Bodkin / Schulze | Noch mehr Kriminalgeschichten | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 162 Seiten

Reihe: Krimis bei Null Papier

Bodkin / Schulze Noch mehr Kriminalgeschichten

E-Book, Deutsch, 162 Seiten

Reihe: Krimis bei Null Papier

ISBN: 978-3-96281-041-2
Verlag: Null Papier Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Spannende und originelle Kriminalgeschichten um verschwundene Diamanten, Falschgeld und alte Adelsfamilien. Alle mit dem Detektiv Paul Beck, dem 'Irischen Sherlock Holmes'. Null Papier Verlag

Matthias McDonnell Bodkin (1850 - 1933) war ein irischer Nationalist, Politiker, Journalist und Schriftsteller. Neben seiner politischen Tätigkeit widmete er sich in nicht unbedeutendem Maße auch dem Schreiben von Kriminalgeschichten, Romanen, Dramen und politischen Kampfschriften. Bodkin zählt zu den populärsten Kriminalautoren des frühen zwanzigsten Jahrhunderts. Seine bekanntesten Geschichten kreisen um den privaten Ermittler Paul Beck. Diese Detektivfigur wird vielfach als der 'irische Sherlock Holmes' bezeichnet. Bodkin ist es, der mit der hier vorgestellten Dora Myrl die erste weibliche Ermittlerin präsentierte.
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Verschwindende Diamanten.
Sie glich einem bunten Schmetterling im Blumengarten, und es kribbelte sie bis in die Fingerspitzen vor Unruhe und Aufregung. In dem großen Zimmer des großen Hauses der oberen Belgrave Street, das jetzt wirklich einem Garten voller Blumenbeete ähnelte, war nur ein kleiner freier Raum gelassen, wo sie auf einem zweisitzigen Sofa allein saß und ungeduldig mit den Füßchen auf dem weichen Teppich trappelte. Das ganze übrige Zimmer stand voll langer, runder und ovaler Tische, die mit lauter hübschem Schmuck und Tand, wie ihn junge Mädchen lieben, über und über bedeckt waren. Mindestens ein halbes Dutzend der vornehmsten Juwelier- und Galanterieläden von Regent-Street schienen ihre Schaufenster hier ausgeleert zu haben. Die Tische strahlten von Silber, Gold und Edelsteinen; schwere, bunte Seidenstoffe, gemalte Fächer, zierliche Vasen und kostbare Porzellanservice sah man, wohin das Auge blickte. Lilian Ray und Sydney Harcourt sollten nämlich die nächste Woche Hochzeit halten; in ganz London gab es kein interessanteres Brautpaar. Mit ihrem hübschen Gesicht und ihrem liebenswürdigen Wesen hatte sich Lilian die Herzen im Sturm erobert, und dass der gutherzige, aber heißblütige Harcourt über Hals und Kopf in sein Verderben gerannt wäre, wenn sie ihn nicht noch rechtzeitig festgehalten hätte, wusste alle Welt. So fand denn die Verlobung jedermanns Beifall, und während der drei letzten Wochen waren die Hochzeitsgeschenke von allen Seiten herbeigeströmt und hatten das vordere Wohnzimmer förmlich überflutet. Dass Lilian sich in großer Aufregung befand, war sehr begreiflich, denn sie erwartete ihren Bräutigam, der ihr die berühmten Harcourtschen Diamanten bringen sollte, die seit einem halben Jahrhundert in der vornehmen Welt Londons mit Entzücken und heimlichem Neide betrachtet wurden. Aus ihrem dunkeln, aber sichern Verließ in der Bank waren die funkelnden Edelsteine nach Herrn Ophirs Juwelierladen in Bond-Street geschafft worden; denn ihre Fassung war zu altmodisch, und es sollte zugleich untersucht werden, ob die zierlichen silbernen Klammern, die die kostbaren Steinchen umfassten, auch noch ihre Pflicht und Schuldigkeit täten. Um die glänzende Pracht in bestem Lichte zu zeigen, war obendrein ein funkelnagelneues Etui für den Schmuck bestellt worden. An der Straßentür klingelt es und Lilian fliegt ans Fenster; doch gleich wendet sie wieder ärgerlich den Kopf wie ein verwöhntes Kind. »Noch ein Reisesack – das ist der siebente – bei zweien ist Schloss und Bügel von Gold. Dort stehen sie alle in Reih und Glied und sperren die goldenen und silbernen Zähne auf. Wie können nur die Leute denken – –« Sie vollendete den Satz nicht, denn eben kam eine Droschke rasch um die Ecke gefahren und sie erblickte ein junges strahlendes Gesicht und ein flaches Päckchen; dann sank sie wieder aufs Sofa zurück und holte tief Atem. Es klingelte wieder; jemand stürmte die Treppe herauf, immer vier Stufen auf einmal. Sie kannte den Schritt, saß aber mäuschenstill. Im nächsten Augenblick stand er im Zimmer. Ihre Augen hießen ihn willkommen, aber ihre Lippen schmollten: »Du kommst zehn Minuten zu früh, Sydney, und ich habe so viel zu tun. Was bringst du mir denn da?