E-Book, Deutsch, Band 2, 173 Seiten
Reihe: Edition Barbara Büchner
Büchner Der Leichenräuber von Wien
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-948592-23-3
Verlag: Ashera Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
E-Book, Deutsch, Band 2, 173 Seiten
Reihe: Edition Barbara Büchner
ISBN: 978-3-948592-23-3
Verlag: Ashera Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Schauerliches geschieht im lieblichen Wienerwald: Ein verrückter Professor raubt die Leichen der schönsten Wienerinnen, um sie als seine Sex-Sklavinnen wiederauferstehen zu lassen. Eine groteske Geschichte mit typischem Wiener Flair. (Edition Barbara Büchner 2)
Barbara Büchner wurde 1950 in Wien geboren und wollte nie etwas Anderes werden als Schriftstellerin. Ihre Romane beziehen sich meist auf authentische Fälle, sei es Spuk oder Verbrechen. 1985 erschien, unbeachtet von der Öffentlichkeit, ihr erstes Buch, ein Schauerroman. Literarisch beeinflusst wurde sie von E.A. Poe, H.P. Lovecraft, Conan Doyle und vor allem Dino Buzzatti. Inzwischen hat sie sich auf diesem, ihrem eigentlichen Gebiet im deutschsprachigen Raum einen Namen gemacht.
Autoren/Hrsg.
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Phase eins:
Ein unbestimmtes Unbehagen
Ach nein! Jetzt wäre also plötzlich ich schuld an der grauslichen Geschichte? Das ist doch die Höhe! Das vergessen Sie aber ganz g´schwind wieder! Nur weil ich Doktor Strunzl mein Hinterhaus vermietet habe! Was meinen Sie denn, wovon eine alleinstehende Frau heutzutage leben soll? Hätte ich das Hinterhaus etwa leer stehen lassen sollen? Ein leeres Haus ist ein Fass ohne Boden, das müssten Sie wissen! Allein die Reparaturen – da wackelt etwas, dort rostet es, da dringt das Grundwasser ein. Und woher hätte ich, bitte schön, wissen sollen, was dieser Teufel treibt? Das hat er mir doch nicht auf die Nase gebunden! Schon gut, ich beruhige mich ja schon. Wie gesagt: Das stand extra im Mietvertrag, dass er absolut ungestört bleiben will – angeblich, weil er an einer mehrbändigen Geschichte Wiens arbeite. Feine „Geschichte Wiens“. Aber damals fand ich nichts weiter Besonderes dran. Dass man Ruhe braucht, wenn man etwas voranbringen will, dass wusste ich von mir. Schließlich bin ich ja auch Schriftstellerin. Vielleicht keine besonders wichtige – den Pulitzerpreis werde ich wohl nie kriegen –, aber auch Heftchen haben ihre Leser, und ich kann mit Stolz sagen, dass meine „Schwarze Orchidee-Romane“ zum Feinsten gehören, was es in dieser Sparte gibt. Kennen Sie nicht? Na, viel lesen Sie ja wohl nicht. Aber jetzt hören Sie mir einmal zu und unterbrechen mich nicht, dann erzähle ich Ihnen die Geschichte, wie sie sich wirklich abgespielt hat. Keine Rede von dem dummen Zeug, das die Zeitungen schreiben, von schwarzen Messen und Teufelsanbetern! Nein, Doktor Heribert Strunzl hatte etwas völlig Anderes und noch viel Schlimmeres vor. Um also beim Anfang zu beginnen: Die Villa in Nussdorf habe ich von meinen Eltern geerbt. Nussdorf ist ein altes Winzerdorf am nordwestlichen Rand von Wien, dicht an der Donau und der Eisenbahnlinie, die an der Donau entlang zur tschechischen Grenze und darüber hinaus bis nach Berlin führt. Es war ursprünglich eines der vielen Dörfer, die sich außerhalb der mächtigen Ringmauern der Stadt an die Weinberge kuschelten, und obwohl es schon seit einer Ewigkeit als Teil des Stadtbezirkes Döbling eingemeindet ist, hat es etwas von seinem dörflichen Charakter bewahrt. Die Leute, die hier wohnen, fühlen sich in erster Linie als Nussdorfer und erst in zweiter Linie als Wiener. Dasselbe bemerkt