Büchner | Das Familienritual | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 5, 100 Seiten

Reihe: Edition Barbara Büchner

Büchner Das Familienritual


1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-948592-34-9
Verlag: Ashera Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)

E-Book, Deutsch, Band 5, 100 Seiten

Reihe: Edition Barbara Büchner

ISBN: 978-3-948592-34-9
Verlag: Ashera Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Pfarrer Jerome Belham und seine junge Frau Kathy werden von der Behörde in eine merkwürdige kleine Stadt in den Marschen Neu-Englands gerufen, wo sie sich um den elfjährigen Stiefsohn eines verstorbenen Verwandten kümmern sollen. Kathys Onkel Petri allerdings war ein Schwarzmagier, dessen Hinterlassenschaft die Belhams in irdische und überirdische Schwierigkeiten bringt - denn (was die Beiden vorerst nicht wissen) der kleine Cyril ist als Opfer für die monströse Wesenheit vorgesehen, die man den 'Plumpsack' nennt. Das Sommerfest, bei dem das Opfer vollzogen werden soll, steht vor der Tür - und die Belhams müssen entdecken, dass sie von allen Seiten daran gehindert werden, mit dem Kind die Stadt zu verlassen! Und dass Onkel Adrian nicht so tot ist, wie man glauben möchte. Erfolgsautorin Barbara Büchner schuf mit 'Das Familienritual' einen weiteren düsteren Phantastikroman in lovecraftscher Tradition.

Barbara Büchner wurde 1950 in Wien geboren und wollte nie etwas Anderes werden als Schriftstellerin. Ihre Romane beziehen sich meist auf authentische Fälle, sei es Spuk oder Verbrechen. 1985 erschien, unbeachtet von der Öffentlichkeit, ihr erstes Buch, ein Schauerroman. Literarisch beeinflusst wurde sie von E.A. Poe, H.P. Lovecraft, Conan Doyle und vor allem Dino Buzzatti. Inzwischen hat sie sich auf diesem, ihrem eigentlichen Gebiet im deutschsprachigen Raum einen Namen gemacht.

