Handlungsfähigkeit und Psychodynamik in der Erwachsenen-, Kinder- und Jugendpsychiatrie
E-Book, Deutsch, 304 Seiten
ISBN: 978-3-456-95324-3
Verlag: Hogrefe AG
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Zielgruppe
Ergotherapeuten
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Medizin | Veterinärmedizin Medizin | Public Health | Pharmazie | Zahnmedizin Physiotherapie, Physikalische Therapie Ergotherapie, Kreativtherapie (z. B. Kunst, Musik, Theater)
- Medizin | Veterinärmedizin Medizin | Public Health | Pharmazie | Zahnmedizin Medizinische Fachgebiete Kinder- & Jugendpsychiatrie
- Medizin | Veterinärmedizin Medizin | Public Health | Pharmazie | Zahnmedizin Medizinische Fachgebiete Psychiatrie, Sozialpsychiatrie, Suchttherapie
Weitere Infos & Material
1;Inhalt, Geleitwort, Vorwort;6
2;1 Das handlungstheoretische Modell;20
2.1;1.1 Grundlagenhandlungstheoretischer Modelle;20
2.2;1.2 Verbindung des handlungstheoretischen Modells mit den theoretischen Quellen;24
2.3;1.3 Definition der Handlung;25
3;2 Beschreibung von Handlungen auf drei Dimensionen;26
3.1;2.1 Objektive Handlung in ihrer hierarchischen und sequentiellen Struktur;26
3.2;2.2 Subjektives Erleben der Handlung;27
3.3;2.3 Soziale Bedeutung der Handlung;27
3.4;2.4 Informationsverarbeitungsprozesse;28
3.5;2.5 Motivation, Wille und Emotion;35
3.6;2.6 Soziale Repräsentationen und individuelle soziale Repräsentationen;37
3.7;2.7 Soziale Handlungskompetenzen;39
3.8;2.8 Die Selbstwirksamkeitsu¨berzeugung;41
3.9;2.9 Zusammenfassung;43
4;3 Entwicklung, Persönlichkeitsstrukturen und Psychopathologie unter psychoanalytischen Gesichtspunkten;46
4.1;3.1 Grundlagen;46
4.2;3.2 Triebentwicklung;50
4.3;3.3 Ich-Entwicklung;54
4.4;3.4 Persönlichkeitsstrukturen;72
4.5;3.5 Eine Synopsis der Krankheitsbilder – als Grundlage fu¨r die Erstellung ergotherapeutischer Behandlungskonzepte;74
5;4 Lerntheoretische Modelle;78
5.1;4.1 Handlungsrelevantes Lernen;78
5.2;4.2 Die sozial-kognitive Lerntheorie;81
5.3;4.3 Leittextgestu¨tztes Lernen;84
6;5 Konzeptionelle Modelle fu¨r die Ergotherapie;94
6.1;5.1 Grundlagen konzeptioneller Modelle fu¨r die Ergotherapie;94
6.2;5.2 Das klinische Reasoning;96
7;6 Erfassungsinstrumente;106
7.1;6.1 Basisbogen zur Erfassung der Handlungsfähigkeit;106
7.2;6.2 Bogen zur Erfassung der sozialen Handlungskompetenzen;109
7.3;6.3 Modifizierter Basisbogenzur Erfassung schizophren erkrankter Menschen;112
7.4;6.4 Methodische Überlegungen zur Anwendung der Erfassungsinstrumente;119
8;7 Mittel der Ergotherapie;124
8.1;7.1 Activities of Daily Living (ADL);124
8.2;7.2 ADL in der Ergotherapie;130
8.3;7.3 Kreativität und Spontaneität als Konzepte der Ergotherapie;135
8.4;7.4 Handwerklich-gestalterische Handlungen;138
8.5;7.5 Bildnerisch gestaltende Handlungen;144
9;8 Instruktionsmethoden;148
9.1;8.1 Handlungsrelevantes Feedback in der Ergotherapie;149
9.2;8.2 Erweiterte Leittexte in der Ergotherapie;152
9.3;8.3 Wochenpläne;158
9.4;8.4 Erstellung von Behandlungskonzepten;161
10;9 Schizophrenie;172
10.1;9.1 Besonderheiten des klinischen Reasoning;172
10.2;9.2 Persönlichkeitsstruktur und Psychopathologie;172
10.3;9.3 Patientenbeispiel;176
10.4;9.4 Ergotherapeutische Erfassung;177
10.5;9.5 Ergotherapeutische Zielsetzungen;180
10.6;9.6 Ergotherapeutische Mittel und Instruktionsmethoden;180