man in Grinzing, in Sievering, in Stammersdorf und wie alle die einstigen Dörfer an der nordwestlichen Peripherie heißen: Eine gewisse Insubordination herrscht dort, eine heimliche Neigung, sich von der Stadt abzunabeln und zum autonomen Gebiet zu erklären. Speziell Grinzing ist geradezu ein Rebellennest. Einige der Nussdorfer Häuser sind so altertümlich, finster und krumm, blicken aus trüben Butzenscheibenfenstern unter tief herabgezogenen Dächern so verschlagen drein, dass sie genauso gut in Lovecrafts Arkham stehen könnten, aber sie beherbergen ehrbare Buschenschänken. Das sind jene Weinbauern, die das Privileg haben, den ersten Wein des Jahres auszuschenken, was ein grüner Buschen an einer Stange kund tut: Ausg´steckt is! Im Sommer sind die lauschigen Gärten und Höfe dieser Heurigen gestopft voll mit Gästen, es duftet nach Salami, Gurkensalat und gebratenen Stelzen. Im Laub der Kastanienbäume, die die gepflasterten Höfe überschatten, schimmern wie riesige Glühwürmchen die elektrischen Lampen. Die Gäste delektieren sich an jungem Wein, Kartoffelsalat und kaltem Braten, während sich die Blut saugenden Schnaken – hierzulande Gelsen genannt – in Schwärmen an den Gästen gütlich taten. Abgesehen vom nächtlichen Radau der Betrunkenen, die den Heurigen nicht vertragen, ist Nussdorf ein friedlicher Ort, eingebettet in die Weinberge an den sanften Hängen des Kahlenbergs und des Leopoldsbergs und die Laubbäume des Wienerwalds. Die Stadt versickert übergangslos in diesem sanftmütigen Wald. Der Wanderer findet sich einmal innerhalb, einmal außerhalb der Stadtgrenze, ohne einen Unterschied zu erkennen. Eine schmale Gasse, die an einem Bächlein entlangführt, ist nach Ludwig van Beethoven benannt, der dort spazieren zu gehen pflegte. Es ist eine ruhige und freundliche Gegend, in der man nicht erwarten möchte, dass einem das Böse geradezu ins Gesicht springt – aber so war es. Leider. Mein geerbtes Haus steht abseits der Straße, in der Nähe des schmucken Nussdorfer Friedhofs, in einem von dichten Buchsbaumhecken umgebenen Garten. Dieser Garten ist ziemlich verwildert – ich selbst habe weder Zeit noch Lust, mich darum zu kümmern, und Gärtner sind so unverschämt teuer, dass einem nichts übrig bleibt, als gleich ein Biotop wachsen zu lassen. Biotope sind glücklicherweise sehr in Mode, seit die Grünen im Parlament sitzen. Es sieht sogar durchaus romantisch aus, wenn im Sommer die verwilderten Rosen blühen und die uralten Kastanien ihren Schatten auf den Rasen werfen, oder wenn im Herbst der wilde Wein die Mauer mit seinen flammend bunten Blättern schmückt. Leider betrachten die Katzen der Umgebung meinen lauschigen Garten als Stundenhotel, sodass ich häufig nachts von grässlichen Schreien geweckt werde. Und ich kann mich nicht einmal über das lästige Viehzeug beschweren, denn meine eigenen fünf Katzen – Berta, Lily, Tigger, Suzie und Poppyseed – treiben es am ärgsten von allen. Sie stammen alle fünf aus dem Tierheim, und obwohl sie ansonsten ihre Katzenpflichten wie Zärtlichkeit, Zuwendung und allgemeines Gestalten von Gemütlichkeit aufs Untadeligste erfüllen, hat ihre Moral unter dem vielen Herumgestoßenwerden gelitten, und es gibt keinen Kater in der Umgebung, dem sie nicht in freudiger Erwartung das Hinterteil zukehren. Sogar den völlig vertrottelten Eunuchen meiner Nachbarin versuchen sie immer wieder zu animieren. Mitten in diesem Garten steht also meine Villa. Unter einer Villa dürfen Sie sich jetzt aber um Himmels willen keinen Palast vorstellen! In Wien heißt bald jedes einzeln stehende Gebäude, das größer als ein Mobil-Klo