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E-Book

E-Book, Deutsch, Band 19, 688 Seiten

Reihe: Ein Dave Robicheaux-Krimi

Burke Die Tote im Eisblock

Ein Dave Robicheaux-Krimi, Band 19

E-Book, Deutsch, Band 19, 688 Seiten

Reihe: Ein Dave Robicheaux-Krimi

ISBN: 978-3-86532-828-1
Verlag: Pendragon
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ein schonungsloser Blickauf die US-amerikanische Gegenwart. So wie sich Louisiana von der Explosion einer großen Bohrinsel erholen muss, die das Leben vieler Menschen zerstörte, muss auch Dave ­Robicheaux sich erholen - von einer Verletzung, die ihn beinahe das ­Leben kostete. Wegen starker Schmerzen nimmt er Morphium und hat in der Folge Visionen, in denen ihm eine verschwundene junge Creolin begegnet. Ist sie in Gefahr? Dave ist sich nicht mehr sicher, was real und was Einbildung ist. Kann ihm sein bester Freund Clete Purcell wieder zu Seite stehen?

James Lee Burke wurde 1936 in Houston / Texas geboren und wuchs in Louisiana auf. Aus der Dave-Robicheaux-Reihe wurden zwei Krimis verfilmt: »Mississippi Delta« (»Blut in den Bayous«) mit Alec Baldwin in der Hauptrolle und »Mord in Louisiana « (»Im Schatten der Mangroven«) mit Tommy Lee Jones.
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2
Nach der Schießerei am Bayou Teche, direkt hinter meinem Haus in New Iberia, musste ich dreimal auf den OP-Tisch. Die erste Operation, im Our Lady of the Lord in Lafayette, rettete mir das Leben; die zweite, im Texas Medical Center in Houston, war aus medizinischen Gründen unumgänglich, ebenso die dritte in New Orleans. Ein .32er Geschoss war exakt zwischen meinen Schulterblättern eingeschlagen, abgefeuert von einer Frau, der weder Clete noch ich den Schuss zugetraut hätten. Dabei schmerzte die Verletzung kaum mehr als ein heftiger Schlag in den Rücken; auch die lebensbedrohlichen Konsequenzen waren mir anfangs keineswegs klar. Die Motivation der Frau war erschreckend banal und hatte mit gängigen Beweggründen wie Notwehr, Angst, Habgier oder Panik wenig gemein. Ich hatte sie für ihr herrisches Verhalten gegenüber Dritten zur Verantwortung gezogen und war in diesem Zusammenhang wohl selbst respektlos geworden. In jedem Fall war sie, empört über mein Verhalten, wütend zur Hintertür rausgestürmt, war im Dunkel der Nacht durch welkes Eichenlaub und faulende Pecannusshülsen gestolpert, hatte sich auch an den toten Männern auf meinem Grundstück nicht weiter gestört und war dann – den Arm mit der Pistole weit ausgestreckt – wieder ins Haus gekommen, um ihre sinnlose Mission zum bitteren Ende zu bringen. Sie nahm sich gerade noch die Zeit, mein ungehöriges Verhalten gebührend anzuprangern, und drückte ab. Ich hörte ein Plop, als sei ein feuchter Feuerwerkskörper explodiert, und spürte, wie das Geschoss in meinen Rücken fuhr und zur Brust wieder herauskam. Wie ein Mann auf dem Weg zum Schafott stolperte ich zum Ufer des Bayou, wo ein altertümlicher Schaufelraddampfer – den außer mir seltsamerweise niemand sah – bereits auf mich wartete. Auch wenn diese Episode meiner polizeilichen Laufbahn keine übermäßige Bedeutung verdient, so möchte ich den Vorfall doch nicht leichtfertig bagatellisieren. Wenn ein Mensch durch die Hand eines anderen sein Leben verliert, neigt das Opfer gerne