Burnett | Frances Hodgson Burnett, Der geheime Garten (Neuübersetzung) | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, Band 12, 320 Seiten

Reihe: Anaconda Kinderbuchklassiker

Burnett Frances Hodgson Burnett, Der geheime Garten (Neuübersetzung)

Vollständige, ungekürzte Ausgabe

E-Book, Deutsch, Band 12, 320 Seiten

Reihe: Anaconda Kinderbuchklassiker

ISBN: 978-3-7306-9058-1
Verlag: Anaconda Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Niemand kümmert sich um das Waisenkind Mary auf dem Schloss voller verborgener Zimmer und verbotener Gänge. Als sie eines Tages im Garten umherläuft, entdeckt sie ein efeuberanktes Tor. Hinter einer Mauer liegt ein geheimer Garten, der seit Jahren verschlossen ist. Gemeinsam mit Colin, ihrem zehnjährigen Cousin, beginnt Mary, vor der Welt der Erwachsenen ein paar Dinge geheim zu halten. Dieses einfühlsame Buch der Schöpferin des 'Kleinen Lord' ist ein Kinder- und Jugendbuch-Klassiker voller Magie.
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1. Kapitel
Es ist niemand mehr da
Als Mary Lennox nach Misselthwaite Manor geschickt wurde, um dort bei ihrem Onkel zu leben, sagten die Leute, sie hätten noch nie ein Kind gesehen, das so unsympathisch aussah. Und das stimmte auch. Mary war klein und schmächtig, ihr Gesicht war klein und schmal, sie hatte helles, dünnes Haar und sie blickte griesgrämig drein. Ihre Haare und ihr Gesicht waren ganz fahl, denn sie war in Indien zur Welt gekommen und immer kränklich gewesen. Ihr Vater hatte für die englische Regierung gearbeitet und war nicht nur sehr beschäftigt, sondern ebenfalls dauernd krank gewesen, und ihre Mutter war eine wunderschöne Frau gewesen, die nichts anderes im Sinn hatte, als auf Bälle zu gehen und sich im Kreise ausgelassener Leute zu amüsieren. Sie hatte nie ein kleines Mädchen gewollt, und als Mary auf der Welt war, gab sie sie in die Obhut einer Ayah, eines Kindermädchens, der sie einschärfte, wenn sie es der gnädigen Frau recht machen wolle, müsse sie ihr das Kind so gut es ging vom Leib halten. Also wurde Mary von ihr ferngehalten, solange sie ein kränkelndes, quengeliges und unansehnliches Baby war, und als sie ein kränkelndes, quengeliges und tapsiges Kleinkind war, wurde sie weiterhin von ihr ferngehalten. Einzig vertraut waren ihr die dunklen Gesichter ihrer Ayah und der anderen indischen Dienstboten, und weil diese ihr immer gehorchten und ihr bei allem ihren Willen ließen, da die Herrin verärgert gewesen wäre, wenn das Geschrei des Kindes sie gestört hätte, war sie mit sechs Jahren das tyrannischste und selbstsüchtigste kleine Gör, das die Welt je gesehen hatte. Die junge englische Gouvernante, die ihr Lesen und Schreiben beibringen sollte, konnte sie so wenig leiden, dass sie nach drei Monaten wieder kündigte, und alle anderen Gouvernanten, die es danach mit der Stelle versuchten, gaben noch früher auf als die erste. Mary hätte also niemals das Abc gelernt, wenn sie nicht unbedingt hätte wissen wollen, wie man Bücher liest. Als sie etwa neun Jahre alt war, wachte sie eines entsetzlich heißen Morgens auf und war furchtbar missmutig, und als sie feststellte, dass die Dienerin, die neben ihrem Bett stand, nicht ihre Ayah war, wurde sie noch missmutiger. »Was willst du hier?«, sagte sie zu der Unbekannten. »Geh wieder weg. Sag meiner Ayah, sie soll kommen.