10.7;9.7 Therapeutische Haltung;181
10.8;9.8 Spezielle Chancen und Schwierigkeiten der Ergotherapie bei schizophren erkrankten Menschen;182
11;10 Borderline-Störung;184
11.1;10.1 Besonderheiten des klinischen Reasoning;184
11.2;10.2 Persönlichkeitsstruktur und Psychopathologie;184
11.3;10.3 Patientenbeispiel;189
11.4;10.4 Ergotherapeutische Erfassung;190
11.5;10.5 Ergotherapeutische Zielsetzungen;191
11.6;10.6 Mittel und Instruktionsmethoden;193
11.7;10.7 Therapeutische Haltung;193
11.8;10.8 Spezielle Chancen und Schwierigkeiten der Ergotherapie bei Borderline-Patienten;194
12;11 Depression;196
12.1;11.1 Besonderheiten des klinischen Reasoning;196
12.2;11.2 Persönlichkeitsstruktur und Psychopathologie;197
12.3;11.3 Patientenbeispiel;202
12.4;11.4 Ergotherapeutische Erfassung;203
12.5;11.5 Ergotherapeutische Zielsetzungen;205
12.6;11.6 Ergotherapeutische Mittel und Instruktionsmethoden;206
12.7;11.7 Therapeutische Haltung;207
12.8;11.8 Spezielle Chancen und Schwierigkeiten der Ergotherapie bei depressiv erkrankten Menschen;208
13;12 Manie/Bipolare Störung;210
13.1;12.1 Besonderheiten des klinischen Reasoning;210
13.2;12.2 Persönlichkeitsstruktur und Psychopathologie;210
13.3;12.3 Patientenbeispiel;211
13.4;12.4 Ergotherapeutische Erfassung;212
13.5;12.5 Ergotherapeutische Zielsetzungen;213
13.6;12.6 Ergotherapeutische Mittel und Instruktionsmethoden;213
13.7;12.7 Therapeutische Haltung;214
13.8;12.8 Spezielle Chancen und Schwierigkeiten der Ergotherapie bei manischen Erkrankungen;214
14;13 Zwangsneurose;216
14.1;13.1 Besonderheiten des klinischen Reasoning;216
14.2;13.2 Persönlichkeitsstruktur und Psychopathologie;216
14.3;13.3 Patientenbeispiel;220
14.4;13.4 Ergotherapeutische Erfassung;221
14.5;13.5 Ergotherapeutische Zielsetzungen;222
14.6;13.6 Ergotherapeutische Mittel und Instruktionsmethoden;222
14.7;13.7 Therapeutische Haltung;222
14.8;13.8 Spezielle Chancen und Schwierigkeiten der Ergotherapie bei der Zwangsneurose;223
15;14 Hysterie;224
16;15 Psychosomatik;226
16.1;15.1 Besonderheiten des klinischen Reasoning;226
16.2;15.2 Persönlichkeitsstruktur und Psychopathologie;226
16.3;15.3 Patientenbeispiel;231
16.4;15.4 Ergotherapeutische Erfassung;232
16.5;15.5 Ergotherapeutische Zielsetzungen;234
16.6;15.6 Ergotherapeutische Mittel und Instruktionsmethoden;235
16.7;15.7 Therapeutische Haltung;236
16.8;15.8 Spezielle Chancen und Schwierigkeiten der Ergotherapie bei psychosomatisch erkrankten Menschen;236
17;16 Suchterkrankungen;238
17.1;16.1 Besonderheiten des klinischen Reasoning;238
17.2;16.2 Persönlichkeitsstruktur und Psychopathologie;238
17.3;16.3 Patientenbeispiel;239
17.4;16.4 Ergotherapeutische Erfassung;240
17.5;16.5 Ergotherapeutische Zielsetzungen;242
17.6;16.6 Ergotherapeutische Mittel und Instruktionsmethoden;243
17.7;16.7 Therapeutische Haltung;243
17.8;16.8 Spezielle Chancen und Schwierigkeiten der Ergotherapie bei Suchterkrankungen;243
18;17 Aufmerksamkeitsdefizit-Störung im Erwachsenen bzw.Kindes- und Jugendalter;244
18.1;17.1 Besonderheiten des klinischen Reasoning;244
18.2;17.2 Neuropsychologische Grundlagen der ADS/ADHS;245
18.3;17.3 Patientenbeispiele;250
18.4;17.4 Ergotherapeutische Erfassung;251
18.5;17.5 Ergotherapeutische Zielsetzungen;262
18.6;17.6 Ergotherapeutische Mittel und Instruktionsmethoden;263
18.7;17.7 Therapeutische Haltung;264