dazu, das eigene Ableben als Dienst an der Gesellschaft darzustellen. Er möchte sich einreden, dass durch ihn die Welt ein besserer Ort geworden sei, dass durch seinen Tod zumindest ein Menschenleben gerettet wurde – bevorzugt natürlich ein Mitglied seiner eigenen Familie –, und dass er seine letzte Ruhe in einem grünen Grab unter Bäumen finden würde, wo er regelmäßig von den Seinen besucht werden würde. Ein Horror war ihm dagegen die Vorstellung, dass sein Ableben der Marotte einer beleidigten Leberwurst geschuldet war und sein Opfer – wie das der meisten Kriegstoten auch – völlig sinnlos war. Einen Tag nach Clete schaute meine Adoptivtochter Alafair vorbei, brachte mir die Post und stellte ein paar Blumen in die Vase im Fenster. Molly, meine Frau, war zunächst unten geblieben, weil sie noch mit der Krankenhausverwaltung sprechen müsse. Alafairs Haare – schwarz, kerngesund und im Nacken kurz geschnitten – hatten einen seidenen Schimmer, der wildfremde Menschen dazu verführte, ihre Haarpracht mit den Fingern berühren zu wollen. „Wir haben eine Überraschung für dich“, sagte sie. „Nämlich? Wollt ihr mich vielleicht zum Fischen abholen?“ „Dr. Bonin meint, dass du nächste Woche nach Hause kannst. Er wird deine Medikamente ab sofort reduzieren.“ „Welche Medikamente?“, fragte ich und spielte den Ahnungslosen. Sie bemerkte, dass ich mit den Augen zwinkerte. „Glaubst du, dass du die Schmerzmittel überhaupt noch brauchst?“ „Nicht wirklich.“ Sie schaute mich weiterhin nachdenklich an, hielt ihre Gedanken aber für sich. „Clete rief an“, sagte sie schließlich. „Warum?“ „Er meinte, dass dich Tee Jolie Melton nachts hier besucht hat.“ „Er hat nicht gelogen. Genau so ist es passiert. Sie hat mir sogar den iPod da geschenkt.“ „Dave, einige Leute glauben, dass Tee Jolie Melton tot ist.“ „Und wie kommen sie darauf?“ „Weil sie seit Monaten nicht mehr gesehen wurde. Sie ließ sich mit Männern ein, die angeblich Beziehungen ins Film- und Musikgeschäft hatten. Sie glaubte alles, was man ihr erzählte.“ Ich nahm den iPod vom Nachttisch und drückte ihn Alafair in die Hand. „Der gehört keinem Krankenpfleger und auch keinem Arzt. Tee Jolie brachte ihn mit, nachdem sie Musik draufgeladen hatte, von der sie wusste, dass ich sie liebe. Sie schenkte ihn mir. Drei der Songs stammen von ihr. Hier, du kannst es gern überprüfen.“ Alafair schaltete den iPod an und tippte aufs Display. „Wie heißen die Songs denn?“ „Weiß ich nicht mehr.“ „In welchem Ordner müssten sie denn sein?“ „Du weißt doch, dass ich mich mit diesem Kram nicht auskenne. Die Songs sind jedenfalls drauf. Ich hab sie ja selbst gehört.“ Die Kopfhörer saßen schief auf ihren Ohren, sodass sie weiterhin mit mir sprechen konnte, während sie gleichzeitig über die Titel der Tracks scrollte. „Ich kann sie nicht finden, Dave.“ „Mach dir mal keine Sorgen. Vielleicht hab ich die Reihenfolge durcheinandergebracht.“ Sie legte den iPod und die Kopfhörer vorsichtig zurück auf den Nachttisch. Ihre Augen gaben keinerlei Auskunft darüber, was hinter ihrer Stirn vor sich ging. „Es ist gut, dass du bald wieder zuhause bist“, sagte sie schließlich. „Wie wär’s, wenn wir als Erstes gemeinsam zum Fischen gehen?“, fragte ich. „Hängt davon ab, was Dr. Bonin dazu sagt.“ „Diese Leute haben doch eh keine Ahnung.