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E-Book, Deutsch, Band 7, 576 Seiten

Reihe: Ein Dave Robicheaux-Krimi

Burke Mississippi Jam

Ein Dave-Robicheaux-Krimi, Band 7

E-Book, Deutsch, Band 7, 576 Seiten

Reihe: Ein Dave Robicheaux-Krimi

ISBN: 978-3-86532-535-8
Verlag: Pendragon
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Vor der Küste Louisianas sinkt ein U-Boot der Nazis. Jahrzehnte später erhält Dave Robicheaux von Hippo Bimstine den Auftrag, die Lage des Schiffes auf dem Meeresgrund zu lokalisieren. Der Geschäftsmann will das U-Boot bergen und daraus ein Casino als Touristenattraktion machen. Dave verspürt wenig Lust auf den Job, aber er braucht das Geld, um seinem Freund Batist zu helfen, der wegen Mordverdachts verhaftet wurde.
Doch Bimstine ist nicht der Einzige, der sich für das U-Boot interessiert. Ein Mann namens Buchalter will es um jeden Preis. Schnell muss Robicheaux erkennen, dass dieser nicht nur ein übler Rassist, sondern auch ein gefährlicher Psychopath ist, der vor nichts zurückschreckt. Auch nicht davor, Daves Familie zu terrorisieren. Ihr Leben gerät völlig aus den Fugen.
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1 Kaum zu glauben, aber in den ersten Monaten des Jahres 1942 lauerten an der Mündung des Mississippi Nazi-U-Boote auf Tanker, die ohne Geleitschutz von den Erdölraffinerien bei Baton Rouge auf dem Weg in den Golf von Mexiko waren. Es war die reinste Schießbude. Aufgrund der Informationssperre brachten weder die Tagespresse noch das Radio Berichte über die vor der Küste Louisianas versenkten amerikanischen Schiffe. Direkt nach Sonnenuntergang konnten die Leute tief unten am Winterhimmel das Flackern des brennenden Öls sehen – ein sich schnell ausbreitender orangefarbener Schmierfleck. Als kleiner Junge in New Iberia bekam ich mit, wie Krabbenfischer über die völlig verkohlten, mit einem Ölfilm überzogenen Leichen von vier Matrosen redeten, die man in einer Insel aus Seetang treibend gefunden hatte, ihre blinden Augen und aufgedunsenen Gesichter mit Quallen besetzt. Viele Jahre verfolgten mich Albträume von Nazis, die ich mir als glotzäugige Kreaturen mit verhärmten Gesichtern vorstellte, die nicht weit von meinem Zuhause irgendwo unter den Wellen lebten und der Welt schließlich einen teuflischen Stempel aufdrücken würden. Bei einem Tauchgang während meiner College-Zeit, es war ein ruhiger, windstiller Tag, fand ich durch Zufall eines dieser U-Boote in etwa zwanzig Metern Tiefe. Es lag mit Schlagseite auf dem Kiel, Reling und vorderes Deckgeschütz waren grau und sahen wegen des Tangs ein wenig unwirklich aus, während am Heck Luftbläschen in einer feinen Linie aufstiegen. Mein Herzschlag geriet kurz ins Stolpern, die Blutgefäße in meinem Kopf verengten sich, aber ich wollte mich nicht von den Ängsten meiner Kindheit übermannen lassen und schwamm daher zu den verbogenen Überresten des Periskops hinunter, bis ich schließlich das Hakenkreuz und die Schiffsnummer auf der Seite des Kommandoturms sehen konnte. Ich zog das Bowiemesser aus dem Holster an meiner Hüfte und klopfte, wie der archaische Krieger, der den Leichnam eines getöteten Feindes berühren musste, mit dem Heft des Messers gegen den Rand des Kommandoturms. Und dann geschah eines der seltsamsten Ereignisse meines ganzen Lebens. Ich spürte im Wasser eine betäubende Kälte, wo zuvor nichts gewesen war, und dann erklang ein Geräusch, eine Vibration, wie ein reißendes Drahtseil, über die gesamte Länge des U-Boots. Der Kommandoturm begann, sich scheinbar von allein in der Strömung aufzurichten, die Metallplatten des Rumpfs schrammten über den Sand, und Schlickwolken und zuvor eingeschlossenes Öl lösten sich unter dem Kiel und stiegen auf. Entsetzt beobachtete ich, wie das U-Boot dicht über dem Meeresboden zu schweben schien, während Algenschleier wie zerfetzte Kriegsflaggen am Turm nach hinten fächelten, dann neigte sich der Bug abwärts in die Dunkelheit und glitt über den Rand des Festlandsockels, und mein Bowiemesser fiel auf das sich anhebende Heck, während Sandtigerhaie wie Elritzen im aufgewirbelten Wasser hinter den Schrauben des Boots trudelten. Später erfuhr ich, dass dieses U-Boot kein Geheimnis umgab. Es war entdeckt worden, als es an der Oberfläche seine Batterien auflud, wurde von einem Zerstörer der US-Navy beschossen und dann mit Wasserbomben aus dem Meer geholt, die Hülle aufgebrochen; seit damals war es auf dem Grund des Golfs entlang der Küste Louisianas von der Strömung immer in Bewegung gehalten worden. In manch dunklen Momenten aber dachte ich an die Schiffsbesatzung, die in einem Inferno aus kreischenden Sirenen und schrillen Pfiffen untergegangen war, überwältigt von reißenden Wasserströmen, die durch die aufgerissenen Rumpfplatten barsten oder den Schiffsturm hinabschossen, den niemand mehr rechtzeitig hatte schließen können. Hatten sie sich gegenseitig von den Leitern gerissen? Waren sie bereit, sich gegenseitig zu verstümmeln oder zu töten, nur um noch ein paar Sekunden länger atmen zu können? Bereuten sie, bereitwillig den Plan aufgegriffen zu haben, der auf der ganzen Welt das Licht verlöschen lassen würde? Oder befanden sie sich unter den Wellen immer noch auf großer Fahrt, die Haut konserviert im Salz, ihre Uniformen Nester von Muränen, und auf ewig den Plan verfolgend, die Welt