Bucher Priester des Volkes Gottes
1. Auflage 2010
ISBN: 978-3-429-03322-4
Verlag: Echter
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Gefährdungen - Grundlagen - Perspektiven
E-Book, Deutsch, 153 Seiten
ISBN: 978-3-429-03322-4
Verlag: Echter
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Das katholische Weihepriestertum hat mehr Ehrlichkeit, Phantasie und Kreativität verdient, als gegenwärtig in seine Weiterentwicklung investiert wird. Wie, so fragt Rainer Bucher, kann es seine Aufgabe jenseits seiner bisherigen machtgestützten Form erfüllen? Das Buch bietet eine kritische Analyse der aktuellen Lage des katholischen Priestertums sowie im Rekurs auf seine Grundlagen herausfordernde Ansätze zu seiner Zukunft: Die Gnade Gottes zu repräsentieren, den Glauben daran zu verkörpern, dass sich Gott unwiderruflich den Menschen zuwendet - das ist die Aufgabe des Priesters und eine wirkliche Chance für die Kirche als Volk Gottes.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1;Inhalt;6
2;Vorwort;8
3;Einleitung;10
4;Gefährdungen;22
4.1;I. Klerikalismus als pastorale Hand-lungsform;24
4.1.1;1. Historische und psychologische Annäherungen;24
4.1.2;2. Klerikalismus als pastorale Handlungsform: Versuch einer Begriffsbestimmung;30
4.1.3;3. Abgleichungen;39
4.1.4;4. Klerikalismus heute;47
4.2;II. Sexualisierte Gewalt. Eine Niederlage Gottes;53
4.2.1;1. Religion, Sexualität und Macht »Sexuelle Gewalt ist weniger ein sexuelles als ein Machtphä-nomen.;53
4.2.2;2. Eine Niederlage Gottes in seiner Kirche »Woran Du nun Dein Herz hängst und worauf Du Dich;55
4.2.3;3. Was ansteht;59
4.3;III. Prekäre Existenz;61
4.3.1;1. Burnout-Gefährdungen;61
4.3.2;2. Das Pfarrhaus: Welches Leben in alten Räumen?;68
5;Grundlagen;76
5.1;IV. Gaudium et spes und die Krisen der Kirche;78
5.1.1;1. Die Probleme der Kirche;78
5.1.2;2. Die neuen Zuordnungen von Gaudium et spes;82
5.1.3;3. Die bleibende Notwendigkeit;86
5.1.4;4. Verschenkt?;88
5.2;V. Was sind und wozu brauchen wir Priester?;90
5.2.1;1. Eine charmante Antwort;90
5.2.2;2. Skizzen aus der neueren Kirchengeschichte;93
5.2.3;3. Laien und Priester im Volk Gottes;101
6;Perspektiven;106
6.1;VI. Pastorale Professionalität in der Transformationskrise der Kirche;108
6.1.1;1. Die Entwicklung;108
6.1.2;2. Ambivalenzen;109
6.1.3;3. Pastoral und Professionalisierung;111
6.1.4;4. Pastorale Kompetenzen;114
6.2;VII. Priester des Volkes Gottes. Zur Zukunft der priesterlichen Lebensform;122
6.2.1;1. Das Anerkennungsdefizit;122
6.2.2;2. Strukturen der Anerkennung;123
6.2.3;3. Es gibt kein Zurück;131
6.2.4;4. Eine Schlussbetrachtung;133
7;Anmerkungen;140
8;Veröffentlichungsnachweise;154
Grundlagen (S. 75-77)
IV. Gaudium et spes und die Krisen der Kirche
1. Die Probleme der Kirche
Die katholische Kirche in westlichen Gesellschaften hat bekanntlich viele Probleme, mit dem Priesternachwuchs etwa, der sich nicht in genügender Zahl einstellt, mit der grundstürzenden Neuordnung der Geschlechterverhältnisse, auf die man keine kreative Antwort findet, vor allem aber auch mit der Tatsache, nicht mehr länger eine praktisch unverlassbare Schicksals gemeinschaft, sondern eine von vielen Anbieterinstitutionen auf dem Markt von Kontingenzbewältigung, Wertevermittlung und Alltagsorientierung zu sein.
Angesichts der lange erprobten und bewährten Adaptionskompetenz der katholischen Kirche befremdet bei allen drei Phänomenbereichen die offenkundige Hemmung, diese Herausfor derungen kreativ und offensiv anzugehen. Es dominiert offiziöse Abwehr- und Durchhalterhetorik bei zahlreichen Umgehungstatbeständen an der Basis.
Dies lässt auf tieferliegende konzeptionelle Schwierigkeiten schließen. Das Ausbleiben des Priesternachwuchses in westlichen Gesellschaften, also überall dort, wo der Klerus seinen nachtridentinischen Bildungs-, Macht- und Statusvorsprung verloren hat, deutet auf ein spezifisches Zuordnungsproblem von Geistlichem und Säkularem in der Person.
Solange nämlich Säkularität und Sakralität weiterhin tendenziell auf unterschiedliche innerkirchliche Personengruppen mit signifikant unterschiedlicher kirchenrechtlicher Stellung aufgeteilt werden, werden das (und der) Geistliche in nach-traditionalen Gesellschaften praktisch notwendig durch jene Machtform korrumpiert, an die es und er gekoppelt sind. Die nach-tridentinische Verbindung von Macht und Spiritualität in der Person des Priesters wendet sich nämlich seit einiger Zeit gegen jene, die sie stabilisieren wollte und will. Nichts belegt dies eindrucksvoller als die Erfolg- und Hilflosigkeit kirchenrechtlicher Rettungsversuche priester - licher Identität während der letzten Jahre.
Die personale Codierung der Differenz Geistliches/Profanes, die »Geistliches « auf den Priester, »Profanes« auf die »Laien« verteilte, vor allem aber ihre zusätzliche Kopplung an die Differenz struktureller Macht bzw. Ohnmacht in der Kirche beschädigt nach dem Ende ihrer selbstverständlichen gesellschaftlichen Anerkennung beide Seiten: die Priester wahrscheinlich sogar ein wenig mehr als die Laien. Den Laien bringt sie zwar einen geistlich irgendwie unklaren Status ein, aber sie sind und bleiben immerhin frei in der Gestaltung der Zuordnung von Geistlichem und Säkularem, da sie für Ersteres sowieso amtlich nur sehr eingeschränkt stehen (können) und Letzteres ihnen als Lebensraum zugebilligt wird. Priester aber zwängt die gültige Konstellation in eine vorformierte und überdeterminierte Zuordnung von Geistlichem und Säkularem, die sie tendenziell entindividualisiert und zu geistlichen Rollenmachtträgern werden lässt.