Bleyer | Kärntner Kesseltrieb | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 240 Seiten

Reihe: Sepp Flattacher

Bleyer Kärntner Kesseltrieb

Kriminalroman
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-96041-508-4
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Kriminalroman

E-Book, Deutsch, 240 Seiten

Reihe: Sepp Flattacher

ISBN: 978-3-96041-508-4
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Tiefschwarzer Humor aus dem Mölltal.

Mit Touristen im Revier hat Aufsichtsjäger Sepp Flattacher seine liebe Not. Und als er mitten im Wald eine stattliche Hanfplantage entdeckt, ist's endgültig aus mit der Gaudi. Denn für ein Drogenkartell hat Sepp fast noch weniger Verständnis als für übereifrige Schwammerlsucher. Entschlossen bläst er zur Jagd auf die Ganoven im Mölltal. Doch die sind durchaus bereit, über Leichen zu gehen.

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1
Kennst du den schon? Steigt ein Jäger auf den Hochsitz. Hockt schon ein Pärchen drauf. Sagt der Jäger … Keine Ahnung, was irgendein Jäger drauf sagen würde. Der Sepp Flattacher jedenfalls knurrte böse: »Runter von meinem Sitz!« »Huch!«, japste die Tschåldra, die offensichtlich nicht damit gerechnet hatte, dass plötzlich ein grantiger Jäger auf der Leiter stehen und seinen rechtmäßigen Platz einfordern könnte. »Schnacksln könnts meinetwegen in den Brombeerstauden, wenns euch ka Hotel leisten könnts!«, schnauzte er die beiden an. Was manche Leit an Hochsitzen romantisch fanden, konnte Sepp nicht nachvollziehen. Gut, so eine halb geschlossene Kanzel wie diese mochte lauschige Abgeschiedenheit gewähren; aber dennoch blieb es eng, ungemütlich und nicht ganz ungefährlich. Nur zu leicht konnte man sich beim Herumwetzen einen Špal im Allerwertesten einhandeln. Wenn dann noch so ein liebestolles Pärchen mitsamt Hochsitz fünf Meter zu Boden krachte – die Dinger waren hålt nicht für dynamische Wackelbelastungen ausgelegt, sondern für Waidmänner, die ruhig und still dasaßen –, war Schluss mit sexy. Und wer hatte dann wieder den Ärger? Die Jäger, die einen neuen Hochsitz errichten und sich vielleicht noch rechtfertigen mussten, warum der alte zusammengebrochen war. Also wirklich! »Wie bitte?«, fragte der Mann begriffsstutzig. »Was meinen Sie?« »Wir wohnen in der Pension Hanni in Mallnitz«, fügte seine bessere Hälfte gschaftig hinzu. Oha, mit seinem Verdacht war Sepp wohl falsch gelegen, wie er auf den zweiten Blick feststellte. Das Pärchen mittleren Alters wurde nicht vom zweiten Frühling heimgesucht, sondern saß voll bekleidet – und sichtlich verkrampft – auf dem schmalen Sitzbrett. Kleinkariert und bunt die Hemden, nagelneue Multifunktionsfreizeittreter und zwei Paar Wanderstecken für den zackigen Marsch durch Mutter Natur. Scheiß Touristengfrasta! »Das ist kein Aussichtsturm, also runter!«, fuhr er sie mit gedämpfter Stimme an. »A bissl flott – und leise! Im Wald gibt’s ka Gschra!« Über nichts konnte sich Sepp so sehr ärgern – also gut, abgesehen von Jagdkameraden, die ihm seine Trophäen streitig machten, korrupten Politikern, tepaten Leit im Allgemeinen und seinen Nachbarn Heinrich Belten im Speziellen und so weiter und so fort – wie über Touristen, die im Wald a Metn veranstalteten, dass die Hälfte gnua wäre. Wenn eine Touristenhorde trällernd durch seinen Wald stapfte, keinen Ton traf und das fehlende Talent durch Lautstärke wettzumachen trachtete, griff er schon aus Umwelt- und Tierschutzgründen