Auf der Straße, in den Zeitungen, im Rundfunk und im Fernsehen - überall wird mit dem "Türken", dem "Russen", dem "Asylanten", dem "Deutschen" usw. argumentiert. Im Mittelpunkt solcher Argumente steht dabei in der Regel die Vorstellung von gruppenspezifischen Eigenschaften. Um welche besonderen Eigenschaften es sich dabei im Einzelfall auch handeln mag, stets geht es um Eigenschaften von größter Geschlossenheit, entschiedener Un verwechselbarkeit, besonderer Tiefe und beträchtlicher Ubiquität. Sozialwis senschaftlich formuliert haben wir es hier mit einer alltäglichen Ethnizitäts vorstellung zu tun. Es ist eine Vorstellung, die auch in der Wissenschaft lange im Gebrauch war und es in manchen Disziplinen sogar noch bis heute ist. Heute zeigt sich freilich zunehmend, daß eine derartige Ethnizitätsvor stellung allenfalls eine sehr problematische soziale Konstruktion darstellt. Problematisch ist dabei nicht ihre konstruktive Grundstruktur. Derartige Vorstellungen bestehen stets aus komplexen kulturellen Gebilden, in denen die verschiedensten Zusammenhänge über die Zeit hinweg ihre Spuren hinterlas sen haben. Problematisch ist die gesellschaftspolitische Aufladung einer solchen mehr oder weniger vagen und insgesamt eher spekulativen, im ein zelnen kaum noch nachvollziehbaren Konstruktion. Und besonders problema tisch ist deren ahistorische und ungesellschaftliche Handhabung. Hier werden keine Vorstellungen erarbeitet und auf den Begriff gebracht. Vielmehr werden die zuhandenen Ethnizitätsvorstellungen ohne zu zögern aufgenommen und zur Erzeugung von Gruppen eingesetzt. Sie erscheinen dabei zunehmend immun gegenüber konkreter gesellschaftlicher Wirklichkeit wie gegenüber der Vergangenheit. Es ist klar, daß hinter einem derartigenEthnizitätsbegriff ein bestimmtes poltisches Interesse regiert, das mit der Reduktion von ganzen Gesellschaften auf bestimmte Abstammungsgemeinschaften arbeitet.
Bukow
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Weitere Infos & Material
Einführung.- Erscheinungsformen des Rassismus.- 1. Rassistische Gewalt in fortgeschrittenen Industriegesellschaften.- 2. Rassismus und Sexismus.- 3. Ethnizität in den Fußstapfen des klassischen Rassismus.- 4. Rassistische Praktiken lesen. Über den Nutzen, sich mit Ritualen zu befassen.- Biographische Erfahrungen.- 1. Biographie im Licht gesellschaftlicher Konstruktion von Wirklichkeit.- 2. Wenn sich biographische Konstruktionen nicht mehr lohnen.- 3. Zur Rolle der Familie bei der politischen Einstellung Jugendlicher ausländischer Herkunft.- Minderheiten als soziale Konstruktion.- 1. Von der alltäglichen zur politischen Konstruktion ethnischer Minderheiten.- 2. Niederländische Minoritätenpolitik aus deutscher Sicht.- 3. “Ethnizität” als Zugangsbarriere zu Funktionssystemen.- Zum praktischen Verständnis und theoretischen Umgang mit der multikulturellen Wirklichkeit.- 1. Differenz im soziologischen Kontext.- 2. Interkulturelle Erziehung unter den Bedingungen fortgeschrittener Industriegesellschaften.- 3. Schulische Sozialisation in der Postmoderne.- 4. Zur Kooperation von Pädagogik und Soziologie am Beispiel multikultureller Studien.