Blasius / Küpper | Der Machtmenschliche | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 384 Seiten

Blasius / Küpper Der Machtmenschliche

Armin Laschet. Die Biografie
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-8375-2377-5
Verlag: Klartext
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Armin Laschet. Die Biografie

E-Book, Deutsch, 384 Seiten

ISBN: 978-3-8375-2377-5
Verlag: Klartext
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Lange verspottet und oft unterschätzt: Armin Laschet ist der vielleicht ungewöhnlichste deutsche Spitzenpolitiker der Gegenwart. Selbst in der eigenen Partei wurde der CDU-Mann aus Aachen eher belächelt. Er galt als zu weich, zu liberal, zu rheinisch. Er musste Niederlagen in Serie einstecken. In einem Politikbetrieb, der zunehmend von Personalisierung, Polarisierung und perfekt zur Schau gestellter Amtsautorität geprägt ist, wird einer wie Laschet leicht übersehen. Doch heute regiert er Deutschlands bevölkerungsreichstes Bundesland Nordrhein-Westfalen, führt den größten CDU-Landesverband und gehört zu den einflussreichsten Stimmen in Berlin. Laschet war ein früher Wegbereiter schwarz-grüner Annäherungen und Deutschlands erster Integrationsminister. Er fühlt sich dem europapolitischen Erbe Helmut Kohls verpflichtet und hält das Bewusstsein für die christlichen Wurzeln der "C"-Parteien wach. Wer ist dieser Armin Laschet also wirklich? Wie ist seine Karriere gegen viele Wahrscheinlichkeiten möglich? Und wo könnte der Weg noch hinführen?
Die Journalisten Tobias Blasius und Moritz Küpper haben Laschet über Jahre begleitet. Sie beschreiben Weg, Wesen und Werte eines Politikers, der sich üblichen Bewertungsmustern zu entziehen scheint.