18.8;17.8 Spezielle Chancen und Schwierigkeiten der Ergotherapie bei AD(H)S;264
19;18 Autismus im Kindesalter (Asperger-Syndrom und fru¨hkindlicher Autismus);266
19.1;18.1 Besonderheiten des klinischen Reasoning;266
19.2;18.2 Autismus-Syndrome im Kindesalter;266
19.3;18.3 Patientenbeispiel;271
19.4;18.4 Ergotherapeutische Erfassung;272
19.5;18.5 Ergotherapeutische Zielsetzungen;275
19.6;18.6 Ergotherapeutische Mittel und Instruktionsmethoden;276
19.7;18.7 Therapeutische Haltung;278
19.8;18.8 Spezielle Chancen und Schwierigkeiten der Ergotherapie bei Autismus im Kindesalter;278
20;19 Depression im Kindesalter;280
20.1;19.1 Besonderheiten des klinischen Reasoning;280
20.2;19.2 Persönlichkeitsstruktur und Psychopathologie;281
20.3;19.3 Patientenbeispiele;282
20.4;19.4 Ergotherapeutische Erfassung und Zielsetzungen;283
20.5;19.5 Ergotherapeutische Mittel und Instruktionsmethoden;286
20.6;19.6 Therapeutische Haltung;288
20.7;19.7 Spezielle Chancen und Schwierigkeiten der Ergotherapie bei Depressionenim Kindes- und Jugendalter;288
21;Literatur;289
22;Über die Autorin und die Autoren, Sachregister;295
1 Das handlungstheoretische Modell
In diesem Teil des Buches wird das handlungstheoretische Modell nach von Cranach wiedergegeben. Dabei handelt es sich um eine Zusammenstellung der Autorin aufgrund verschiedener Beiträge von Cranachs. Diese sind z.T. veröffentlicht, z.T. sind es Seminarunterlagen, persönliche Mitschriften aus Vorlesungen und Seminaren und persönliche Mitteilungen. Selbstverständlich entspricht die Auswahl und Gewichtung einerseits meiner eigenen Einschätzung und andererseits den Bedürfnissen der Ergotherapie in der Erwachsenen-, Kinderund Jugendpsychiatrie. Es liegt mir fern behaupten zu wollen, das ganze Gedankengut von Cranach wiederzugeben, und Herr von Cranach möge mir verzeihen, wenn ich weitere interessante Konzepte – insbesondere zum Thema Gruppenhandlungen, Mehrfachund Parallelhandlungen, weitergehende Zusammenhänge mit systemtheoretischen Grundlagen sowie neuste konzeptionelle Modelle zu Handlungstypen und-Merkmalen – in diesem Rahmen unberücksichtigt lasse.
Es ist mir nicht immer leicht gefallen, die verschiedenen Konzepte einzuordnen und in ein verständliches Schema zu bringen, wie es etwa in der Abbildung 2-3 (S. 39) dargestellt ist. Im Laufe der Jahre habe ich festgestellt, dass ich das handlungstheoretische Modell immer besser verstehe und Zusammenhänge anders formuliere und darstelle. Für mich ist es zu einem Modell im wahrsten Sinne geworden, mit dem ich mir einen spielerischen Umgang erlaube, was – so meine ich von Cranach zu verstehen – ganz im Sinne des Begründers ist. So möchte ich auch die Leserinnen und Leser dieses Buches zu einem spielerischen Umgang mit den vielen Ideen und Impulsen ermuntern, im Unterschied zu einem gezwungen wortgetreuen Einverleiben einer Theorie. Seit der Herausgabe des Bandes «Handlungsfähigkeit in der Ergotherapie» hat sich grundsätzlich nichts am Handlungstheoretischen Modell von Cranach verändert, jedoch wird im vorliegenden Buch das eine oder andere Kapitel anders gewichtet, neu verknüpft oder – so hoffe ich – verständlicher dargestellt. Einige theoretische Aspekte haben uns seit dem ersten Buch die Grundlagen für neue konzeptionelle Entwicklungen geliefert und sind deshalb jetzt ausführlicher dargestellt.