in einen Ort voller Stacheldraht und Wachtürme zu verwandeln, so sicher wie das phosphoreszierende, wallende Kielwasser eines auf ein Schiff zurasenden Torpedos, das sich in der Ferne vor einem Herbstmond als Silhouette abzeichnete? * * * Es war ein merkwürdiger Tag auf dem Meer gewesen. Der Wind kam heiß und trocken aus Süden, und in der Dünung waren die glänzenden Rücken von Stachelrochen und die bläulich-rosafarbenen Luftsäcke von Quallen zu sehen, was bedeutete, dass sie wahrscheinlich von einem Sturm landeinwärts Richtung Küste getrieben wurden. Dann fiel das Barometer, der Wind legte sich schlagartig, und die Sonne sah aus wie eine weiße Flamme, die im stillen Wasser gefangen war. Es regnete nur gerade mal fünf Minuten, große, fette Tropfen, die wie Bleischrot aufs Wasser schlugen, dann war der Himmel auch schon wieder klar und heiß, und Schweiß und kondensierte Luftfeuchtigkeit perlten über die Haut wie Schlangen. Ich sah, dass sich der Sturm offenbar weit im Süden festsetzte. Graue Wolken hingen tief verankert über dem Horizont, und genau dort, wo sie das Wasser berührten, war eine weiße Linie von Gischt zu sehen, und von Zeit zu Zeit zitterte ein Blitz wie ein silberner Faden im Inneren der Wolken. Während Batist, der Schwarze, der bei mir arbeitete, die Leinen für den Kreuzwels auslegte, streifte ich meine Pressluftflaschen über, zog Flossen und Maske an und ließ mich seitlich von der Bordkante ins Meer gleiten, folgte dem Ankerseil hinunter durch den schimmernd grünen Lichtkegel bis zu einer Wasserschicht, die unvermittelt kalt war, ständig in Bewegung und grau vor aufgewirbeltem Schlick, in dem sich gelbe Seegrashalme drehten und wo es womöglich nur so wimmelte von Sandtigerhaien, die mit einer solchen Energie und Wucht an einem vorbeizischen konnten, dass man meinte, von einer unsichtbaren Hand geschlagen worden zu sein. Das Ankertau war straff gespannt und fühlte sich hart an, als ich es berührte. Über mir konnte ich vor dem hellen Licht vage die Konturen des Rumpfs meines schwankenden Boots ausmachen, dessen Bug sich gegen den Zug des Ankers im Wellengang neigte. Ich blies meine Maske frei und tauchte das Tau entlang weitere drei Meter, in einen Trichter der Finsternis, des wirbelnden Schlicks, schwarz vor Öl, hinab in eine Geräuschkulisse, die es hier nicht hätte geben dürfen – Metall auf Metall schlagend, wie ein Hammer auf einen Amboss, Stahlplatten, die über festgebackenen Sand schrammten, Drahtseile vielleicht, die von der Strömung angehoben wurden und sich dann auf verbogene Segelstangen senkten. Ich gab auf und schwamm Richtung Oberfläche, stieg wieder auf in von Sonnenstrahlen durchzogene Wasserschichten, zurück in die berechenbare Welt von Wind und salziger Gischt, die gegen die Maske fegte, von über mir dahingleitenden Möwen und Pelikanen, von Batist, der sich mit beiden Händen gegen einen Stachelrochen stemmte, dem der Haken nicht ins Maul, sondern in den Bauch eingedrungen war. Ich legte die Sauerstoffflaschen ab und rubbelte Kopf und Gesicht mit einem Handtuch ab. Batist stand mit nacktem Oberkörper da, definierte Muskeln zeichneten sich auf seinem Rücken ab, und sein kugelförmiger Kopf glänzte vor Schweiß, während er das Gaff in den Rochen stieß und ihn über den Rand des Bootes hob. Er hatte das Gaff durch den ledrigen Flügel des Rochens gebohrt. Batist drehte den Fisch auf den Rücken, schüttelte den Haken frei, ging auf ein Knie und schnitt den Dreifachhaken aus seinem Bauch. Er wischte das Blut vom Messer, betrachtete die verbogenen Zacken seines Hakens und warf den Rochen mit beiden Händen über Bord. „Wie weit unten warst du, Dave?“, fragte er. „Etwa zehn, fünfzehn Meter.“ „Nicht klug. Da unten liegt ’ne Menge Müll rum. Ja, sogar Bäume sind da, wusstest du das? Die treiben den ganzen weiten Weg den Miss’sippi runter. Manche so groß wie dein Haus.“ „Ja, wahrscheinlich hast du recht.“ „Und?“ Batist stopfte sich eine Zigarre in den Mundwinkel. „Und was?“ „Hast du das U-Boot da unten gefunden?“ „Ich hab so ein metallisches Scheppern gehört, aber ich könnte dir nicht sagen, was das war. Das Wasser da unten ist viel zu trüb, um irgendwas zu erkennen.“ „Vielleicht ist’s ja auch nur ’ne havarierte Bohrinsel. Schon mal an so was gedacht? Vielleicht bleibst du da unten irgendwo hängen, Dave, verlierst dein Leben, und alles nur, weil dieser Hippo dir mit zehntausend Dollar vor der Nase rumgewedelt hat. Wenn er so scharf ist auf das U-Boot, soll der doch seinen fetten Arsch hier rausbewegen und selbst danach suchen.“ „Okay, Batist.“ „Bringt nichts, als reicher Kerl auf’m Friedhof zu liegen, gar nichts bringt das.“ „Ja, ich hab’s kapiert. Und ich weiß das zu schätzen.“ „Du hast mich nach meiner Meinung gefragt.“ „Was hältst du davon, wenn wir jetzt ein paar Fische fangen?“ „Versuch ich ja längst. Nur dass irgendwer unter meiner Leine rumgeschwommen ist.“ Hippo Bimstine war eine große Nummer bei den Demokraten in unserem Bundesstaat, und ihm gehörte wahrscheinlich die Hälfte aller Drugstores in New Orleans. Seine Leibesfülle war gigantisch, seine mit Ringen geschmückten fetten Finger und die gelb-schwarz karierten Sakkos waren legendär. Jeden Tag konnte man ihn im Pearl an der St. Charles Avenue sehen, wo er zwischen fünf bis acht Dutzend Austern vertilgte und mit reichlich Bier runterspülte, sein...


