Botzat | Wer sucht, der findet | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

Botzat Wer sucht, der findet

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

ISBN: 978-3-7412-8716-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Wer sucht, der findet ... nicht unbedingt das, was er wollte: Judith, die aus Frankfurt nach Irland in das Haus ihrer Freunde fährt um nach einer unglücklichen Beziehung Ruhe und Frieden zu suchen. Und die dann auf ihrem ersten Spaziergang eine Leiche findet; die Archäologen, die an St Brendan's Well wohl nach einem Schatz graben und dabei ihr Leben aufs Spiel setzen; Johnny the Pilot, der Kumpane aus der Vergangenheit trifft, die er lieber vergessen hätte. Dafür aber: eine Liebesgeschichte mit vielleicht glücklichem Ausgang; nicht immer gutes Wetter und eine wunderschöne Landschaft im Süden Irlands, in der Grafschaft Kerry.

Tatjana Botzat, 1949 geboren, studierte Rechtswissenschaft und Pädagogik. Sie arbeitete als Kulturredakteurin und in diversen Bereichen der Erwachsenenbildung. Sie liebt Irland
Botzat Wer sucht, der findet jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


1.
Er musste niesen. Erschrocken hielt er inne. Als sich nichts rührte, ließ er die Haustür vorsichtig ins Schloss fallen. Er horchte wieder. Nicht ein Laut war zu hören. Unzufrieden fuhr er sich über die kurzen grauen Haare, überlegte einen Moment, ob er den Wagen so laut starten sollte, dass sie aufwachte, verwarf die Idee und öffnete die Heckklappe. Ein schaler Geruch nach kaltem Zigarettenrauch schlug ihm entgegen und erinnerte ihn unbarmherzig an die vergangene Nacht. Er unterdrückte ein Aufstoßen, aus dem hätte mehr werden können, und verzog angeekelt das Gesicht. Obwohl er (wenn er ehrlich gegenüber sich selbst war) zugeben musste, dass der Abend nett begonnen hatte: er war mit offenen Armen aufgenommen worden, und das war ihm letzthin nur noch selten passiert. Blindlings griff er nach den neben der Haustür stehenden Gummistiefeln, warf sie ins Auto und versuchte sich zu erinnern, wo er die Angelsachen zuletzt gesehen hatte. Es waren Schwaben gewesen. Schwäbische Angler, verbesserte er sich. Erkennbar an karierten Flanellhemden, grünen Armeehosen und absolut regenfest aussehenden Wetterhüten. - Hinten am Anbau! Da hatte Andi sie vergangene Woche nach ihrer letzten Tour hingestellt. Angefangen hatte es wohl mit den Erzählungen über die Makrelen, die es auf der Insel zu angeln gab. Vielleicht hätte er besser nicht von Hunderten sprechen sollen. Eigentlich entsprach es ganz und gar nicht seiner Art, sich einer solchen Runde anzuschließen, geschweige denn mit der Anzahl oder Größe der Fische anzugeben, die er in seinem Leben gefangen hatte. Das hatte er nicht nötig. Vor ein paar Jahren war er ganz wild aufs Fischen gewesen. Jetzt ging er nur mit Andi. Ab und zu. Hastig nahm er Rute, Tasche und Eimer auf, überzeugte sich, dass genügend Ersatzfedern und Gewichte bereitlagen, warf alles den Stiefeln hinterher und schloss energisch die Autotür. Egal, hatte er sich eben lächerlich gemacht. Nichts im Vergleich zu der idiotischen Idee, sich so früh zum Fischen auf Culloo zu treffen. Es war nun einmal geschehen, so what. Er streckte den Rücken, zog die Kappe aus der Jackentasche und hob den Kopf. Zum ersten Mal blickte er sich bewusst um: es war herzlich wenig zu sehen. Ein paar schwärzliche Schatten im Hintergrund deuteten das hintere Gebäude an, die Wiese selbst verlor sich in deprimierendem Nebelgrau. Dazu