Burke | Blut in den Bayous | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 2, 456 Seiten

Reihe: Ein Dave Robicheaux-Krimi

Burke Blut in den Bayous

Ein Dave-Robicheaux-Krimi, Band 2

E-Book, Deutsch, Band 2, 456 Seiten

Reihe: Ein Dave Robicheaux-Krimi

ISBN: 978-3-86532-735-2
Verlag: Pendragon
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Nach seinem Abschied von der Mordkommission in New Orleans hat sich Dave Robicheaux in das Mississippi-Delta zurückgezogen und einen Bootsverleih eröffnet. Eines Tages stürzt ein Flugzeug vor seinen Augen in die Bayous. In letzter Sekunde kann er ein kleines Mädchen retten, für die anderen kommt jede Hilfe zu spät. An Bord waren Flüchtlinge aus El Salvador, die dem Bürgerkrieg und der Bandenkriminalität ihrer Heimat entkommen wollten. Als die Behörden eine falsche Opferzahl veröffentlichen und Robicheaux unter Druck setzen, ist für ihn klar, dass an der Sache etwas faul ist. Was will die Polizei hier vertuschen? Robicheaux ermittelt auf eigene Faust und sticht dabei in ein Wespennest.
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1 Ich befand mich knapp außerhalb des Southwest Pass, zwischen den Pecan und Marsh Islands, im Süden das grüne Wasser des Golfstroms mit seinen Schaumkämmen und hinter mir der langgezogene, flache Küstenstreifen von Louisiana – eigentlich gar kein Küstenstreifen, sondern ein riesiges Schwemmland mit wogendem Riedgras, abgestorbenen, mit Louisiana-Moos überwucherten Zypressen und einem Labyrinth aus Kanälen und Bayous voller japanischer Teichrosen, deren lila Blüten morgens hörbar aufspringen und deren verschlungenes Wurzelwerk sich wie Drahtkabel um eine Schiffsschraube wickeln kann. Es war Mai, die warme Brise roch nach salziger Gischt, Schwärme von Meerforellen schnappten nach Insekten, und hoch über mir glitten Pelikane auf warmen Luftströmungen dahin, die aufgespannten Flügel von der Sonne vergoldet, bis sich plötzlich einer wie eine Bombe vom Himmel fallen ließ, die Flügel flach angelegt, und auf der Wasseroberfläche aufschlug, um dann, einen zappelnden Hering oder eine Seebarbe im Kehlsack seines Schnabels, triefend wieder aufzusteigen. Doch in der Morgendämmerung war der Himmel mit roten Streifen durchsetzt gewesen und ich wusste, am Nachmittag würden von Süden Gewitterwolken aufziehen, die Temperatur würde schlagartig um zehn Grad fallen, als werde unter einer großen dunklen Glasglocke plötzlich alle Luft abgesaugt, und der schwarze Himmel würde unter einem Geflecht von Blitzen erbeben. Ich hatte den Golf schon immer geliebt, ganz gleich, ob Stürme ihn peitschten oder die Brandung buchstäblich zu grünen Eisklumpen erstarrte. Auch während meiner Zeit als Polizist in New Orleans hatte ich auf einem Hausboot am Lake Pontchartrain gewohnt und meine freien Tage beim Fischen unten im Lafourche Parish und in der Barataria Bay verbracht, und obwohl ich eigentlich bei der Mordkommission war, konnte ich manchmal die Jungs vom Raubdezernat überreden, mich auf einem Kutter der Küstenwache mitzunehmen, wenn sie draußen Jagd auf Rauschgiftschmuggler machten. Nun gehörte mir ein Laden für Fischköder samt Bootsverleih am Bayou südlich von New Iberia, und zweimal wöchentlich steuerten meine Frau Annie und ich unser umgebautes Wannenboot in Richtung Southwest Pass zum Krabbenfischen. Man nannte es „Wannenboot“, weil es vor Jahren von einer Ölfirma dazu entworfen worden war, die langen, dicken Gummikabel und seismischen Instrumente zu bergen, die bei der Erschließung von Ölvorkommen im Meer verwendet werden; es war lang, eng und flach, bestückt mit einem großen Chrysler-Motor, Doppelschraube und einem Ruderhaus, das bündig mit dem Heck abschloss. Annie und ich hatten es mit Eisbehältern, einem Köderkasten, Winden für die Netze, einer kleinen, ans Deck geschweißten Kombüse, Staukästen für Angelzeug und Tauchausrüstung und sogar mit einem großen Cinzano-Schirm aus Segeltuch ausgestattet, den ich über unserem Bridgetisch und den Klappstühlen aufspannen konnte. An einem Morgen wie diesem zogen wir das Schleppnetz gewöhnlich in einem großen Bogen durch den Pass, wobei der Bug durch das Gewicht des übervollen Netzes aus dem Wasser ragte, dann beluden wir die Eisbehälter mit rosa-blauen Krabben, legten die Angeln für den Katzenwels aus und bereiteten das Mittagessen in der Kombüse zu, während das Boot im lauen Wind sanft an der Ankerleine zog. An diesem Morgen hatte Annie einen Topf Krabben und Bluepoint-Austern gekocht und gab nun die geschälten Krabben in eine Schüssel, um sie dann in einer Pfanne mit Schmutzigem Reis zu mischen, den wir von zu Hause mitgebracht hatten. Ich musste lächeln, als ich ihr dabei zusah; sie war ein Mennonitenmädchen aus Kansas, mit goldenem Kraushaar, das sich im Luftzug am Nacken aufstellte, und elektrisierend blauen Augen. Sie trug ein ausgeblichenes Männerhemd aus Baumwollstoff, das über ihre weißen Shorts hing, und Leinenschuhe ohne Socken; sie hatte gelernt, Fische auszunehmen, Krabben zu schälen und ein Boot so sicher durch einen Sturm zu manövrieren, als wäre sie im Land der Bayous geboren, doch für mich würde sie immer mein Kansas-Mädchen bleiben, aus Schlüsselblumen und Sonnenblumen gemacht, ein Mädchen, das in Stöckelschuhen unsicher daherstakste und stets furchtbar beeindruckt war von irgendwelchen