« Die Frau wirkte verängstigt und brachte nur stammelnd hervor, dass die Ayah nicht kommen könne, und als Mary einen Wutanfall bekam und sie schlug und mit den Füßen trat, wirkte sie noch verängstigter und sagte nur immer wieder, dass die Ayah nicht zum gnädigen Fräulein kommen könne. An diesem Morgen lag etwas Rätselhaftes in der Luft. Nichts ging seinen gewohnten Gang und es schien, als seien weniger eingeborene Dienstboten da als sonst, und diejenigen, die Mary sah, schlichen oder hetzten mit aschfahlen und schreckverzerrten Gesichtern umher. Aber niemand erklärte ihr, was los war, und auch ihre Ayah kam nicht. Der Vormittag verging und niemand kümmerte sich um sie, und schließlich ging sie hinaus in den Garten und spielte allein unter einem Baum neben der Veranda. Sie spielte, dass sie ein Blumenbeet anlegte, indem sie große scharlachrote Hibiskusblüten in kleine Erdhaufen steckte, und dabei wurde sie immer zorniger und murmelte die Vorwürfe und Schimpfworte vor sich hin, die sie Saidie an den Kopf werfen würde, wenn sie wiederkam. »Du Schwein! Du Schwein! Du Schweinemädchen!«, sagte sie, denn einen Eingeborenen ein Schwein zu nennen, ist die schlimmste Beleidigung überhaupt. Während sie diese Worte in einem fort zwischen den Zähnen hervorstieß, hörte sie, wie ihre Mutter mit jemand anderem auf die Veranda heraustrat. Sie war in Begleitung eines blonden jungen Mannes und die beiden unterhielten sich mit gedämpften, seltsam klingenden Stimmen. Mary kannte den Mann, der aussah wie ein kleiner Junge. Sie hatte gehört, dass er ein sehr junger Regierungsbeamter war, der eben erst aus England gekommen war. Sie betrachtete ihn eingehend, aber noch eingehender betrachtete sie ihre Mutter. Das tat sie jedes Mal, wenn sie einen Blick auf sie erhaschen konnte, denn die gnädige Frau – so nannte Mary sie meistens – war eine äußerst hübsche, hochgewachsene und schlanke Dame und trug wunderschöne Kleider. Ihr lockiges Haar glänzte wie Seide, sie hatte eine zierliche kleine Nase, die die Welt zu verachten schien, und große, lachende Augen. Sie trug dünne, wallende Gewänder, von denen Mary sagte, sie seien »voll mit Spitzen«. An diesem Morgen schienen sie so voll mit Spitzen wie noch nie, aber die Augen der gnädigen Frau lachten kein bisschen. Sie waren weit aufgerissen, und sie blickte verängstigt und flehend zu dem jungen blonden Beamten auf. »Ist es denn so schlimm? Wirklich so schlimm?«, hörte Mary sie sagen. »Es ist grauenhaft«, antwortete der junge Mann mit zitternder Stimme. »Grauenhaft, Mrs. Lennox. Sie hätten sich schon vor zwei Wochen in die Berge zurückziehen sollen.« Die gnädige Frau rang die Hände. »Ja, ich weiß!«, rief sie aus. »Ich bin nur hiergeblieben, weil ich zu dieser dummen Abendgesellschaft gehen wollte. Wie töricht von mir!« In diesem Augenblick brach in den Hütten der Dienstboten ein Geheul aus, das so laut war, dass sie den jungen Mann am Arm packte, und auch Mary erschauerte von Kopf bis Fuß. Das Geheul wurde immer schriller. »Was ist das? Was ist das?«, stieß Mrs. Lennox atemlos hervor. »Jemand ist gestorben«, erklärte der junge Beamte. »Sie hatten gar nicht erwähnt, dass es auch unter Ihrer Dienerschaft ausgebrochen ist.« »Das wusste ich nicht!«, rief die gnädige Frau. »Kommen Sie! Kommen Sie!