wehte überraschenderweise ein recht frischer Nordwest, der im Moment noch den feinen Nieselregen in lang gezogenen Schwaden vor sich hertrieb. Im Laufe des Vormittags würde er sicherlich die tief hängende Trübe vertreiben. Das Wetter bot keine Entschuldigung, stellte er bedauernd fest. Widerwillig schob sich der Wagen, heftig schaukelnd, den Hügel hinauf. Er gähnte. Wenn er nicht diesen idiotischen Streit mit Marion gehabt hätte, dann wäre er nicht in den Pub gegangen. Dann hätte er nicht diese Idioten kennen gelernt, nicht soviel Unsinn verzapft, sich weder betrunken, noch sich auf diese blödsinnige Wette eingelassen und säße jetzt nicht zu dieser gottverdammt frühen Zeit in dem kalten, stinkenden Auto. Hätte, hätte, wäre. Er verzog den Mund. Mein Gott, ein Streit; obwohl, den gab es in der letzten Zeit häufiger. Entweder um Andi, das Geld oder um ihren Wunsch, wieder zu arbeiten. Oder eben - um alles. Um ihr Leben, sagte sie, und er nehme sie nicht ernst. Sie brauchte nicht wieder zu arbeiten, seinetwegen nicht. Er verdiente gut, sie hatten alles – ein Haus, zwei Autos, ein Segelboot - sogar das Ferienhaus hier auf der Insel. Natürlich nahm er sie ernst: war sie zuerst nicht begeistert gewesen, dass sie nicht mehr ins Büro musste? Was hatte sich geändert? Er schnaubte durch die Nase. Das Gatter zur Straße zwang ihn zu einem plötzlichen Halt - er sollte sich mehr konzentrieren, sonst würde am Ende nichts aus seinem Ausflug. Er stieg aus, zog das Tor auf, fuhr den Wagen auf die Straße hinaus, besann sich, machte pflichtbewusst die Warnblinkanlage an, stieg wieder aus und schob den Riegel vor. Der Esel liebte lange Ausflüge die Straße entlang. Er fuhr, sich sorgsam an den linken Straßenrand haltend, wenig mehr als Schritttempo, da die Straße seine gesamte Aufmerksamkeit erforderte. Schmal und unübersichtlich, von Hecken und Mauern begrenzt, wand sie sich in vielen unvermittelten Kurven einmal um die ganze Insel. Trotzdem hätte er den Abzweig nach Culloo fast verpasst. Er bog ab und fluchte. Jedes Mal! Der Wagen holperte, jedes Loch voll auskostend, den von Wind und Regen ausgewaschenen Weg entlang. Jetzt, in der Vagheit des nebligen Morgens und in seiner vernebelten Wahrnehmung erschien ihm die Landschaft fast bedrohlich: das Moor war eine nasse Leere, unterbrochen von einigen stehen gebliebenen Mauerresten am Wegesrand, die kundtaten, dass es hier einmal menschliche Behausungen gegeben hatte. Selbst die Felsen von Culloo, die sich bei klarem Wetter gut sichtbar gegen den Horizont abhoben, konnte er in dem verwaschenen Grau nicht ausmachen. Auch wenn der Wind weiter aufgefrischt hatte. Als er das Wagenfenster einen Spalt weit öffnete, bekam er einen Schwall feuchtkalter frischer Luft ins Gesicht, der ihn aufschrecken ließ. Schon wieder! Diesmal war es eine einfache Eisenstange, die von einem Steinpfosten zum anderen den Weg versperrte. Und keine Kuh weit und breit zu sehen. Er schüttelte den Kopf, knirschte leise mit den Zähnen und stieg aus dem Wagen. Er schob die Stange aus ihrer Halterung, fuhr den Wagen durch und legte die Stange wieder an ihren Platz zurück. Was die sich wegen ihrer paar Viecher alles einfallen ließen. Einfallen lassen mussten, verbesserte er sich. Clever waren sie, wenn er da nur an Will dachte. Arbeitete sich nicht tot, hatte trotzdem sein Auskommen. Obwohl, die Zeiten änderten sich. Dieses Formular, das Will ihm gezeigt hatte, hatte er trotz seiner guten Sprachkenntnisse nicht verstanden. Europa. Er