ist, Villa, und so besteht mein Erbstück auch nur aus einem Erdgeschoss, Parterre genannt, und einem Oberstock plus Dachboden, die allesamt von hellgrau getünchten Mauern und einem roten Ziegeldach zusammengehalten werden. Der auffallendste Zug an dem Haus ist das Türmchen, das im vorderen Teil von den Grundmauern bis übers Dach hinaus vorspringt und sich vorzüglich dazu eignet, darin meine Oleander zum Überwintern aufzustellen. Außer diesem Gebäude befindet sich noch das so genannte Hinterhaus oder Gartenhaus auf dem Gelände, ein unterkellerter Bungalow, der aus nur zwei ebenerdigen Räumen besteht und irgendwann Anno Schnee, als die Villa erbaut wurde, den Dienstboten als Wohnung diente. Es ist ein wirklich hübsches Domizil, nur eben viel zu groß für eine allein stehende Frau, und als Harry mir vorschlug, den Bungalow zu vermieten, fand ich das eine gute Idee. Harry hat immer gute Ideen, auch wenn er es zumeist anderen Leuten überlässt, sie zu verwirklichen. Das Gartenhaus eignete sich ja auch sehr dazu, es zu vermieten, denn es hat seinen eigenen Eingang, man braucht einander nicht in die Quere zu kommen. Und natürlich hatte Doktor Heribert Strunzl genau so etwas gesucht – einen Ort, wo ihm niemand auf die Finger schauen würde, und eine ahnungslose, hilflose Frau als Vermieterin! Lassen Sie mich noch schnell schildern, wie das Gartenhaus aussieht, denn das ist wichtig für die weitere Geschichte. Stellen Sie sich eine cremegelbe Schuhschachtel vor, in deren kurze Seiten je eine Tür geschnitten ist, während sich in der vorderen Längsseite zwei kleine Fenster befinden, je eines in jedem der beiden Räume. Aus der hinteren, fensterlosen Längswand springt als vierkantiges Türmchen ein winziges Badezimmer mit Toilette und Dusche vor, das im ursprünglichen Bauplan nicht vorgesehen war. Zu der Zeit, als das Haus erbaut wurde, waren Badezimmer noch nicht allgemein gebräuchlich. Auf dem Ganzen sitzt wie ein grünes Hütchen ein Dach, sodass außer den beiden Räumen auch noch ein Dachboden vorhanden ist, den man freilich nur gebückt betreten kann, so niedrig ist er. Von größerer Bedeutung für meine Geschichte ist, dass die beiden Gebäude einen gemeinsamen Keller haben – oder besser gesagt, jedes hat seinen eigenen Keller, die jedoch durch einen schmalen unterirdischen Gang miteinander verbunden sind. Sie wurden schon zu Zeiten meiner Urgroßeltern angelegt. Noch in meiner Kindheit diente der vordere zur Aufbewahrung von Äpfeln und Einmachgläsern, während sich im hinteren ein unheimlich aussehender Ofen befindet, so groß wie ein kleines Zimmer, der mit Koks beheizt wurde. Als ich das Haus erbte, stellte ich auf die saubere und praktische Gasheizung um. Den Heizkeller sperrte ich, da es viel zu teuer und mühsam gewesen wäre, den ungeheuren Ofen zu entfernen, kurzerhand zu. Auch die Brettertür zum Verbindungsgang war – um Ratten und Feldmäuse fernzuhalten – meistens verschlossen, es sei denn, um die Gas- und Wasserrohre zu überprüfen, die dort neben den stillgelegten Heizungsrohren verliefen. Sobald ich den Entschluss gefasst hatte zu vermieten, ließ ich den Bungalow frisch streichen, stellte eine dieser Mini-Küchen hinein – Sie wissen schon, Herd, Spüle und Kühlschrank in einem –, und investierte in einige günstige Möbel sowie einen Dauerbrandofen, der sich leicht an den schon vorhandenen Kamin anschließen ließ. Dann annoncierte ich wegen eines Untermieters. Dabei konzentrierte ich mich vor allem auf die Universitätsinstitute der Biologie und Zoologie, die nur ein Dutzend Straßenbahnstationen entfernt in einer riesigen Glas-...