Büchle | Sommerglanz am Liliensee | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 3, 240 Seiten

Reihe: Die Liliensee-Reihe

Büchle Sommerglanz am Liliensee

Roman
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-96122-557-6
Verlag: Gerth Medien
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, Band 3, 240 Seiten

Reihe: Die Liliensee-Reihe

ISBN: 978-3-96122-557-6
Verlag: Gerth Medien
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Schwarzwald, 1966: Harry Sonntag, der neue Pfarrer von Vierbrücken, ist jung, eloquent und gut aussehend, dem weiblichen Geschlecht gegenüber jedoch ziemlich unbeholfen. Und mit seiner überkorrekten Art eckt der Theologe bei so manchem Vierbrückener an ... Ellen Stein, die Tochter der Besitzer des Hotels am Liliensee, restauriert mit viel Hingabe die Intarsienschnitzereien der kleinen Dorfkirche. Als Ellen und Harry aufeinandertreffen, dauert es nicht lange, bis sie feststellen, dass sie wider Erwarten die eine oder andere Gemeinsamkeit haben ...

Ein humorvoll-romantischer Wohlfühlroman mit liebenswerten Protagonisten, der aufzeigt, dass jeder Mensch einzigartig und wunderbar gemacht ist.

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Kapitel 1 1966 Harry stockte mitten im Satz. Unwillkürlich riss er die Augen auf. Seine Hände umgriffen fest die Holzbrüstung der winzigen Kanzel. Während der sechsundzwanzigjährige Pfarrer seit Gottesdienstbeginn in aufmerksame oder gelangweilte, aber auch in verwirrte und prüfende Gesichter geblickt hatte, taxierte er nun das Portal der kleinen Kirche. Dort stand eine Nachzüglerin und wurde vom goldfarbenen Morgenlicht umschmeichelt. Die Sonnenstrahlen schienen gemeinsam mit der Frau in das Gotteshaus zu drängen. Harry sah von ihrer weiblichen Statur kaum mehr als die Silhouette. Was ihn allerdings faszinierte, war ihr Haar. Vom Sonnenlicht beschienen, lag es wie ein goldener Reif um ihren Kopf, und damit sah die Frau so aus, als wäre sie einem Gemälde von Guariento di Arpo entstiegen. Eine der jungen Damen in der ersten Reihe begann, unruhig mit den Füßen zu scharren, weiter hinten im Raum hüstelte jemand. Dieses Um-Aufmerksamkeit-Heischen, ja die Ungeduld einiger Gottesdienstbesucher ließ den Zauber, der sich auf Harry gelegt hatte, zerplatzen wie eine Seifenblase. Zurück blieb eine junge Frau mit zerzaustem rotblondem Haar, die eine eigenwillige, ganz und gar nicht sonntägliche Garderobe zur Schau trug. Sie schob energisch die schwere Eichenholztür hinter sich zu und sperrte dadurch auch das goldene Licht aus. Rasch huschte sie zu einem freien Platz in der letzten Bankreihe und verschmolz mit der Masse. Und Harry stand wie ein Idiot auf der Kanzel vor seiner neuen Gemeinde, die sich eingefunden hatte, um seinem ersten Gottesdienst beizuwohnen. Er räusperte sich umständlich. Wo war er doch gleich stehen geblieben? Er überflog seine Notizen auf dem in die Jahre gekommenen, speckig glänzenden Lesepult. „Ja, nun …“, stammelte er in dem verzweifelten Bemühen, den roten Faden wiederzufinden, den er in jenem Augenblick verloren hatte, als diese … Engelsgestalt im Türrahmen erschienen war. Von irgendwoher kam ein Kichern, dem Keckern einer Elster gleich. Nur tiefer. Hatte demnach jemand bemerkt, weshalb er aus dem Konzept geraten war? Das wäre … peinlich. Unverzeihlich. Immerhin wollte Harry hier einen untadeligen und hochkultivierten Eindruck machen und genau das umsetzen, was man ihm in seiner Jugend und während des Studiums ans Herz gelegt hatte. Die Pfarrstelle in dieser kleinen