E-Book, Deutsch, Band 3, 410 Seiten
Reihe: Die Reise der Scythe
Boom Die Reise der Scythe 3: Resonanz
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-95981-532-1
Verlag: Cross Cult Entertainment
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 3, 410 Seiten
Reihe: Die Reise der Scythe
ISBN: 978-3-95981-532-1
Verlag: Cross Cult Entertainment
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Gestrandet weitab ihrer Heimat, hineingestoßen in einen unerklärlichen Konflikt und ohne zu wissen, wer Freund oder Feind ist: die Odyssee der Crew des Polizeikreuzers Scythe strebt ihrem Höhepunkt entgegen. Als eine alte Nemesis aus dem Verborgenen tritt, das äonenalte Werk einer rätselhaften Zivilisation zu scheitern droht und ein ehrgeiziger Anführer eine neue Machtbasis zu etablieren trachtet, müssen sich die Menschen auf der Scythe entscheiden: Rückkehr in die Heimat oder ein Schicksal im Exil?
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Adamat stand vollkommen still inmitten einer dichten Hecke vor seinem Sommerhaus und starrte durch das Fenster auf die Männer im Esszimmer. Das zweistöckige Haus mit drei Schlafzimmern lag abgelegen im Wald am Ende eines Trampelpfades. Von hier aus brauchte man zu Fuß zwanzig Minuten bis in die Stadt. Unwahrscheinlich, dass jemand Schüsse hören würde. Oder Schreie. Vier von Lord Vetas’ Männern hielten sich im Esszimmer auf, tranken und spielten Karten. Zwei von ihnen waren so groß und muskelbepackt wie Zugpferde. Ein dritter war mittelgroß, hatte einen buschigen schwarzen Bart und einen dicken Bauch, der aus seinem Hemd heraushing. Der letzte Mann war der einzige, den Adamat wiedererkannte. Sein Gesicht war kantig, und sein Kopf wirkte im Vergleich zum Rest seines Körpers beinahe lächerlich klein. Sein Name war Roja der Fuchs, und er war der kleinste Boxer in der Faustkampfarena, die vom Patron in Adopest betrieben wurde. Er war (notwendigerweise) flinker als die meisten Boxer, allerdings erfreute er sich beim Publikum nicht allzu großer Beliebtheit und nahm nicht an vielen Kämpfen teil. Adamat hatte keine Ahnung, was Roja hier zu suchen hatte. Eines lag jedoch klar auf der Hand: Angesichts dieser Bande von Halunken musste er sich ernsthafte Sorgen um die Sicherheit seiner Kinder machen – insbesondere um die seiner Töchter. »Sergeant«, flüsterte Adamat. Die Hecke raschelte, und Adamat erhaschte einen Blick auf das Gesicht von Sergeant Oldrich. Er besaß eine kantige Kieferpartie, und im trüben Mondschein konnte Adamat die Ausbeulung in seiner Wange erkennen, die von einem Klumpen Tabak herrührte. »Meine Männer sind in Position«, antwortete Oldrich. »Sind sie alle im Esszimmer?« »Ja.« Adamat hatte das Haus jetzt drei Tage lang beobachtet. Die ganze Zeit über hatte er draußen gestanden und diesen Männern dabei zugesehen, wie sie in seinem Haus seine Kinder anbrüllten und Zigarren rauchten, wobei sie Fayes gutes Tischtuch mit Asche und Bier besudelten. Er kannte ihre Gewohnheiten. Er wusste, dass der fette Bärtige im oberen Stockwerk blieb und den ganzen Tag lang auf die Kinder aufpasste. Er wusste, dass die beiden Riesen die Kinder zum Klohäuschen eskortierten, während Roja der Fuchs Wache hielt. Er wusste, dass die vier Männer die Kinder bis zum Anbruch der Dunkelheit nicht aus den Augen lassen würden, bis sie ihr nächtliches Kartenspiel auf dem Esszimmertisch vorbereiteten. Er wusste auch, dass er in den vergangenen drei Tagen kein Anzeichen von seiner Frau oder seinem ältesten Sohn gesehen hatte. Sergeant Oldrich drückte Adamat eine geladene Pistole in die Hand. »Sind Sie sich sicher, dass Sie die Führung übernehmen wollen? Meine Männer sind gut. Sie können die Kinder unversehrt da rausholen.« »Ich bin mir sicher«, sagte Adamat. »Es geht um meine Familie. Meine Verantwortung.« »Zögern Sie nicht abzudrücken, falls einer von ihnen Richtung Treppe läuft«, sagte Oldrich. »Wir wollen nicht, dass sie Geiseln nehmen.« »Die Kinder sind bereits Geiseln«, wollte Adamat sagen. Er verkniff sich die Antwort und strich die Vorderseite seines Mantels mit einer Hand glatt. Der Himmel war bewölkt, und nun, da die Sonne untergegangen war, gab es hier draußen so wenig Licht, dass seine Anwesenheit den Männern im Haus verborgen bleiben würde. Er machte einen Schritt aus der Hecke und wurde plötzlich an die Nacht erinnert, in der er zum Skyline-Palast bestellt worden war. Es war die Nacht gewesen, als alles seinen Anfang genommen hatte: der Putsch, dann der Verräter, dann Lord Vetas. Stumm verfluchte er Feldmarschall Tamas dafür, dass er ihn und seine Familie in diese Sache hineingezogen hatte. Sergeant Oldrichs Soldaten schlichen zusammen mit Adamat über