kulturellen Eigenheiten und allem, was sie bei anderen Menschen „merkwürdig“ nannte. Dabei entstammte sie selbst einem dermaßen eigentümlichen Milieu von pazifistischen Weizenfarmern, dass ihr jegliches Gespür für Normalität abging. Ihre Sonnenbräune hielt sogar im Winter, und sie hatte die weichste Haut, die ich je berührt habe. Kleine Lichter spielten in ihren Augen, wenn man in sie hineinschaute, sich darin verlor. Sie sah, dass ich sie anlächelte, setzte die Schüssel mit Krabben ab, ging an mir vorbei, als wolle sie die Angelruten überprüfen, und dann spürte ich sie hinter mir, spürte, wie sich ihre Brüste weich an meinen Hinterkopf drückten. Dann zerwühlten ihre Hände mein Haar, das sie mir wie ein Knäuel schwarzer Schlangen über die Augen legte, und ihre Finger tasteten über mein Gesicht, den Schnurrbart, meine Schultern, die Narbe von einer Tretfalle, einem Pungi-Stock, auf meinem Bauch, die aussah wie ein platter grauer Wurm, bis ihre so unschuldig gewährte Zärtlichkeit mir das Gefühl gab, dass all meine Jahre, mein Hüftgold und meine kaputte Leber völlig bedeutungslos waren. Vielleicht war ich verblödet, vielleicht aber auch einfach glücklich, denn schließlich lässt sich jedes alternde Tier widerspruchslos von der Jugend verführen. Doch ihre Liebe war keine Verführung; sie war auch noch nach einem Jahr Ehe beharrlich und stets gegenwärtig, sie liebte mich freudig und bedingungslos. Sie hatte ein erdbeerförmiges Muttermal weit oben auf der rechten Brust, und wenn wir miteinander schliefen, füllte es sich mit Blut, bis es dunkelrot wurde. Jetzt kam sie um den Stuhl herum, setzte sich auf meinen Schoß, rieb mit der Hand über den dünnen Schweißfilm auf meiner Brust und kitzelte meine Wange mit ihrem Wuschelhaar. Sie rutschte auf meinem Schoß herum, spürte, wie ich hart wurde, sah mir wissend in die Augen und flüsterte, als könne man uns belauschen: „Komm, holen wir die Luftmatratze aus dem Spind.“ „Und was machst du, wenn ein Flugzeug der Küstenwache kommt?“ „Winken.“ „Was ist, wenn eine Angelschnur abspult?“ „Dann werd ich versuchen, dich irgendwie abzulenken.“ Ich wandte den Blick von ihr und schaute zum südlichen Horizont. „Dave?“ „Da kommt ein Flugzeug.“ „Wie oft wirst du von deiner eigenen Frau verführt? Lass dir die Gelegenheit nicht entgehen, Skipper.“ Ihre blauen Augen blitzten hell und freudig. „Nein, schau, der hat Schwierigkeiten.“ Es war eine hellgelbe zweimotorige Maschine, und ein langer Schweif aus dickem schwarzen Rauch quoll hinter der Kanzel aus dem Rumpf und verlor sich am Horizont. Der Pilot versuchte verzweifelt Höhe zu gewinnen, und jagte beide Motoren auf höchste Drehzahl, doch die Tragflächen kippten ab, ließen sich nicht ausrichten, und die Maschine stürzte auf das Wasser zu. Sie raste an uns vorbei, hinter den Glasfenstern konnte ich Gesichter erkennen. Der Rauch wirbelte aus einem gezackten Loch kurz vor dem Schwanz. „Oh, Dave, ich glaube, ich hab da drin ein Kind gesehen“, rief Annie. Der Pilot musste versucht haben, es bis Pecan Island zu schaffen, um dort im Schilfgras eine Bruchlandung hinzulegen, doch plötzlich lösten sich Teile des Ruders wie Fetzen nasser Pappe, und das Flugzeug kippte jäh nach Backbord ab und beschrieb einen Halbkreis. Beide Motoren setzten aus. Rauch kräuselte dick und schwarz wie bei einem Ölbrand, die Maschine krachte hart mit einer Tragfläche aufs Wasser, überschlug sich in der Luft wie ein Wirbelstock und landete, in einer gewaltigen Kaskade aus grünem und weiß aufschäumendem Wasser und treibendem Seetang, auf dem Rücken. Das Wasser kochte und verzischte auf den überhitzten Motorverkleidungen, und das Loch im hinteren Teil des Rumpfes schien die See förmlich ins Innere der Maschine zu saugen. Binnen Sekunden verschwand das leuchtende Gelb der Unterseite des Flugzeugs in den niedrigen Wellen, die darüber hinwegspülten. Ich konnte die Türen nicht sehen, rechnete aber jeden Augenblick damit, dass jemand mit einer Schwimmweste an der Wasseroberfläche auftauchte. Stattdessen stiegen große Luftblasen von der Kanzel auf, und ein schmieriger Film aus Öl und Benzin trübte den schimmernden Widerschein der Sonne auf den Tragflächen. Annie funkte auf Kurzwelle mit der Küstenwache. Ich befreite unseren Anker aus dem Schlick, warf ihn scheppernd in den Bug, kippte den großen Chrysler-Motor ins Wasser, hörte den Auspuff unter der Wasserlinie husten und hielt mit Vollgas auf das Wrack zu. Wind und Gischt schlugen mir kühl ins Gesicht. Aber jetzt war von dem Flugzeug nur mehr ein schwaches goldenes Schimmern in der größer werdenden Öl- und Benzinlache zu sehen, die aus geborstenen Zuleitungen leckte. „Nimm das Ruder“, sagte ich. Ich konnte ihr die Gedanken vom Gesicht ablesen. „Wir haben beim letzten Mal die Sauerstoffflaschen nicht nachgefüllt“, sagte sie. „Ein bisschen ist noch drin. Außerdem ist es hier nicht tiefer als sieben oder acht Meter. Wenn sie nicht im Schlamm festsitzen, kann ich die Türen aufkriegen.“ „Dave, es ist tiefer als acht Meter. Das weißt du selber. Quer durch den Pass verläuft ein Graben.“ Ich nahm die zwei Sauerstoffflaschen aus der Halterung und schaute auf die Druckmesser. Sie waren beide fast leer. Ich zog mich bis auf die Unterhose aus, hakte den Gewichtsgürtel um, legte eine Sauerstoffflasche und die Tauchermaske an und schob mir...