Kirchengemeinde, die aus den Einwohnern mehrerer verstreuter Schwarzwalddörfer und Gehöfte bestand, würde sein Sprungbrett für eine Anstellung in der großen Stadt sein. Reiß dich gefälligst zusammen, Harry Sonntag! Das eben war nur eine Frau, die sich verspätet hat. Sie ist nicht einmal sonntäglich gekleidet. Sie ist keine himmlische Erscheinung und somit nichts, was dich ablenken sollte. Eher … ja, was? Verärgern? Sich in Gedanken zur Raison zu rufen, hatte den gewünschten Effekt. Harry fand zurück in seine Predigt, von der er hoffte, dass sie einen guten Eindruck auf die Gemeinde machen würde. „Demnach sollen wir uns durch nichts von Gottes Wort ablenken lassen“, fuhr er mit betont fester Stimme fort. Erst als er erneut dieses seltsame Elsterkeckern hörte, das, so vermutete er, von dem älteren Herrn in Försteruniform stammte, wurde Harry bewusst, was er da gerade von sich gegeben hatte. Ein paar Schweißperlen traten ihm auf die Stirn. Während er seine akribisch vorbereitete und mit unzähligen Belegstellen gespickte Predigt fortsetzte, fragte er sich, weshalb nur einer der hier Anwesenden auf dieses seltsame Zusammenspiel zwischen ihm, der verspäteten Gottesdiensteilnehmerin und seinen Worten reagierte. Schließlich war nicht davon auszugehen, dass die Zuhörer aufgrund seiner ausgefeilten, aber ins Stocken geratenen Predigt vor Ehrfurcht erstarrt waren. Harry vertrieb auch diesen Gedanken und musste die Stimme heben, da eine der vorderen Kirchenbänke eine unerträglich laute Abfolge von Knarrlauten von sich gab. Eine gute halbe Stunde später schloss er mit einem kraftvollen „Amen“ und blickte prüfend in die Gesichter der Gottesdienstbesucher. Drei Mädchen tuschelten; ein kleiner Junge bohrte hingebungsvoll in der Nase, zwei weitere tauschten Murmeln. Eine Frau notierte etwas auf einem Stück Papier. Ob sie seine Predigt mitgeschrieben hatte? Das wäre ja erfreulich! Doch als sie den Zettel einer Dame in der Bank hinter ihr reichte, musste Harry vielmehr davon ausgehen, dass ein Kochrezept die Besitzerin wechselte. Mehrere ältere Damen wirkten irritiert. Eine Frau mittleren Alters, die neben dem vermutlich bereits pensionierten Förster saß, sah ihn mit zur Seite geneigtem Kopf an. Als erwarte sie, dass noch etwas käme. Dabei hatte er doch eine fast einstündige Predigt gehalten! Der Mann zu ihrer Linken – ihr Ehemann, so vermutete Harry – trug ebenfalls eine Försteruniform, hatte die Arme vor der Brust verschränkt und den Kopf gesenkt. Das regelmäßige Heben und Senken seines Brustkorbs verriet, wie tief er schlief. Harry seufzte und griff nach seinen Notizen. Dabei wanderte sein Blick zu den jungen Frauen in der ersten Reihe, wo die Bänke für gewöhnlich leer blieben, als hätten die Gottesdienstbesucher Angst vor dem Geistlichen auf der Kanzel. Mehrere Augenpaare klebten förmlich an ihm. Zumindest diese Gottesdienstbesucherinnen hatten ihm die ganze Zeit über aufmerksam zugehört. Wenn das mal nicht ermutigend war! Immerhin waren sie die Zukunft dieser Gemeinde. Versöhnlich gestimmt schenkte Harry den Mädchen in der ersten Reihe ein Lächeln. Es wurde von allen erwidert, sogar von der betagten Frau am äußersten Rand der Kirchenbank. Sie wirkte wie eine Gouvernante aus dem vergangenen Jahrhundert, die als Anstandsdame für die jungen Frauen fungierte. Der Organist griff völlig unvermutet so kräftig in die Tasten, dass Harry beinahe die oberste Stufe der Kanzeltreppe verpasste. Aus dem Augenwinkel sah er, dass viele der Anwesenden sich ruckartig aufsetzten. Entweder weil sie