E-Book, Deutsch, 224 Seiten
Breiðfjörð Liebe Isländer
1. Auflage 2011
ISBN: 978-3-8412-0202-4
Verlag: Aufbau Verlage GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Roman
E-Book, Deutsch, 224 Seiten
ISBN: 978-3-8412-0202-4
Verlag: Aufbau Verlage GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Mehr Island geht nicht!
Mitten im tiefsten Winter beschließt ein junger Reykjavíker, seinem Leben eine neue Richtung zu geben - sich vom Club Kaffibarinn zu verabschieden, einen Jeep zu kaufen und sich trotz härtester Minusgrade ganz allein zu einer zweimonatigen Rundreise um Island aufzumachen. Er will seine Heimat, deren Einwohner und nicht zuletzt sich selbst kennenlernen. Das Ergebnis ist zugleich unterhaltsamer Reisebericht und kluge Reflexion über Land, Leute und Nation wie auch die mitreißende Beschreibung einer Selbstfindung in einem großartigen literarischen Roadmovie.
»Ich hatte die Nase voll davon, in Cafés zu sitzen und Latte macchiato zu trinken. Also fuhr ich los.«
Huldar Breiðfjörð wurde 1972 geboren. Er studierte Literaturwissenschaft an der Universität Islands, absolvierte ein Master-Studium im Fach »Filmproduktion« an der New York University. Er war in den letzten Jahren als Journalist und Drehbuchschreiber tätig. Wenn Huldar Breiðfjörð nicht gerade reist, lebt er an den isländischen Westfjorden und in Reykjavík.
Weitere Infos & Material
1;Aisländ;12
2;Der Jeep;21
3;Und trotzdem auf Reisen;24
4;Der erste Reisende;29
5;The Road to Nowhere;32
6;Snæfellsnes;36
7;Die Seele des Cannibals;47
8;Im schönen Stykkishólmur;53
9;Tankstellenkioske;68
10;Das Djúp;79
11;Die Kaffeekasse in Súðavík;94
12;Es fehlt nur der Deckel;102
13;Das Isvolk;108
14;Alles ist schön;118
15;Gibst du auf?;121
16;Auf dem Vatnsskarð;124
17;Meine Provinz;127
18;Öxnadalsheiði;144
19;Die Akureyrer;146
20;Ein Tag auf Hrísey;154
21;Abende in Dalvík;156
22;Am Ljósavatn;167
23;Und Húsavík;169
24;Zimmer 11;184
25;Ostreich;192
26;Breiðalsvík;198
27;Durch die letzte Kurve;202
28;Höfn;204
29;Echte Isländer;210
30;Morgen;218
"(S. 153-154)
Das Wochenende verging, ohne dass ich mein Auto zurückbekam. In nicht wenigen Telefonaten, die ich mit dem Automechaniker führte, sagte er entweder, dass die Reparatur »fast fertig« sei oder dass er einfach nicht verstehe, »was das sein könnte«. Obwohl er den Vergaser gereinigt, Zündkerzen und Platinen ausgewechselt und alles überprüft habe, bekomme er den Motor nicht richtig in Gang. Ich war kurz davor, die Nerven zu verlieren, und befürchtete, ich müsste die nächsten Wochen in Akureyri herumhängen, bis die Ersatzteile aus Schweden eintrudelten.
Außerdem kosteten mich der Schlafsackplatz und die Reparatur jeden Tag eine Stange Geld. Was ich jedoch am schlimmsten fand, war, dass meinen Mechaniker dieses unerklärliche Problem offenbar zu faszinieren schien. Er war zu begeistert, wenn er darüber sprach. So als ob er endlich ein Aufgabe gefunden hätte, die ihn genug forderte und für die er sich genügend Zeit nehmen würde, um dem Problem mal so richtig auf den Grund zu gehen. Ich wiederholte mehrfach, das Studio in Húsavík könne jetzt nicht länger warten.
Zwischen den Telefonaten schlug ich mich damit herum, etwas zu finden, was ich in der Stadt unternehmen konnte, doch nach dem zweiten Mal im Solarium und einem Kinobesuch gab ich es auf und hing nur noch in der Jugendherberge ab. Entweder schrieb ich in mein Tagebuch oder ich versuchte den Fernseher einzustellen, der zwar Funkkanäle empfing, aber nicht mal Fernsehprogramm 1. Am Montag bekam ich dann eine Klaustrophobieattacke und begann mit mir selbst zu sprechen. Ich sagte: »Ich hätte gern ein Krabbensandwich.« Und nach einem weiteren Telefonat mit meinem Schrauber, der noch einmal versicherte, dass das Auto bald fertig sein müsste, beschloss ich, diesen Tag der Insel Hrísey zu widmen.
Ich nahm den Bus nach Árskógssandur. Nach der Hälfte der Fahrt hörte ich im Radio, dass Halldór Laxness gestorben war. Obwohl das Wetter wunderschön war, schien alles etwas leerer nach dieser Nachricht, und der Rest des Tages verging in Schweigen. Das Land zeigte sich von seiner schönsten Seite und bot einen irgendwie demütigen Anblick. Der Eyjafjörður tiefblau, die Berge ringsum schneeweiß. Der Himmel wolkenlos und der Wind still. Alles schien Laxness die Ehre zu erweisen.
Das Meer war spiegelglatt auf dem Weg hinaus zur Insel, die sanft unter einer dicken Schneedecke schlief. Möwen schwebten der Fähre entgegen und lotsten sie in den Hafen. Vier Kinder mit Schultaschen auf dem Rücken liefen vorbei, und als sie verschwunden waren, Gott weiß wohin, sah ich drinnen in der Fischfabrik einen Mann am Fließband stehen. Er trug Ohrenschützer auf dem Kopf und schien das verpasst zu haben, was alle anderen gehört hatten, und war daher nicht verschwunden, Gott weiß wohin. Ansonsten gab es nur mich und das taktfeste Rauschen des Meeres.
Nachdem ich mich versichert hatte, dass die Inselbewohner nicht alle in der Kirche zusammengekommen waren, setzte ich mich auf die Stufen davor und schaute über den Eyjafjörður. Welch eine Schönheit, Ruhe und Stille. Das Schweigen beinahe massiv. Vielleicht war das einfach so an diesem Tag, da Hrísey ein Fischereidorf ist und der Streik immer noch anhielt. Vielleicht auch aus irgendeinem anderen Grund. Ich beobachtete die Sonne, wie sie langsam und ehrwürdig hinter den weißen Bergen versank, die geneigt aus dem blauen Fjord herausragten. Kurz danach brach ein rötlicher Schein aus dem Himmel hervor, und die isländische Flagge umhüllte die Welt. Und dann folgte friedliche Dunkelheit."