“ Ich sah, wie Molly lächelnd das Zimmer betrat. „Wir haben dich losgeeist!“, sagte sie. „Heute?“ „Ich geh zum Parkplatz und fahr den Wagen zum Seiteneingang“, sagte sie. Ich versuchte zu denken, bevor ich den Mund öffnete, war mir aber nicht sicher, was ich überhaupt sagen wollte. „Meine Pillen sind in der obersten Schublade“, murmelte ich nur. Fünf Tage waren seit dem Besuch von Bix Golightly und Waylon Grimes vergangen und Clete tat sein Bestes, um die beunruhigende Episode aus seinem Bewusstsein zu verdrängen. Golightly, so redete er sich ein, müsse schon weich in der Birne sein. Die Schläge gegen den Kopf, die er im Lauf seiner Boxerkarriere eingesteckt habe, waren bestimmt nicht spurlos an ihm vorbeigegangen. Selbst seine Qualitäten als Krimineller waren alles andere als überzeugend. Er hielt sich mit Einbrüchen in Juwelierläden über Wasser und befand sich, was Kreativität und Risikobereitschaft anging, auf dem gleichen Niveau wie die einfältigen Kleinkriminellen, die sich auf ältere, unbewaffnete Juden spezialisiert hatten. Darüber hinaus hatte Clete ein paar unverfängliche Telefonate mit seiner Schwester geführt, nicht zuletzt auch mit seiner Nichte, die an der Tulane Universität eingeschrieben war. Beide hatten nichts erwähnt, was aus dem Rahmen ihrer alltäglichen Routine gefallen wäre. Vergiss Golightly und Grimes, sagte er sich. Golightly hatte einmal sogar das Kunststück vollbracht, fast an einem Pestizid zu krepieren, das er versehentlich auf seine Ritz-Cracker geschmiert hatte. Und das sollte der Typ sein, vor dem er sich in die Hose machte? An einem noch kühlen aber sonnigen Donnerstagmorgen hatte Clete sein Büro aufgeschlossen, die Post gelesen, Anrufe beantwortet und dann seine Sekretärin informiert, dass er auf Kaffee und beignets ins Café du Monde gehen werde. „Bringen Sie mir welche mit?“, hatte Alice Werenhaus gefragt und ihm eine 5-Dollar-Note auf den Schreibtisch gelegt. Miss Alice war eine frühere Nonne, die Clete nicht nur aufgrund ihrer Statur an einen Kühlschrank erinnerte, sondern auch wegen der gurgelnden Geräusche, die ihrem massiven Körper entfuhren. Bevor man ihr den Abschied aus dem Kloster nahegelegt hatte, war sie der Schrecken der ganzen Diözese gewesen. Der Bischof taufte sie – in Anspielung auf das Monster der Beowulf-Saga – Grendels Mutter oder, wenn er besser gelaunt war, die lebende Erinnerung, dass der Schatten des Kreuzes uns nie verlässt. Clete nahm das Geld vom Schreibtisch und steckte es in die Hemdtasche. „Die beiden Typen, die mir Ärger machen wollten, haben vermutlich kalte Füße bekommen. Sollten sie doch nochmal aufkreuzen, wissen Sie, was Sie zu tun haben.“ Sie schaute ihn an, verzog aber keine Miene. „Miss Alice?“ „Nein, ich weiß nicht, was ich zu tun habe. Würden Sie es mir nochmal erklären?“ „Sie machen absolut nichts, sondern sagen ihnen nur, dass sie später wiederkommen sollen. Verstanden?“ „Man sollte nie Versprechungen machen, die...


James Lee Burke wurde 1936 in Houston / Texas geboren und wuchs in Louisiana auf. Aus der Dave-Robicheaux-Reihe wurden zwei Krimis verfilmt: »Mississippi Delta« (»Blut in den Bayous«) mit Alec Baldwin in der Hauptrolle und »Mord in Louisiana « (»Im Schatten der Mangroven«) mit Tommy Lee Jones.


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