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Prolog
Der Abwartende
„Einer muss ja“ statt „Ich will!“
Eigentlich will Armin Laschet gar nicht in die CDU. Verlegen grinsend steht er als 15-Jähriger im Herbst 1976 in der Fußgängerzone von Aachen-Burtscheid. Gegenüber baut gerade Witold Franke einen kleinen Wahlkampfstand auf. Helmut Kohl fordert als Spitzenkandidat der Union den SPD-Kanzler Helmut Schmidt heraus. Franke ist seit Jahren in der Jungen Union im Aachener Süden engagiert. Er gehört zum Team des neuen lokalen Wahlkreiskandidaten Hans Stercken, der bis 1994 für Aachen im Bundestag bleiben wird. Franke arbeitet zwischenzeitlich als sein Assistent im Bonner Abgeordnetenbüro. Doch an diesem Samstagmorgen im Herbst 1976 ist das alles noch weit weg. Franke muss bei den Burtscheider Wochenend-Einkäufern Stimmung für Stercken machen, damit dieser am Wahltag die entscheidenden Stimmen einfährt. Aus sicherer Distanz schaut ihm der junge Laschet dabei zu. Franke fällt die Neugier des Teenagers auf der anderen Straßenseite auf. Ob er nicht mal rüberkommen wolle, ruft er Laschet zu. Der traut sich. Sie kommen ins Gespräch. Nach kurzer Zeit macht Franke, der bereits über einige Routine bei politischen Werbegesprächen verfügt, dem Schüler Laschet unvermittelt ein Angebot: „Ich würde mich freuen, wenn du Lust hättest, ein wenig mitzumachen.“ Auch fast 45 Jahre später erinnert sich Witold Franke noch genau an diese Fußgängerzonen-Begegnung mit Armin Laschet. „Ja, das fände er ganz gut“, sei dessen spontane Reaktion auf seine Offerte gewesen, „er würde gerne mitmachen.“ Doch dann habe Laschet eine kurze Pause eingelegt und apodiktisch verkündet: „Aber ich trete nie in eine Partei ein.“ Franke weiß nicht mehr genau, ob er ihn damals vom Wahlkampfstand weg direkt für die Junge Union gewinnen wollte. „Da müsste ich jetzt ein wenig rumfantasieren“, sagt er. Doch die Entschiedenheit, mit der Laschet von vornherein einen Parteieintritt ausschließen wollte, die hat sich ihm eingebrannt. Armin Laschet und die CDU – es scheint keine Liebe auf den ersten Blick zu sein. Er fühlt sich zu ihr hingezogen. Sie fasziniert ihn. In der CDU findet sein früh erwachtes politisches Interesse wohl am ehesten eine Heimat. Aber eine Mitgliedschaft als allumfassendes Bekenntnis? Bedeutet das nicht unbedingte Gefolgschaft und verordnete Gesinnungstreue? Laschet und die Politik – es ist von Anfang an die Geschichte einer vorsichtigen Abwägung. Eines stetigen Ringens zwischen Kopf und Bauch, Mut und Vorsicht, Individualität und Konformität. Drei Jahre nach der Begegnung mit Franke in der Fußgängerzone wird Laschet dann doch noch CDU-Mitglied. Wenn auch erst nach längerem Kampf. Der etwas ältere Wolfgang Vorbrüggen, mit dem Laschet später im Aachener Stadtrat sitzen wird, bearbeitet ihn dafür beharrlich. Sie verstehen sich gut und singen in den 70er Jahren gemeinsam in Burtscheid im Kirchenchor. Vor und nach den Proben versucht Vorbrüggen, Laschet für die CDU zu gewinnen. Er drängelt, fragt nach, nervt ihn regelrecht. Vorbrüggen wirft bei den Laschets den Mitgliedsantrag in den Briefkasten. Doch das Formular kommt nicht zurück. Laschet zögert, der Freund hakt nach. So geht das eine Weile. Am Ende siegt Vorbrüggens Hartnäckigkeit. Laschet tritt mit 18 Jahren in die CDU ein. Im Mai 2020 sitzt Armin Laschet in einem cremefarbenen Sessel in seinem Büro in der Düsseldorfer Staatskanzlei und muss lachen, wenn er an Vorbrüggen und das Formular zurückdenkt. Er ist jetzt über 40 Jahre CDU-Mitglied, Chef des größten Landesverbandes Nordrhein-Westfalen und Ministerpräsident des bevölkerungsreichsten Bundeslandes. Laschet könnte seine Skepsis und das Zögern von damals abstreiten, schließlich will er Bundesvorsitzender dieser Partei werden. Doch er gibt offen zu: „Ich war engagiert in der Pfarre, in der Schülervertretung, in unserer Dritte-Welt-Gruppe, aber es war jetzt nicht so, dass ich unbedingt Berufspolitiker werden wollte.“ Seinen Parteieintritt schildert er wie eine Kapitulation vor dem Missionseifer Vorbrüggens: „Dann hat er mir das Formular wieder eingeschmissen, aber es blieb liegen. Dann hat er wieder genervt und es wieder in den Briefkasten gesteckt: Jetzt füll‘ das Ding endlich aus und so weiter.