hart durch. Mindestens genauso schlimm fand er Schwammerlsucher, die sich zum systematischen Abgrasen der Waldhänge trennten und sich dann mit lautstarken Zurufen miteinander verständigten, wenn sie drei verdorrte Eierschwammerln gefunden hatten. Das einzig Gute daran war, dass Waldbesitzer, Jäger und die Bergwacht dadurch genau wussten, wo sich die übereifrigen Sammler befanden, und sie an geeigneter Stelle abfangen konnten. Und wehe dem – egal ob Italiener oder Einheimischer –, der zu viel auf die Waage brachte! Sein Blick fiel auf den gut gefüllten Korb zu Füßen der beiden Touristen. Ha! Er hasste es, wenn sich Leute in seinem Revier nicht an die Regeln hielten. Und die beiden vor ihm brachen gerade mehr als ein Gesetz. »Unbefugten ist die Benutzung jagdlicher Einrichtungen verboten, und das sind garantiert mehr Steinpilze als erlaubt!« Hardigatte, die herbstliche Abenddämmerung brach bereits herein, es begann die beste Jagdzeit des Tages, und er musste sich mit zwei Piefkes herumplagen, statt Anblick zu haben. »Aber …« »Jetzt aber runter von meinem Sitz!« Er bedeutete ihnen unwirsch, in Bewegung zu kommen, aber sie blieben stocksteif sitzen. »Wollen S’ hier übernachten oder was?« »Aber die Bären …«, flüsterte die Frau und umklammerte den Arm ihres Mannes. »Hören Sie doch!« »Was?« »Na, die Bären! Sie hören sie doch auch, oder?« Ein dumpfes Röhren klang durch den Wald. Da ging dem Jäger das Herz auf – den beiden Touristen aber rutschte es in die Hochwasserhosen. »Bären?« Wollten die ihn verarschen? Nein. Sie sahen ernst und betreten drein; geradezu furchtsam, als ob sie sich gleich anscheißen würden. »Bären, aha«, murmelte er mehr zu sich selbst und schüttelte den Kopf. Ob im tiefen Wald oder auf der hohen Alm – da konnte so mancher Bauer, der seine Kühe oben weiden ließ, ein Lied davon singen –, mit den Stadtmenschen hatte man nichts als a Gscher. »Bitte entschuldigen Sie. Nur deshalb sind wir auf den Hochsitz herauf, verstehen Sie«, erklärte die Frau. »Wir hörten die Bären und konnten uns gerade noch rechtzeitig retten«, ergänzte der Tschriapl und nickte mehrmals. »Wir haben uns vor dem Urlaub schlaugemacht und gelesen, dass es in Kärnten neben Wölfen auch Bären geben soll. In der Nähe von Klagenfurt wagte sich einer ganz frech an die Siedlung heran, nicht wahr? Gibt es hier im Mölltal denn viele Bären?« Sepp kratzte sich am Bart. »Oh ja. Viele«, brummte er. »Vor allem Schwarzbeeren.« »Sind die sehr gefährlich?« »Hm-hm.« Wieder erklang ein Röhren. »Es hört sich an, als hätten sie uns umzingelt«, jammerte die Frau. Sie erhob sich halb und spähte vom Hochsitz hinunter. Sepp schnaufte ungeduldig über und schickte sich an, die Leiter hinunterzusteigen. »Warten Sie! Wo wollen Sie denn hin? Sie können doch nicht … und uns hier allein …« Der Mann machte einen Satz nach vorn und umklammerte beinahe schmerzhaft Sepps Hand, mit der sich dieser am Einstieg festhielt. »Ich heiße Hans-Jürgen. Und das ist meine Frau, die Doris.« Wen interessierte das? »Sollen wir uns jetzt verbrüdern oder was?« »Na ja, wir sitzen ja irgendwie … im selben Boot? Die Gefahr … das schweißt zusammen, gemeinsam …« Die Piefkes hatten doch alle einen gewaltigen Klopfer. Und da hatte Sepp immer gedacht, nur der Belten wäre saublöd. »Bitte, lassen Sie uns nicht im Stich, Herr …?«, flehte Doris. »Sepp.