« Und sie drehte sich um und lief ins Haus. Danach geschahen fürchterliche Dinge und Mary erfuhr, was es mit den rätselhaften Ereignissen des Vormittags auf sich hatte. Die Cholera war ausgebrochen, in ihrer schwersten Form, und die Menschen starben wie die Fliegen. Die Ayah war in der Nacht erkrankt, und weil sie gerade gestorben war, waren die Diener in ihren Hütten in Wehklagen verfallen. Noch am selben Tag starben drei weitere Dienstboten, und andere liefen vor Entsetzen davon. Panik herrschte in jedem Winkel, und in allen Häusern starben die Menschen. Inmitten der Verwirrung und der Fassungslosigkeit, die sich am nächsten Tag breitmachten, verkroch Mary sich in ihr Kinderzimmer und wurde dort von allen vergessen. Niemand dachte an sie, niemand rief nach ihr, und sie ahnte nichts von den eigenartigen Dingen, die um sie herum geschahen. Sie brachte die Stunden zu, indem sie abwechselnd weinte und schlief. Sie begriff nur, dass die Leute krank waren, und das Einzige, was sie mitbekam, waren rätselhafte und beängstigende Geräusche. Einmal schlich sie sich ins Esszimmer und fand es leer vor, allerdings standen noch Reste eines Abendessens auf dem Tisch und die Stühle und Teller sahen so aus, als hätten die Gäste sie hastig zurückgeschoben, als sie aus irgendeinem Grund plötzlich aufgestanden waren. Mary aß etwas Obst und Kekse, und weil sie Durst hatte, nahm sie ein Weinglas, das noch fast voll war, und trank es aus. Der Wein schmeckte süß und sie ahnte nicht, wie stark er war. Er machte sie im Handumdrehen furchtbar schläfrig, und sie ging zurück in ihr Kinderzimmer und versteckte sich dort wieder, verängstigt von den Schreien, die aus den Hütten zu ihr drangen, und vom Geräusch vorbeihastender Füße. Der Wein machte sie so müde, dass sie die Augen kaum noch offenhalten konnte, und sie legte sich ins Bett und bekam für eine lange Zeit nichts mehr mit. Während der Stunden, in denen sie so fest schlief, geschah vieles, aber weder das Geheul der Dienstboten konnte sie wecken noch der Lärm, der entstand, als alles Mögliche zwischen Haus und Hof hin und her getragen wurde. Als sie aufwachte, blieb sie liegen, den Blick auf die Wand gerichtet. Im ganzen Haus war es vollkommen ruhig. Noch nie hatte sie es so still erlebt. Weder Stimmen noch Schritte waren zu hören und sie fragte sich, ob alle wieder von der Cholera genesen waren und der Schrecken vorüber war. Sie fragte sich auch, wer sich jetzt, da ihre Ayah tot war, um sie kümmern würde. Wahrscheinlich würde eine neue Ayah kommen, und die würde vielleicht ein paar neue Geschichten kennen. Die alten hatte Mary allmählich langweilig gefunden. Sie weinte nicht, weil ihr Kindermädchen gestorben war. Sie war kein mitfühlendes Kind und andere Menschen waren ihr immer egal gewesen. Der Lärm und das Herumrennen und das Wehklagen über die Cholera hatten ihr Angst eingejagt, und sie war wütend geworden, weil anscheinend niemand daran dachte, dass sie noch am Leben war. Alle waren so von Panik ergriffen, dass keiner an ein kleines Mädchen dachte, das ohnehin niemand mochte. Es schien, als dächten die Leute nur noch an sich selbst, wenn sie die Cholera hatten. Aber wenn alle wieder gesund waren, würde sich...


Burnett, Frances Hodgson
Frances Hodgson Burnett (1849–1924) wurde in Manchester geboren und wanderte nach dem Tod des Vaters mit ihrer Familie 1865 in die USA aus. Nach ersten Kurzgeschichten, die in Zeitschriften veröffentlicht wurden, schrieb sie im Lauf ihres Lebens über 40 Kinder- und Jugendromane. Zu ihren bekanntesten Romanen, die auch mehrfach verfilmt wurden, gehören »Der kleine Lord«, »Eine kleine Prinzessin« und »Der geheime Garten«.


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