»America's best novelist«, schrieb »The Denver Post« über James Lee Burke. Er wuchs an der Golf-Küste auf, schlug sich nach dem Studium mit diversen Jobs durch, u.?a. bei einer Ölfirma, als Journalist, Englischdozent und Sozialarbeiter. Burke schrieb 26 Kriminalromane, Kurzgeschichten und wurde mit zahlreichen Preisen bedacht, wie z.?B. zwei Mal mit dem Edgar Allan Poe Award und mehrfach mit dem Hammett Prize sowie mit einer Nominierung für den Pulitzer-Preis.

Seinen internationalen Durchbruch hatte er mit der außergewöhnlichen Krimi-Reihe um den Polizisten Dave Robicheaux. Robicheaux gehört zu den sperrigsten Ermittlern der Kriminalliteratur. Innerhalb der Dave-Robicheaux-Reihe veröffentlichte Burke seit 1987 insgesamt 20 Bände. Im Pendragon Verlag werden in den nächsten Jahren regelmäßig Kriminalromane der Robicheaux-Reihe erscheinen.

Aus der Dave-Robicheaux-Reihe wurden zwei Krimis verfilmt:
Mississippi Delta - Im Sumpf der Rache (Originaltitel: »Heaven's Prisoners«) mit Alec Baldwin in der Hauptrolle und »Mord in Louisiana« (Originaltitel »In the Electric Mist«) mit Tommy Lee Jones und John Goodman

Burke wurde mehrfach mit dem Deutschen Krimi Preis ausgezeichnet, zuletzt 2015.


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