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21. Juni, nachts
  Wie unsympathisch ihr der Gedanke an die Reise nach Neu-England war, merkte die junge Pfarrersfrau Kathy Belham an den Träumen, die sie in der Nacht vor dem Aufbruch quälten. Sie waren verworren, lächerlich und bedrückend zugleich. In einer der kurzen Szenen, die ihr nach dem Erwachen mitten in der Nacht einfielen, ging sie an einem dunklen Strand entlang und beobachtete, wie sich eine Welle unter Wasser neben ihr her bewegte, als schwimme etwas Buckliges unter der Oberfläche. Sie versuchte davonzulaufen, aber mit jedem Schritt versanken ihre Füße tiefer im hemmenden Sand, während das unterseeische Ding bedrohlich näher und näher an die Wasserlinie heranpaddelte. In einem anderen Nachtmahr spürte sie kalte, hornige Finger ihren Rücken berühren und fuhr herum, aber da war nichts, nur eine Ranke der giftigen Fliegenwinde lag auf dem Boden. Schleim troff aus ihrem fahlweißen, trichterförmigen Kelch. Dann wieder überquerte sie in der Abenddämmerung eine Wiese, die gespenstisch vom Schein eines großen Feuers erhellt war. Eine Gruppe Männer stand daneben und warf Teile des überall herumliegenden Gerümpels in die Flammen. Manchmal krallten sich die Feuerzungen in Unverdaulichem fest, dann knatterte es wie Feuerwerk, und rotglühende Funken sprühten nach allen Richtungen auseinander. Manchmal fanden sie Süßes und Schmackhaftes, dann sprang die Flamme hoch und lodernd auf und drehte sich wie ein Wirbelwind. Kathy blickte in die Gesichter der Umstehenden, die im Feuerschein starr und glänzend und bronzefarben waren, und einen Moment leuchtete es wie eine Vision vor ihr auf: Gleich würde jemand einen metallenen Gong schlagen und schrille Musik aus gekrümmten Pfeifen erschallen, und rund um das lodernde Feuer würden in steifem Tanzschritt Gestalten in schwarzen perlenbesetzten Roben springen und Tänze zu Ehren abscheulicher Götter beginnen. Einer dieser Träume jedoch war klar und deutlich das Wiederaufleben einer Erinnerung, die sie lange in sich vergraben hatte und die nun wieder ihr hässliches Haupt erhob. Ihr Traum wiederholte ein schreckliches Erlebnis, das sie als kleines Mädchen gehabt hatte und über das sie nie mit jemand gesprochen hatte. Damals hatte Onkel Adrian eine kurze Zeit lang im Bostoner Haus ihrer Eltern gewohnt. Eines Abends, als ein heftiger Sturm durch die Straßenschluchten der Stadt fegte, war sie in den Korridor vor seinem Zimmer hinaufgestiegen, um die Fenster zu schließen. Sie war überrascht gewesen, den Schriftsteller dort vorzufinden, wie er vor dem runden Fenster an der Schmalseite des Korridors stand – reglos wie eine Schaufensterpuppe, den Blick auf die Stadt gerichtet, über der die von Blitzen erhellte Wolken dahinrasten. Er hatte ihr den Rücken zugewandt, und plötzlich hatte sie eine eisige Beklemmung bei dem Gedanken empfunden, dass er ihre Schritte gehört hatte, dass er sich jeden Augenblick umdrehen und sie ansehen könne. Und dann war es tatsächlich geschehen! Ohne ein Glied zu rühren, wandte er sich, als stünde er auf einer sich drehenden Platte, und sein Blick senkte sich in den ihren. Trotz des Halbdunkels im unbeleuchteten Korridor hatte sie ihn deutlich gesehen, denn ein sonderbar violettes Licht umgab ihn. Nein, es schien von ihm auszuströmen wie der Glanz eines dämonischen Glühwürmchens! Sie hatte wie versteinert dagestanden, den Blick in atemlosem Entsetzen auf sein Gesicht gerichtet. Es hatte sich in eine teuflische Fratze verwandelt! Ein sympathischer Mann war Adrian Petri nie gewesen, aber selbst seine Feinde – von denen er nicht wenige hatte – mussten zugeben, dass er ein attraktiver Mann war. Eine kraftvolle, robuste Erscheinung mit leuchtend diamantblauen Augen unter struppig überhängenden Brauen und einem Busch frühzeitig weiß gewordener Haare darüber. An diesem schrecklichen Nachmittag jedoch stand sein Haar vom Schädel ab wie die Borsten eines Reisbesens. Das Gesicht darunter war seltsam in die Länge gezogen wie vom Löffel rinnender Teig und von einer abstoßend gelben Farbe, wie Kathy sie noch nie an einem lebenden Menschen gesehen hatte. Auch die Zähne waren unnatürlich lang geworden und ragten weit aus den Kiefern. Die blauen Augen glühten wie Gasflammen in den tiefen, kohlschwarzen Höhlen. Als Kathy unwillkürlich aufschrie und so ihre Anwesenheit verriet, stieß er einen grässlich zischenden Laut aus und kam auf sie zu, nicht mit menschlichen Bewegungen, sondern wie an Drähten durch die Luft gleitend. Er krümmte die erhobenen Hände, als wolle er sie im nächsten Augenblick an der Gurgel packen und erwürgen – und es waren nicht mehr die manikürten Hände eines gepflegten Mannes, sondern gelbe, schuppige Klauen wie die eines Reptils. Ohne auch nur einen Augenblick zu zögern, war Kathy schreiend die Treppe hinuntergeflüchtet, in solch wilder Hast, dass sie sich um ein Haar Hals und Beine