die Orgelmusik und das Singen der alten Choräle liebten oder … weil das Dröhnen der Orgelpfeifen sie aus einer Art Dämmerschlaf gerissen hatte? Harry hielt die abschließende Liturgie, umnebelt vom üppigen Rosenduft des Buketts auf dem Altar. Anschließend verlas er die Abkündigungen von jenen Zetteln, die ihm Gemeindemitglieder aus den verschiedenen Dörfern in die Hand gedrückt hatten. Die Sohlen seiner Sonntagsschuhe klackten laut auf den hellen Steinplatten, als er zur Tür eilte, um dort seine Schäflein zu verabschieden. Zu seinem Bedauern waren ihm die meisten Gottesdienstbesucher unbekannt, sodass er sie noch nicht mit Namen ansprechen konnte. Viele von ihnen bedankten sich bei ihm. Mehrere Frauen luden ihn zum Essen ein – und stellten ihm im selben Atemzug ihre Töchter vor, bei denen es sich ausnahmslos um die erfreulich aufmerksamen Zuhörerinnen aus der ersten Bankreihe handelte. Also dankte Harry ihnen herzlich für die großzügigen Einladungen und versprach, diesen bald nachzukommen. Gedanklich stellte er dabei bereits eine Liste auf, in welcher Reihenfolge er die Gemeindemitglieder in den jeweiligen Dörfern besuchen und persönlich kennenlernen wollte. Das sei wichtig, ja unumgänglich, hatte Pfarrer Schlecht, sein Vorgänger, ihm anvertraut. Schließlich versuchte der ältere Förster, mit schraubstockartigem Händedruck Harrys Finger zu zerquetschen. Dabei sagte er: „Na, für diese Vorstellung gibt es aber keinen Oscar, Herr Cary.“ „Harry. Harry Sonntag“, verbesserte Harry ein wenig irritiert, jedoch laut und deutlich. Offensichtlich hörte der Mann nicht mehr gut und hatte seinen Namen falsch verstanden. „Ja, Ihnen auch einen schönen Sonntag“, erwiderte der Förster prompt, grinste und trat hinaus in den Sonnenschein. Noch ehe Harry reagieren konnte, reichte ihm die Dame, die zwischen den beiden Uniformierten gesessen hatte, die Hand. „Bitte entschuldigen Sie meinen Schwiegervater.“ Harry ergriff ihre kräftigen Finger. „Aber warum denn, Frau …?“ „Vogel.“ „… Frau Vogel. Für seine Schwerhörigkeit kann er doch nichts.“ Sie stutzte, schmunzelte und meinte: „Nein, aber für eine Menge andere Dinge.“ Mit diesen für Harry nicht unbedingt einleuchtenden Worten trat sie zur Seite und machte ihrem Mann Platz. „Danke für die Predigt“, murmelte der. „Sie war … hilfreich.“ Obwohl es ihm schwerfiel, gelang es Harry, die in ihm aufsteigende Belustigung zu unterdrücken. „Das freut mich, Herr Förster“, erwiderte er und meinte es ehrlich. Vermutlich hatte der Mann den Kirchenschlaf dringend benötigt. „Bis zum nächsten Mal.“ Der Förster setzte sich seinen Hut mit der wippenden Fasanenfeder auf und folgte seiner Frau. Von ihr war keine Einladung gekommen, was Harry bedauerte. Zwar wusste er nicht, woher der Gedanke kam, doch er vermutete, dass eine private Begegnung mit der Familie Vogel durchaus inspirierend sein könnte. Bedachte man, in welch abgeschiedene Region es ihn verschlagen hatte, wäre das sicher bereichernd. Wie automatisch ergriff er die nächste Hand und sah in das ebenmäßige Gesicht jenes rotblonden Mädchens, dessen verspätetes Eintreffen ihn so sehr durcheinandergebracht hatte. Das Haar der jungen Frau, die Harry auf Anfang zwanzig schätzte, war noch immer zerzaust, außerdem meinte er, winzige Holzspäne darin zu erkennen. Die an den Armen aufgekrempelte beigefarbene Bluse war zerknittert, auf der leicht sonnengebräunten Haut waren Spuren von Sägemehl zu sehen. Ihr dunkelblauer Rock war allerdings tadellos sauber und...



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