« »O du kleine Heuchlerin! Und dabei sehnst du mich schon seit einer Stunde mit den Diamanten herbei. Ich habe nicht übel Lust, sie wieder fortzutragen.« Er saß schon neben ihr, hatte den rechten Arm um sie geschlungen und hielt das Juwelenkästchen in seiner Linken weit weg von ihr. Errötend und lachend machte sie sich los, um die Diamanten zu erhaschen. Doch er kam ihr zuvor. Rasch sprang er auf und hielt das Etui acht Fuß hoch in die Luft. Lilian stellte sich auf die Fußspitzen; mit einer Hand konnte sie seinen Ellbogen erreichen, mit der andern griff sie ihm in die braunen Locken und machte sich zum Sprung bereit. Dabei kam sie seinem Gesicht zu nah und konnte sich nicht wehren. Die Folgen waren unvermeidlich. »O, du böser Mensch!« rief sie unwillkürlich in ihrer Überraschung. »Vorausbezahlung,« erwiderte er lachend und legte ihr das kostbare Etui in die Hand. »Es stimmt nicht ganz, das gestehe ich ein: doch bin ich bereit, dir herauszugeben, soviel du willst.« Lilian war mit ihrem Schatz nach dem Sofa entflohen. »Nun sei einmal einen Augenblick vernünftig und reiche mir die Schere, die dort in dem Arbeitskörbchen neben der eingerahmten Fotografie auf dem Tisch liegt.« Das Etui war in hellbraunes Papier gewickelt, mit Bindfaden verschnürt und fest zugesiegelt. Hastig zerschnitt sie die Schnur, ohne die großen roten Siegel zu verletzen, und ließ die Papierhülle auf den Teppich fallen. Aus dem weichen weißen Seidenpapier kam das neue Etui von hellbraunem Saffian zum Vorschein, auf dem ein verschlungenes L. H. in goldenen Buchstaben prangte. Lilian stieß einen leisen Freudenschrei aus; die Diamanten waren nun wirklich ihr Eigentum. Der glückliche Bräutigam neben ihr sah sie liebevoll an, wie man ein hübsches spielendes Kind betrachtet, und tat, als wolle er ihr den Schmuck entreißen. Doch sie hielt ihn fest, zögerte noch einen Augenblick, holte tief Atem, um sich auf den entzückenden Anblick vorzubereiten, und öffnete das Etui. – Es war leer! Das Futter von violettem Samt mit dem erhöhten Mittelpunkt sah nur etwas zerknittert aus, wie ein Bett, in dem jemand gelegen hat. Das war alles. Lilian schaute ihren Bräutigam halb belustigt, halb vorwurfsvoll an; sie dachte, er habe ihr einen Streich gespielt. Doch er machte ein erschrecktes und überraschtes Gesicht. »Was soll das heißen, Sydney? Treibst du Scherz mit mir?« fragte sie. »Ich begreife es nicht, Lily,« versetzte er mit völlig veränderter Stimme. »Es ist mir unfasslich. Ich bringe dir das Etui, wie Herr Ophir es mir übergeben hat. Er sagte, er habe die Diamanten hineingelegt und das Paket eigenhändig versiegelt. Sieh nur,« sagte er, das Papier vom Boden aufhebend, »die Siegel sind noch unverletzt. Seitdem hat es kein Mensch berührt außer dir und mir, aber die Diamanten sind fort! Dem alten Ophir würde es auch nicht im Traum einfallen, mir solchen Streich zu spielen. Und doch weiß ich keine andre Erklärung, als dass er … Nein, das wäre zu abgeschmackt. Er ist ein ungeheuer reicher Mann und so zuverlässig wie die Bank von England. Noch als er mir das kostbare Paket einhändigte, hat er mich zur Vorsicht ermahnt: ›Das Etui hat einen Wert von zwanzigtausend Pfund, Herr Harcourt,‹ sagte er, ›geben Sie es nicht aus der Hand, damit es nicht Schaden leidet.‹ Natürlich folgte ich seinem Rat, und...


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