kannte sich eigentlich aus. Aber Agrarsubventionen? Nächste Woche galt es, dann waren alle Unterschriften zusammen, alle Anträge durch und abgesegnet. Dann konnte er loslegen. Er klopfte sich innerlich auf die Schulter und lächelte zufrieden in sich hinein. Sein Projekt! Schadenfreude? Vielleicht ein wenig. Irgendwie, fand er, hatten sie es auch nicht anders verdient. Toms Angriff hatte ihn überrascht. Auch seine Skrupel. Der würde sich mit der Zeit hoffentlich wieder einkriegen. Nur, Marion war ganz still geworden, als er ihr seine Pläne am gestrigen Nachmittag erzählt hatte. Er hatte Begeisterung, vielleicht einen Freudenausbruch erwartet, nicht dieses Schweigen. Vor allem nicht ihren Protest, dass sie hier nicht leben wollte. Hier gab es doch alles. Fast alles. Angeschrien hatte sie ihn, dass sie hier umkomme vor Langeweile. Niemanden kenne. Allein sei. Fassungslos hatte er sie angestarrt. Sie bekamen alle naselang Besuch. Seine Geschäftsfreunde, hatte sie erwidert, seine Anglerfreunde, seine, seine, seine. Und ich? hatte sie gefragt, und was mache ich? Zuhause sitzen? Hilflos hatte er geantwortet, du hast doch mich. Und Andi. Jedenfalls, bis der in die Schule kam. Danach könne man ja sehen, hatte er eingelenkt. Es musste hier doch eine Stelle für sie geben, halbtags. Wenn sie unbedingt arbeiten wollte. Sie hatte ihn nur angesehen und gesagt, er verstehe rein gar nichts. Und war aus dem Zimmer gerannt. Ehrlich gesagt, er hatte es tatsächlich nicht verstanden. Gut, dass ihm das mit den Blumen eingefallen war. Rosen, die mochte sie. Sie würden schon eine Lösung finden. Er blickte in den Rückspiegel und zog eine Grimasse. Lächeln, ermahnte er sich, einfach ganz entspannt lächeln. Gleich galt es. Langsam nahm er die letzte Kurve vor dem Parkplatz. In der Gewissheit, im nächsten Moment einem Haufen aufgekratzter Männer gegenüber zu stehen, die ihm fröhlich zuwinkten, behielt er das festgefrorene Grinsen bei – aber niemand erwartete ihn, keine Männer, kein lautes Hallo, noch nicht einmal ein einsames Auto. Er hielt an und versuchte sich zu besinnen. Sie hatten sich verabredet, da war er sich ganz sicher. Sie hatten sich für heute verabredet, und zwar früh, da war er sich ebenfalls sicher. Er sah auf seine Uhr: genau sieben. Mühsam nahmen undeutliche Gesprächsfetzen in seinem Hirn Gestalt an. Der Dicke hatte etwas von Tide gesagt. Dann hatten sie alle gerechnet. Jemand, der rechts von ihm saß (der, mit dem er dann Brüderschaft getrunken hatte?), hatte etwas von schlechtem Wetter erzählt. Es hatten alle gelacht, und einer der anderen Männer hatte sieben Uhr vorgeschlagen. Er zögerte. Und wenn sie ihn reinlegen wollten und bereits am Felsen warteten? Hatte er dann die Wette verloren? Allerdings, kein Wagen da… den konnte allerdings einer von ihnen zurückgefahren haben. Besser nachsehen, entschied er. Außerdem, holte er eben allein ein paar Makrelen hoch. Sollten sie ihn alle… Entschlossen schlug er den Kragen hoch, zog die Kappe tief in die Stirn und stieg aus. Er tauschte die Schuhe gegen die Gummistiefel ein, nahm die Angelsachen und den Eimer, schloss den Wagen ab und ging auf die Brücke zu. Schon wieder ein neuer Stacheldraht. Früher, bevor die Klippen noch nicht als Geheimtipp in allen Anglerzeitschriften auftauchten, und nur die Einheimischen mit ihren Söhnen oder solche Leute wie Lorenz und er selbst dort den Sonntagnachmittag verbrachten, konnte man den Felsen direkt...


Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.