1.1 Grundlagen handlungstheoretischer Modelle
Das weite Gebiet menschlichen Handelns wurde in der Psychologie lange Zeit eher vernachlässigt. Erst nach der sogenannten kognitiven Wende in der Psychologie begann man, sich mit Handlungen und deren kognitiver Steuerung zu beschäftigen – im Unterschied zu Verhalten, das auf einen bestimmten Stimulus erfolgt. Bis heute gibt es keine allgemein gültige und das ganze Gebiet erschöpfend behandelnde Theorie. Nach von Cranach et al. (1989) beruhen die meisten heutigen Handlungstheorien auf drei Quellen: Auf der naiven Verhaltenstheorie (die Alltagspsychologie Jedermanns), auf der allgemeinen Systemtheorie und auf dem Modell der sozialen Kontrolle individuellen Handelns durch Konventionen und Regeln (Theorie der sozialen Kontrolle), das von Vertretern des symbolischen Interaktionismus postuliert wird. Diese drei Quellen werden im Folgenden vorgestellt.
1.1.1 Die naive Verhaltenstheorie
Laucken (1973, S. 6) erklärt die naive Verhaltenstheorie als «jenes Gefüge naiv-psychologischer Konzepte, das der Alltags-Mensch der handelnden Person attribuiert, um deren Verhalten zu erklären».
Heider (1958) geht als Gestaltpsychologe davon aus, dass der Mensch durch seine Wahrnehmung die Welt als organisierte Ganzheit erfasst und allenfalls vorhandene Lücken unter anderem mit Erklärungen zum Verhalten von Mitmenschen ergänzt. Dieser Vorgang wird in Anlehnung an die Wahrnehmungspsychologie Attribution genannt. Der Mensch nimmt eine soziale Situation mittels aller Sinneskanäle wahr. Er hat die Tendenz, die Situation in ein ihm bekanntes Schema einordnen zu wollen, z.B. als «ein Familienausflug», «ein Teamkon flikt», «ein Geburtstagsfest». Erst wenn ihm das gelungen ist, kann er sich in Ruhe einem neuen Problem zuwenden. Da im Alltag zu solchen Einordnungen oft nicht genügend Informationen offenliegen, ergänzt der Mensch sie so, dass sie in sein Schema hineinpassen. Dabei besteht die Gefahr, dass er auf Vorurteile zurückgreift. Laucken und Heider haben solche naiven Verhaltenstheorien wissenschaftlich erfasst und formuliert. Laucken selbst beurteilt (1973) die naive Verhaltenstheorie kritisch. Sie ist kaum falsifizierbar und kann allenfalls dazu dienen, bestehende Auffassungen zu rechtfertigen anstatt sie zu überprüfen.
Theoretische Konstrukte, die in wissenschaftlichen Handlungstheorien enthalten sind, bilden jedoch auch die Struktur der naiven Verhaltenstheorie ab. So wird z.B. von Handlungsentwurf und dessen Beurteilung, von sequentieller Ordnung, von Leitzielen und Nebenzielen und von Motiven gesprochen. Was relativ wenig in diese Theorien einfließt, ist der Aspekt der Rückkoppelung, den systemische Theorien ins Zentrum stellen, wie im folgenden Abschnitt erläutert werden soll.
Beispiel Zu unseren Kursen am Weiterbildungsseminar in Basel kommen Ergotherapeutinnen, die im Fachbereich Psychiatrie, aber auch solche, die im Fachbereich Pädiatrie arbeiten. Langjährige Erfahrung hat mich gelehrt, sie daran zu unterscheiden, dass die Vertreterinnen der Pädiatrie eher dazu geneigt sind, mitgebrachte gestrickte Socken anzuziehen, welche sich bei der Arbeit mit Kindern sehr bewähren. Kommt also eine mir noch nicht bekannte Kursteilnehmerin herein, zieht die Schuhe aus und Stricksocken an, ordne ich sie bei der Gruppe der Pädiatrie-Ergotherapeutinnen ein und gehe zur Tagesordnung über. Meine Theorie wäre demzufolge eine naive Verhaltenstheorie und würde heißen: Ergotherapeutinnen, die im Fachbereich Pädiatrie arbeiten, ziehen zum Kurs gestrickte Socken an.