gebrochen hätte, und war erst in die Wohnung zurückgekehrt, als ihre Eltern von der Arbeit heimkamen. Sie hatte nicht gewagt, irgendjemandem davon zu erzählen. Zum Abendessen war Onkel Adrian wie gewohnt bei Tisch erschienen und hatte genauso ausgesehen wie immer. Aber Kathy wusste genau, dass sie nicht geträumt hatte und keiner Sinnestäuschung erlegen war, das bewies ihr schon sein Verhalten – der furchtbare, mörderische Blick, den er ihr über den Tisch hinweg zuwarf. Er besagte: Wage es nicht, irgendjemand davon zu erzählen, was du gesehen hast! Ich würde dich auf der Stelle töten, und ich müsste nicht einmal eine Hand heben, um es zu tun! Sie traute ihm durchaus zu, dass er sie mit einem Bannspruch tötete. Der Schriftsteller hatte, so lange sie sich zurückerinnern konnten, eine Neigung zu ausgefallenen, zuweilen altertümlichen und morbiden, jedenfalls aber definitiv unchristlichen Formen der Religion gehabt, die sich auch in seinen Romanen niederschlug. Er hatte sich als Sucher bezeichnet – und soviel Kathy von ihm wusste, hatte er schon früh klargemacht, dass er am Ende seiner Suche Tiefgründigeres erwartete als „diesen pfäffischen Schwulst“. Kathy erinnerte sich, dass sie einmal – zu der Zeit, als er bei ihren Eltern gewohnt hatte – heimlich einen Blick in sein Zimmer geworfen hatte, das zu betreten ihr streng verboten war. Noch Jahre später spürte sie den Schauder, der sie damals befallen hatte. Es war halb dunkel darin gewesen, denn Onkel Adrian hielt die Jalousien Tag und Nacht geschlossen. Was für grässliche Gemälde da an den Wänden hingen! Was für unheimliche Dinge in dem kleinen Glasschrank standen! Das Schlimmste war jedoch eine wächserne Hand, die auf einem Tischchen lag. Als Kathy den Kopf durch die Türspalte steckte, begann diese Hand plötzlich im Kreis herumzurucken wie eine Kompassnadel, bis der ausgestreckte Zeigefinger genau auf Kathy wies. War es wirklich eine wächserne Hand gewesen? Später hatte sie sich einzureden versucht, es sei irgendein Automat gewesen, ein mechanisches Spielzeug – aber die Hand hatte wie eine lebende menschliche ausgesehen! Seit der Zeit war sie dem Onkel aus dem Weg gegangen, wenn er nach Boston kam, und war froh gewesen, als er die Stadt verließ und nach Neu-England zog, in das seltsame Städtchen am Meer, um dort zu heiraten und sich im Schoß seiner neuen Familie mit Inbrunst seinen okkulten Studien zu widmen. Von ihm gehört hatte sie dennoch immer wieder, teils weil andere Familienmitglieder ihr erzählten, mit welchen hämischen und arroganten Briefen er sie, die Unerleuchteten, bedachte – teils auch, weil seine Bücher große Erfolge wurden und immer wieder Berichte über ihn in illustrierten Magazinen oder auch im Fernsehen erschienen. Obwohl Kathy inzwischen zwanzig Jahre älter war, durchschauerte sie beim bloßen Anblick eines Fotos noch immer dasselbe Grauen, das sie damals im Flur vor seinem Zimmer empfunden hatte. Denn weil das Böse, wenn es einmal Wurzeln geschlagen hat, wuchert wie Efeu, war es Onkel Adrian mit jedem Jahr deutlicher anzusehen, was in seinem Inneren hauste. Die finsteren und abwegigen Forschungen, die er in der magieverseuchten kleinen Stadt am Meer betrieb, hatten ihn gezeichnet. Sein Gesicht war verkniffen, sein Blick glühte in einem unheiligen Feuer. Den Mann hatte etwas Grauenhaftes umgeben, eine Aura, die einem den Atem nahm. Einem normalen Menschen war es unmöglich, sich längere Zeit in seiner Gesellschaft aufzuhalten. Selbst die hart gesottenen Fernsehreporter hatten nicht verbergen können, wie unwohl sie sich in seiner Nähe fühlten. Wenigstens über die Bestattung ihres ungeliebten Verwandten hatten sie sich nicht den Kopf zerbrechen müssen. Für die waren alle nötigen Anordnungen in seinem Testament getroffen worden, wie der Notar ihnen mitgeteilt hatte. Aber das war auch schon alles gewesen. Sie wussten nicht einmal genau, woran er eigentlich gestorben war, und ob das Begräbnis bereits stattgefunden hatte oder noch bevorstand. Sie erinnerte sich, wie sie zum ersten Mal den Brief des Notars gesehen hatte, dieses kurze und erstaunlich nichtssagende Schreiben, das die Mitteilung von Adrian Petris Tod enthielt und den Hinweis, sein Stiefsohn Cyril stünde nun völlig allein in der Welt. Cyril. Vor zwei Jahren hatte er seine Mutter verloren, und nachdem nun auch sein Stiefvater gestorben war, war er, elf Jahre alt und völlig allein in der Welt stehend, auf die Barmherzigkeit einer fernen Verwandtschaft angewiesen. Einer Verwandtschaft, die ihre Christenpflicht nur widerwillig wahrgenommen hatte. Sie erinnerte sich an die Debatten unter Onkel Adrians Verwandten, die dieser Nachricht gefolgt waren. Ich bitte dich, was kann das Kind dafür, wie sich Adrian benommen hat? Elf Jahre! Du weißt nicht einmal, ob sie dort irgendwie darauf eingerichtet sind, elternlose Kinder zu...



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