Gothein, Wilhelm Siegmund
1853-1923
Boethius, Anicius Manlius Severinus
ca. 480-525
Anicius Manlius Severinus Boethius (ca. 480-525) war ein spätantiker römischer Gelehrter, Politiker, neuplatonischer Philosoph und Theologe. Seine Tätigkeit fiel in die Zeit der Herrschaft des Ostgotenkönigs Theoderich, unter dem er hohe Ämter bekleidete. Er geriet in den Verdacht, eine gegen die Ostgotenherrschaft gerichtete Verschwörung von Anhängern des oströmischen Kaisers zu begünstigen. Daher wurde er verhaftet, als Hochverräter verurteilt und hingerichtet. Boethius bemühte sich, ein ehrgeiziges Bildungsprogramm zu verwirklichen. Er beabsichtigte, sämtliche Werke Platons und des Aristoteles als Grundtexte der griechischen philosophischen und wissenschaftlichen Literatur in lateinischer Übersetzung zugänglich zu machen und zu kommentieren. Daneben verfaßte er Lehrbücher. Damit wollte er den Kernbestand der überlieferten Bildungsgüter für die Zukunft sichern, da die Griechischkenntnisse im lateinischsprachigen Westen Europas stark abgenommen hatten. Wegen seines vorzeitigen Todes blieb das gewaltige Vorhaben zwar unvollendet, doch wurde er zum wichtigsten Vermittler der griechischen Bildung an die lateinischsprachige Welt des Mittelalters. Die stärkste Nachwirkung erzielte seine während der Haftzeit entstandene Schrift »Consolatio philosophiae«, in der er seine Vorstellungen zur Ethik und Metaphysik darlegte.