Natürlich gibt es dabei auch Fehleinordnungen! Und es eröffnen sich weitere Fragestellungen: Ist diese Einordnung heute noch zeitgemäß? Unterliegt sie nicht auch Modeströmungen? Handelt es sich hier gar um ein Vorurteil, welches eine Kursteilnehmerin auch brüskieren könnte? Zementiert diese Einordnung ein Klischee, welches von Ergotherapeutinnen längst überholt wurde? Könnte es passieren, dass ich aufgrund dieser Einordnung einen falschen Kurs dozieren würde?
1.1.2 Die systemtheoretische Analyse des Handelns
Entwicklung der Theorie Vorläufer der systemtheoretischen Analyse des
Handelns sind Miller et al. (1973). Sie beziehen sich zwar noch nicht auf Systemtheorien, ihre (Handlungs-) Theorie enthält aber bereits das Konzept der Rückkoppelung. Sie sprechen von Hierarchischer Organisation von Handlungen auf verschiedenen Ebenen, von Plan, Strategie, Taktik, Ausführung, Bild; und all diese Aspekte umfassend von der TOTE-Einheit (TOTE bedeutet Test-OperateTest-Exit, also Rückkoppelung nach Beenden einer Handlung).
Was bei dieser Theorie fehlt, ist der Zielbegriff und ein deutlich davon abgegrenzter Wertbegriff. Die von Miller et al. (1973) bereits skizzierten Konzepte finden sich in der Systemtheorie wieder.
Die Systemtheorie beinhaltet:
• die allgemeine Systemtheorie, die grund legende Definitionen und Klassifikationen entwickelt, welche in verschiedensten Wissenschaftsbereichen gebraucht werden
• die Kybernetik, die Prozesse der Steuerung und Regelung analysiert
• die allgemeine Kommunikationsund Informationstheorie, die Prozesse der Informationsübertragung analysiert (vgl. Watzlawick et al. 1985)
Der Arbeitspsychologe und Handlungstheoretiker Hacker bezieht sich schon explizit und konsequent auf Systemtheorien. Seine Theorie ist vielen Ergotherapeutinnen bekannt und soll hier kurz beleuchtet werden. Im Folgenden werden drei für spätere handlungstheoretische Modelle wichtige Konzepte vorgestellt. Die «Rückkoppelung», die «hierarchische Organisation» und das «operative Abbildungssystem» wendet Hacker (1986) für die Analyse von Arbeitstätigkeiten an.
Er definiert die Handlung wie folgt: Eine Handlung ist bewusst und zielgerichtet (d.h. auf ein vorweggenommenes Resultat gerichtet, das vor dem Handeln ideell gegeben war) und willensmäßig auf das bewusste Ziel hin reguliert. Durch die Handlung wird einerseits ein gegenständliches Ergebnis erzielt, andererseits verändert sich zugleich die Persönlichkeit des Handelnden. Das Ziel der Handlung ist nach Hacker (1986) zusätzlich gesellschaftlich determiniert.
Das Konzept der Rückkoppelung
Hacker (1986) spricht – parallel zur TOTEEinheit bei Miller et al. (1973) – von VVREinheiten. VVR bedeutet: Vergleich-Veränderung-Rückkoppelung (vgl. Abbildung 2-1). VVR-Einheiten beinhalten die folgenden Prozesse:
• Planung: Bildung eines Ziels, Orientierung über die Aufgabe, Ausführungsmöglichkeiten und Handlungsbedingungen, Entscheidung über Ausführungsweisen, Entschluss
• Ausführung: Vergleich des geplanten mit dem tatsächlichen Vorgehen
• Bewertung: sie fließt in die Planung der nächsten Handlung ein.
Beispiel Ein Bäcker hat sich zum Ziel gesteckt, einen Zopf herzustellen, den er verkaufen kann. Er greift nach dem Kochbuch, entscheidet sich für ein Rezept, stellt die Zutaten zusammen und beginnt mit der Zubereitung. Während der Ausführung wirft er nicht nur ab und zu einen Blick ins Kochbuch, sondern prüft auch genau die Konsistenz des Teiges, die Gestalt des Zopfes. Er bewertet den fertigen Zopf und freut sich, dass er gekauft wird. Während dieser VVR Einheit hat er sein Selbstbewusstsein gestärkt und einen Beitrag zum Wohlbefinden der Gesellschaft geleistet.