James Lee Burke, 1936 in Louisiana geboren, wurde bereits Ende der 1960er Jahre als neue Stimme aus den Südstaaten gefeiert. Mitte der 1980er Jahre begann er Kriminalromane zu schreiben, in denen er die unvergleichliche Atmosphäre von New Orleans mit starken Geschichten verbindet.

»America's best novelist«, schrieb »The Denver Post« über James Lee Burke. Er wuchs an der Golf-Küste auf, schlug sich nach dem Studium mit diversen Jobs durch, u.?a. bei einer Ölfirma, als Journalist, Englischdozent und Sozialarbeiter. Burke schrieb 26 Kriminalromane, Kurzgeschichten und wurde mit zahlreichen Preisen bedacht, wie z.?B. zwei Mal mit dem Edgar Allan Poe Award und mehrfach mit dem Hammett Prize sowie mit einer Nominierung für den Pulitzer-Preis.
Seinen internationalen Durchbruch hatte er mit der außergewöhnlichen Krimi-Reihe um den Polizisten Dave Robicheaux. Robicheaux gehört zu den sperrigsten Ermittlern der Kriminalliteratur. Burkes Charakterbeschreibungen und die atmosphärischen Schilderungen sind meisterhaft. Manchmal meint man tatsächlich, den typischen Sumpfgeruch der Südstaaten in der Nase zu haben.

Aus der Dave-Robicheaux-Reihe wurden zwei Krimis verfilmt:
Mississippi Delta - Im Sumpf der Rache (Originaltitel: »Heaven's Prisoners«) mit Alec Baldwin in der Hauptrolle und »Mord in Louisiana« (Originaltitel »In the Electric Mist«) mit Tommy Lee Jones und John Goodman

Burke wurde mehrfach mit dem Deutschen Krimi Preis ausgezeichnet, zuletzt 2015.


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