Buchprojekt gezeigt. In null Komma nichts hat er einen Verlag gefunden, was wohl normalerweise nicht so einfach ist. Auch deswegen habe ich anfangs nichts Böses vermutet, aber inzwischen …« Margot berührte ihren Ehering. Zwei verschiedene Goldtöne, in der Mitte veredelt durch einen schmalen Streif aus Diamanten. Zwei Menschen, die durch die Verbindung, die sie eingingen, das Beste in sich hervorbrachten. Wenn es doch nur wirklich so wäre. Ellen unterdrückte ein Seufzen. »Eines unserer wertvollsten Stücke. Gefällt er Ihnen?« Margot hatte wohl ihren Blick bemerkt. »Jörg findet, wir dürfen ruhig zeigen, was wir haben.« »Selbst angefertigt?« Ellen beugte sich vor. »Ja. Genauso wie die Nagelringe.« Margot hob die Hand und wackelte mit dem kleinen Finger. »Der hier wäre was für Sie, oder?« Der Knöchelring saß auf dem obersten Glied. Wie eine Flamme bog er sich zu beiden Seiten des Nagels und wölbte sich über die Fingerkuppe. In der Mitte schimmerte ein gelblicher Edelstein. Ellen nickte. »Sind Sie beide schon lange verheiratet?« »Etwas über fünf Jahre. Die meiste Zeit davon glücklich. Aber jetzt … Vielleicht bin ich ja paranoid. Jörg ist mein zweiter Mann. Mein erster hat mich jahrelang betrogen, ohne dass ich etwas bemerkt habe. Ich begreife bis heute nicht, warum.« Margot senkte den Kopf, ihre linke Hand ging zum Ehering und bedeckte ihn. Dann richtete sie sich wieder auf und sah Ellen an. »Mag sein, dass ich jetzt zum anderen Extrem neige, aber ich will so etwas nicht noch einmal erleben.« »Das verstehe ich. Könnte denn eine andere Frau etwas mit dem merkwürdigen Verhalten Ihres Mannes zu tun haben?« »Genau darum geht es ja. Dass alle Bescheid wissen, nur ich nicht. Dass er mehrere Tage wandern und vor aller Augen fremdgeht. Das würde ich nicht ertragen. Ich trau mich gar nicht mehr aus dem Haus. Was, wenn ich jemanden aus dem Verein treffe? Ich muss einfach Gewissheit haben.« »Sie kennen die Leute aus seinem Verein?« »Das kann man wohl sagen. Durch mich hat er Rita und Philipp doch erst kennengelernt. Diese Wandertour ist keine Ausrede. Er fiebert richtiggehend darauf hin. Dabei haben wir weiß Gott gerade andere Sorgen.« Ellen hob die Augenbrauen. »Vor einem Monat ist bei uns im Laden eingebrochen worden. Die Diebe haben Diamanten gestohlen, und jetzt streiten wir mit der Versicherung. Ein Alptraum.« »Könnte es nicht sein, dass Ihr Mann einfach mal etwas Abstand braucht? Eine kleine Auszeit von all dem Ärger?« »Wer braucht das nicht?« Margot atmete durch. »Nein, ich bin mir sicher. Irgendetwas hat er vor. Deswegen bitte ich Sie: Beobachten Sie ihn. Nehmen Sie an der Tour in zwei Tagen teil und stellen Sie fest, ob er sich heimlich abseilt oder sich mit einer anderen Frau trifft.« Jetzt verstand Ellen auch, warum Margot Feldmann auf einen schnellen Termin gedrängt hatte. Sie zückte ihren Kalender. »Wie lange dauert die Tour? Und wo geht es überhaupt hin?« »In die Eifel. Sie wollen eine Woche lang ausgesuchte Etappen des Eifelsteigs laufen. Deswegen habe ich mich an Sie gewandt. Privatdetektivin, Eifel – da stehen Sie ganz oben. Außerdem …« Margot rückte ihr Teegeschirr zurecht. Dann hob sie den Kopf und lächelte verlegen. »Ihr Name hat mir gefallen. Ellen Engels. Das klingt wie ein Künstlername. Ist es...