« Er seufzte. Was die heutige Jagd betraf, galt: Der Zug war abgefahren. Verärgert wollte er nur noch eines: Die beiden Deppen aus seinem Revier verjagen. Doch Hans-Jürgen und Doris würden garantiert wie die Trampeltiere durch den Wald hirschen und sich bei seinem Glück in der einbrechenden Dunkelheit verirren und umso lauter um Hilfe schreien. Dann würde die Bergrettung mit großem Tamtam anrücken … Kruzitürken! Es blieb ihm wohl nichts anderes übrig, als die beiden sicher ins Tal zu geleiten. Gut, dass sein Suzuki nur zweihundert Meter entfernt parkte. Er würde sie einpacken und runter nach Mallnitz bringen müssen. Was blieb ihm auch anderes übrig? Die Jagd konnte er für heute vergessen. »Also gut, wir steigen jetzt –« »Ich trau mich nicht runter!«, fiel Doris ihm hysterisch ins Wort. Sepp verdrehte die Augen. Weiber! »Um Himmels willen, können die Bären zu uns heraufklettern? Sind wir hier oben überhaupt sicher?« Wenn Hans-Jürgen noch weiter zurückwich, würde er seiner Holden am Schoß hocken vor lauter Angst. Konnten diese Flachländer aus dem Norden nicht einfach bleiben, wo sie waren? Das wäre für alle Beteiligten besser. Dann könnte Sepp in seliger Ruhe die Hirschbrunft genießen, und die beiden könnten … was auch immer. »Zum Glück haben Sie … hast du ein Gewehr, Sepp.« »Auch genügend Munition?«, hakte Hans-Jürgen nach. »Drei Patronen«, antwortete er wahrheitsgemäß. »Nur drei?« »Ja, lei drei. Ich geh auf die Jagd und zieh nicht in den Krieg!« Was glaubten Stadtmenschen eigentlich, was Jäger taten? Blindlings jedes Tier abknallen, das ihnen vor die Büchse kam? Sepp war weder ein Barockfürst noch ein osteuropäischer Diktator, der sich das Wild von seinen Untertanen zutreiben ließ und an einem Tag locker hundert Tiere abschlachtete. Von Jagd konnte da doch keine Rede mehr sein; das war hirnloser Blutrausch. Ganz anders hier im Revier: An neun von zehn Jagdtagen fiel gar kein Schuss; zudem kam Sepp allmählich in das Alter, in dem er schon mal auf Beute verzichtete und einfach zusah, was sich in der Natur abspielte. Hege und Pflege wurde bei ihm ebenfalls großgeschrieben, und Sepp machte sich schon jetzt Gedanken über den nahenden Winter. Was, wenn dieser so hart und schneereich wurde wie in den letzten Jahren? Was konnten, was durften sie tun, um das Wild über die kalte Jahreszeit zu retten? Darüber wurde nicht nur in der Hubertusrunde, sondern auch in anderen rotwild- und schneereichen Jagdgebieten hitzig diskutiert. An der Frage, Fütterungen ja oder nein, schieden sich die Geister. Sepps Meinung nach nutzte es niemandem, schon gar nicht dem Jäger, wenn die Tiere elendig verhungerten und im Frühjahr haufenweis die Kadaver herausaperten. Wobei das Futter nur einen Teil ausmachte, genauso wichtig war es, dafür zu sorgen, dass das Wild im Winter die notwendige Ruhe fand, damit es – den Stoffwechsel fuhr es ohnehin hinunter – trotz jahreszeitbedingt geringerem Nahrungsangebot überlebte. Bei der letzten Vorstandssitzung der Hubertusrunde hatte sich auch Sepp dafür eingesetzt, dass sie heuer schon frühzeitig mit der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit – wo Obfrau Irmgard Leitner ja so auf den Austausch mit den Medien und der Bevölkerung...


Alexandra Bleyer ist (natürlich mit einem Jäger) verheiratet und lebt mit ihrer Familie am Millstätter See in Kärnten. Die promovierte Historikerin ist Autorin mehrerer populärer Sachbücher. In ihren in Kärnten angesiedelten Jägerkrimis geht es mit viel schwarzem Humor nicht nur Vierbeinern an den Kragen.



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