“ Schließlich habe er, „damit er mich in Ruhe lässt, das Ding ausgefüllt“. Gemessen an all den angeblichen Erweckungserlebnissen, die in politischen Biografien oft kunstvoll um den Parteieintritt gerankt werden, schildert Laschet seinen Weg in die CDU als lebensnahes Lavieren eines Jugendlichen. „Das war nicht der große Impetus: Jetzt mache ich Karriere“, bekennt er. Vorbrüggen habe halt irgendwie nicht locker gelassen: „Der musste mich da nicht reinzwängen, aber ich fand es irgendwie lästig und ich hatte 1000 andere Sachen im Kopf.“ Für eine Parteimitgliedschaft gibt es im Hause Laschet auch gar kein Vorbild: „Meine Eltern fanden es eher schräg, dass ich in eine Partei eintrat“, erinnert er sich, „die waren zwar immer CDU-Wähler, aber dass ich jetzt da Mitglied wurde, fanden sie eher komisch.“ Es ist ein wirklich ungewöhnlicher Start für jemanden, der CDU-Bundesvorsitzender werden will. Das Ding ausgefüllt, „damit er mich in Ruhe lässt“? Laschet steht dazu: „Ja, und?“, sagt er, „war doch so.“ Für Witold Franke erzählt die frühe Begegnung am Wahlkampfstand 1976 etwas über den Charakter Laschets. Er glaubt, seinerzeit nicht nur die Verlegenheit eines 15-Jährigen gespürt zu haben, der auf dem falschen Fuß erwischt wird. Franke ist ein erfahrener Pädagoge. Er hat später als Chemie- und Physiklehrer an einem Gymnasium in Jülich Generationen von Schülern unterrichtet. Laschets Vorsicht in der Fußgängerzone ist für ihn rückblickend Ausdruck seiner Persönlichkeit: „Ich meine, das wäre ein Charakterzug von ihm, der vielleicht geblieben ist“, sagt Franke. Abwarten, taxieren, überlegen – und sich dann später entscheiden. „Der Schröder hat am Tor des Kanzleramtes gerüttelt“, sagt Franke und lacht, „der Armin sagt erstmal Nein.“ Das Rütteln am Zaun. Es ist eine vielzitierte Chiffre für Machthunger, Wille und Drang ins höchste Regierungsamt. „Ich will da rein“, hat Gerhard Schröder nach eigener Aussage im Sommer 1982 gerufen, als ihn eine abendliche Kneipentour am Bonner Kanzleramt vorbeiführte. Mit den Händen umklammert der junge Bundestagsabgeordnete dabei den Zaun der Regierungszentrale. 16 Jahre später ist es so weit: Der SPD-Mann wird der siebte Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Bislang gilt es als ungeschriebene Regel der deutschen Politik, dass man den Aufstieg nach ganz oben unbedingt wollen muss, immerzu und mit jeder Faser seines Körpers. Der frühere Grünen-Außenminister Joschka Fischer hat das Kanzleramt einmal in wohligem Schauer mit einem Achttausender verglichen. In dieser „Todeszone“, in der die Luft extrem dünn sei und jeder Fehltritt bestraft werde, überlebten nur die furchtlosesten Extrembergsteiger. Konrad Adenauer, „der Machtmensch“ (Frankfurter Rundschau) und erste Kanzler, beispielsweise, geht zeitlebens unbeirrt seinen Weg. Er trotzt dem Nationalsozialismus und ringt in der jungen Bundesrepublik Gegner und Rivalen mit allen Mitteln nieder. Und selbst die vorerst Letzte in dieser Ahnengalerie, die durch und durch besonnene Physikerin Angela Merkel, besitzt einen sicheren Instinkt für den richtigen Augenblick, in dem man keine Verwandten mehr kennen darf. Als es in der CDU-Spendenaffäre Ende 1999 darauf ankommt, distanziert sie sich mit einem Namensbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung von ihrem Mentor Helmut Kohl. Die Protestantin aus dem Osten sagt sich vom „Kanzler der Einheit“ los, vom Übervater, der nach 25 Jahren an der CDU-Spitze die Partei personifiziert. Diesen Mut haben der „Meisterin des Understatements“ die Wenigsten zugetraut. Doch Merkel beweist immer dann Härte, wenn es drauf ankommt, und erlegt als „geduldige Jägerin der balzenden Auerhähne“, wie sie der ehemalige CSU-Landesgruppen-Chef Michael Glos tauft, zahlreiche ambitionierte CDU-Konkurrenten. Kohl selbst hat das Anforderungsprofil für einen deutschen Bundeskanzler wohl besonders nachhaltig geformt. Sein allumfassender Machtanspruch und Führungswille sind zum Maßstab für politische Karrieren geworden. Mit Provokationen und Kampfkandidaturen mischt er als junger Politiker die CDU auf und erwirbt sich den Ruf einer „Walz von der Pfalz“. Statt sich in Gefolgschaft der Altvorderen geduldig hochzuarbeiten, räumt er diese einfach beiseite. „Ein Politiker, der sich das Amt zutraut – das tue ich –, geht dem Reiz dieses Amtes nicht aus dem Weg“, sagt Kohl schon im Jahr 1970 als 40-jähriger, frisch gewählter Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz über den Posten des Bundeskanzlers. Über...



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