den Trampelpfad zur Vorderseite des Hauses. Adamat wusste, dass sich acht weitere Soldaten hinter dem Haus befanden. Sechzehn Mann insgesamt. Sie waren in der Überzahl. Sie hatten das Überraschungsmoment. Lord Vetas’ Schläger hatten Adamats Kinder. Adamat hielt an der Haustür inne. Die adronischen Soldaten, mit ihren dunkelblauen Uniformen in der Dunkelheit beinahe unsichtbar, nahmen ihre Position unterhalb des Esszimmerfensters ein, die Musketen im Anschlag. Adamat musterte die Tür. Statt eines in der Nähe der Stadt zu wählen, hatte Faye sich für dieses Haus entschieden, und zwar zum Teil wegen dieser Tür. Sie bestand aus robusten Eichenbrettern und hatte stabile Türangeln aus Eisen. Faye war davon überzeugt, dass eine solide Tür mehr Sicherheit für ihre Familie bedeutete. Er hatte es nie übers Herz gebracht, ihr zu sagen, dass der Türrahmen von Termiten befallen war. Tatsächlich hatte Adamat schon lange vorgehabt, ihn ersetzen zu lassen. Adamat machte einen Schritt zurück und setzte zum Tritt an, direkt neben dem Türknauf. Das morsche Holz explodierte unter der Wucht des Aufpralls. Adamat duckte sich in den Flur und hob seine Pistole, während er um die Ecke kam. Alle vier Ganoven sprangen gleichzeitig auf. Einer der beiden Riesen eilte in Richtung Hintertür, die zum Treppenaufgang führte. Adamat zielte mit seiner Pistole und feuerte, und der Mann brach zusammen. »Keine Bewegung«, rief Adamat, »ihr seid umzingelt!« Die drei verbliebenen Ganoven starrten ihn an, während sie dastanden, als wären sie an Ort und Stelle festgefroren. Er sah, wie ihre Augen zu seiner abgeschossenen Pistole wanderten, dann stürzten sie sich gemeinsam auf ihn. Der Kugelhagel aus den Musketen der Soldaten zerschmetterte das Fenster und erfüllte die Luft mit Glassplittern. Die verbliebenen Ganoven sackten zusammen, abgesehen von Roja dem Fuchs. Er wankte mit gezücktem Messer in Richtung Adamat, ein Ärmel bereits durchtränkt von Blut. Adamat fasste seine Pistole am Lauf und schlug mit dem Kolben auf Rojas Kopf. Und dann war alles vorbei – so schnell, wie es begonnen hatte. Nach und nach strömten die Soldaten ins Esszimmer. Adamat drückte sich an ihnen vorbei und raste die Treppe hoch. Zuerst warf er einen Blick in jedes der Kinderzimmer: alle leer. Schließlich blieb nur noch sein Schlafzimmer. Er riss die Tür mit solcher Wucht auf, dass sie beinahe aus den Angeln flog. Die Kinder hatten sich in dem schmalen Spalt zwischen Bett und Wand zusammengekauert. Die älteren Geschwister hielten die jüngeren im Arm und versuchten sie, so gut es ging, zu schützen. Sieben verängstigte Gesichter starrten nun zu Adamat hoch. Einer der Zwillinge weinte, zweifellos wegen der lauten Musketenschüsse. Stumme Tränen tropften an seinen Pausbäckchen herab. Der andere streckte vorsichtig seinen Kopf unter dem Bett hervor, wo er sich versteckt gehalten hatte. Adamat atmete erleichtert auf und sank auf die Knie. Sie waren am Leben. Seine Kinder. Ungebeten kamen ihm die Tränen, als sieben kleine Körper über ihn herfielen. Winzige Hände reckten sich ihm entgegen, um sein Gesicht zu berühren. Er breitete die Arme aus, so weit er konnte, griff nach so vielen Kindern wie möglich und zog sie an sich. Adamat wischte sich die Tränen von den Wangen. Es gehörte sich nicht, vor den Kinder zu weinen. Er atmete einmal tief ein, um die Fassung zurückzugewinnen, und sagte: »Ich bin hier. Ihr seid in Sicherheit. Ich bin mit den Männern von Feldmarschall Tamas hier.« Es folgte eine weitere Runde von Freudentränen und Umarmungen, bevor Adamat die Ordnung wiederherstellen konnte. »Wo ist eure Mutter? Wo ist Josep?« Fanish, seine Zweitälteste, half ihm, die anderen Kinder zu beruhigen. »Sie haben Astrit vor ein paar Wochen mitgenommen«, berichtete sie, während sie mit zitternden Fingern über ihren Zopf strich. »Und letzte Woche kamen sie und haben Mama und Josep mitgenommen.« »Astrit ist in Sicherheit«, sagte Adamat, »Keine Bange. Haben sie gesagt, wohin sie Mama und Josep bringen wollten?« Fanish schüttelte den Kopf. Adamat spürte, wie ihm das Herz in die Hose rutschte, aber er ließ sich nichts anmerken. »Haben sie euch etwas angetan? Irgendjemandem von euch?« Am meisten sorgte er sich um Fanish. Sie war vierzehn, fast schon eine Frau. Ihre Schultern schauten unter ihrem dünnen Nachthemd hervor. Adamat suchte nach blauen Flecken und atmete erleichtert auf, als er keine finden konnte. »Nein, Papa«, sagte Fanish. »Ich habe die Männer belauscht. Sie wollten zwar, aber…« »Aber was?« »Ein Mann kam vorbei, als sie Mama und Josep geholt haben. Ich habe seinen Namen nicht gehört, aber er war wie ein feiner Herr gekleidet, und er hat sehr leise geredet. Er hat...